John Gifford Bellet
Schriften von J.G. Bellet
Joh 1,18 - „Der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist“Joh 1,18 - „Der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist“
Ich fürchte nichts so sehr wie Vernunftschlüsse, wo Zuneigungen uns beseelen sollten, oder dass wir von der Stätte lebendiger Kraft herabgezogen werden in den Kreis menschlicher Meinungen und Ansichten. Doch die Geheimnisse Gottes haben alle einen sehr hohen Wert für das praktische Leben, denn sie verleihen uns entweder:
- Kraft zum Dienst und
- reichen Trost in Trübsal oder
- sie fördern die Gemeinschaft der Seele.
Der Apostel Paulus spricht von sich und anderen als von „Dienern Christi“ und zugleich als von „Verwaltern der Geheimnisse Gottes“ (1Kor 4,1). So sollen auch wir in unserem Maß „Diener“, d. h. Knechte sein, in aller praktischen, persönlichen Bereitwilligkeit und Hingabe: geduldig, eifrig und dienstfertig. Dabei wollen wir sehr wohl fühlen, wie klein wir sind im Vergleich zu anderen. Zugleich aber sollen wir Verwalter sein, und zwar „Verwalter der Geheimnisse Gottes“. Im Übrigen sucht man hier an den Verwaltern, dass einer für treu befunden werde“ (1Kor 4,1.2 — treu, indem wir die Einzelheiten der göttlichen Offenbarung unverfälscht und unverletzt bewahren. Vernunftmenschen, die meinen, alles mit ihrem Verstand ergründen zu können, nehmen diese Geheimnisse allerdings nicht an, denn ihnen war das Kreuz von jeher eine Torheit. Auch die „Fürsten dieses Zeitlaufs“, die Männer der Philosophie, die sich selbst für Weise ausgaben, haben „Gottes Weisheit in einem Geheimnis“ nicht erkannt (1Kor 2,6.7).
Die Wahrung der Ehrfurcht und die Bezeugung der persönlichen Herrlichkeit des Sohnes Gottes bilden den wichtigsten Teil unserer hohen und heiligen Verwaltung. Johannes wachte über diese Herrlichkeit mit außergewöhnlicher Sorgfalt. An anderen Stellen der Heiligen Schrift werden Vorschriften und Maßregeln empfohlen, wie wir das Böse behandeln sollen, das aus der Hinneigung zum Judentum oder aus anderen Quellen hervorkommt. Im Galaterbrief, in dem die Einfalt des Evangeliums verteidigt wird, begegnen wir eingehenden Erörterungen, verbunden mit einer eindringlichen und schlagenden Beweisführung. Aber in den Briefen des Johannes ist alles bestimmt und unbedingt. Hier wird alles abgewiesen und ferngehalten, was nicht aus jener „Salbung von dem Heiligen“ ist (1Joh 2,20), die sowohl den Sohn als auch den Vater ehrt, die nicht zulässt, dass eine Lüge aus der Wahrheit ist, sondern ausdrücklich sagt: „Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht“ (1Joh 2,23).
Diese Unterschiede in der Darstellungsweise, die die Weisheit des Heiligen Geistes zugelassen hat, sind von großem Wert, und wir sollten sie nicht übersehen. Das Beobachten von Tagen oder das Nichtessen von Fleisch sind Dinge, die die volle Herrlichkeit und Freiheit des Evangeliums zwar schmälern, aber als Schwachheiten zu tragen sind (Röm 14). Eine Herabsetzung der Person des Sohnes Gottes oder eine Schmälerung seiner Herrlichkeit jedoch dürfen niemals mit Gleichgültigkeit ertragen werden. Hier wäre eine Nachgiebigkeit völlig fehl am Platz.
Eine Reise von Ägypten nach Kanaan war an und für sich noch keine wirkliche Pilgerfahrt. Mancher hat denselben Weg zurückgelegt, ohne ein Fremdling und Pilger mit Gott zu sein. Wäre die Reise auch von allen Schwierigkeiten und Mühsalen begleitet gewesen, denen man in einer so dürren und pfadlosen Wüste begegnet, dann wäre sie deshalb noch längst keine göttliche und himmlische Wanderung gewesen. Ein Leben voller Selbstverleugnung und Entbehrung genügt nicht, selbst wenn es mit jenem moralischen Mut ertragen wird, der den Fremdlingen Gottes auf der Erde geziemt. Um die Reise zu einer Pilgerfahrt des Israels Gottes zu machen, musste die Bundeslade in der Mitte Israels sein, und zwar getragen von einem Volk, das durch Blut aus Ägypten erkauft war und nun im Glauben an die Verheißung nach Kanaan zog.
