Georges André
Schriften von Georges André
Pred 1,3; 2,18–23; 4,4–8; 6,7 - Die Arbeit
Was sagt uns das Neue Testament über die Arbeit?Was sagt uns das Neue Testament über die Arbeit?
Lesen wir zuerst die grundlegenden Stellen, die darauf Bezug haben: 1. Thessalonicher 4,11-12 und 2. Thessalonicher 3,6-13.
Der Apostel stellt Arbeit und Unordnung einander gegenüber: „Wir hören, daß etliche unter euch unordentlich wandeln, indem sie nichts arbeiten, sondern fremde Dinge treiben“ (2Thes 3,11). „Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen“, ein Grundsatz, den auch der Kommunismus für seine eigenen Zwecke übernommen hat, (was kann man der Bibel nicht alles entnehmen!); unter der Feder des Apostels hat dieses Wort den Sinn:
Wer zu einer Arbeit fähig ist, hat kein Recht zu essen, wenn er die entsprechende Tätigkeit vernachlässigt.
Was ist denn, nach unseren Schriftstellen, der Zweck der Arbeit?
Zunächst arbeiten wir, „um niemandem... beschwerlich zu fallen“; der Apostel ist uns hierin ein Vorbild; es gilt, „sein eigenes Brot zu essen“, für seine eigenen Bedürfnisse zu sorgen, sofern man dies kann und gesund ist. Der Ehemann hat auch seine Gattin zu „nähren“ (Eph 5,29); wer eine Familie hat, ist gehalten, für alles zu sorgen, wessen sie bedarf: „Wenn aber jemand für die Seinigen und besonders für die Hausgenossen nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger“ (1Tim 5,8) — eine außerordentlich ernste Ermahnung. Gibt es Witwen in der Familie, so haben die Kinder die Verpflichtung, besonders wenn die verwitwete Mutter nicht mehr für ihre eigenen Bedürfnisse aufkommen kann, „den Eltern Gleiches zu vergelten“ (1Tim 5,4). Der Apostel fügt hinzu: „Wenn ein Gläubiger oder eine Gläubige Witwen hat, so leiste er ihnen Hilfe, und die Versammlung werde nicht beschwert“ (Vers 16).
Für einen jungen Mann ist es der normale Weg, daß er sich durch eine Lehre oder durch Studium für einen Beruf vorbereitet, damit er selbst für seine Bedürfnisse sorgen kann. Begehrt er ein eigenes Heim zu gründen, so sagt ihm Sprüche 24,27: „Besorge draußen deine Arbeit und bestelle sie dir auf dem Felde; hernach magst du dann dein Haus bauen.“ Das tönt nicht sehr „modern“, aber es ist die grundlegende Belehrung der Schrift, wenn die Umstände auch unendlich verschieden sein mögen, und der Herr den einen oder anderen der Seinigen in besondere Lagen bringen kann.
Nach 1. Thessalonicher 4,12 hat die Arbeit einen doppelten Zweck: Sie setzt uns in die Lage, „niemandes zu bedürfen“, was sich mit dem soeben Gesagten deckt. Ferner hilft sie uns, „ehrbarlich zu wandeln gegen die, welche draußen sind“, ein Zeugnis, das der Christ in dieser Welt ablegen soll.
Müßiggang führt zu Unordnung. In 1. Timotheus 5,13 wird die jüngere Witwe vor dieser Gefahr gewarnt: Sie soll nicht in den Häusern umherlaufen, nicht müßig und geschwätzig sein, sich nicht um Dinge kümmern, die sie nichts angehen und Dinge sagen, die sich nicht gehören. Die Arbeit auferlegt uns eine persönliche Disziplin; sie lehrt uns Pünktlichkeit, methodisches Ausnützen der Zeit und Ausharren. Ein Christ, der lässig arbeitet, ohne triftigen Grund am Arbeitsort fehlt oder über alles und alle seufzt, ist kein gutes Zeugnis.
