Georges André
Schriften von Georges André
2Mo 1-4 - Kindheit, Jugendzeit, Berufung
2Mo 2,11-15 Apg 7,23-29 Heb 11,24-26 - 2. Die Entscheidung des Vierzigjährigen2Mo 2,11-15 Apg 7,23-29 Heb 11,24-26 - 2. Die Entscheidung des Vierzigjährigen
„Und es geschah in jenen Tagen, als Mose groß geworden war, da ging er aus zu seinen Brüdern und sah ihren Lastarbeiten zu; und er sah einen ägyptischen Mann, der einen hebräischen Mann von seinen Brüdern schlug. Und er wandte sich hierhin und dorthin, und als er sah, dass kein Mensch da war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sand. Und er ging am zweiten Tag aus, und siehe, zwei hebräische Männer zankten sich. Da sprach er zu dem Schuldigen: Warum schlägst du deinen Nächsten? Und er sprach: Wer hat dich zum Obersten und Richter über uns gesetzt? Willst du mich töten, wie du den Ägypter getötet hast? Da fürchtete sich Mose und sprach: Gewiss, die Sache ist bekannt geworden! Und der Pharao hörte diese Sache und suchte Mose zu töten“ ( 2Mo 2,11-15). „Als er aber ein Alter von vierzig Jahren erreicht hatte, kam es in seinem Herzen auf, sich nach seinen Brüdern, den Söhnen Israels, umzusehen. Und als er einen Unrecht leiden sah, verteidigte er ihn und rächte den Unterdrückten, indem er den Ägypter erschlug. Er meinte aber, seine Brüder würden verstehen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung gebe; sie aber verstanden es nicht. Und am folgenden Tag zeigte er sich ihnen, als sie sich stritten, und drängte sie zum Frieden, indem er sagte: Männer, ihr seid Brüder, warum tut ihr einander unrecht? Der aber dem Nächsten unrecht tat, stieß ihn weg und sprach: „Wer hat dich zum Obersten und Richter über uns gesetzt? Willst du mich etwa umbringen, wie du gestern den Ägypter umgebracht hast?“ Mose aber ßoh bei diesem Wort und wurde ein Fremder im Land Midian, wo er zwei Söhne zeugte“ ( Apg 7,23-29). „Durch Glauben weigerte sich Mose, als er groß geworden war, ein Sohn der Tochter des Pharaos zu heißen, und wählte lieber, mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden, als den zeitlichen Genuss der Sünde zu haben, indem er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens; denn er schaute auf die Belohnung“ ( Heb 11,24-26).
Als Mose ein Alter von vierzig Jahren erreicht hatte, kam es in seinem Herzen auf, nach seinen Brüdern zu schauen. Er ging zu ihnen hinaus und sah ihren Lastarbeiten zu. Am Hof hatte er gewiss nicht gelernt, dass diese verachteten Hebräer seine Brüder waren, und noch weniger, dass ihnen Verheißungen gegeben worden waren (1Mo 15,13.14). Aber die von den Eltern empfangene Unterweisung blieb in seinem Herzen lebendig. Es scheint, dass nun ein Tag der Entscheidung gekommen war. Es hätte ihm öffentlich der Titel „Sohn der Tochter Pharaos“ verliehen werden sollen. Bei diesem Anlass „weigerte“ sich Mose (Heb 11,24). Das Wort sagt uns nichts von der Reaktion der Prinzessin, aber die Handlungsweise des Glaubens war für die Kinder der Welt von jeher schwer zu begreifen. Und Moses selbst verzichtete damit auf so viel: Ehrenstellung, materielle Vorteile, Reichtum und den „zeitlichen Genuss“.
Es gibt Tage im Leben, wo man „nein“ sagen muss. Joseph (1Mo 39,10) ist ein Beispiel dafür, in einem Fall, in dem es durch die Gnade Gottes der ganzen Entschlusskraft eines Herzens, das dem Herrn anhing, bedurfte, um sich zu weigern, um davonzueilen und zu brechen. Wenn wir auch nie berufen sein werden, so großen Dingen zu entsagen, wie Mose sie ausschlug, so wird es sicherlich auch für uns Umstände geben, wo es gilt, in einer verunreinigten Welt auf materielle Vorteile zu verzichten, damit sie nicht zum Hindernis in der Gemeinschaft mit dem Volk Gottes werden, selbst wenn dies ein Opfer bedeutet.
