Albert von der Kammer
Schriften von Albert von der Kammer
Gott in uns - Wie der Heilige Geist wirkt
Das Buch der ApostelgeschichteDas Buch der Apostelgeschichte
Unterschiede bei der Gründung der Gemeinde in der Gabe des Heiligen Geistes
Beim Lesen der Apostelgeschichte müssen wir beachten, dass sie uns die Geschichte des Übergangs in ein neues Zeitalter (das der Gemeinde Gottes) gibt. Wir finden deshalb in der Apostelgeschichte Dinge, die außergewöhnlich sind und die nur der Übergangszeit angehören. So wichtig und belehrend die Ereignisse der Apostelgeschichte auch für das Verständnis sowohl der Gemeinde als auch des Heiligen Geistes sind, so haben wir in diesem Buch doch nicht die Lehre weder von der Gemeinde noch von dem Heiligen Geist. Lassen wir dies außer Acht, so kommen wir in Verwirrung und öffnen der menschlichen Spekulation die Tür.
Wir wissen, es war Gottes großer Plan, aus Juden und Heiden den Leib Christi, Seine Gemeinde, zu bilden. Dieser Plan war zur Zeit seiner Entwicklung den Menschen noch nicht geoffenbart. Er lag noch verborgen im Herzen Gottes (Eph 3,3-6). Aus der Apostelgeschichte sehen wir, wie Gott diesen Seinen verborgenen Plan und Vorsatz Schritt für Schritt zur Ausführung bringt. Wir verstehen heute, dass die Gemeinde am Pfingsttag ihre Gründung empfing, aber den Augen der Menschen jener Tage war die Gemeinde so, wie sie in dem Plan Gottes war: noch völlig verborgen. Sie lag noch wie eine Blume in der Knospe. Man sah die Knospe, aber niemand wusste, wie ihre Entfaltung sein würde. Alle schauten staunend etwas Neues: »Was wird dies wohl sein?« Man sah einen neuen Anfang, aber niemand kannte den Ausgang - den Plan und Ratschluss Gottes. Dieser lag, wie gesagt, noch verborgen im Herzen Gottes und wurde erst durch Paulus enthüllt, nachdem die Gemeinde - zusammengefügt aus Juden und Heiden - aufgerichtet war.
Die Apostelgeschichte beginnt mit dem nochmaligen Ruf zur Buße:
an Israel an die Gläubigen aus dem Judentum
Noch einmal handelte Gott mit Seinem Volk auf dem Boden der Verantwortlichkeit. Er hatte ehemals zu den Vätern geredet durch den Mund der Propheten (Heb 1,1). Aber sie hatten Seiner Stimme nicht gehorcht und jene getötet. Dann sandte Gott Seinen Sohn, indem Er sagte: »Sie werden sich vor meinem Sohne scheuen!« Aber sie sagten: »Dieser ist der Erbe, kommt, lasst uns Ihn töten.« Und sie nahmen Ihn, warfen Ihn zum Weinberg hinaus und töteten Ihn. Der Herr nötigte sie dann, das Urteil über sich selbst auszusprechen: »Er wird jene Übeltäter übel umbringen« (Mt 21,33-41). Der Feigenbaum (Israel) war nun reif für die Axt. Aber auf die Bitte des Herrn hin wurde ihm noch eine Gnadenfrist gegeben. Das, was der Herr im Gleichnis von der Fürbitte des Weingärtners (Lk 13,6-9) gesagt hatte, das vollführte Er selbst am Kreuz, als Er bat: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!«
Gott hatte es angeordnet, dass für solche, die aus Versehen - ohne Wissen und Vorsatz - jemanden töteten, eine Zuflucht oder Freistatt aufgetan werden musste. Durch sein Gebet am Kreuz stellte der Herr Israel an den Platz eines solchen Totschlägers, der in Unwissenheit getötet hatte und dem noch ein Weg der Rettung geöffnet werden musste. So wurde am Pfingsttag dem Volk Israel noch einmal die Tür der Gnade im Ruf zur Buße geöffnet. Petrus, durch den Heiligen Geist, knüpft an jenes Gebet des Herrn an und verkündigt dem Volk (seinen Brüdern nach dem Fleisch), dass sie in Unwissenheit gehandelt hatten, Buße tun und sich bekehren sollten, damit ihnen Christus wiedergegeben werde (Apg 3,17-20). Aber auch das letzte Bemühen des Weingärtners um den Feigenbaum