Schriften von John Gifford Bellett
1Tim 3,16 - „Aufgenommen in Herrlichkeit“1Tim 3,16 - „Aufgenommen in Herrlichkeit“
„Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit. Er, der offenbart worden ist im Fleisch, ist gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit“ 1Tim 3,16).
Die Heilige Schrift teilt uns „... Dinge, in welche die Engel hineinzuschauen begehren“ (1Pet 1,12), mit. Am Tag der Offenbarung und Erfüllung dieser Dinge ist ihr Verlangen befriedigt worden; denn in der uns durch die Evangelisten mitgeteilten Geschichte sehen wir die Engel als Augenzeugen dessen, was sie zu sehen gewünscht hatten. Sie haben das Vorrecht, teilzunehmen und Genuss zu finden an dem Leben Christi auf der Erde — an dem „Geheimnis der Gottseligkeit“, und zwar in der Weise, wie sie im Alten Testament an dem Heiligtum Gottes ihre Freude fanden. Im Heiligtum war alles vorhanden, was zum Nutzen und Segen der Sünder nötig war. Die Altäre, das Waschbecken, der Sühnedeckel — kurz, alles hatte um ihretwillen seine Stätte gefunden.
Wenn auch das Werk und die Gnade des Hauses Gottes nur für Sünder vorhanden waren, so betrachteten die Cherubim doch alles mit großer Bewunderung. Sie befanden sich im Haus, um die Geheimnisse anzuschauen. Genauso finden wir sie an jenem Tag, als die himmlischen Dinge selbst gesehen wurden: „Er, der offenbart worden ist im Fleisch“. — Auch damals diente alles zum Dienst und zum Heil für uns, die Sünder, damit der so offenbarte Gott unter den Nationen gepredigt und in der Welt geglaubt werden sollte. Doch geschah sicher alles auch deshalb, damit Er von den Engeln gesehen wurde.
Sie nahmen daher im Heiligtum wie auch in dem großen Geheimnis selber den gleichen Platz ein. Sie schauten an — sie waren Augenzeugen. Ihr Anschauen des Geheimnisses trug denselben Charakter eines großen Interesses, wie die Darstellung der Cherubim im Allerheiligsten. „Die Cherubim breiteten im Heiligtum die Flügel aus nach oben, den Deckel mit ihren Flügeln überdeckend, und ihre Angesichter waren einander gegenüber; die Angesichter der Cherubim waren gegen den Deckel gerichtet“ (2Mo 37,9). In derselben Weise sehen wir sie in der Geschichte des Christus — der wahren Bundeslade.
Der Engel des Herrn kommt mit dem Auftrag aus dem Himmel, den Hirten bei Bethlehem die Geburt Jesu anzukündigen. Doch kaum hatte er seinen Dienst erfüllt, so „war bei dem Engel eine Menge des himmlischen Heeres, das Gott lobte und sprach: Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen“ (Lk 2,13.14). Und als später ein anderes großes Ereignis stattfand und „er, der offenbart worden ist im Fleisch“, aus den Toten auferweckt wurde, um bald in Herrlichkeit aufgenommen zu werden, waren auch wieder Engel mit derselben gespannten und teilnehmenden Freude anwesend. Als Maria Magdalene sich niederbeugte, um in die Gruft zu sehen, sah sie „zwei Engel in weißen Kleidern sitzen, einen zu dem Haupt und einen zu den Füßen, da, wo der Leib Jesu gelegen hatte“ (Joh 20,12). Ebenso erblicken wir sie in dem feierlichen Moment der Himmelfahrt, um den Männern von Galiläa Kunde zu geben über die weiteren Wege dessen, der eben jetzt zum Himmel aufgefahren war (Apg 1,10-11).
Dies alles ist eine Erklärung des Gebücktseins über den Versöhnungsdeckel und zugleich ein neues Anschauen der Cherubim. Der Lobgesang der himmlischen Heerscharen auf Bethlehems Fluren bildete keinen Teil ihres zugunsten der Menschen aufgetragenen Dienstes, sondern war ausschließlich eine Handlung der Gottesverehrung. Sie sprachen eigentlich nicht zu den Hirten, sondern sie gaben bei dem Gedanken an Ihn, der damals geboren wurde, der Entzückung, wovon sie erfüllt waren, lebhaften Ausdruck.
Dieselbe Haltung hatten sie in der Gruft. Als Maria kam, hatten sie für sie allerdings ein Wort des Mitgefühls; jedoch waren sie bereits vor deren Ankunft in der Gruft und wären also dort gewesen, auch wenn die weinende Frau nicht gekommen wäre. So, wie die Cherubim zu beiden Seiten der Bundeslade über dem Versöhnungsdeckel standen, so saßen die Engel an der Stätte, wo der Leib Jesu gelegen hatte, einer zu dem Haupt und einer zu den Füßen.
Welch eine Weise, um Jesus anzuschauen! Ja, „Er, der offenbart worden ist im Fleisch“ und „gesehen von den Engeln“. O möchten auch wir die Gnade empfangen, um Ihn so zu verehren und anzuschauen! Wir haben sicher große Ursache, über die Kälte unserer Herzen zu trauern, die hierin so weit zurückbleiben. Viele unter uns werden erkennen, dass sie durch diese Dinge mehr angezogen werden müssen. Wie selten wärmen sich unsere Herzen an der Glut dieser Geheimnisse, welche Bethlehem, Gethsemane und der Ölberg den entzückten Engeln offenbarten! Die Folge davon ist dann für uns ein großer Verlust durch mangelnde Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus! Darum ist es mein Verlangen, die Aufmerksamkeit auf die herrliche Erscheinung dessen zu richten, „der offenbart worden ist im Fleisch“, und Ihm von der Krippe bis zum Kreuz, vom Kreuz durch das Grab bis zur Auferstehung, und von dort bis in den Himmel und bis in alle Ewigkeit durch den Glauben zu folgen.
Die Auferstehung wird uns in den vier Evangelien auf verschiedene Weise geschildert:
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Matthäus gibt nur ganz allgemein Zeugnis von der Auferstehung. Der Engel bekundet dieses feierliche Ereignis. Die zur Stadt zurückkehrenden Frauen umfassen die Füße des auferstandenen Heilandes und huldigen Ihm. Die Jünger begegnen Ihm am Berg in Galiläa.
