Schriften von John Gifford Bellett
Die moralische Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus als Mensch
Eph 4,10 Heb 13,8 - Er derselbe nach Seiner AuferstehungEph 4,10 Heb 13,8 - Er derselbe nach Seiner Auferstehung
„Fürchtet euch nicht!” Dieses Trostwort, ob von den Lippen des Herrn
Jesus Selbst oder von den Lippen Seiner Engel ausgesprochen, gilt jetzt
wie damals, sowohl seitdem Er auf erstanden ist, als auch bevor Er litt
(siehe Mt 14,27; Mk 5,36; Lk 5,10 ff.). Vor Seinem Tode hatte Er
Seinen Jüngern gesagt, daß Er ihnen Seinen Frieden geben wolle,
und nach Seinem Tod sehen wir in der Tat, daß Er ihnen Seinen Frieden in
der feierlichsten Weise gibt. Er ruft ihnen zu: „Friede euch!” (
Zu einer anderen Zeit hatte der Herr zu ihnen gesagt: „Weil ich lebe, werdet auch ihr leben” (Joh 14,19); und jetzt, nach Seiner Auferstehung, im Besitz eines siegreichen Lebens, teilt Er ihnen dieses Leben in vollkommener Weise mit, indem Er in sie haucht und die Worte sagt: „Empfanget Heiligen Geist” (Joh 20,22). Die Welt sollte Ihn nicht mehr sehen, wie Er zu Seinen Jüngern gesagt hatte. Doch sie sollten Ihn sehen; und dies geschah denn auch. Er wurde vierzig Tage hindurch von ihnen gesehen, und Er redete mit ihnen „über die Dinge, welche das Reich Gottes betreffen” (Apg 1). Aber alles das geschah im Geheimen. Die Welt hat Ihn seit Golgatha nicht mehr gesehen, und wird Ihn auch nicht sehen, bis Er zu ihrem Gericht erscheint.
Als ein einfacheres Zeugnis von Seiner völligen Treue allen Seinen
Verheißungen gegenüber begegnet der Herr den Seinigen in Galiläa, wie Er
es ihnen gesagt hatte. Er sendet ihnen die Botschaft: „Ich fahre auf zu
meinem Vater und eurem Vater, und zu meinem Gott und eurem Gott” (Joh 20,17). Mochte Er ihnen daher in Galiläa hier auf Erden oder in Seiner
Wohnung im Himmel Seine Gegenwart verheißen haben, Er hat beide
Verheißungen erfüllt; und es ist sicher zum Nutzen für unsere Herzen,
wenn wir die Demut, die Fülle, die Einfachheit, die Größe und die
Erhabenheit Seines ganzen Weges betrachten. Der Herr hatte viel Mühe mit
Petrus, mehr als mit den anderen Jüngern, solange Er bei ihnen war. Und
so war es auch, nachdem Er aus den Toten auferstanden war. Petrus füllt
sozusagen das ganze letzte Kapitel des Evangeliums Johannes aus. Der
Herr setzt im Blick auf ihn das Werk der Gnade fort, das Er, bevor Er
ihn verließ, begonnen hatte; und Er nimmt es genau an dem Punkt wieder
auf, wo es stehen geblieben war. Petrus hatte ein großes Selbstvertrauen
verraten. „Wenn sich alle an dir ärgern werden”, hatte er gesagt,
„ich werde mich niemals an dir ärgern. . . . Selbst wenn ich
mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen” (
Im Anfang von Johannes 21 finden wir Petrus in dem Zustand wieder, in den das Gebet und der Blick Jesu ihn versetzt hatten. Daß sein Glaube nicht aufgehört hatte, wird dadurch in lieblicher Weise bezeugt, daß er, sobald er vernimmt, daß der am Ufer stehende Fremde der Herr sei, sich ins Wasser stürzt, um Ihm entgegenzueilen; und er tut das nicht in tiefem Schuldbewußtsein, nicht wie einer, der nicht bereits Tränen vergossen hat, sondern als einer, der vor dem Herrn Jesus in voller Zuversicht des Herzens erscheinen durfte. Und in diesem Charakter empfängt ihn sein Herr voller Wohlwollen und sie essen zusammen am Ufer des Sees. Das Gebet und der Blick hatten in dem Herzen des Jüngers bereits ihr Werk getan, und sie sollten sich nicht wiederholen. Der Herr setzt einfach das begonnene Werk fort, um es zur Vollendung zu führen; und somit folgt jetzt dem Gebet und dem Blick das Wort. Der Überführung von der Sünde und den Tränen folgt die Wiederherstellung. Petrus wird in den Stand gesetzt, seine Brüder zu stärken, wie es sein Herr ihm einst angekündigt hatte, und er wird zugleich befähigt, Gott durch seinen Tod zu verherrlichen, ein Vorrecht, das er durch seinen Unglauben und durch die Verleugnung des Herrn verloren hatte.