war vergebens. In der Steinigung des Stephanus verwarfen sie das letzte Angebot des Heiligen Geistes. Und feierlich bezeugte Stephanus ihnen, dass die Väter die Propheten, durch welche Gott einst redete, getötet hätten, dass sie den Sohn töteten und jetzt dem Heiligen Geist widerständen. Alle Bemühungen um den Feigenbaum waren hingefallen. Jetzt blieb nur noch übrig, ihn durch die Axt der Römer umzuhauen (Lk 13,9). Gottes Verheißungen über Sein Volk aber fallen nicht zu Boden, sie bleiben aufgehoben für einen anderen Tag, wenn die spätere Generation Israels den Herrn empfangen wird mit: »Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn« (Mt 23,38.39). Nachdem Israel den letzten Ruf zur Buße verworfen und so das Maß seiner Sünden voll gemacht und die Untauglichkeit des Menschen völlig erwiesen hatte, geht Gott einen Schritt weiter zur Ausführung Seines verborgenen Segensvorsatzes. Nicht nur aus Juden, aus jeder Sprache und Nation will Er Seine Gemeinde bauen. Aus Samaria und den Nationen war bisher noch niemand hinzugerufen worden. Die Gemeinde in Jerusalem bestand bis jetzt nur aus gläubig gewordenen Juden bzw. Proselyten. Nun aber sollte die Zwischenwand der Umzäunung Israels abgebrochen und auch »Samaria und die Enden der Erde« durch den Heiligen Geist dem Leib Christi einverleibt werden. Frieden musste nicht nur »den Nahen«, sondern auch »den Fernen« verkündigt werden (Eph 2,17). Es ist köstlich, die Weisheit Gottes in Seinen Wegen anzuschauen, die Er in dieser Übergangszeit in die neue Verwaltungsperiode der Gemeinde Gottes entwickelte.
an die Gläubigen in Samaria
Nach der Steinigung des Stephanus brach wider die Gemeinde in Jerusalem eine große Verfolgung aus. Gott benutzte sie, um Philippus mit der Botschaft des Friedens nach Samaria zu senden. So wie in Jerusalem eine Gemeinde von gläubigen Juden war, so entstand hier ein Kreis von gläubigen Samaritanern. Wie würden diese beiden sich nun zueinander stellen, da eine tiefgewurzelte, Jahrhunderte alte Feindschaft zwischen Juden und Samaritanern bestand?
Die Schrift berichtet uns, dass beide keine Gemeinschaft miteinander hatten und in Bezug auf die Anbetung Gottes Rivalen waren, indem jeder den Anspruch erhob, den Platz der Anbetung zu besitzen (Joh 4,20). Würde sich nun diese Gegnerschaft in den beiden Gemeinden fortsetzen und jede den Anspruch erheben, die rechte Gemeinde Gottes zu sein? Wie konnten diese sich so entgegenstehenden Elemente in Einheit verbunden werden?
Gottes Weisheit fand den Weg! Als in Jerusalem bekannt wurde, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, wurden Petrus und Johannes nach Samaria gesandt, um zu sehen, was der Herr dort getan habe: Und nun sahen sie, dass die Hauptsache, der Heilige Geist, fehlte. Als am Pfingsttag Gott den Juden bezeugte: »Tut Buße, und ein jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen« (Apg 2,38), da geschah es so: Die Gläubigen in Jerusalem wurden in einem Geist zu einem Leib getauft (1Kor 12,13). Aber als Samaria das Evangelium annahm und die Gläubiggewordenen getauft wurden, da fiel der Heilige Geist auf nicht einen von ihnen, und somit waren sie dem einen Leib nicht hinzugefügt. Der Herr hielt die Gabe des Heiligen Geistes und damit die Einverleibung dieser Gläubigen so lange zurück, bis die Apostel von Jerusalem kamen und die von Ihm gewollte Verbindung dieser beiden Kreise hergestellt war. Beide Kreise sollten lernen, dass Jerusalem mit seinem Tempel und Samaria mit dem Berg Gerisim1 zu Ende gekommen seien. Ein neuer Leib nahm seinen Anfang. Die Anbetung musste in Geist und Wahrheit dargebracht werden (Joh 4,23).