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Markus teilt uns mit, wie der Herr nach seiner Auferstehung den Seinigen, der Maria Magdalene, den beiden Jüngern, die aufs Land gehen, und den „zu Tische liegenden“ Elfen erscheint.
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Lukas stellt mehr die Beweise ins Licht, wodurch der Herr Jesus seine Jünger zu überzeugen sucht, dass Er selbst und kein anderer wieder in ihrer Mitte steht. Er isst vor ihren Augen. Er zeigt ihnen seine Hände und seine Seite. Er sagt ihnen, dass ein Geist nicht Fleisch und Bein hat, wie sie es sehen, dass Er hat. Er beweist ihnen aus den Psalmen und den Propheten, dass alles also geschehen musste.
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Johannes redet in der ihm eigentümlichen Weise über die Auferstehung. In seinem Evangelium wird der Herr Jesus stets in Kraft und als Überwinder dargestellt. Und ebenso geschieht es auch am Grab. Die herbeigeeilten Jünger sehen dort die Leintücher liegen, während sie das Schweißtuch, das um das Haupt des Herrn gebunden war, an einem Ort besonders zusammengewickelt finden. Nirgends zeigt sich Verwirrung, nirgends eine Spur von Kampf und Mühe, nirgends ein Merkmal, als ob etwas Außergewöhnliches geschehen sei. Alles zeugt viel eher von Triumph und Sieg als von Arbeit und Kampf. „Preis und Ehre dem Überwinder, der getötet war!“ — das ist die Stimme, die uns gleichsam aus dem von Johannes beschriebenen Grab entgegentönt.
In derselben Weise wird der Herr selbst uns dargestellt. Johannes liefert hier nicht wie Lukas Beweise von der Wirklichkeit der Auferstehung. Er gibt seinen Jüngern kein tastbares Zeichen, um sie von seinem Dasein zu überzeugen. Er isst und trinkt auch nicht mit ihnen, wie wir dieses bei Lukas finden. In dem Johannes-Evangelium wird die Wahrheit der Auferstehung Jesu in einer erhabenen Weise dargestellt. Er überzeugt die Herzen und Gewissen seiner Jünger. Bei Maria war nur ein einziges Wort nötig, um ihr zu sagen, wer Er war weil ihr Herz mit Ihm im Einklang war. Seine durchbohrten Hände sowie seine durchbohrte Seite wurden gezeigt, um den Gewissen der versammelten Jünger in der Gewissheit des angenommenen Opfers Frieden zu verkündigen. Selbst das Herz von Thomas war so vollkommen überzeugt, dass er wie in Entzückung ausrief: „Mein Herr und mein Gott! “
Auch bezüglich der Himmelfahrt Christi finden wir in den Mitteilungen der Evangelisten eine große Verschiedenheit:
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Weder Matthäus noch Johannes erwähnen dieses Ereignis. Am Schluss des Matthäusevangeliums sehen wir den Herrn noch auf dem Berg in Galiläa. Auch Johannes führt uns nicht zum Ölberg oder nach Bethanien. Zwar stellt Er, wie es mir scheint, durch eine sinnbildliche Handlung am See Tiberias seinen Hingang in das Haus des Vaters sowie das Nachfolgen seiner Jünger dar; aber es ist nicht die Himmelfahrt selber — nicht die feierliche Szene in Bethanien — und nicht die Aufnahme des Herrn von der Erde in den Himmel.
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Markus hingegen teilt uns dieses Ereignis in den Worten mit: „Der Herr nun wurde, nachdem er mit ihnen geredet hatte, in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes“ (Mk 16,19). Hier wird also der Moment der Himmelfahrt genannt — aber das ist auch alles. Es ist einfach das Auffahren dessen, dem alle Ehre und alle Rechte angehörten, die im Himmel auf Ihn warteten. Aber wir erfahren hier durchaus nicht, welchen Anteil die Jünger an diesem Ereignis hatten; nicht einmal, ob sie überhaupt Augenzeuge der Himmelfahrt waren.
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Lukas geht einen Schritt weiter. In seinem Evangelium wird die Himmelfahrt des Herrn durch Menschen angeschaut, welche fühlten, dass dieses Ereignis für sie persönlich von großer Wichtigkeit sei. „Er führte sie aber hinaus bis nach Bethanien und hob seine Hände auf und segnete sie. Und es geschah, während er sie segnete, dass er von ihnen schied und hinaufgetragen wurde in den Himmel. Und sie warfen sich vor ihm nieder und kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; und sie waren allezeit im Tempel und lobten und priesen Gott“ (Lk 24,50-53). Also fuhr der Herr, als der auferstandene Mensch, auf zum Himmel, indem Er eine Schar hinter sich zurückließ, die bezeugen konnte, dass Er wirklich ihr Jesus war.
Und obwohl eine Wolke Ihn aus ihrem Blickfeld wegnahm, so erkannten sie doch in Ihm, der in die höchsten Himmel eingegangen war, denselben Jesus, dem sie auf der Erde nachgefolgt waren. Jesus, der vor seiner Auferstehung mit ihnen gegessen hatte, hatte auch nach seiner Auferstehung mit ihnen gegessen. Jesus, der ihnen während seines Umher- wandelns auf der Erde einen großen Fischfang verschaffte, hatte ihnen auch nach seiner Auferstehung eine großen Fang zukommen lassen. Jesus, der früher die Speise gesegnet und sie ihnen dargereicht hatte, hatte dies auch jetzt wieder getan. Und dieser Jesus war derselbe, der nun vor ihren Augen zum Himmel aufgefahren war.
Wie treffend und herrlich stellt der Heilige Geist uns die verschiedenen Einzelheiten des Herrn Jesus auf seinem Weg hier auf der Erde vor Augen! In Bethlehem, im Auferstehungsgarten und auf dem Berg der Himmelfahrt — überall erblicken wir denselben Jesus. Im Fleisch offenbart, pilgert der Sohn Gottes von Bethlehem nach Golgatha. Auferstanden aus den Toten, isst und trinkt Er vierzig Tage hindurch mit seinen Jüngern; und mit durchbohrten Händen und durchstochener Seite, so wie sie Ihn hier auf der Erde gesehen hatten, fuhr Er auch auf zum Himmel.