Das war die Aufgabe der Kinder Israel in der Wüste: Sie mussten die Bundeslade tragen, sie begleiten und heiligen. In mancher Hinsicht und bei vielen Gelegenheiten mochten sich ihre Schwachheiten offenbaren und Strafe und Zucht über sie bringen; sobald aber ihre eigentliche Aufgabe — die Bewachung der Bundeslade — vernachlässigt wurde, war alles verloren. Und so weit ist es tatsächlich gekommen: „Ja, ihr habt die Hütte des Moloch getragen und das Gestirn eures Gottes Raiphan, die Bilder, die ihr gemacht hattet, um sie anzubeten“ (Apg 7,43). Das war eine Verachtung der Bundeslade des HERRN. Gott musste ihnen sagen: „Ja, ihr habt den Sikkut, euren König, und den Kijun, eure Götzenbilder, getragen, das Sternbild eures Gottes, die ihr euch gemacht hattet. So werde ich euch über Damaskus hinaus wegführen, spricht der HERR, Gott der Heerscharen ist sein Name“ (Amos 5,27).
Und welche „Bundeslade“ befindet sich jetzt in der Mitte der Gläubigen, damit sie sicher, heilig und ehrerbietig durch die Wüste dieser Welt geleitet wird? Ist es nicht der Name des Sohnes Gottes? Welches Geheimnis ist unserer Verwaltung und unserem Zeugnis anvertraut, wenn nicht dieses? „Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht“ (2Joh 9.10). Von den Gläubigen selbst muss die Trennwand zwischen ihnen und denen, die Christus verunehren, aufgerichtet werden.
Es ist meine Absicht, den Herrn Jesus in seinem Charakter als Sohn Gottes zu betrachten; und mit seiner Hilfe wird uns dieser Gegenstand gewiss zum Segen sein.
Wir sind getauft „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Diese Worte enthalten die förmliche Erklärung des Geheimnisses der Gottheit. Demzufolge ist der Sohn eine göttliche Person, wie es auch der Vater und der Heilige Geist sind. Andere Stellen der Bibel offenbaren uns dasselbe Geheimnis — dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist drei Personen in der einen göttlichen Herrlichkeit oder Gottheit sind — auf eine andere, mehr moralische oder innerliche Weise, indem sie uns das Geheimnis in seiner Gnade und Kraft sowie in seiner Anwendung auf unsere Bedürfnisse, unser Leben und unsere Auferbauung vor Augen stellen. Dies ist vor allem im Johannes- evangelium der Fall, wo das Geheimnis der Gottheit, wie es im Taufbefehl zum Ausdruck kommt, entwickelt wird. Dies wird uns für unser Verständnis, unser Herz und unser Gewissen gegeben, damit wir es uns im Glauben und in der Ausübung der Gemeinschaft aneignen können. „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Hier wird in dem Zwischensatzl mitgeteilt, dass die Gläubigen die persönliche Herrlichkeit des Herrn Jesus verkündeten, die sie, wie sie sagen, angeschaut haben — „eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater“. Von diesem Eingeborenen vom Vater wird gleich darauf gesagt, dass Er „im Schoß des Vaters ist“ (Joh 1,18) — ein Wort, das sich tief in unsere Herzen senken sollte.1
Ohne Zweifel wird der Herr in vielerlei Hinsicht der „Sohn Gottes“ genannt. Er trägt diesen Namen als geboren von der Jungfrau Lk 1,35) und Er ist es nach göttlichem Beschluss (Ps 2,7). Dies ist und bleibt wahr, obwohl uns bezüglich seiner göttlichen Sohnschaft noch mehr offenbart worden ist. Er ist der Sohn, und dennoch hat Er den Namen „Sohn“ empfangen (Heb 1,1-4). Matthäus und Markus reden von Ihm als „Sohn Gottes“ zuerst bei seiner Taufe; Lukas beginnt früher, er erwähnt seine Sohnschaft schon bei dessen Geburt. Doch Johannes geht noch weiter zurück bis zu den unermesslichen, unergründlichen Fernen der Ewigkeit und verkündet seine Sohnschaft mit den Worten: „im Schoß des Vaters“.
Jedenfalls war die Einsicht in Bezug auf Jesus verschieden und es gab ein unterschiedliches Maß des Glaubens bezüglich seiner Person bei denen, die mit Ihm in Berührung kamen. Er selbst bezeugt z. B., dass der Glaube des Hauptmanns im Erfassen der Herrlichkeit seiner Person weit über das hinausging, was Er in Israel gefunden hatte (s. Mt 8,10). Doch das schwächt in keiner Weise die große Tatsache ab, dass Er, wie wir von Ihm lesen, der Sohn war, der „im Schoß des Vaters ist“.
