Georges André
Schriften von Georges André
Pred 2,4-11; 4,7-8; 5,10-17; 6,11 - Der Reichtum
EinleitungEinleitung
„Gleichwohl werden seine Augen des Reichtums nicht satt“ (Kapitel 4, 8).
Paßt der vom Prediger so oft verwendete, auffallende Ausdruck „Haschen nach Wind“ nicht ganz besonders auf den Erwerb von Reichtum? Gleicht nicht gerade die leidenschaftliche Gier, in welcher der Mensch sich abplagt, um den Besitz zu vermehren, einer wilden Verfolgungsjagd nach einer Befriedigung, die einem immer wieder entgeht?
Das hat auch Salomo festgestellt. Er unternahm große Dinge, hatte Häuser und Gärten, besaß Herden, Knechte, Mägde und unermeßliche Schätze; und doch muß er schließlich sagen: „Siehe, das alles war Eitelkeit . . . und es gibt keinen Gewinn unter der Sonne.“ Der Prediger läßt seine Blicke ringsumher schweifen, und was sieht er? „Da ist ein einzelner und kein zweiter, auch hat er weder Sohn noch Bruder, und all seiner Mühe ist kein Ende“. Ein solcher sollte sich fragen: „Für wen mühe ich mich doch, und lasse meine Seele Mangel leiden am Guten?“ Statt dessen geht er weiter im Schätzesammeln, obwohl aller Reichtum, den er erwerben wird, ihn nicht sättigen kann.
Da ist ein anderer, der das Geld liebt und des Geldes nicht satt wird (5,10). „Das Gut mehrt sich, es mehren sich auch die davon essen“; aber welchen Nutzen hat der Besitzer? (Vers 11). Die Sorge, die sich der Reiche wegen seiner Güter macht, „läßt ihn nicht schlafen“ (Vers 12).
Im Verlauf seiner Untersuchung über das, was unter der Sonne vor sich geht, entdeckt der Prediger noch andere Fälle: Da gibt es Reichtum, der vom Besitzer zu seinem Unglück aufbewahrt wird; oder er geht durch irgendein Mißgeschick verloren, und sein Besitzer hat nichts mehr. In jedem Fall wird der Mensch, der nichts in diese Welt hereingebracht hat, von seiner Arbeit auch nichts davontragen und in seiner Hand mitnehmen können. Das ist ein schmerzliches Übel; was für einen Gewinn hat er also davon, daß er sich in den Wind gemüht hat? (Verse 14–16).
Hiskia hatte vor den Abgesandten des Königs von Babel seine Schätze zur Schau gestellt. Da kündigte der Prophet ihm an: „Alles, was in deinem Hause ist und was deine Väter aufgehäuft haben.. . es wird nichts übrig bleiben“ (Jes 39,6).
Weshalb kommt der Prediger zu der Schlußfolgerung: „Es gibt viele Worte, welche die Eitelkeit mehren; welchen Nutzen hat der Mensch davon?“ (6,11). Er wird nicht nur seine Schätze zur Schau stellen, sondern sich auch beeifern, alles Erworbene in ein günstiges Licht zu bringen; aber welchen Nutzen wird ihm dies bringen? – Laßt uns noch einmal feststellen, daß der Mensch, so wie ihn der Prediger sieht, nur ein egoistisches Ziel kennt: Er sucht in einer Welt, wo alles durch die Sünde verdorben ist, seine eigene Befriedigung. Das ist wirklich „der Betrug des Reichtums“, von welchem der Herr im Gleichnis, im Zusammenhang mit den Dornen, spricht (Mk 4,19). Wie ist es angesichts all dieser Eitelkeit doch angebracht, an die ernste Warnung des Psalmisten zu erinnern: „Wenn der Reichtum wächst, so setzet euer Herz nicht darauf“ (Ps 62,10)!