Er belehrte seine Jünger nach seiner Auferstehung, wie Er es auch vorher getan hatte. So wie früher gab Er ihnen auch jetzt seine Befehle und vertraute ihnen einen Dienst an. Er kannte sie und nannte sie beim Namen, wie Er es auch zuvor getan hatte. Und schließlich, als lhn bei der Himmelfahrt ihre Blicke verfolgten, als hätten sie Ihn für immer verloren, erschien ein Engel, um ihnen zu sagen, dass derselbe Jesus noch mehr für sie zu vollbringen habe: „Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht hinauf zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso kommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel“ (Apg 1,11).
Dieses ist das Geheimnis des Grundsatzes jedes wahren Gottesdienstes. Es ist „das Geheimnis der Gottseligkeit“. Nichts führt den Menschen zur Erkenntnis und zur Anbetung Gottes als nur das durch den Heiligen Geist bewirkte und mit Glauben verbundene Verständnis dieses Geheimnisses. Es enthält die Wahrheit, welche das Haus Gottes bildet und füllt. „Er, der offenbart worden ist im Fleisch, ist gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit“ (1Tim 3,16).
Geliebte. haben wir die Person Jesu Christi lebendig und anhaltend vor unseren Herzensaugen? Er war, wie bereits wiederholt erwähnt, von Ewigkeit her in dem Schoß des Vaters, und als „offenbart im Fleisch“ lag Er in der Krippe zu Bethlehem. Er wandelte inmitten der Mühen und Leiden des Erdenlebens. Er starb am Kreuz, verließ den Bauch der Erde und stieg empor zu dein höchsten Platz im Himmel.
Die Fäden, die diese Ereignisse miteinander verknüpfen, obwohl sie das Erhabenste mit dem Niedrigsten verbinden, können nie zerrissen werden. Der Heilige Geist stellt sie uns so vor Augen, wie Er sie miteinander verbunden hat, und lässt uns gelegentlich dieses Band mit göttlicher Wonne anschauen.
Wir finden dieses z. B. in der trefflichsten Weise in den Psalm 23 und 24. Der inspirierte Schreiber stellt uns den Herrn Jesus in dem Leben des Glaubens, der Abhängigkeit und der Hoffnung hier auf Erden dar und schildert dann seinen Eingang als „der HERR, mächtig im Kampf‘, als „HERR der Heerscharen“ und als „König der Herrlichkeit“ durch „die ewigen Pforten“ Jerusalems im Tausendjährigen Reich.
Verweilen wir im Geist auf diesem Weg bei Ihm? Und nehmen wir wirklich den Platz ein, den auch Er in dieser Welt eingenommen hat? Denn noch ist Er in der Welt ein verworfener Christus. Inwiefern sind wir bereit, mit Ihm als dem Verworfenen eins zu sein? Betrachten wir nur diesen Jesus oder harren wir mit Ihm aus in .seinen Versuchungen (Ps 41,2, Lk 22,28)? „Ihr Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist?“ (Jak 4,4).
Jesus genoss nach seiner Auferstehung ebenso wenig die Achtung der Welt wie vor dieser Zeit. Die Auferstehung veränderte nichts in dieser Beziehung. Die Welt war damals für Ihn nicht mehr als in den Tagen zuvor, wovon wir wissen, dass Er nicht hatte, wohin Er sein Haupt legen konnte. Er verließ die Erde für den Himmel, so wie Er sie früher für Golgatha verlassen hatte. Bei seiner Geburt nahm die Krippe zu Bethlehem Jesus auf; und nach seiner Auferstehung wurde der Himmel geöffnet, um Ihn zu empfangen. Offenbart im Fleisch stellte Er sich dem Glauben und der Annahme Israels dar doch lsrael verwarf Ihn. Als Auferstandener ließ Er sich dem Volk Israel durch den Mund der Apostel aufs Neue ankündigen. Doch nochmals wurde das Zeugnis verworfen, und noch immer ist Jesus ein Fremdling auf der Erde.
Auch in unserer Zeit dauert seine Verwertung an. Als der auferstandene Mensch war Er einsam auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus, wie Er es vorher auf dem Weg von Bethlehem nach Golgatha gewesen war. Geliebte, haben wir uns mit dem Herrn Jesus in dem Charakter eines „Verworfenen“, eines „Einsamen“ auf dem Weg, wirklich vereint?
Mancher Gedanke würde über unser Verständnis hinausgehen, wenn wir nicht durch die göttliche Weisheit selbst unterwiesen wären. „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen“, sagte der göttliche Lehrer zu seinen Jüngern (Joh 16,12). Doch wir sind fähig gemacht, grössere Mitteilungen betreffs seiner Person zu verstehen. Er kann Entfernungen zu nichts machen, so wie Er den Widerstand bezähmen kann. Am See Genezareth wandelte Er auf dem Wasser. Doch als Er in das Schiff gekommen war, war das Schiff „sogleich ... an dem Land, zu dem sie hinfuhren“ (Joh 6,21).
O wenn die Strahlen dieser verborgenen Herrlichkeit durchbrechen und in unsere Herzen scheinen, wie willkommen sind sie dann! Wie sehr geziemt es uns daher, das ganze Herz zu öffnen, damit der Herr Jesus hinein kommt! Der Glaube tauscht. Der Herr wollte die Samariterin von Anfang bis Ende einfach zu einer Zuhörerin machen. Sie durfte sprechen, und sie tat es. Ihre Worte zeugen davon, dass ihr Verstand, ihr Gewissen und ihr Herz für Jesus geöffnet waren. Und sobald ihre Seele dazu bereit war, kam Er selbst, um mit seiner Fülle darin zu wohnen. Die lauschende Stimme des Glaubens müssen wir mehr zu verwirklichen suchen, und dieses besonders bei der Betrachtung dieser bedeutungsvollen und heiligen Gegenstände.
Wir haben nun in Kürze mit den vier Evangelisten das gegenseitige Band zwischen den verschiedenen Teilen dieses großen Geheimnissen in dem Leben unseres Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes, betrachtet. Wir sind, mit anderen Worten gesagt, mit den Engeln und den Jüngern in Bethlehem, am Grab und auf dem Ölberg gewesen. Und wenn wir nun einen Blick in die Apostelgeschichte werfen, wird es uns klar werden, dass die Herzen der Apostel mit der Tatsache erfüllt sind, dass Jesus von Nazareth, der verachtete und gekreuzigte Mensch auf der Erde, nun im Himmel ist, und dass ihre Predigt stets von diesem Gegenstand ausgeht. Vor allem verbindet Petrus die ganze Kraft und Gnade, die damals dem jüdischen Volk aus dem Himmel offenbart wurden, mit dem grossen Ereignis der Himmelfahrt Jesu von Nazareth.