Was die beiden Apostel in Samaria geredet und gewirkt hatten, welche Auseinandersetzungen stattfanden, welches Licht der Herr bei diesem Besuch gab, wissen wir nicht. Die Schrift berichtet uns nur das Schlussresultat, dass die Apostel für sie beteten, dass ihnen der Heilige Geist gegeben werde, und sie ihnen die Hände auflegten. Hieraus aber geht klar hervor, dass alle Entfremdung beseitigt und völliges Einssein bewirkt worden war; denn in dieser Bitte lag nichts Geringeres, als dass der Herr die Samaritaner »in einem Geist zu einem Leibe« taufen (1Kor 12,13) und Seiner Gemeinde als Glieder hinzufügen wolle. Ihr Einssein mit dem Werk in Samaria brachten sie dann durch Händeauflegen vor dem Herrn zum Ausdruck.2 Nachdem so die Anerkennung des neuen und wunderbaren Bandes der Einheit der Gläubigen aus den Juden und der Gläubigen aus den Samaritanern stattgefunden hatte, antwortete der Herr auf ihr Gebet und gab den Heiligen Geist. Wir sehen, wie der Herr in Seiner Weisheit die Gabe des Heiligen Geistes in Samaria so lange zurückhielt, bis die Hindernisse der Einheit dieser zwei sich feindlich entgegenstehenden Kreise hinweggeräumt waren.
Dass es sich hier um einen Ausnahmefall handelt, der mit den Wegen Gottes in der Zeit der Entwicklung Seiner Gemeinde zusammenhängt, braucht nach dem zuvor Gesagten wohl kaum noch bemerkt zu werden. Nie wieder in der Schrift finden wir einen solchen Fall, dass auf das Gebet der Apostel hin (in Verbindung mit Händeauflegen) der Heilige Geist gegeben wurde. Wenn uns in Apostelgeschichte 8 die Ordnung und Weise gezeigt würde, in der wir heute den Heiligen Geist empfangen sollen, dann müssten wir auch die von Gott beglaubigten Apostel haben, deren Hände allein hier infrage kommen, und dann stände die Weise, wie die Heiden in Apostelgeschichte 10,44 den Heiligen Geist empfingen, damit in krassem Widerspruch.
In Apostelgeschichte 8 sehen wir, wie Gott die Zwischenwand der Umzäunung abbricht, und die Samaritaner Seiner Gemeinde einverleibt. In Apostelgeschichte 10 finden wir den letzten Abbruch der Zwischenwand, und die Heiden werden Seiner Gemeinde einverleibt.
an die Gläubigen aus dem Heidentum
In all diesem Wirken des Herrn steht Petrus als das von Ihm gebrauchte Werkzeug im Vordergrund. Der Herr hatte ihm die Schlüssel des Reiches der Himmel gegeben (Mt 16,19), und er schloss am Pfingsttag zuerst den Juden die Tür der Gnade auf (Apg 2 u. 3) und danach den Samaritanern (Apg 8). Wie wenig Petrus aber daran dachte, dass auch die Wand zwischen Juden und Heiden abgebrochen werden und er auch den Heiden die Tür öffnen sollte; wie schwer es ihm wurde, die altgewohnten jüdischen Gedanken aufzugeben und die neuen Wege Gottes zu erfassen, das sehen wir aus dem 10. Kapitel der Apostelgeschichte. Dreimal musste Gott ihm das Gefäß (gleich einem leinenen Tuch) zeigen und sagen: »Was Gott gereinigt, das mache du nicht gemein« (V. 15). Das, was Gott in dem leinenen Tuch zusammengefügt hatte, das hätte Petrus nie zusammengefügt, und dass Gott Seine Gemeinde so aus Juden und Heiden zusammenfügen wollte, das widerstrebte seinem ganzen jüdischen Denken und Fühlen. Er stellte deshalb auch dem Herrn ein kühnes »Keineswegs« und »Niemals« entgegen. (Ist Petrus in dieser Sache nicht so recht unser Bild? Wie schwer lassen auch wir alte, fast heilig gehaltene Lehren fahren; und wie ungern geben wir uns lieb gewordene Theorien auf. Der Mensch hängt ja auch mit Liebe noch an Irrtümern und wirft sie oft nur mit Schmerz über den Haufen.)