Das war das wiederherstellende Wort, das dem Gebet folgte, das seinen Glauben aufrecht erhielt, und das dem Blick folgte, der sein Herz brach. Wie wir in Johannes 13 lesen, hatte der Herr ihn darüber belehrt, daß, wer einmal gebadet ist, ganz rein ist und nicht nötig hat, sich zu waschen, ausgenommen die Füße. Und in dieser Weise handelt der Herr hier mit Petrus. Er läßt ihn nicht zum zweiten Mal die Erfahrung von Lukas 5 machen, wo der wunderbare Fischzug ihn mit Erstaunen erfüllt und er sich als Sünder erkannt hatte; sondern der Herr wäscht Petrus die beschmutzten Füße. Er stellt ihn wieder her und führt ihn auf den ihm gebührenden Platz zurück (siehe Joh 21,15-17).
Welch ein vollkommener Lehrer und Herr ist unser Herr Jesus! Er ist „derselbe gestern und heute und in Ewigkeit”, Derselbe in Seiner gnadenreichen, überströmenden Liebe, die das begonnene Werk fortsetzt, indem Er als der auferstandene Herr den infolge der Trennung von Seinen Jüngern unvollendet gebliebenen Dienst genau wieder an dem Punkt aufnimmt, wo er unterbrochen wurde, und so in vollkommener Gnade und Weisheit den vergangenen Dienst mit dem gegenwärtigen verknüpft.
Ein wenig weiter noch sehen wir, wie der Herr Seine Verheißungen erfüllt. Ich denke an jene besondere, nach Seiner Auferstehung gegebene Verheißung, die Er „die Verheißung des Vaters” und „die Kraft aus der Höhe” nannte (Lk 24), und die erst, nachdem Er gen Himmel gefahren und dort verherrlicht war, ihre Erfüllung fand (Apg 2). Das ist sicherlich nur die Fortsetzung der Geschichte und des Zeugnisses der Treue Jesu. Sein Leben vor dem Kreuz, Seine Beziehungen zu Seinen Jüngern nach Seiner Auferstehung und jetzt das, was Er seit Seiner Himmelfahrt getan hat - alle diese Dinge sind deutliche Beweise von der Tatsache, daß es bei Ihm keine Veränderung noch einen Schatten von Wechsel gibt.
Gern möchte ich noch einen weiteren Beweis dieser Tatsache erwähnen; wir finden ihn ebenfalls in Lukas 24. Der auferstandene Herr führt dort Selbst Seine Jünger zu dem Punkt zurück, wo Er Seine letzten Unterweisungen abgebrochen hatte. „Dies sind die Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, daß alles erfüllt werden muß, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Moses’ und den Propheten und Psalmen”. Er erinnert sie so an das, was Er ihnen schon früher gesagt hatte, daß nämlich die Schrift das große Zeugnis der Gedanken Gottes ist, und daß alles, was in ihr geschrieben steht, erfüllt werden muß. Und was tut der Herr dann? Er setzt in einfacher, natürlicher Weise die Belehrung fort, die Er vor Seinem Leiden begonnen hatte. „Dann eröffnete Er ihnen das Verständnis, um die Schriften zu verstehen.” Sein Wirken in Gnade unterstreicht die vorausgegangenen Belehrungen; und Er vollendet in den Seinigen das, was Er ihnen bereits mitgeteilt hatte. Zu unserem Trost möchte ich noch hinzufügen, daß der Herr Seine Jünger niemals daran erinnerte, daß sie alle Ihn in der Stunde der Versuchung verlassen hatten.