Bei der Ausgiessung des Heiligen Geistes führt Petrus in seiner Predigt die Prophezeiung Joels an. Aber die Art und Weise, in welcher er darüber spricht, zeigt, dass er Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten, darin erblickt. Er erklärt, dass der Mensch, der sich durch Zeichen und Wunder Cottes in ihrer Mitte offenbart hatte, jetzt im Himmel ist und als der Gott, von dem der Prophet spricht, nun den verheißenen Heiligen Ceist ausgegossen hat. Außerdem sagt er, dass dieser Mensch der Herr ist, in dessen Namen nun das Heil verkündigt und dessen Tag einmal zum Gericht anbrechen wird. So wie Johannes in dem Herrn Jesus auf der Erde den Sohn aus dem Schoß des Vaters in seiner vollkommenen, unbefleckten Herrlichkeit anschaut, so sieht Petrus den Sohn des Menschen, den Nazaräer, der auf der Erde verachtet und verworfen worden war, im Himmel sitzen, um Gnade, Kraft und Seligkeit mitzuteilen.
So finden wir auch in dem folgenden Kapitel, dass Petrus im Namen Jesu von Nazareth, der von den Menschen verworfen, aber im Himmel verherrlicht war, den lahmen Bettler an der schönen Pforte des Tempels durch den Glauben an diesen Namen heilt (Apg 3). Bei dieser Gelegenheit erklärt der Apostel, dass der Himmel diesen Jesus bis zu dem Augenblick empfangen hat, wo seine erneuerte Gegenwart Zeiten der Erquickung und Wiederherstellung mit sich bringen werde. Vorgeladen vor die Hohenpriester und Schriftgelehrten, bezeichnet Petrus diesen verschmähten Jesus von Nazareth als den Stein, der durch die Bauleute verworfen wurde, jetzt als den in den Himmelzurückgekehrten „Eckstein“ (Apg 4).
Dies ist der Name und das Zeugnis, wovon die Apostel stets erfüllt waren — ob sie nun gegenüber den Mächten der Erde erscheinen oder inmitten der Leiden der Menschheit handeln. Darin lagen ihre Weisheit, ihre Bewährung und ihre Kraft. In diesem Jesus war der einzige Grund ihres Vertrauens in der Gegenwart Gottes. Er, der in den Augen der Menschen schwach und verachtet war, „der heilige Knecht Jesus“ (Apg 4,30), gegen den Israel und die Heiden, Herodes und Pilatus, die Hohenpriester und die Könige der Erde Widerstand erhoben, war der Gegenstand ihres Glaubens und der Grund ihrer Hoffnung vor Gott. Sie kannten lhn jetzt im Heiligtum, wie sie lhn vorher in der Mitte der Menschen gekannt hatten.
Und aus welch verschiedenen Gründen bedienten sie sich dieses Namens! Mit voller Sicherheit stürzten sie sich darauf zugunsten der Hilfsbedürftigen; mit Unerschrockenheit verteidigten sie diesen Namen vor der Welt, und mit großem Zartgefühl beriefen sie sich in ihrem Gebet auf diesen „Namen deines heiligen Knechtes Jesu“ vor Gott. Es bewegte sich die Stätte, wo sie diesen Namen vor Gott nannten, und sie waren erfüllt mit dem Heiligen Geist (Apg 4,23-31). Jetzt wurde alle Kraft im Himmel diesem Namen zuerkannt, so wie zuvor auf der Erde alle Kraft aus demselben hervorströmte. Der Bettler an der Pforte des Tempels wurde durch Ihn geheilt. Die Nennung dieses Namens bewegte die Gebetsstätte, ja, sogar noch mehr, die Welt und die Hölle wurden dadurch erschüttert; denn die Hohenpriester und Sadduzäer waren mit Wut erfüllt und warfen die Zeugen dieses Namens ins Gefängnis.
Doch all das hinderte den Apostel Petrus nicht, auch die tiefe Erniedrigung von Jesus ans Licht zu stellen, dessen Erhöhung in den Himmel er zugleich aufs Neue verkündigte. Dies geschah sehr treffend in seinen ersten Predigten — Jesus war verworfen, überliefert, verleugnet, verschmäht, gekreuzigt und getötet worden. Er scheute sich nicht, dies alles hervorzuheben. Doch zugleich rühmte er den verachteten Namen des „Jesus von Nazareth“, den er beständig auf seinen Lippen hatte. Alle Leiden und die ganze Schmach, die der „Fürst des Lebens“, der „Heilige und Gerechte“, in seinem Herzen, an seinem Leib, in seinen Umständen, oder in welcher Form es auch immer sein mochte, hier auf der Erde ertrug, wurden von dem Apostel durchlaufen und in seinem lebendigen, kräftigen und von der Salbung des Heiligen Geistes durchdrungenen Stil angesprochen (s. Apg 2 u. 6). Er rühmte sich des Namens Jesu und bezeichnete Ihn, den sie verworfen hatten, nach dem Ratschluss Gottes als „den Herrn und Christus“ (Apg 2,36). Dass nun ein Mensch zum Himmel aufgefahren war, der der Herr Davids war, der dem Samen Abrahams zu einem Segen geschenkt war und der der verheißene Prophet, der Mose gleich sein sollte, war — dieses alles verkündigte er mit Freimütigkeit.
Und so wie die Salbung des Heiligen Geistes den Apostel Petrus zu einem solchen Zeugnis befähigte, so besaß auch Stephanus, dieser Mann „voll Heiligen Geistes“, dieselbe Kraft (s. Apg 7). Petrus sprach von dem Herrn Jesus im Himmel — Stephanus schaute Ihn dort. Der Prediger Petrus verkündigte Ihn ohne Furcht, der Märtyrer Stephanus schaute Ihn ohne Hülle. „Als er aber, voll Heiligen Geistes, unverwandt zum Himmel schaute, sah er die Herrlichkeit Gottes, und Jesus zur Rechten Gottes stehen; und er sprach: Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,55.56).