Wir denken uns so wenig in die Lage der Dinge hinein. Was Petrus und den Gläubigen jener Tage große Schwierigkeiten waren, sind uns heute natürlich keine. Was Petrus durch das Gesicht des leinenen Tuches lernen musste, nämlich, dass vor Gott kein Unterschied zwischen »Jude und Grieche« ist und Er aller Herr ist, das lernen wir so leicht aus einer Schriftstelle. In jenen Tagen aber mussten die Gläubigen dieses schrittweise aus den Wegen Gottes in der Entwicklung Seiner Gemeinde lernen. Wir können es Petrus nachfühlen, wie er voll Erstaunen, als ihm das Licht aufging, ausrief: »Nun begreife ich in Wahrheit, ... dieser ist aller Herr« (vergl. Apg 10,34.36 mit Röm 10,12).
Nachdem Gott so Petrus für den letzten Schritt in der Entfaltung Seiner Gemeinde vorbereitet hatte, sandte Er ihn in das Haus des heidnischen Hauptmannes. Dort angekommen, findet er eine von Gott zusammengeführte Schar, voll Verlangen, aus seinem Munde zu hören, was Gott ihm befohlen habe. Petrus teilt ihnen mit, dass es ihm als einem jüdischen Mann nicht erlaubt sei, in das Haus eines Fremdlings zu gehen, dass ihm Gott aber ganz neue Wege gezeigt habe; und er verkündigt ihnen die frohe Botschaft, dass Gott die Person nicht ansieht und jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen (Apg 10,35.43).
Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten (Vers 43 und 44). Ohne Gebet, ohne Handauflegen des Apostels, ja, ohne vorher getauft zu sein, einfach auf die Annahme der Kunde des Glaubens hin empfingen sie den Heiligen Geist. Petrus und die sechs Brüder mit ihm (Apg 11,12) sahen sich somit plötzlich vor die Tatsache gestellt, dass der Herr auch diese Heiden durch den Geist Seiner Gemeinde hinzugetan hatte, und so befahl er, dass »diese, die den Heiligen Geist empfangen« hätten, getauft würden.
Als die Gläubigen in Jerusalem hörten, dass er zu den Heiden eingekehrt sei, machten sie ihm deswegen ernste Vorhaltungen. Petrus »setzte ihnen der Reihe nach« alles auseinander. Dann beruhigten sie sich und erkannten an, dass Gott auch den Nationen die Buße zum Leben gegeben habe (Apg 11,1-18).
Gott selbst hatte die letzte Scheidewand, die noch zwischen Juden und Heiden bestand, abgebrochen. Wie wir gesehen haben, waren bisher nur Juden und Samariter »hinzugerufen« und Seiner Gemeinde einverleibt worden. Nun war auch die letzte Stufe in der Entwicklung Seiner Gemeinde erreicht. Auch die aus den Nationen waren Miterben und Miteinverleibte (Eph 3,6). Zusammengefügt aus Juden, Samaritanern und Heiden, trug die Gemeinde jetzt den Charakter, den sie bleibend tragen sollte. Einfach auf die Kunde des Glaubens hin, ohne vorausgegangene Taufe (wie bei den Juden, Apg 2), ohne Gebet und Händeauflegen der Apostel (wie bei den Samaritanern, Apg 8) wurden die Gläubigen versiegelt mit dem Heiligen Geist. Diese Ordnung finden wir dann auch später in den Briefen als bleibend festgelegt und bestätigt. So werden die Galater erinnert, dass sie den Heiligen Geist auf die Kunde des Glaubens empfingen (Gal 3,5). Ebenso werden auch die Epheser daran erinnert, dass sie, nach dem sie geglaubt hatten, versiegelt worden waren mit dem Heiligen Geist (Eph 1,13.14). Und ist es mit uns nicht in gleicher Weise geschehen?