Geliebte, wir dürfen dieses kostbare Geheimnis nicht antasten. Wir sollen uns fürchten, das Licht jener Liebe zu dämpfen, in deren Strahlen wir berufen sind, unseren Weg zum Himmel zu wandeln. Wir sollen uns fürchten, irgendein Bekenntnis des Glaubens — oder besser gesagt des Unglaubens — zuzulassen, wodurch der „Schoß des Vaters“ seines ewigen, unaussprechlichen Wohlgefallens beraubt und wodurch gesagt würde, dass unser Gott nicht die Freude eines Vaters, oder dass unser Herr nicht die Freude eines Sohnes gekannt habe, als Er von Ewigkeit her „im Schoß des Vaters war“. Mit solchen Gedanken können wir uns nicht eins machen. Wenn es Personen in der Gottheit gibt, sollten wir dann nicht auch wissen, dass Beziehungen zwischen ihnen bestehen? Können wir auf eine solche Vorstellung überhaupt verzichten? Sind dem Glauben nicht der Vater, der Sohn und der Heilige Geist offenbart? Ganz gewiss. Die Personen in jener Herrlichkeit sind nicht voneinander unabhängig, sondern stehen in inniger, wechselseitiger Beziehung zueinander. Auch gehen wir wohl nicht zu weit, wenn wir sagen, dass in diesen Beziehungen das große Urbild der Liebe, das gesegnete Vorbild aller gegenseitigen Beziehungen, gefunden wird.
Ich muss die ungläubige Vorstellung ablehnen, dass es keine Personen in der Gottheit gebe, und dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist nur verschiedene Namen seien, die auf eine verschiedenartige Betrachtung ein und derselben Person zurückgehen. Das Wesen, der Kern des Evangeliums, würde sonst durch einen solchen Gedanken zerstört werden! Ebenso muss der Gedanke verworfen werden, dass diese Personen nicht zueinander in einer Beziehung stehen. Die im Evangelium offenbarte Liebe würde durch eine solche Vorstellung verdunkelt werden!
Es wurde einmal die Frage gestellt, ob Gott nicht schon Vater gewesen sei, bevor der Herr Jesus in Bethlehem geboren wurde. Ja, gewiss, Er war es schon von Ewigkeit her. Von Ewigkeit her war der Schoß des Vaters ein Heiligtum, in dem der Sohn zur unbeschreiblichen Wonne des Vaters wohnte, der Zufluchtsort jener unaussprechlichen Liebe, die die Herrlichkeit überstrahlt.
Manche Herzen mögen sich mit falschen Gedanken dieser Art nie beschäftigt haben, aber dennoch dürfen wir als Gläubige nicht zulassen, dass diese Wahrheit angetastet wird. Nie dürfen wir ein solches Geheimnis der menschlichen Einbildungskraft preisgeben, sondern wir müssen es mit den Waffen des Glaubens gegen jeden Angriff der Philosophie und des eitlen Betrugs verteidigen (s. Kol 2,8). Als der Herr Jesus bezeugte, dass Er der „Gottes Sohn“ ist, fühlten selbst die Juden sogleich, dass Er sich dadurch Gott gleich machte (s. Joh 5,18). Das bedeutete, dass der Name des Sohnes keine untergeordnete und geringere Person darstellt, sondern vielmehr eine Gleichheit beansprucht. Ebenso behandelten sie Jesus Christus bei einer anderen Gelegenheit als Gotteslästerer, weil Er in einem Gespräch, in dem Er sein Verhältnis als Sohn zu seinem Vater erklärte, sich selbst Gott gleichmachte (s. Joh 10,33). Selbst die Juden verurteilten also den Herrn durch die törichte Philosophie der Menschen hervorgerufenen, unheilvollen Gedanken des Unglaubens.
Die Worte: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater“ (Mt 11,27) genügen vollkommen, um jede menschliche Überlegung zum Schweigen zu bringen. Die Mitteilung, dass uns das ewige Leben offenbart ist, damit wir Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn haben (1Joh 1,1.2), spricht ganz klar das unschätzbare Geheimnis aus, dass der Sohn Gott ist und das ewige Leben mit dem Vater hat. Auch wissen wir, dass geschrieben steht: „Der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht“ (Joh 1,18). Ich frage: Kann jemand Gott kundmachen, außer Gott selbst? In gewissem Sinn kann Gott natürlich beschrieben werden. Doch die Seele des Gläubigen kann sich nicht mit solchen Beschreibungen begnügen, obwohl die Weisheit der Welt nichts anderes kennt. Die Seele verlangt nach einer Kundmachung oder Offenbarung, die von Ihm selbst kommen muss, die nur Er selbst geben kann. Daher frage ich nochmals: Ist der Sohn, der im Schoß des Vaters ist, nicht eine göttliche Person?
Nur der Glaube kann verstehen, was die Heilige Schrift uns über dieses große Geheimnis mitteilt, dass der Vater und der Sohn in der Herrlichkeit der Gottheit sind und — obwohl an Herrlichkeit einander gleich zueinander in Beziehung stehen. Er, der im Anfang bei Gott und Gott selbst war, war zugleich der „Sohn Gottes“. Gott erlaubt, wie jemand einmal gesagt hat, dass viele Dinge Geheimnisse bleiben, vielleicht aus dem Grund, um auf diese Weise den Gehorsam unseres Geistes auf die Probe zu stellen, denn Er fordert von uns genauso Gehorsam des Geistes wie einen praktischen Gehorsam des Lebens.