Welch eine ausgedehnte, anbetungswürdige Szene ist daher für das Glaubensauge geöffnet! Wir schauen das Band zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Sündern, zwischen dem Schoß des Vaters und der Krippe in Bethlehem, zwischen dem Kreuz auf Golgatha und dem Thron der Majestät im Himmel. Hätte der menschliche Verstand sich je solche Dinge vorstellen können? Und dennoch ist dieses Geheimnis eine lebendige, ewige Wirklichkeit! „Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anderes, als dass er auch hinabge- stiegen ist in die unteren Teile der Erde? Der hinabgestiegen ist, ist derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, damit er alles erfüllte“ (Eph 4,9.10). Der Heilige Geist hatte den Gott der Herrlichkeit in dem Kind von Bethlehem offenbart. Nun bezeugt Er, dass alle Macht und Gnade in dem verherrlichten Menschen im Himmel gefunden wird und von Ihm herniederkommt. Welch göttliche Geheimnisse! Sicher, sie übersteigen alle menschliche Vernunft. „Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Menschen, sei?“ Das war die Frage des Herrn in den Tagen seiner Erniedrigung; und die einzig passende Antwort war: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,13.16). Und später wurde den Aposteln bei ihrer Predigt die Frage vorgelegt: „In welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr dies getan?“ die göttliche Antwort darauf konnte nur die sein, dass sie es in dem Namen Jesu Christi, des Nazaräers taten, den die Schriftgelehrten gekreuzigt hatten, den Gott aus den Toten auferweckt hatte, und der jetzt vor ihnen stand (Apg 4,7.10).
Das ist Jesus, allezeit derselbe Jesus — „in den unteren Teilen der Erde“ und „über alle Himmel“ (Eph 4,9.10)! Er erfüllt alle Dinge; Gott ist auf der Erde offenbart worden, der Mensch ist im Himmel. Dass Gott hier auf der Erde in seiner vollen Herrlichkeit gewesen ist und dass der Sohn aus dem Schoss des Vaters sich unter den Menschen befand, hat der Glaube in früheren Tagen verstanden. Dass der Mensch nun jetzt im Himmel ist und dass Er aus aller Schmach, Verachtung und Erniedrigung des irdischen Schauplatzes dorthin gegangen ist, ist dem Glauben offenbart. Der Glaube erfasst das Geheimnis, dass Er, der hinabgestiegen und der aufgefahren ist, derselbe Jesus ist.
Die Vollkommenheit Jesu im Hinblick auf seine Berufung und seiner Werke als Mittler findet ihre Erklärung in der Vereinigung seiner zwei Naturen in ein und derselben Person. Er, der von Maria empfangen und geboren wurde, war Immanuel, das „Gott mit uns“ bedeutet. „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“ (Jes 9,5). Er war der, der zu den Juden sprach: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Joh 8,58). Die Vollkommenheit Christi in jeder Handlung seines Dienstes, in allem, was Er litt und tat, und in allem, was Er noch tut, ist das Werk seiner ganzen Person.
Dies ist das Geheimnis. Der Glaube nimmt es an mit voller Gewissheit des Herzens. Und der Glaube versteht noch mehr von diesem Geheimnis und lauscht mit Verständnis und Freude auf die Worte „gerechtfertigt im Geist ... gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt“. — Obwohl Gott im Fleisch offenbart ist, so ist Er doch gerechtfertigt im Geist. Alles in Ihm zeigte eine völlig moralische Schönheit; alles war nach dem Herzen Gottes und in einer unendlichen, unbeschreiblichen Weise Gottes würdig.
Was uns betrifft, so haben wir eine Rechtfertigung außerhalb von uns nötig; denn in uns selbst ist nicht eine Spur von Gerechtigkeit. In dem Herrn Jesus war alles gerecht; jedes Wort, jeder Gedanke, jede Bewegung, ja, alles war ein Gott wohlgefälliges Opfer — ein duftender Wohlgeruch. Er war ebenso heilig in der Jungfrau wie Er es im Schoß des Vaters war. Er war als Mensch ebenso unbefleckt wie als Gott. Er war inmitten des Schmutzes der Welt ebenso rein wie vor Beginn der Welt, als Er stets die Wonne des Vaters war. Der Glaube erkennt und erfasst es daher, dass die Arbeit, das Leiden, der Tod und die Auferstehung dieses gesegneten Erlösers — des im Fleisch offenbarten und im Geist gerechtfertigten Gottes — nicht seinetwegen, sondern nur für Sünder stattgefunden haben, damit Er den Nationen gepredigt und damit in der Welt an Ihn geglaubt werden könnte. In dem Opfer, das Er vollbrachte, in der Gerechtigkeit, die Er bewirkte, wird Jesus den Sündern — seien es Juden oder Heiden — vorgestellt, damit sie auf Ihn ihr Vertrauen setzen und durch Ihn ihrer Rechtfertigung versichert sein können.
Es würde uns zu weit führen, wenn wir bezüglich dieses Geheimnisses jedes einzelne Buch des Wortes Gottes erforschen wollten. Aber nebst der Apostelgeschichte gibt uns der Hebräerbrief in dieser Beziehung die meiste Unterweisung. „Aufgenommen in Herrlichkeit“ — das ist es, was wir von Anfang bis zum Ende in dieser göttlichen Offenbarung finden. Jedes Kapitel in dieser bewunderungswürdigen Schrift, jeder Punkt der Betrachtung lässt uns den aufgefahrenen Jesus erblicken.
Der Brief beginnt bereits damit: Der Sohn, „die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens“, wird uns, „nachdem er durch sich selbst die Reinigung von den Sünden bewirkt“ hat, als sitzend „zur Rechten der Majestät in der Höhe“ dargestellt, und zwar als Besitzer eines „vorzüglicheren Namens“ als der der Engel und als der Erbe eines in Ewigkeit bestehenden Thrones — dem Platz der höchsten Gewalt —, auf dem Er fortan wartet, bis seine Feinde als Schemel seiner Fülle hingelegt sind (Heb 1,3.4.8.13).
Das zweite Kapitel des Hebräer-Briefes lässt uns denselben Gegenstand von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachten. Er, der heiligt und sich erniedrigt hat, um sich des Samens Abrahams anzunehmen und den Platz eines „Bruders“ bei ihnen auszufüllen, ist in seiner angenommenen Menschheit in den Himmel zurückgekehrt, um dort für uns als ein barmherziger und treuer Hohepriester zu erscheinen. Ja, der Brief ist mit diesem Gedanken so ganz erfüllt, dass in diesem Kapitel uns der Herr Jesus zum zweiten Mal dargestellt wird, und zwar, nach Psalm 8, als der, der „ein wenig unter die Engel erniedrigt“ war, doch jetzt „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ ist.