In gewissem Sinn blieb die Art und Weise des Umgangs des Herrn Jesus mit Seinen Jüngern während der vierzig Tage unverändert. Er nennt sie mit ihrem Namen wie früher; Er offenbart Sich ihnen auf dieselbe Weise; nach wie vor Seiner Auferstehung nimmt Er bei Tisch, obwohl Er als Gast geladen ist, den Platz des Hausherrn ein (vgl. Joh 2; Lk 24). Am Brunnen zu Sichar (Joh 4) fürchteten sie sich, Ihn zu stören, und stellten sich schweigend abseits. Ebenso verhalten sie sich wiederum still, als sie nach dem Fischfang zu Ihm kommen (Joh 21); sie empfinden, daß es nicht an der Zeit war, viele Worte zu machen, wie sehr auch ihre Herzen mit Bewunderung und Freude erfüllt sein mochten.
Welch zarte und doch mächtige Bande bestehen daher zwischen Ihm, den wir bereits in den gewöhnlichen Umständen des menschlichen Lebens kennengelernt haben, und Ihm, den wir die ganze Ewigkeit hindurch erkennen sollen! Der Herr Jesus stieg zuerst in unsere Umstände hinab, um uns dann in Seine Umstände einzuführen. Aber in unseren Umständen haben wir Ihn kennengelernt, ja, für immer kennengelernt. Das ist eine Wahrheit, deren Kostbarkeit uns durch die Erfahrungen des Petrus bezeugt wird. Ich habe die betreffende Szene bereits unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet, aber ich möchte noch einmal einen Augenblick dabei verweilen.
Bei jenem wunderbaren Fischzug, der vor der Auferstehung stattfand (Lk 5), wurde Petrus von der Sünde überführt. Petrus, der Fischer, wurde in seinen eigenen Augen Petrus, der Sünder. „Gehe von mir hinaus”, sagte er zum Herrn, „denn ich bin ein sündiger Mensch” (Lk 5,8). Der außerordentliche Fang, der den Beweis lieferte, daß der in sein Schiff getretene Fremde der Herr des Meeres und seiner Fülle war, führte den Jünger im Geist in die Gegenwart Gottes, und hier lernte er sich selbst kennen. Wir können in der Tat nur hier diese Lektion lernen. Aber der Herr rief ihm in jenem Augenblick, wie aus der Herrlichkeit her, das Trostwort zu: „Fürchte dich nicht!” und Petrus war zur Ruhe gebracht. Die Herrlichkeit oder die Gegenwart Gottes, die ihn von seiner Sündhaftigkeit überführt hatte, wurde jetzt ein Ruheplatz für ihn; und Petrus wandelte in völliger Ruhe des Herzens vor dem Herrn. Dementsprechend genießt er auch bei dem zweiten Fischzug (Joh 21), nach der Auferstehung des Herrn, die gleiche Zuversicht; er hat nur die früher empfangene Unterweisung praktisch zu verwirklichen. Und das tut er. Er macht die Erfahrung, daß die Gegenwart des Herrn der Herrlichkeit eine Ruhestätte für ihn ist. Er erfährt und bezeugt es uns, daß er das, was er in bezug auf den Herrn Jesus gelernt hatte, für immer gelernt hatte. Er erkannte den am Ufer stehenden Fremden zuerst nicht; sobald aber Johannes ihm sagte, daß es der Herr sei, da war jener Fremde kein Unbekannter mehr für Petrus; nein, er beeilte sich, so schnell und so nahe wie möglich zu Ihm zu kommen. Glücklich das Herz, das diese Dinge versteht! Wenn es eine Freude ist, zu wissen, daß der Herr Jesus stets Derselbe ist, sowohl in unserer Welt, als auch in der Seinigen, sowohl inmitten der Umstände auf Erden, als auch in Seiner Herrlichkeit, welch eine weitere Freude ist es dann, jemanden von uns, wie einst Petrus, in seiner Seele die Seligkeit genießen zu sehen, die mit dieser Tatsache verbunden ist.
Ja, der Herr Jesus ist tatsächlich immer Derselbe, „Treu und Wahrhaftig” (Off 19). Alles, was Er Seinen Jüngern vor dem Kreuz verheißen hatte, hat Er nach Seiner Auferstehung erfüllt. Alles, was Er vorher in ihrer Mitte war, das ist Er auch nachher geblieben.
Der Herr gab unaufhörlich, aber Er fand selten Beifall. Er teilte in Überfluß mit, aber Er fand nur wenig Gemeinschaft. Das erhöht und verherrlicht nur Seine Güte. Es gab hier gleichsam nichts, was Ihn hätte veranlassen können, Seine Güte zu zeigen; und dennoch teilte Er immer aus. Er war wie der Vater, der in den Himmeln ist, von Dem Er Selbst gesagt hatte: „Er läßt Seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte” (Mt 5,45). Das sagt uns, zu Seinem Preise, was Er ist, und zu unserer Beschämung, was wir sind.