an die zwölf Jünger in Ephesus
Diese letzte Schriftstelle, Epheser 1,13, in der gesagt wird, dass die Epheser versiegelt wurden mit dem Heiligen Geist, nachdem sie geglaubt hatten, beweist uns auch, dass der oft herangezogene Fall der zwölf Jünger in Ephesus in Apostelgeschichte 19, denen der Apostel Paulus die Hände auflegte, ehe sie den Heiligen Geist empfingen, ein ebensolcher Ausnahmefall ist, wie es der in Samaria war, und dass Gott hier ebenso wie in Samaria damit Absichten des Segens und der Bewahrung verband.
Wenn wir einen Augenblick bei dieser Schriftstelle verweilen, so sehen wir aus dem 18. Kapitel, dass Paulus bei seinem ersten Besuch in Ephesus Aquila und Priscilla zurückließ. Diese beiden treuen Kinder Gottes machten ihre Wohnung zu einer Stätte der Unterweisung, wo der gesegnete und beredte Apollos genauere Auslegung des Weges Gottes empfing (Apg 18,26). Auch später in Rom finden wir ihr Haus als die Stätte, wo die Gemeinde zusammenkam (Röm 16,3-5).
Als Paulus zum zweiten Mal nach Ephesus kam, »fand« er diese zwölf Johannesjünger. Paulus muss es in seiner Unterredung bald gespürt haben, dass ihnen etwas fehlte, und er fragte: »Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, nachdem ihr gläubig geworden seid?« (Aus dieser Frage geht hervor, dass dies die Regel und Ordnung war, wie Gott den Heiligen Geist gab). Ehrlich gestanden sie: »Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist da ist.« Wir dürfen natürlich nicht denken, dass diese Jünger nicht wussten, dass es einem Heiligen Geist gab, das wussten sie aus den Schriften des Alten Testamentes. Davon hatte auch Johannes der Täufer gezeugt, dass der nach ihm kommende Christus mit dem Heiligen Geist taufen würde. Sie wussten also, dass es einen Heiligen Geist im Himmel gab, aber sie wussten nicht, dass der Heilige Geist jetzt auf Erden war und noch viel weniger, dass sie Seine Wohnung sein sollten. Sie kannten nur die Botschaft Johannes des Täufers von dem kommenden Christus und der Buße im Blick auf das nahegekommene Reich der Himmel. Dieser Botschaft hatten sie ihr Herz im Glauben geöffnet und sich taufen lassen mit der Taufe der Buße, so wie Johannes es angeordnet hatte.
Der Herr hatte Sein Auge auf diese zwölf Männer gerichtet, und Er führte es, dass sie mit Paulus zusammentrafen, der ihnen nun die Botschaft von dem gekommenen Christus brachte. Was Johannes ihnen nicht bringen konnte, das konnte ihnen Paulus verkünden, nämlich, dass das Werk der Erlösung vollendet und der Heilige Geist herniedergekommen sei, um den Leib Christi zu bilden.
Als sie diese Botschaft hörten und getauft waren, legte Paulus ihnen in apostolischer Machtvollkommenheit die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie. Manche haben gemeint, weil Paulus solches tat, könnten auch wir dieses tun. Es muss wohl kaum gesagt werden, dass die Apostel einen besonderen Stand, Aufgabe und Dienst in dem Bau der Gemeinde Gottes hatten, und dass Gott sie mit einer besonderen Autorität und Macht ausstattete, sodass wir uns, ohne eine Anweisung aus dem Wort Gottes zu haben, nicht einfach anmaßen können, das zu tun, was sie taten!