Die Kapitel 3 und 4 bilden eine Einschaltung auf das Vorhergehende. Doch auch hier wird uns Christus in derselben Weise dargestellt. In seiner Menschheit hier auf der Erde ist er in allem gleicherweise wie wir versucht worden, ausgenommen die Sünde. Doch nun ist Er, der Sohn Gottes, durch die Himmel gegangen, um uns aus dem Heiligtum Barmherzigkeit und Gnade zur rechtzeitigen Hilfe zu schenken (Heb 4,16).
In den folgenden drei Kapiteln, die von dem Priestertum handeln, finden wir dasselbe. Der Sohn wird als Priester bezeichnet, der höher ist als die Himmel. Er war gekommen, um auf der Erde aus dem Stamm Juda geboren zu werden und sich in den Tagen seines Fleisches zu heiligen. Doch nun ist Er aufgefahren in den Himmel, um „allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils“ zu werden (Heb 5,9). Ebenso ist es in den Kapiteln 8 und 9, welche über die Bündnisse reden. Wir sehen Jesus in der Stiftshütte im Himmel — in „der wahrhaftigen Hütte, die der Herr errichtet hat, nicht der Mensch“ (Heb 8,2).
In Kapitel 10, wo das Schlachtopfer der Hauptgedanke ist, wird uns wiederum der zum Himmel aufgefahrene Jesus vor Augen gestellt. Er, der sagen konnte: „Siehe, ich komme“, ist, nachdem Er Sünder in seinem, Ihm zubereiteten Leib geheiligt hat, wieder zum Himmel aufgefahren und hat einen Weg für uns geöffnet, auf dem wir mit aller Freimütigkeit in das Heiligtum durch das Blut Jesu eingehen können (Heb 9).
Hiermit endet nun zwar der diese Lehre behandelnde Teil unseres Briefes; aber nichtsdestoweniger lesen wir anschließend wieder über Christus und den Himmel. In den jetzt folgenden Ermahnungen finden wir Jesus wiederum dargestellt als den „Anfänger und Vollendet des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“ (Heb 12,2). In diesem neuen Charakter ist Er also im Himmel erschienen. Sowohl das Leben des Glaubens als auch alles, was Er fürs uns in göttlicher Gnade litt und wirkte, hat Ihn dorthin gebracht. Im Himmel erscheint der Herr Jesus dem Auge des Glaubens. Hätten wir nur das rechte Verständnis, um solch eine Herrlichkeit recht zu erkennen, und ein Herz, um davon mehr zu genießen — dann würden wir erkennen, dass der Himmel mit einem ganz neuen und früher nie gekannten Glanz geziert ist, seitdem der Herr Jesus dort mit allen Rechten und allen Eigenschaften, die Er sich auf der Erde erwarb, und zwar für uns Sünder, Platz genommen hat.
Die Annahme von Fleisch und Blut durch den Sohn einerseits, wodurch Er der Befreier des Samens Abrahams geworden ist, und andererseits die Himmelfahrt dieser gesegneten Person — das sind die beiden Lichtpunkte des grossen Geheimnisses. Gott ist offenbart worden im Fleisch er ist aufgenommen in Herrlichkeit. Der Heilige Geist stellt uns diese herrlichen Wahrheiten so vor Augen, wie Er diese nach Gottes ewigem Ratschluss für das Wohlgefallen und die Herrlichkeit Gottes gebildet hat. Das „fleischgewordene Wort“, wovon Johannes spricht, ist das „Gute“, das aus Nazareth gekommen ist (Joh 1,46). In Immanuel, der uns im Matthäusevangelium vor Augen gestellt wird, und in dem Kind, welches als Gegenstand der Anbetung in der Krippe in Bethlehem lag, finden wir ein und dieselbe Person (Mt 1 u. 2). Inmitten des Thrones sieht man ein Lamm stehen wie geschlachtet (Off 5). In Ihm, von dessen Lippen Weisheit sprudelte und der für die gewöhnlichsten Dinge des tagtäglichen Lebens befähigt war, war der zu finden, der in den Geheimnissen des göttlichen Wesens das Fundament aller Ratschlüsse Gottes war (Spr 8). In dem Dornbusch am Horeb befand sich der Gott Abrahams; in der Wolkensäule der Wüste war die Herrlichkeit; in dem Gewappneten bei Jericho erkannte man den Obersten der Heerscharen des HERRN; und in dem Fremdling, der sowohl Gideon auf seiner Dreschtenne als auch Manoah auf seinem Acker besuchte, zeigte sich der Gott, dem allein die Anbetung der ganzen Schöpfung gebührt. Dies sind einzelne Beweise, die in Gnade und zur Verherrlichung Gottes bezeugen, dass das Höchste mit dem Niedrigsten eng verbunden ist. „Niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel als nur der, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh 3,13).
Wie schön finden wir diesen Gedanken im Epheserbrief wieder. „Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anderes, als dass er auch hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde?“ (Eph 4,9). Die Würde dessen, der zum Himmel aufgefahren ist, der Platz, den Er einnimmt, der Dienst, den Er erfüllt — alles trägt einen solch wunderbaren Charakter, so dass es uns deutlich wird, dass Er, der hernieder gestiegen ist, bereits im Himmel „über allem“ war, wie geschrieben steht: „Der von oben kommt, ist über allen“ (Joh 3,31). Doch bevor Er zum Himmel auffuhr, hat Er durch sich selbst die Reinigung unserer Sünden bewirkt (Heb 1,3), hat den zunichte gemacht, der die Macht des Todes hatte, und hat alle die befreit, die der Knechtschaft unterworfen waren (Heb 2,15). In diesen Eigenschaften ging Jesus zum Himmel, und da erfüllt Er die wahrhaftige Hütte, das Heiligtum im Himmel, welches Gott aufgerichtet hat und nicht der Mensch, um uns dort ein ewiges Erbteil zu sichern und die himmlischen Dinge zu reinigen (Heb 8 u. 9).
