Aus vielen Stellen nehmen wir einige Beispiele praktischer Quellen geistlicher Freude heraus. Im vorhergehenden Kapitel sind wir schon der Freude des Gebens begegnet.
Die größte Freude des jungen Christen ist zunächst die, errettet zu sein: „Siehe, ich verkündige euch große Freude.. . Euch ist heute ein Erretter geboren in Davids Stadt, welcher ist Christus, der Herr“ (Lk 2,10-11).Als Philippus in eine Stadt Samarias ging und sich viele Seelen zum Herrn bekehrten, „war eine große Freude in jener Stadt“. Und als Philippus etwas später dem Kämmerer auf dem öden Wege von Jerusalem nach Gaza begegnete, mit ihm von Jesus sprach und dann von ihm schied, nachdem er ihn getauft hatte, zog der Kämmerer seinen Weg mit Freuden (Apg 8,39). Welche Freude bringt es auch, Seelen zum Herrn zu führen! Vielleicht wird er unter vielen anderen auch uns als Werkzeug benützen, um Sein Werk an ihnen zu tun, oder er läßt uns von außen dem Aufkeimen göttlichen Lebens in einer Seele beiwohnen. Das ist der wunderbare Kehrreim von Lukas 15: „Freuet euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden. . . Freuet euch mit mir, denn ich habe die Drachme gefunden... Es geziemte sich aber, fröhlich zu sein und sich zu freuen; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden.“ Zu verschiedenen Malen nennt der Apostel die vielen, die durch ihn zum Herrn geführt worden sind, „meine Freude und Krone“. Welche Freude ist es ferner, dem Herrn und den Seinen zu dienen! Die siebzig kehrten mit Freuden zurück (Lk 10,17). Selbst wenn der Herr Jesus ihnen sagen mußte: „Doch darüber freuet euch nicht, daß euch die Geister Untertan sind; freuet euch aber, daß eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“, so bleibt doch bestehen, daß diese erste Erfahrung im Dienste sie mit Freude erfüllt hatte.
Es gibt auch eine Freude des erhörten Gebets (Joh 16,24). Wenn wir unsere Anliegen vor Gott kundtun, werden unsere Herzen und Sinne in Frieden bewahrt. Aber die Erhörung der Gebete zu erleben, erfüllt uns mit Freude.
Über alledem steht die Freude der Gemeinschaft mit Christo, eine persönliche Gemeinschaft in Gehorsam und Abhängigkeit, die uns als das Teil der mit dem Weinstock verbundenen Rebe geschenkt ist (Joh 15,11), eine wunderbare Freude, die den Herrn selbst erfüllte, als Er Seine Jünger diese Dinge lehrte, „auf daß meine Freude in euch sei.“ Da ist auch die Freude der brüderlichen Gemeinschaft, als Einzelne oder als Körperschaft. Als Paulus am Ende seiner Laufbahn an seinen Genossen schrieb, der so viele Jahre mit ihm umhergereist war und mit ihm gelitten hatte, sagte er zu Timotheus: „Voll Verlangen, dich zu sehen.. . auf daß ich mit Freude erfüllt sein möge“ (2Tim 1,4). Welche Freude, einen Freund im Herrn wiederzusehen, mit dem man auf dem Weg gewandelt ist! Freude auch, sich zum Herrn hin zu versammeln, besonders zur Anbetung, wenn wir Ihn in Seinem Tode und in Seiner Auferstehung betrachten! Unvergeßliches Erleben der Jünger am Abend des ersten Tages der Woche, als ihnen Jesus Seine Hände und Seine Seite gezeigt hatte! „Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen“ (Joh 20,20).
Welch tiefe Freude findet sich besonders in der Betrachtung, im
Anschauen des Herrn selbst! Mit einer gewissen Rührung erinnerte der
Apostel Johannes am Abend seines Lebens daran, daß er Ihn mit eigenen
Augen gesehen, angeschaut, betrachtet und mit seinen eigenen Händen
betastet habe; er wollte den Gläubigen alles mitteilen, was er dabei
gesehen und gehört hatte, auf daß auch sie Gemeinschaft hätten mit den
Aposteln, die mit Jesu zusammengelebt hatten: „Und dieses schreiben wir
euch, auf daß eure Freude völlig sei.“ Diese Freude war in der Tat nicht
das ausschließliche Teil der Jünger, die mit dem Herrn zusammengelebt
hatten. Petrus schrieb den Gläubigen: „An welchen glaubend, obgleich ihr
ihn nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude
frohlocket“ (1Pet 1,8). Jesus im Glauben betrachten, wie Er auf der
Erde gewandelt hat, so, wie die Evangelien Ihn uns darstellen; Ihn
sehen, wie er wandelte, betete, in die Synagoge eintrat, am See entlang
schritt, die Wogen beherrschte oder sich ermüdet am Brunnenrand
niederließ — erfüllt das Herz mit tiefer Freude. — Und Seine
Herrlichkeit anschauend, werden wir in Sein Bild verwandelt. (Vgl.
Ja, welche Freude birgt für uns die Hoffnung auf das Kommen des Herrn! In Römer 12,12 wird uns zugerufen: „In Hoffnung freuet euch“, und der Apostel erinnerte Titus an die vor uns liegende, „glückselige Hoffnung“ (2,13).
Höchste Freude ist uns bei der Wiederkunft Christi beschieden: „Freuet euch, auf daß ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freuet“ (1Pet 4,13). Der treue Knecht wird die Stimme seines Herrn sagen hören: „Gehe ein in die Freude deines Herrn“, und der himmlische Chor wird ausrufen: „Laßt uns fröhlich sein und frohlocken und ihm Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen“ (Off 19,7).
Wie tief ist auch die Freude, die ein Christ heute im Leid erfahren kann! Er mag – nach Jakobus 1,2 – durch Leiden gehen, die aus den mannigfaltigen Umständen des Lebens hervorkommen, oder nach
1. Petrus 4,13 Leiden für den Herrn zu ertragen haben. Immer kann sich der Christ freuen. Wieso denn? Weil er sich „im Herrn“ freut.
Das also ist das Geheimnis aller Freuden, die wir betrachtet haben. Die einfache irdische Freude, enthalten in dem „alles“, das Gott uns reichlich darreicht, können wir nur „mit Ihm“ recht genießen. Mit Christus genießen wir auch die Freude des eigenen Heils oder des Heils anderer. Im Dienst, in der Gemeinschaft, im Zusammenkommen, freut sich unser Herz wiederum „mit Ihm“. Und macht im Ausschauen nach Seiner Wiederkunft nicht gerade das unsere tiefe Freude aus, daß wir allezeit „bei Ihm“ sein werden? In Tagen des Leides, der Trauer und der Vereinsamung ist es nur der Tatsache zu verdanken, daß wir durch alles hindurch „mit Ihm“ gehen, wenn trotz allem ganz im Grunde unseres Herzens die Freude bestehen bleibt. Er wird uns nie fehlen. „Ist Jesus im Grunde deines Herzens, wird deine Freude tief sein“ (J.N.D.)