Diese Schriftstelle enthält auch den beachtenswerten Bericht von einer »Wiedertaufe«. Die zwölf Männer waren bereits einmal getauft worden (nicht bloß besprengt), aber es war die Taufe des Johannes, und nicht die, die der Herr angeordnet hatte, und so mussten sie noch einmal getauft werden in dem Namen des Herrn Jesus, so wie Er es befohlen hatte (Mt 28,19).
Gott hat uns nicht mitgeteilt, weshalb Paulus so geleitet wurde und weshalb der Herr Seinen Geist so lange zurückhielt. Wir dürfen auch hierüber nachdenken und die Schrift erforschen. Das, was Paulus hier tun musste, ähnelt sehr dem, was Petrus in Samaria tat. Es scheint, dass auch hier die Absichten des Herrn ähnlich waren wie in Samaria.
Wir haben ja gesehen, wie in den verschiedenen Entwicklungsstufen der Gemeinde (bei Einführung der Juden, der Samaritaner und der Heiden) Petrus als das vom Herrn gebrauchte Werkzeug im Vordergrund stand. Nun aber finden wir, dass Paulus zur Offenbarung des Planes Gottes und Vollendung des Wortes Gottes in den Vordergrund gerückt wird. Wer sein eigenes Herz kennt, weiß, wie leicht der Feind Neid und Missgunst sät, wenn Gott einen Diener mit besonderen Gnaden ausrüstet und zu hohen Aufgaben beruft. Wir sehen aus der Schrift, wie der Feind besonders die Juden, und nicht nur die Juden draußen, sondern vor allem die jüdisch gesinnten Elemente in der Gemeinde dazu gebrauchte, beständig die Apostelschaft des Paulus anzutasten und ihn als den anderen Aposteln nicht gleichstehend zu achten (vgl. 2Kor 11,5; 12,11.12; 1Kor 15,10).
Satan stand hinter allem diesem, um den Offenbarungen, die Gott durch Paulus gab, die Kraft zu nehmen. Konnten sie seine Apostelschaft antasten, so waren auch die durch ihn gegebenen Offenbarungen kraftlos. Um dieses zu verhindern, trat Gott ein und bestätigte sein Apostelamt »in Zeichen und Wundern und mächtigen Taten« (2Kor 12,12). Wenn sie ihn auch als Apostel herabzusetzen versuchten, diese »Zeichen des Apostels« konnten sie nicht wegschaffen. Gott hatte ihn dadurch legitimiert.
Solche »ungewöhnlichen Wunderwerke« (Apg 19,11; Rev. Elberf) geschahen hier in Ephesus. In dieser Stadt hatte Gott ein großes Werk. Hier sollte Paulus drei Jahre arbeiten. Hier sollte er den ganzen Ratschluss Gottes offenbaren. Und hier sorgte Gott dafür, dass dieser List des Feindes, Seinen Diener und dessen Dienst kraftlos zu machen, ein Damm gesetzt werde. Er bestätigte hier Paulus, den Apostel der Nationen, so, wie Er Petrus den Apostel der Juden bestätigt hatte. Petrus und Johannes hatten unter Gebet den Samaritanern die Hände aufgelegt, und Gott hatte mit der Gabe des Heiligen Geistes geantwortet. Paulus legte hier nicht Samaritanern, sondern jüdischen Proselyten die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie. Gott heilte Kranke, wenn der Schatten des Petrus auf sie fiel, und hier heilte Gott Kranke, wenn nur etwas von dem Leib des Paulus (ein Schweißtuch, eine Schürze) auf sie gelegt wurde, und hier mussten selbst böse Geister Paulus öffentlich anerkennen. All dies geschah in Ephesus. Warum? Der Herr wusste, sie würden »sein Zeugnis nicht annehmen« (Apg 22,18). Gelang es, wie gesagt, den jüdischen Elementen, seine Apostelschaft anzufechten, so fielen damit auch die hohen Offenbarungen hin, die Gott Seiner Gemeinde durch ihn gab. So können wir auch in diesem Ereignis mit den zwölf Ephesus-Jüngern die Weisheit Gottes sehen, wie Er den Angriffen auf die Apostelschaft Seines Knechtes durch solche »Zeichen des Apostels« zu begegnen und Sein Zeugnis und die Einheit zu bewahren wusste.