Diese Unterwerfung unseres Geistes unter Gott bildet einen Teil unserer Heiligung. Sie ist etwas, was nur der Heilige Geist uns schenken kann. Er allein ist imstande, die innere Auflehnung unseres Geistes, der sich anmaßt, die Dinge Gottes zu beurteilen und sich weigert, etwas anzunehmen, was er nicht begreift (ein Ungehorsam und Hochmut, der nur im Ungehorsam und Hochmut Satans seinesgleichen findet), zur Ruhe zu bringen und in den Staub zu beugen. — Das ist wirklich eine heilige und zeitgemäße Warnung für unsere Herzen! Der Apostel sagt: „Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist?“ Und unmittelbar darauf fügt er hinzu: „Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.“ Und weiter: „Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht“ (1Joh 2,22.23).
Das sind sehr ernste Ausdrücke des Heiligen Geistes. Wie könnte es auch eine Erkenntnis des Vaters geben als nur in dem Sohn und durch den Sohn? Wie könnte der Vater auf andere Weise erkannt werden? Deshalb steht geschrieben: „Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht.“ Ich mag durch den Geist der Kindschaft sagen: „Abba, Vater!“ (Röm 8,15) — und ein Dichter mag gesagt haben: „Denn wir sind auch sein Geschlecht“ (Apg 17,28), aber Gott wird nicht als der Vater erkannt, wenn nicht der Sohn in der Herrlichkeit der Gottheit anerkannt wird! Wenn wir uns auf die göttliche Autorität stützen, können wir völlig überzeugt sein, dass, wenn die Salbung, die wir von Ihm empfangen haben, in uns bleibt, wir auch in dem Sohn und in dem Vater bleiben werden.
Kann der Sohn so geehrt werden wie der Vater (Joh 5,23), wenn Er nicht in seiner Gottheit anerkannt wird? Der Glaube an Ihn besteht nicht darin, zu glauben, dass Er ein Sohn Gottes, der von der Jungfrau geborene oder aus den Toten auferweckte Sohn Gottes ist, obwohl dies ohne Zweifel heilige Wahrheiten über seine Person sind. Nein, der Glaube an Ihn geht noch weiter: Er besteht vielmehr darin, an seine eigene Person zu glauben. Ich weiß nicht, wie ich Jesus Christus überhaupt den Sohn Gottes nennen könnte, wenn nicht in dem Glauben an seine göttliche Sohnschaft. Das uns gegebene Verständnis ist uns geschenkt worden, damit wir „den Wahrhaftigen erkennen“, indem wir „in dem Wahrhaftigen sind, in seinem Sohn Jesus Christus“; und diesen Worten wird dann hinzugefügt: „Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20).
Ist nicht die Wahrheit, von der im zweiten Johannesbrief die Rede ist, die „Lehre des Christus“ oder die Unterweisung, die wir durch den Heiligen Geist über die Person des Christus besitzen? Ist in dieser Unterweisung nicht die Wahrheit von der Sohnschaft in der Gottheit enthalten? Denn es wird uns dort gesagt: „Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“ (2Joh 9-11).
Derselbe Brief spricht auch von Ihm als dem „Sohn des Vaters“ (2Joh 3). — Dieser Ausdruck kann nicht anders auf Ihn bezogen werden, als dass Er von der Jungfrau geboren wurde, über die ein Engel zu Joseph sagte: „ das in ihr Gezeugte ist von dem Heiligen Geist“ (Mt 1,20).
Doch ich gehe weiter und frage: Kann die Liebe Gottes, wie sie in der Heiligen Schrift offenbart ist, verstanden werden, wenn diese Sohnschaft nicht anerkannt wird? Verdankt nicht die Liebe dieser Lehre ihren Charakter? Wird nicht aus diesem Grund an die Zuneigungen unserer Herzen appelliert? „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16). Auch lesen wir: „Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden“ (1Joh 4,10) — „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten“ (1Joh 4,9). — „Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt“ (1Joh 4,14). Verliert diese Liebe nicht völlig ihre unvergleichliche Herrlichkeit, wenn diese Wahrheit bezweifelt wird? Was würden wir einem Menschen als Antwort geben, der behauptet, dass Er, den Gott nicht schonte, sondern für uns alle dahingab, nicht sein eigener Sohn sei? Wie lähmend würde es doch auf uns wirken, wenn wir hören würden, dass unser Herr nur der Sohn Gottes sei, weil Er von der Jungfrau Maria geboren wurde, und dass die Worte: „der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat“ (Röm 8,32) nur in menschlichem und nicht in göttlichem Sinn zu verstehen seien!
Das teure Wort Gottes darf nie nach menschlichen Vorurteilen abgeändert werden! Ging Abraham mit einem Knecht oder mit einem Fremdling oder mit jemand, der nur in seinem Haus geboren war, zu dem Berg im Land Morija? War Isaak ein angenommener Sohn oder war er sein eigener, sein einziger Sohn, den er so sehr liebte? — Wir wissen es alle: „Und er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak, und zieh hin in das Land Morija und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde“ (1Mo 22,2).