Aber die negative Seite genügt nicht. Mose „wählte“. Was wählte er? – „mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden“ (Heb 11,25). Viele Gelegenheiten werden uns geboten, zugunsten derer zu wählen, die der Herr liebt, wenn diese auch nicht das Ausmaß der Entscheidung Moses erreichen. Der „Genuss der Sünde“ ist, wie das Wort sagt, „zeitlich“, also nur für eine Zeit, „wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1Joh 2,17). Mose hatte sich geweigert und gewählt, Das gab ihm die nötige Autorität, auch von anderen, – besonders von seinem Volk – zu verlangen, in ihrem Maß dasselbe zu tun. In Hebräer 11 wird der Vorhang vom Herzen Moses weggezogen, so dass das Geheimnis sichtbar wird, das seinen Glauben in Bewegung setzte. Er traf seine Wahl nicht durch Willenskraft oder aus selbstgerechter Enthaltsamkeit, sondern weil er die Schmach des Christus für größeren Reichtum „hielt“ als die Schätze Ägyptens.
Das Museum in Kairo und das Grab Tut-anch-amons beweisen, dass jene Schätze nicht gering waren. Aber das, was sich – zweifellos dem Bild nach – auf Christus bezog, hatte für das Herz Moses mehr Wert als alles Übrige; es war ein größerer Reichtum!
Seine Brüder würden gewiss den Selbstverzicht Moses und seine Hingabe für ihre Sache würdigen: „Er meinte aber, seine Brüder würden verstehen, dass Gott durch seine Hand ihnen Rettung gebe“ (Apg 7,25). Doch wie sehr wurde er enttäuscht! „Sie aber verstanden es nicht“, und der Israelit, den er zurechtwies, weil er seinem Nächsten Unrecht tat, „stieß ihn weg“. Was hatte es ihm nun eingetragen, sich zu „weigern“, zu „wählen“ und vorzuziehen, wenn es nur zu diesem Ergebnis führte?
Aus Furcht vor Pharao floh Mose nach Midian. Er setzte sich an einen Brunnen. Die bittersten Gedanken wollten seinen Geist nun wohl gefangen nehmen, aber er gab sich ihnen nicht hin: Als Zeuge der Belästigungen, denen die Töchter Reghuels ausgesetzt waren, gab er sich nicht seinem eigenen Schmerz hin, sondern kam ihnen zu Hilfe und bewahrte so seinen Charakter als Befreier und Diener.
Wie war dies alles möglich? Das Geheimnis wird uns in Hebräer 11,26 gezeigt: „Er schaute auf die Belohnung.“ Seine Blicke waren nicht auf die unmittelbare Zukunft gerichtet, auf die Vorteile, die er eingebüßt hatte, auf die ihm beschiedene Trübsal. Selbst am Brunnen von Midian, in seiner tiefsten Not, bewiesen seine Handlungen, dass in seinem Herzen der Glaube standhielt. Er schaute weiter, zur Höhe empor. In der Tat, der Weg, zu dem er sich verpflichtet hatte, sollte ihn zum Triumphgesang am Ufer des Roten Meeres führen, zu den Offenbarungen auf dem Sinai, zu einer Herrlichkeit, die sein Angesicht widerstrahlte, zum vertrauten Umgang mit Gott auf dem Pisga und schließlich zur Erscheinung in Herrlichkeit auf dem Berg der Verklärung.
Diese Dinge haben noch eine andere Seite. Als Mose zu seinen Brüdern ging, hatte er den Herrn nicht befragt. Der Augenblick Gottes war noch nicht gekommen, weder für sein Volk, noch für ihn selbst. Er ging in eigener Kraft, was die Menschenfurcht nicht ausschloss, im Gegenteil, „er wandte sich dahin und dorthin“ (2Mo 2,12). Jetzt aber, in der Stille, in der Zurückgezogenheit, allein mit Gott, sollte er nun zum Hirten geformt werden, wie einst Jakob oder David nach ihm. Sein Glaube war echt und tief, aber Mose hatte noch die Schule Gottes nötig.