Kurze Zusammenfassung dieser Unterschiede
Bei einer kurzen Zusammenfassung der verschiedenen Fälle finden wir also:
Die bekehrten Juden
Der Verlauf am Pfingsttag bei den Juden bzw. Proselyten war: 1. Buße, 2. Taufe, 3. Empfang des Heiligen Geistes.
Die Sünden der Juden erreichten den Höhepunkt, als sie ihren Messias verwarfen und Sein Blut forderten. Diesen Juden wurde nun Buße in Verbindung mit der Taufe gepredigt zur Vergebung der Sünden, um den Heiligen Geist zu empfangen. Die Echtheit ihrer Buße kam darin zum Ausdruck, dass sie sich in dem Namen dessen taufen ließen, über den sie sieben Wochen zuvor gerufen hatten: »Hinweg mit diesem ... kreuzige Ihn.«
Die gläubigen Samaritaner
Der Verlauf bei den Samaritanern war: 1. Glaube, 2. Taufe, 3. apostolisches Gebet für sie, 4. apostolisches Händeauflegen, 5. der Heilige Geist.
Die Feindschaft zwischen Juden und Samaritanern wurde entfernt, und Samaritaner wurden der Gemeinde einverleibt.
Die gläubigen Heiden in Cäsarea.
Der Verlauf bei den Heiden in Cäsarea war: 1. Glaube, 2. Heiliger Geist, 3. Taufe.
Die aus den Nationen wurden miteinverleibt. Gott selbst entfernte die Scheidewand. Die Gemeinde empfing, als zusammengefügt aus Juden, Samaritanern und Heiden, hier ihren fortdauernden Charakter. Diese Reihenfolge in Cäsarea finden wir dann auch in den späteren Briefen niedergelegt. Sie ist somit die für uns geltende und bleibende.
Die zwölf Jünger in Ephesus.
Der Verlauf bei den zwölf auf jüdischem Boden stehenden Jüngern in Ephesus war: 1. Glaube, 2. Taufe des Johannes, 3. Taufe im Namen des Herrn Jesu, 4. Apostolisches Händeauflegen, 5. Heiliger Geist.
Der Herr bestätigte in diesen zwölf Männern das apostolische Zeugnis des Paulus, insbesondere denen gegen über, die sein (Paulus’) Zeugnis nicht annehmen wollten (Apg 22,18).
Auch der Verlauf bei der Bekehrung des Saulus von Tarsus enthält viel Beachtenswertes. Jeder Blick auf die Wege und das Walten unseres Gottes muss unser Herz zur Anbetung stimmen. Wenn wir unser Herz auf Seine Wege in der Entwicklung in Seiner Gemeinde richten, so müssen auch wir mit Paulus ausrufen: »O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Gerichte, und unausspürbar Seine Wege! ... Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen« (Röm 11,33-36).
1 Auch: Garizim. Hier stand der Tempel der Samariter, der im 4. Jh. v. Chr. gebaut und um 129 v. Chr. durch den Hasmonäer-König Johannes Hyrkanos I (135-104 v. Chr.). zerstört wurde. (Anm. d. Verlages)↩︎
2 Das Händeauflegen in der Schrift ist der Ausdruck der Gemeinschaft, des Einsseins und des Sich-Verbindens mit dem, dem man die Hände auflegte. So finden wir es schon im Händeauflegen auf das Opfer usw. im Alten Testament (3Mo 16,21; 4Mo 8,10). Timotheus wird ermahnt, alle Hast und Eile in diesem Ausdruck der Gemeinschaft zu vermeiden (1Tim 5,22).↩︎