Ich weiß nicht, wie ich von dem Sohn sprechen könnte, „der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20), wenn ich Ihn nicht durch den Glauben als den eingeborenen Sohn, der im Schoß des Vaters ist (Joh 1,18), als den Sohn in der Herrlichkeit der Gottheit, aufnähme. — Der Sohn ist der Christus! Gott hat in der Person des Sohnes das ganze Werk vollbracht, das für uns getan werden musste. Alles dies hat Er getan in der Person Jesu. Darum sagen wir: „Jesus Christus, der Sohn Gottes.“ Der Eingeborene, der Christus, Jesus von Nazareth, ist ein und dieselbe Person. Unter diesen verschiedenen Namen erblicken wir Ihn in seiner persönlichen Herrlichkeit, in seinem Dienst und in seiner angenommenen Menschheit.
Wenn wir die Spuren des wundervollen Lebens Jesu von dem Schoß des Vaters bis zu dem Augenblick verfolgen, wo wir Ihn als den „Erben aller Dinge“ (Heb 1,2) sehen, dann machen wir wunderbare Entdeckungen bezüglich seiner Person, Geliebte! Wir denken in diesem Zusammenhang an Sprüche 8,22-31; Eph 1,10; Kol 1,13.20; Heb 1,1.3; 1Joh 1,2; Off 3,14 — und sinnen dann über Ihn nach, wie Er uns in diesen herrlichen Schriftstellen vorgestellt wird. Wir betrachten im Licht dieser verschiedenen Stellen den Einen, auf den wir vertrauen, der alles für uns hingab, der einen solchen Pfad wandelte, und dann mögen wir sagen: Können wir uns von Ihm oder von seinem Pfad trennen? Nein! Er war im Schoß des Vaters — das ewige Leben bei dem Vater, Gott selbst und doch bei Gott.
Im Ratschluss Gottes war Er dort eingesetzt vor den Uranfängen der Erde, „als er die Erde und die Fluren noch nicht gemacht hatte“ (Spr 8,26). Dann war Er der Schöpfer aller Dinge in ihrer ersten Ordnung und Schönheit; danach der Versöhner aller Dinge in ihrem Zustand der Sünde und des Verderbens, und schließlich wird Er bei ihrer Wiederherstellung der Erbe aller Dinge sein.
So sehen wir Ihn durch den Glauben, und so reden wir von Ihm:
- Er war in den ewigen Ratschlüssen Gottes.
- Er war in dem Mutterleib der Jungfrau.
- Er war in den Leiden dieser Welt.
- Er war in der Auferstehung aus den Toten.
- Er ist im Himmel mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt und mit Macht und Ruhm bekleidet als der Erbe und das Haupt aller Dinge.
Beraube Ihn des Platzes, den Er von Ewigkeit her im Schoß des Vaters eingenommen hat, und dann frage dich, ob du nichts von deiner Wertschätzung und Freude an diesem kostbaren Geheimnis verloren hast, das in jener Weise von Ewigkeit zu Ewigkeit entfaltet worden ist. Ich kann es nicht verstehen, wenn ein bekennender Christ so etwas leugnet, noch kann ich mich mit einem Glaubensbekenntnis einverstanden erklären, das von meinem himmlischen Vater sagt, dass der, den Er für mich hingab, nicht sein eigener Sohn gewesen sei.
Ach, wären wir nur fähiger dazu, den Herrn auf seinem ganzen Weg bis zu dem Thron der Herrlichkeit zu betrachten! Auf jeder Station dieses Weges erblicken wir Ihn als den, der stets dasselbe vollkommene Wohlgefallen Gottes hervorrief, am Anfang wie am Ende seiner Laufbahn — nur mit dem Ihm eigenen Vorrecht, dass Er es immer in der am meisten gesegneten und wundervollsten Verschiedenheit hervorrief.
Die Heilige Schrift ermöglicht es uns, dies alles zu verfolgen. Von der Freude, die Er genoss, als Er sich vor Grundlegung der Welt im Schoß des Vaters befand, brauchen wir nicht zu reden, denn wir können es nicht. Jener Schoß war der „Bergungsort der Liebe“; und die Freude, die mit dieser Liebe verbunden war, ist ebenso wenig in Worten auszudrücken wie die Liebe selbst. Aber auch als Mittelpunkt aller göttlichen Tätigkeit und als Grundlage aller Ratschlüsse Gottes war der Geliebte ebenso die Wonne Gottes. In dieser Stellung und in diesem Charakter sehen wir Ihn in Sprüche 8,22-31. In dieser wunderbaren Schriftstelle wird die Weisheit (beziehungsweise der Sohn) dargestellt als der große Ursprung, der Schöpfer und Erhalter aller Werke und Vorsätze Gottes, die in dem göttlichen Ratschluss vor Grundlegung der Welt festgesetzt waren.
In ähnlicher Weise wird Er in verschiedenen Stellen des Neuen Testaments betrachtet (siehe Joh 1,3, Eph 1,9.10; Kol 1,15-17). In all diesem kann Er von sich sagen: „Da war ich Werkmeister bei ihm, und war Tag mir Tag seine Wonne, vor ihm mich ergötzend allezeit“ (Spr 8,30; vergl. Joh 17,5).