Der Herr Jesus war aber nicht nur dem Vater in den Himmeln gleich, das Bild Gottes in dessen Handlungen, sondern Er war in dieser Welt zugleich wie der „unbekannte Gott”, von dem Paulus redet (Apg 17,23). Die Finsternis erfaßte Ihn nicht; die Welt erkannte Ihn weder durch ihre Religion noch durch ihre Weisheit. Die überschwenglichen Reich tümer Seiner Gnade, die Reinheit Seines Königreichs, das Fundament und die Rechte, auf die allein die Herrlichkeit gegründet werden konnte, die Er in dieser bösen Welt darstellte, alles das blieb den Menschen ein unlösbares Rätsel. Das zeigen zur Genüge die groben Irrtümer und Fehler, in die sie unaufhörlich verfielen. Als z. B. die Menge mit Begeisterung Jesus als den König und in Seiner Person das Königreich begrüßte (Lk 19), sagten die Pharisäer: „Lehrer, verweise es deinen Jüngern!” Sie konnten den Gedanken nicht ertragen, daß der Thron einem solchen Menschen, wie Er war, gehören sollte. Es war nach ihrer Meinung eine Anmaßung von Ihm, sich als König zujubeln zu lassen. Sie erkannten nicht das Geheimnis wahrer Größe in dieser falschen, abgefallenen Welt; sie hatten das Geheimnis des „Wurzelsprosses aus dürrem Erdreich” nicht erfaßt, noch vermochte ihr Geist den „Arm des Herrn” wahrzunehmen (Jes 53). Nur da, wo der Geist des Herrn die Herzen leitet, werden Entdeckungen betreffs der Person Jesu gemacht - Entdeckungen, die ebenso kostbar wie verschiedenartig sind.
In Markus 1 wird der Dienst der Gnade und Macht des Herrn von vielen Seiten in Anspruch genommen. Kranke aller Art kommen zu Ihm. Die Menge hört Ihm zu und erkennt die Autorität an, mit der Er redet. Ein Aussätziger bringt seinen Aussatz vor Ihn und erkennt damit in Ihm den Gott Israels an. Aber im zweiten Kapitel desselben Evangeliums begegnen wir einer Erkenntnis Seiner Person, die sich in einer weit lebendigeren und vortrefflicheren Weise kundgab; wir begegnen Beispielen eines Glaubens, der Ihn verstand.
Die Männer von Kapernaum, die ihren gichtbrüchigen Freund zu Ihm bringen, verstehen den Herrn und nehmen Seinen Dienst in Anspruch. Sie verstehen, meine ich, was Er in Sich Selbst, in Seinem Charakter, in Seinen Gewohnheiten und in den Empfindungen Seiner Seele ist. Schon die Art und Weise, wie sie sich Ihm zu nähern suchen, zeigt uns das. Sie kommen nicht zweifelnd oder schüchtern und ängstlich, sie machen es vielmehr wie Jakob, als Er sagte: „Ich lasse dich nicht los, du habest mich denn gesegnet” (1Mo 32)! Wenn man dem Herrn Jesus in dieser Weise naht, ist Ihm das angenehm. Seine Liebe sieht uns gern so handeln. Sie fragen nicht um Erlaubnis, sie machen keine Umstände, sondern decken ohne weiteres das Dach des Hauses ab, um zu Ihm zu kommen. Alles das zeigt uns, daß sie den Herrn kannten und mit Seiner Hilfe rechneten. Sie wußten, daß es Seine Freude war, wenn Notleidende Seiner Gnade vertrauten und ohne Rückhalt auf Seine Macht vertrauten. Levi handelt kurze Zeit später in gleicher Weise. Er richtet ein Gastmahl zu und läßt Zöllner und Sünder in der Nähe Jesu Platz nehmen. Auch hieraus geht hervor, daß Levi seinen Gast kannte. Er wußte, wen er geladen hatte, so wie Paulus wußte, an „wen er geglaubt hatte” (2Tim 1,12).