Wer war in der Lage, in solcher Herrlichkeit und Macht aufzufahren, außer lhm, der bereits im Himmel „über allen“ gewesen war? „Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anderes, als dass er auch hinabgestiegen ist“. Das durch den Herrn vollbrachte Werk sagt uns, wer Er ist, selbst sein Leiden in Schwachheit und Erniedrigung verkündigt uns die göttliche Herrlichkeit seiner Person. — Hierauf folgt: „Der hinabgestiegen ist, ist derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, damit er alles erfüllte". Diese Worte zeugen von der Unermesslichkeit seiner Souveränität, so wie die anderen die Größe seiner Person offenbaren. In seinem Werk, in seinem Umherwandeln auf der Erde und in seinen Überwindungen war Jesus an den höchsten und niedrigsten Örtern. Er ist auf der Erde und in den unteren Teilen der Erde gewesen. Er war im Grab, dem Sitz der Macht des Todes. Jetzt aber ist Er in den höchsten Himmeln. erhaben über alle Obrigkeit und Macht. In dieser Weise wird sein Reich und seine Herrschaft dein Glaubensauge vorgestellt. es ist derselbe Jesus, lmmanuel, der Sohn, aus dem Samen Abrahams, der „sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen“ (Heb 2,11). Wir dürfen die beiden Naturen — wahrer Gott und wahrer Mensch in dem Herrlichen und Vollkommenen nicht miteinander vermengen. Im Glauben beuge ich mich vor der Wahrheit, dass Er, der heiligt, an Fleisch und Blut teilgenommen hat. Wir erkennen von ganzem Herzen seine wahrhaftige Menschheit in seiner Person an; jedoch war es keine und vollkommene Menschheit, die in irgendeiner Weise in dem Zustand oder unter den Folgen der Sünde lag. Ich erfreue mich an der Sprache des Heiligen Geistes, der von dem „Mensch Christus Jesus“ spricht (1Tim 2,5). Der Mensch, der gehorsam war, ist uns als Grund und Gegenstand der Gerechtigkeit geschenkt worden (Röm 5,15). Der auferstandene Mensch ist das Unterpfand unserer Auferstehung (1Kor 15,20). Der zum Himmel aufgefahrene Mensch ist die Bürgschaft, dass unsere Interessen jeden Augenblick vor Gott im Himmel durch Ihn gewahrt werden (1Tim 2,5). Der Mensch, der bald aus dem Himmel herniederkommen wird, macht die Festigkeit und Freude des zukünftigen Königreichs aus (Psalm 8). Doch ich wiederhole es, die Person Christi muss in ihrer unteilbaren Einheit im Auge behalten werden! Das vollkommene Werk Christi in jeder Handlung seines Dienstes, in allem, was Er tat und litt, und in allem, was Er noch tut, ist das Werk seiner ganzen Person. Diese Person in allen ihren Beziehungen hing am Kreuz — der Sohn, „der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm 9,5). Er übergab den Geist, obwohl Er unter dem Gericht Gottes über die Sünde starb, und obwohl Er durch die Hände böser Menschen gekreuzigt und getötet wurde. Dieses ist eine unendliche Barmherzigkeit.
Ja, Geliebte, es war Jesus von Anfang bis Ende. Er betrat den verborgenen Weg allein und ohne jemandes Hilfe. Niemand sonst als Er — Gott offenbart im Fleisch — war in der Lage, diesen Weg zu gehen. Der Sohn aus dem Schoß des Vaters wurde hier auf der Erde das Lamm Gottes für den Altar; und danach erreichte das geschlachtete Lamm den Platz der Herrlichkeit über alle Himmel. Es ist seine Person, die allem Bedeutung und Kraft verleiht. Weder sein Dienen, Leiden und Sterben noch seine Auferstehung und Himmelfahrt wären von Nutzen gewesen, wenn Jesus nicht der gewesen wäre, der Er ist. Seine Person ist der Fels; und deshalb ist sein Werk vollkommen. Es ist das Geheimnis der Geheimnisse. Doch bedenken wir, dass Jesus uns nur als ein Gegenstand des Glaubens, der Liebe, des Vertrauens und der Anbetung vorgestellt wird.
Gott und Mensch, Himmel und Erde werden, in diesem Geheimnis gleicherweise dem Glauben vorgestellt. Gott war hier auf der Erde, und zwar offenbart im Fleisch; und jetzt ist der verherrlichte Mensch droben im Himmel. Das Band dieser erhabenen Wahrheiten habe ich in einzelnen Zügen versucht, vorzustellen. Solch eine Betrachtung ist sicher geeignet, uns die himmlischen und die ewigen Dinge näher zu bringen und für unsere Herzen bedeutsamer zu machen. Das Fleisch mit seinen Begierden und seiner weltlichen Gesinnung hindert uns oft, ihre Herrlichkeit zu genießen; aber die Entfernung selbst ist verschwunden, da wir Ihm nahegebracht sind. Nachdem der Herr Jesus zum Himmel aufgefahren war, zeigt Er sich Stephanus außerhalb der Stadt der Juden und erscheint Saulus von Tarsus auf dem Weg zwischen Jerusalem und Damaskus. Obwohl uns nicht solch ein Anblick von Herrlichkeit geschenkt wird, so gewinnen doch die Nähe und die Wirklichkeit dieser Herrlichkeit an Frische und Kraft durch die Betrachtung dieser großen Geheimnisse.
Wird nicht das Königreich Christi auf der Erde die Verwirklichung dieser wundervollen Vereinigung Gottes und des Menschen, des Himmels und der Erde, sein? Sicher, denn Himmel und Erde werden in verschiedener Weise Zeugen und Verkündigen dieses Geheimnisses sein: „Es freue sich der Himmel, und es frohlocke die Erde“ (Ps 96,11)! Die Versammlung, vereinigt mit dem erhöhten und verherrlichten Menschen im Himmel, wird über alle Hoheiten und Gewalten erhaben sein. Die von Jakob geschaute Leiter wird aufgerichtet stehen; und der Sohn des Menschen wird sowohl der Mittelpunkt als auch der Stützpunkt aller irdischen und himmlischen Herrlichkeit sein. Die Offenbarung der Sühne Gottes wird die ganze Schöpfung von der Knechtschaft des Verderbens zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes freimachen (Röm 8,19-21).