Als die Fülle der Zeit gekommen war (Gal 4,4), lag der Sohn Gottes im Schoß der Jungfrau. Wer kann dieses Geheimnis ergründen? Und doch ist es so. Aber es war nur eine neue Veranlassung zur Freude. Engel kamen, um dieser Freude Ausdruck zu geben und sie den Hirten auf den Fluren Bethlehems zu verkündigen.
Der Sohn der Liebe Gottes musste jetzt in einer neuen Gestalt eine andere Laufbahn betreten. Unter Leiden und im Dienst als „Sohn des Menschen“ erblicken wir Ihn auf der Erde. Doch überall, und ebenso unvermischt wie in den verborgenen Zeitaltern der Ewigkeit, rief Er auch hier das unaussprechliche Wohlgefallen Gottes hervor. „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). — „Siehe, mein Knecht, den ich stütze, mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat“ (Jes 42,1). Das sind Aussprüche des Vaters, die von seiner unveränderten Freude zeugen, während Er den Pfad Jesu über diese sündenbefleckte Erde hin verfolgte.
Und dieselbe Stimme ertönte zum zweiten Mal: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 17,5). Sie wird vernommen auf dem heiligen Berg wie am Ufer des Jordan, am Tag der Verklärung wie bei der Taufe. Die Verklärung war das Unterpfand und das Vorbild des Reiches, wie die Taufe den Eintritt in seinen Dienst und sein Zeugnis darstellte. So wurde in dem Schoß des Vaters, wo der Sohn sich befand, stets dasselbe Wohlgefallen hervorgerufen — ob das Auge Gottes Ihn auf dem einsamen Pfad des Dieners in einer unreinen, verderbten Welt verfolgte oder Ihn auf der Höhe des Königs der Herrlichkeit im Tausendjährigen Reich erblickte. Auf seinem ganzen Weg von Ewigkeit zu Ewigkeit fand Gott stets dasselbe vollkommene Wohlgefallen an Ihm. Nirgends zeigt sich eine Unterbrechung, nirgends ein Stillstand in der Freude Gottes an Ihm, obwohl diese Freude mannigfaltig und verschiedenartig war. Sie bleibt stets dieselbe an Fülle und Tiefe, mögen die Umstände und die Veranlassungen auch wechseln.
Er, der diese Freude hervorruft, bleibt immer derselbe, und deshalb auch die Freude selbst. In ihrem Maß konnte sie nie verschieden sein, obwohl ihre Ursachen sich verändern mochten. Und dieser Eine war während seines ganzen Weges von Ewigkeit zu Ewigkeit gleich unbefleckt — so heilig im Mutterleib der Jungfrau wie im Schoß des Vaters, so rein am Ende wie zu Beginn seiner Laufbahn, so vollkommen als Knecht wie als König. Unbegrenzte Vollkommenheit kennzeichnete alles, und dasselbe Wohlgefallen ruhte auf allem.
Wenn unsere Seele nur immer von dem Gedanken durchdrungen wäre, dass dieser hochgelobte Herr — wo und wie Er auch betrachtet werden mag — derselbe war, der von Ewigkeit her im Schoß des Vaters war und ist; wenn dieser Gedanke durch den Heiligen Geist in der Seele stets lebendig wäre, dann würde manche Neigung, die jetzt vielleicht die Seele verunreinigt, in Schranken gehalten werden. Er, der im Mutterleib der Jungfrau lag, ist derselbe, der im Schoß des Vaters war! Welch ein Gedanke! Der majestätische HERR des Alten Testaments, den die geflügelten Seraphim anbeteten, war Jesus von Galiläa! Welch ein Gedanke! So fleckenlos als Mensch wie Er als Gott war, so rein im menschlichen Leib wie im Schoß des Ewigen, so makellos inmitten der Verunreinigungen der Welt wie damals, als Er die Wonne des Vaters war, wie auch vor Grundlegung der Welt!
Wahrlich, wenn die Seele von diesem Geheimnis durchdrungen ist, wird mancher Gedanke, der im Herzen aufsteigen will, sofort seine Beantwortung finden. Wer möchte angesichts eines solchen Geheimnisses reden wie manche geredet haben? Wenn nur diese Herrlichkeit vor der Seele steht, dann werden die Flügel wieder das Angesicht bedecken und die Schuhe ausgezogen werden (Jes 6,2; 2Mo 3,5).
Ich glaube, dass die göttlichen Belehrungen im ersten Johannesbrief uns erkennen lassen, dass die Gemeinschaft der Seele beeinflusst wird von der Art und Weise, wie wir den Sohn Gottes betrachten. Denn in diesem Brief wird die Liebe in der Gabe des Sohnes offenbart; und die Liebe ist gleichsam unsere Wohnstätte — der Bereich, in dem wir daheim sind. Wenn ich aber deshalb meine, der Vater habe uns in der Gabe des Sohnes nur den Samen der Frau geschenkt, dann wird der Bereich, in dem ich mich bewege, ein niedrigerer.