Diese Erkenntnis des Herrn ist wirklich gesegnet; sie ist göttlich. Fleisch und Blut können sie uns nicht geben. Die Brüder Jesu besaßen sie nicht; denn als der Herr Sich in Seinem Dienst erschöpfte, sagten sie: „Er ist außer sich” (Mk 3,21). Aber der Glaube macht im Blick auf den Herrn Jesus große, köstliche Entdeckungen und handelt demgemäß. Es mag manchmal scheinen, als ob er die richtigen Grenzen überschritte und uns über das geziemende Maß hinausführte; aber nach dem Urteil Gottes ist das nie der Fall. Die Menge gebot dem blinden Bartimäus zu schweigen; aber er weigerte sich, weil er den Herrn Jesus kannte, wie Levi Ihn kannte (Mk 10).
Die Fülle dessen, was der Herr tut, übersteigt unsere Begriffe; und doch besteht gerade in dieser Fülle die Herrlichkeit Seines Tuns. Der Heiland kommt uns in jeder Not entgegen; aber zu gleicher Zeit bringt Er Gott hinein. Jesus heilte die Kranken, aber Er predigte auch das Reich. Doch das paßte dem Menschen nicht, wie seltsam das auch scheinen mag; sonst weiß er seinen eigenen Vorteil so gut wahrzunehmen. Der Mensch freut sich wohl über die wiederhergestellte Gesundheit; aber die Feindschaft des fleischlichen Herzens gegen Gott geht so weit, daß, sobald die Segnung mit der Gegenwart Gottes in Verbindung steht, sie nicht mehr willkommen ist. Da aber Zweck der Christi ebensowohl die Verherrlichung Gottes als auch die Rettung des Sünders ist, so kann von Seiner Seite die Segnung nur in dieser Verbindung erscheinen. Gott ist in dieser Welt verunehrt worden, und der Mensch hat sich in ihr verderbt. Der Herr nun, der den Bruch heilt, tut ein vollkommenes Werk, indem Er einerseits den Namen und die Wahrheit Gottes unverletzt aufrechterhält, Sein Reich und dessen Rechte ankündigt und Seine Herrlichkeit offenbart, und indem Er andererseits den verlorenen, toten Sünder rettet und lebendig macht.
Wie schon gesagt, das ist dem Menschen gar nicht recht. Wohl will er sich in seinen irdischen Belangen helfen lassen; aber von der Herrlichkeit Gottes will er nichts wissen. So ist der Mensch. Aber wie schön, wenn das Herz eines armen Sünders durch den Glauben anderen Sinnes geworden ist und er sich der Herrlichkeit erfreuen kann! Die kananäische Frau liefert uns ein Beispiel davon. Die Herrlichkeit des Dienstes Christi hatte lebendig und kräftig ihre Seele getroffen. Und doch hält der Herr, trotz der Betrübnis der armen Frau, die Grundsätze Gottes aufrecht und weist sie mit den Worten ab: „Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel”, und: „Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hündlein hinzuwerfen” (Mt 15,24.26). Doch diese Frau unterwirft sich diesem Ausspruch; sie erkennt den Herrn als den Verwalter der Wahrheit Gottes und setzt keinen Augenblick voraus, daß Er zur Abhilfe ihrer Not die Wahrheit und die Grundsätze Gottes verleugnen würde. Sie möchte, daß Gott nach Seinen eigenen Ratschlüssen verherrlicht wird, und daß Jesus fortfährt, der treue Zeuge dieser Ratschlüsse und der Diener des Wohlgefallens Gottes zu sein, wie auch immer ihre eigene Sache ausgehen mochte. „Ja, Herr”! sagt sie und bestätigt also alles, was der Herr gesagt hat, fügt aber in völliger Übereinstimmung mit den Worten Jesu hinzu: „Denn es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die von dem Tische ihrer Herren fallen”. - Wie lieblich ist das alles! Es war die Frucht des Lichtes Gottes in der Seele. Die Mutter Jesu in Lukas 2 steht unter dieser Heidin. Maria wußte nicht, daß Er „in dem sein mußte, was seines Vaters war”, während die kananäische Frau erkannte, daß nichts anderes als das Sein Anliegen sein konnte. Sie wünschte die Verherrlichung Gottes durch die treue Hand Christi, wenn sie auch in ihrer Not dadurch vielleicht ohne Hilfe blieb. Das hieß Christus erkennen und Ihn in der Fülle Seines Werkes annehmen als Den, der in einer abgefallenen Welt sowohl für Gott, als auch für den in sich selbst verderbten, unwürdigen Sünder Seinen Platz eingenommen hatte.