Die himmlische Stadt — die Braut, die Frau des Lammes — wird aus dem Himmel hernieder kommen, und die Könige der Erde werden ihre Herrlichkeit zu ihr bringen, während sie der Erde unter ihren Füßen die Wasser ihres Stromes, die Blätter ihres Baumes und das Licht ihrer Herrlichkeit geben wird. Engel rings um den Thron werden rufen: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist“. „Und jedes Geschöpf, das in dem Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist ... hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt und dem Lamm die Segnung und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!“. Das Holz Judas und das Holz Ephraims (Hes 37,16-19) werden zusammengefügt werden, und sie werden einen König haben ins (Hes 37,16-19) „Und es wird geschehen an jenem Tag, da werde ich erhören, spricht der HERR: Ich werde den Himmel erhören, und dieser wird die Erde erhören; und die Erde wird das Korn und den Most und das Öl erhören; und sie, sie werden Jisreel erhöhen“ (Hos 2,23.24). Dies ist nichts anderes als die gesegneten Früchte, die in dem zukünftigen Königreich von der Vereinigung Gottes mit dem Menschen geerntet werden sollen, derer wir uns jetzt schon erfreuen dürfen. Der Grund dieser Offenbarung im Himmel und auf der Erde, unter Engeln und Menschen, ja, in der Schöpfung selbst, wird in Bethlehem, in dem Garten Josephs von Arimathia und auf dem Ölberg gefunden.
Möchte unser Herz diese Unterweisung des Geistes verstehen! Möchten wir diese herrlichen Geheimnisse mit heiliger Andacht betrachten, wie einst die Engel in den Fluren Bethlehems und am Grab Jesu. Möchten wir mehr eintreten in die Gedanken der Jünger am Ölberg, als sie ihre Blicke zum Himmel richteten, um ihrem zum Himmel aufgefahrenen Lehrer nachzuschauen (Lk 24,44-52). Sie feierten damals, wie Israel in 3. Mose 23,9-14, das Fest der „Erstlingsgarbe“. Jesus, der wahre Erstling, war jetzt „eingesammelt“ worden. Als ihr göttlicher Lehrer hatte Er ihnen über den eigentlichen Sinn dieser Garbe der ersten Früchte, d. h. über die Bedeutung seiner Auferstehung, eine Erklärung gegeben. Sie sahen ihren auferstandenen Herrn zum Himmel auffahren und hielten Festfeier, als wäre es ein Brandopfer. „Und sie huldigten ihm und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude.“ Wahrlich, wir haben Ursache zu sagen: „Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Er, der offenbart worden ist im Fleisch, ist gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit“ (1Tim 3,16).
Der Herr Jesus trat, als Er in Herrlichkeit aufgenommen wurde, in das Licht der höchsten Himmel. Wir sehen Ihn dort in dem Glanz, der Ihm eigen war. Wir sehen Ihn mit einem herrlichen Leib, so wie auch wir eines Tages einen Herrlichkeitsleib haben werden (Phil 3,21). Jesus ist im Himmel mit demselben Leib, in dem Er hier auf der Erde war. Es ist das „Heilige“, welches durch den Heiligen Geist im Schoß der Jungfrau gebildet wurde. Es ist der „Heilige“, der im Grab keine Verwesung gesehen hat. Es ist der „Leib“, der für uns geopfert wurde, und in dem Er unsere Sünden auf dem Holz getragen hat. Dieselbe Natur, worin Er Schmach, Verachtung und Leiden erduldet hat, befindet sich jetzt verherrlicht im Himmel. Es ist der durchbohrte Leib, den jedes Auge sehen wird (Off 1,7); er wird nie beiseite gesetzt werden. Die Person Christi, die auch seine menschliche Natur in sich schließt, wird ewig Gegenstand göttlicher Verehrung und Anbetung sein.
Der gegenwärtige Zustand Jesu ist derjenige der höchsten Herrlichkeit, und zwar weit erhaben über die ganze Schöpfung Gottes und über jeglichen Namen, der genannt werden kann.
Er wurde mit unaussprechlicher Liebe und mit unendlicher Wonne von Seiten Gottes des Vaters aufgenommen, nachdem Er den Vorsatz der Gnade Gottes bezüglich der Erlösung der Sünder vollkommen zur Ausführung gebracht hatte.
Er wurde im Triumph aufgenommen, nachdem Er „die Gefangenschaft gefangen geführt“ und „die Fürstentümer und die Gewalten ausgezogen hatte“; und, bekleidet mit aller Macht, die Ihm im Himmel und auf Erden gegeben war, nahm Er dort Platz „zur Rechten der Majestät in der Höhe“ (Eph 4,8, Kol 2,15; Heb 1,3).
Er wurde aufgenommen als das Haupt seines Leibes, der Versammlung, so dass diese aus der Fülle der Gottheit, die leibhaftig in Ihm wohnt, hervorwächst mit göttlichem Wachstum durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.
Er wurde aufgenommen wie in einen Tempel, um dort in der Gegenwart Gottes für uns zu erscheinen, um dort als der Diener des wahren Heiligtums und als unser Sachwalter seinen Platz einzunehmen und um uns in dieser oder jener Weise der Gnade vor dem Thron zu dienen.
Er wurde als unser Erlöser in dem Haus des Vaters aufgenommen, um den Kindern, die Gott Ihm gegeben hat, Wohnungen zu bereiten, damit auch sie bald dort sind, wo Er ist.
Fortan im Himmel sitzend, wartet Er auf den Augenblick seines Wiederkommens, um seinen Heiligen in der Luft zu begegnen, damit sie für immer bei Ihm seien (1Thes 4,17). Er sehnt den Augenblick herbei, wo Er aufs Neue gesandt werden wird, um der Erde durch seine Gegenwart Zeiten der Erquickung zu bringen.
Und schließlich wartet Er, bis seine Feinde als Schemel seiner Füße gelegt sind (Heb 10,13).
Unsere Liebe ist schwach, unsere Kraft ist klein. Aber als Grundsatz kenne ich nichts, was auf eine würdigere Weise solche Blicke des Glaubens beantworten könnte, als den Geist der Hingabe, der uns mit Paulus sagen lässt: „Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluss zu haben“ (Phil 4,12), und in diesem Geist rufen wir mit Sehnsucht: „Komm, Herr Jesus!“ Ja, Er kommt bald! ( . Off 22,20).
Geliebte, auf diese Weise hat unser Gott und Heiland durch unauflösliche Bande seine Menschheit mit seiner Gottheit verknüpft. Sowohl seine Wonne und Herrlichkeit als auch sein Ratschluss und seine Stärke bestätigen uns deren Beständigkeit.
Gott und Mensch — wie unerklärbar diese Vereinigung auch sein mag, so hat Er sie doch in sich selbst dargestellt. Der Glaube erkennt sie an; und der verlorene Sünder ruht in Frieden und Sicherheit auf dem Fels der Ewigkeiten.