Erkenne ich dagegen in dieser Gabe Gottes die Gabe seines Sohnes, der von Ewigkeit her im Schoß des Vaters lag, dann wird mir diese Liebe immer größer, und damit nimmt dann auch der Platz, den ich einnehme, einen höheren Charakter an. Die Gemeinschaft der Seele wird dadurch beeinflusst.
Es gibt Gläubige, die infolge ihrer Glaubenseinfalt sich an einem geringeren Maß von Wahrheit weit mehr erfreuen können, als andere an einem höheren Maß. Doch das berührt nicht die Gedanken und Betrachtungen des Geistes in jenem Brief. Es bleibt immer wahr, dass diese Liebe unsere Wohnstätte ist, und dass deshalb der Charakter unserer Gemeinschaft von dem Verständnis der Liebe abhängig ist. Warum sollten wir auch die Kraft der Gemeinschaft zu verringern suchen und dadurch unsere Freude in Gott aufs Spiel setzen? Der Fehler liegt darin, dass wir oft die herrlichen Dinge so wenig zu schätzen wissen, die wir in Ihm besitzen!
Der Sohn, der eingeborene Sohn, der Sohn des Vaters, erniedrigte sich selbst, um den wohlgefälligen Willen Gottes zum Heil verlorener Sünder auszuführen. Aber wird der Vater zulassen, dass Sünder, um derentwillen diese ganze Erniedrigung erduldet wurde, diese zum Anlass nehmen, den Sohn herabzuwürdigen? Unmöglich! Lesen wir Joh 5,23. Der Herr hatte erklärt, dass Gott sein Vater ist, und machte sich so Gott gleich. Die Frage ist: Wird Gott dieses Wort des Herrn bestätigen? Ja! Der Vater will keine Ehre für sich annehmen, es sei denn, dass sie dem Sohn dargebracht wird, wie wir lesen: „Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat“.
Werfen wir noch einmal einen Blick auf den ersten Brief des Johannes, Kapitel 2. Der Apostel wendet sich dort an „Väter“, „Jünglinge“ und „Kinder“ und unterscheidet sie in folgender Weise:
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Die Väter sind solche, die „den erkannt (haben), der von Anfang ist“. Sie bleiben in der „Lehre des Christus“, indem sie „sowohl den Vater als auch den Sohn“ haben. Die Salbung ist mächtig in ihnen — wenn ich mich so ausdrücken darf. Sie haben gleichsam mit gespannter Aufmerksamkeit der Seele auf die Offenbarung des Vaters durch den Sohn gelauscht (Joh 1,18). Indem sie den Sohn sahen, sahen sie auch den Vater (Joh 14,7-11). Sie bewahren die Worte des Sohnes und des Vaters Joh 14,21-23). Sie wissen, dass der Sohn in dem Vater ist, dass sie in dem Sohn sind und der Sohn in ihnen. Sie sind keine Waisen (Joh 14,18-20).
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Die Jünglinge sind solche, die „den Bösen überwunden“ haben — jenen Bösen, der die Welt zur Leugnung des Geheimnisses des Christus antreibt (1Joh 4,1-6). Jedoch stehen sie nicht in der vollen, ausgereiften Kraft jenes Geheimnisses wie die Väter und haben deshalb Ermahnung nötig. Der Apostel warnt sie vor allem, was der Welt angehört, gleichwie sie gegenüber jenem Geist in ihr, der Christus leugnete, bereits als Sieger dastanden.
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Die Kinder sind solche, die „den Vater erkannt“ haben. Doch sie sind noch „Kinder“ und haben Warnung, Belehrung und Ermahnung nötig. Ihre Erkenntnis des Vaters ist noch unvollkommen und nicht so verbunden mit der Erkenntnis des Sohnes, „der von Anfang ist“, wie dies bei den Vätern der Fall war. Deshalb warnt Johannes sie vor Antichristen (1Joh 2,18) die er als solche schildert, die der „Wahrheit“ oder der „Lehre des Christus“ widerstehen. Er belehrt die Kinder darüber, dass jeder, der den Sohn leugnet, auch den Vater nicht hat. Er schreibt ihnen, dass sie, wenn die Salbung, die sie empfangen hatten, in ihnen bliebe, sicherlich auch in dem Sohn und in dem Vater bleiben würden. Er sagt ihnen, dass das Haus Gottes einen solchen Charakter trägt, dass niemand darin bleiben kann, der nicht den Wohlgeruch dieser Salbung trägt. Er erinnert sie daran, dass die Verheißung, die der Sohn gegeben hat, das ewige Leben ist. Schließlich ermahnt er sie, in dem, was die Salbung lehrt, zu bleiben, damit sie (die Apostel) am Tag der Erscheinung des Sohnes nicht beschämt werden möchten.