Die Arbeit, welcher sich ein jeder widmen wird, ist sehr verschiedenartig. Wie wichtig ist es da, vor dem Eintritt in einen Beruf mit dem Herrn zu tun zu haben, um den Weg zu erkennen, auf welchem Er uns wandeln sehen will. Hat man einmal einen Beruf ergriffen, ist es sehr schwer, ihn zu wechseln.
Für die jungen Christinnen stellt sich ein Problem. Nach dem soeben Gesagten ist es auch für eine unverheiratete Tochter normal, daß sie sich für eine bestimmte Beschäftigung ausbildet — vor allem für eine solche, wo sie christliche Liebe und christlichen Einfluß entfalten kann — und so für ihre eigenen Bedürfnisse aufkommen kann, es sei denn, daß sie berufen ist, im Rahmen der Familie zu bleiben, um ihrer Mutter zu helfen oder ihre Geschwister zu umsorgen.
Darf eine verheiratete Frau ohne Kinder nach der Bibel auswärts für Lohn arbeiten? Die Schrift macht uns in dieser Beziehung wohl keine wörtlichen Angaben. Zweifellos hat die Gattin ihren ersten Platz in ihrem Heim, um ihrem Gatten die „Hilfe seinesgleichen“ zu sein; aber die Zeiten und Umstände ändern sich, und es gibt so manche Gelegenheit, auswärts ein nützliches Amt auszufüllen.
Was aber die Hausmutter anbelangt, ist die Schrift sehr eindeutig. Sie hebt zum Beispiel das gute Zeugnis hervor, das eine Witwe hinterlassen kann: „Kinder auferzogen, . . . Fremde beherbergt, . . . der Heiligen Füße gewaschen, . . . Bedrängten Hilfe geleistet, . . . jedem guten Werke nachgegangen.. . “ (1Tim 5,10), Laßt uns auf die Reihenfolge dieser fünf Beschäftigungen achten. Zu allererst soll sie die Kinder auferziehen, sie nicht nach ihrer eigenen Weise wachsen und sich entfalten lassen, sondern sie aufziehen „in der Zucht und Ermahnung des Herrn“. Sie hat auch das Vorrecht, Gastfreundschaft zu üben und wird dies umso aufmerksamer tun, wenn es sich um die „Heiligen“ handelt, denen sie, bildlich gesprochen, „die Füße wäscht“, eine Besorgung, die der Pharisäer (Lukas 7) dem Herrn Jesus gegenüber unterlassen hatte und die, gemäß Johannes 13, auch eine sittliche Bedeutung hat. Die Tätigkeit der Hausfrau überschreitet den Kreis ihres Heimes, indem sie auch Bedrängten Hilfe leistet und jedem guten Werke nachgeht. Laßt uns jedoch beachten, daß diese beiden letzten Tätigkeiten erst nach den ersten Beschäftigungen aufgezählt werden: eine christliche Frau darf ihre Kinder nicht vernachlässigen, um sich „Werken“ außerhalb des Hauses zu widmen. Ein solches Programm läßt für eine zusätzliche, auf Verdienst zielende Tätigkeit nicht mehr viel Zeit übrig; aber auch da sind die Verhältnisse äußerst verschieden. Eine Mutter wird vielleicht genötigt sein, zu den Haushaltskosten beizusteuern oder mit ihrem Gatten zusammenzuarbeiten; sie wird dabei aber auch „die Vorgänge in ihrem Hause überwachen“, damit weder die Kinder noch das Zeugnis darunter zu leiden haben. Wenn wir das sagen, so denken wir auch an unsere Schwestern auf dem Lande und an die mühevolle Arbeit, die ihnen oft obliegt, und auch an die Schwestern, deren Gatte nicht gesund genug ist, um allen Bedürfnissen des Haushaltes selber zu entsprechen.