Diese Schriftstellen handeln also ausschließlich von der Person des Sohnes oder von der „Lehre des Christus“. Was die Väter, Jünglinge und Kinder unterscheidet, ist nicht ihr allgemeiner christlicher Charakter, sondern das Maß ihres Verständnisses in dieser Wahrheit und ihrer Beziehungen zu ihr. Der Apostel behält in diesen Appellen den Hauptgegenstand seines ganzen Briefes sorgfältig im Auge; und dieser Gegenstand ist der Sohn Gottes.
- Es ist das Blut des Sohnes, das reinigt.
- Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, wodurch angedeutet wird, dass der Sachwalter der Sohn ist.
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Es ist der Sohn, in dem wir durch die Salbung bleiben.
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Der Sohn ist offenbart worden, um die Werke des Teufels zu zerstören.
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Wir werden aufgefordert, an den Namen des Sohnes zu glauben.
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Der Sohn ist gesandt worden, um kundzumachen, was Liebe ist.
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Der Glaube an den Sohn gibt uns den Sieg über die Welt.
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Gott gibt Zeugnis betreffs seines Sohnes.
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In dem Sohn haben wir das Leben.
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Der Sohn ist gekommen, um uns ein Verständnis zu geben.
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Wir sind in dem Sohn.
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Der Sohn ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben (Joh 5,20).
Alles das wird uns im ersten Brief des Johannes über den Sohn Gottes mitgeteilt. Der Sohn ist also der große Gegenstand dieses Briefes. Väter, Jünglinge und Kinder werden aufgrund ihrer Beziehungen zu diesem Gegenstand voneinander unterschieden, und zwar, wie ich glaube, nach dem Mass, in dem sie diesen Gegenstand in ihren Herzen verstanden und erfasst haben.
In demselben Brief spricht Johannes auch viel über Liebe und Gerechtigkeit als die notwendigen Bestandteile oder Beweise unseres Geborenseins aus Gott. Aber zugleich mit dieser Lehre redet er von wahren und falschen Bekennern Christi. Behandelt er etwa das erste als einen lebendigen, praktischen Gegenstand und das zweite nur als einen theoretischen? Durchaus nicht. Er behandelt vielmehr alle als solche, die den gleichen Charakter tragen, und sagt uns, dass die Ausübung der Liebe und der praktischen Gerechtigkeit ohne die Erkenntnis und das Bekenntnis des Sohnes kein vollgültiges Zeugnis dafür wäre, dass eine Seele aus Gott geboren ist.
Wenn das erleuchtete Auge des Propheten Jesaja Jesus hätte folgen können, wie Er durch die Städte und Dörfer des jüdischen Landes zog, dann wäre er wohl zu ununterbrochener Anbetung hingerissen worden! In einem Gesicht war ihm die Herrlichkeit Gottes gezeigt worden. Er hatte den Herrn auf hohem und erhabenem Thron gesehen. Seine Schleppen füllten den Tempel, und die geflügelten Seraphim bedeckten ihre Angesichter, indem sie die Herrlichkeit der Gottheit in Jesus anerkannten. Jesaja sah seine Herrlichkeit und redete von IHM (Jes 6, Joh 12,41). Auch wir haben einen solchen Anblick nötig durch den Glauben an den Sohn, durch den Glauben an seinen Namen, durch das Anschauen seiner Person, durch das Verständnis für die Herrlichkeit, die unter der Hülle des demütigen und von der Welt verworfenen Galiläers verborgen war.
Schließlich möchte ich noch an das erinnern, was der Herr über die rechtzeitige Austeilung der Speise an das Gesinde sagt (Mt 24: Lk 12). Wir müssen uns sorgfältig hüten, diese Speise zu verderben. „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“, sagt Paulus (Apg 20,28). „Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist“, sagt Petrus (1Pet 5,2). Die Versammlung Gottes oder die Herde Gottes muss mit dem „Wachstum Gottes“ (Kol 2,19) Wachsen. Wunderbare Worte!
Geliebte, lasst uns wachsam sein gegenüber den Anstrengungen des Feindes, die Speise für das Gesinde, d.h. für die Gläubigen, zu verderben. Die Belehrungen des Apostels Johannes über den Sohn Gottes und diejenigen des Paulus über die Versammlung Gottes sind gerade in unseren Tagen Speise zur rechten Zeit. Hüten wir uns, die von Gott für seine Heiligen bereitete Nahrung dem Geschmack und den Vernunftschlüssen des Menschen anzupassen! Das Manna muss so gesammelt werden, wie es aus dem Himmel kommt und muss heimgetragen werden, um das pilgernde Volk mit der „Speise der Starken“ zu nähren. „Und nun“, sagt Paulus durch den Heiligen Geist, „befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade an, das vermag, aufzuerbauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten“ (Apg 20,32).
1 Er ist der Erstgeborene in vielerlei Hinsicht, und wir haben Gemeinschaft mit Ihm, dem Erstgeborenen unter vielen Brüdern. Aber Er ist auch der Eingeborene und als solcher steht Er ganz allein vor unseren Blicken.↩︎