Alle diese Arbeit, die der Apostel empfiehlt, soll sich „in der Stille“ vollziehen (1Thes 4,11; 2Thes 3,12). Das ist in unserer Zeit höchster Anspannung und beschleunigter Entwicklung sehr schwierig zu verwirklichen. Zwei Verse aus den Sprüchen verhelfen uns vielleicht zu einem besseren Verständnis der Bedeutung dieser „Stille“. Damit ist nicht ein Nachlassen in der Anstrengung gemeint; in Sprüche 22,29 wird der „gewandte“ Mann gelobt. Gewandtheit heißt aber nicht gewinnsüchtig: „Bemühe dich nicht, reich zu werden“ (Spr 23,4). Nicht das Streben, unter allen Umständen vorwärts zu kommen und etwas zu erreichen, soll uns kennzeichnen, sondern Sorgfalt und Aufmerksamkeit in der täglichen Arbeit. An den Landwirt gerichtet, aber auf alle anwendbar, sagt uns Sprüche 27,23-24: Bekümmere dich wohl um das Aussehen deines Kleinviehes, richte deine Aufmerksamkeit auf die Herden. Denn Wohlstand ist nicht ewig; und währt eine Krone von Geschlecht zu Geschlecht?“ Mehr als einer hat geglaubt, auf dem von seinem Vater oder Großvater geerbten Wohlstand in einem Landgut oder einem Familien-Unternehmen ausruhen zu können und hat aus diesem Grunde der Sache nicht die nötige Sorgfalt angedeihen lassen. Ein solcher vergaß, daß eine Krone nicht von Geschlecht zu Geschlecht währt!
Kann man die Ermahnung „in der Stille arbeitend“ (2Thes 3,12) gar als Vorwand benutzen, um die Leistung von Überstunden zu verweigern? Sagt uns der Apostel nicht, er habe Nacht und Tag gearbeitet, um den Unterhalt für sich und seine Begleiter zu bestreiten? (2Thes 3,8). Wir werden dabei jedoch nicht vergessen, daß der wöchentliche Ruhetag lange vor dem Gesetz von Gott eingesetzt worden ist. Sind auch wir Christen vom Sabbath zum ersten Tag der Woche, dem Auferstehungstag des Herrn Jesus, übergegangen, so bleibt doch der göttliche Gedanke nicht weniger bestehen; es ist daher sehr in Frage zu stellen, ob ein Gläubiger weise handelt, wenn er den Sonntag mit einer irdischen Arbeit ausfüllt, die nicht unumgänglich nötig ist und wozu er nicht durch berufliche Pflicht gezwungen ist.
Wie gut ist es auch, wenn wir uns jedes Jahr einige Wochen für genügende Ferien aufsparen, die Gelegenheit geben, mehr als gewöhnlich zu den Füßen Jesu zu sitzen, um Ihn zu uns reden zu lassen!
Die Arbeit des Christen ist durch die Ermahnung von Kolosser 3,23-24 wunderbar geadelt. Sklavenarbeit war besonders entwürdigend. Der Sklave selbst zog aus ihr keinen Nutzen, keinen Gewinn und doch sagte ihm der Apostel: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen. Ihr dienet dem Herrn Christus.“ Bei jedem Tagewerk, im Haushalt oder auf dem Lande, während der langen Stunden in der Werkstatt oder im Büro . . . immer soll uns der Satz eingeprägt sein: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen als dem Herrn.“ Dann wird es weder wildes Drauflosarbeiten noch Gewinnsucht geben; wir werden der uns anvertrauten Aufgabe alle Geschicklichkeit und Sorgfalt widmen. Der Christ arbeitet nicht nur während den erforderlichen Stunden, um seinen Zahltag zu verdienen, sondern hat als Devise: „Ihr dienet dem Herrn Christus.“
Die Schrift hebt noch ein anderes Ziel der Arbeit hervor: „Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, auf daß er den Dürftigen mitzuteilen habe“ (Eph 4,28). Arbeiten, um aus dem Verdienst mitteilen zu können – an wen war diese Aufforderung gerichtet? An den, der früher gestohlen hatte! Welch eine wunderbare Veränderung bringen doch die Gnade und die Wiedergeburt hervor! Wer früher in Arglist andere ihrer Habe beraubte, wird jetzt mit Freuden von der Frucht der Arbeit seiner eigenen Hände den Dürftigen mitteilen. Er gleicht nun dem Vorbild des Apostels, der sagen konnte: „Ich habe euch alles gezeigt, daß man, also arbeitend, sich der Schwachen annehmen . . . müsse“ (Apg 20,35).