Werner Mücher
Fragen und Antworten
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Mt 8,17 - Die Erfüllung von Matthäus 8,17Mt 8,17 - Die Erfüllung von Matthäus 8,17
Bibelstelle Matthäus 8,17. Hiermit möchte ich Sie bitten, mir über die Bibelstelle in Mt 8,17 Klarheit zu verschaffen: „Auf dass erfüllt würde, was durch Jesaja gesagt ist, den Propheten, welcher spricht:
,Er hat unsere Gebrechen weggenommen und die Krankheiten getragen‘„. – Mir ist heute beim Bibellesen diese Bibelstelle in das Auge gekommen. Mir fiel auf, dass sich die Erfüllung dieser Prophetie Jesajas lange vor seinem Tod am Kreuz nach Aussagen der Schrift erfüllt hat. Und ich denke, „erfüllt“ ist „erfüllt“. – Oder kann diese „Erfüllung“ auch zeitund endlos gemeint sein? Dann gäbe es ja dem nichts mehr hinzu zufügen. Was mir jetzt zu Bedenken macht, ist folgendes: In meiner langjährigen Nachfolge als Christ habe ich immer wieder, entweder in der Lehre verschiedener Prediger oder auch in deren Gebet Folgendes vermittelt bekommen: Jesus habe am Kreuz alle Krankheiten, die es auf der Erde gab, auf seinen Leib genommen (man bezieht sich auf Jes 53), dadurch können wir geheilt werden, und deswegen ist sein Leib auch so zerstört worden. – Aber kann denn dies anhand der Aussage in Mt 8,17 folgerichtig sein? War Jesus am Kreuz das Opferlamm zur Vergebung unserer Schuld alleine, oder hat Er auch unsere Krankheit in diesem Moment getragen? Wie ist dann die Bibelstelle in Mt 8,17 einzuordnen? – Wenn sie mir irgendwie helfen könnten, um Klarheit in diese Sache zu bringen, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
TM, Wertheim
Antwort:
Der Schreiber dieses Evangeliums führt hier ein Zitat aus dem Propheten Jesaja an, nachdem Er die Heilung eines Aussätzigen (V. 2–4) berichtet hat, dann die Heilung des Knechtes des Hauptmanns (V. 5–13), dann die Heilung der Schwiegermutter des Petrus (V. 14.15) und schließlich, dass der Herr die Geister vieler Besessener austrieb und alle Leidenden heilte (V. 16). Danach zitiert er Jesaja 53 mit den Worten „damit erfüllt würde“. Wann hat sich dieser Vers also erfüllt? Auf dem Kreuz? Nein, so weit war es ja noch gar nicht. Dieser Vers hat sich während des Dienstes des Herrn Jesus erfüllt.
In diesem Vers ist nicht von unseren Sünden und Übertretungen die Rede, die der Herr auf dem Kreuz getragen hat. Er hat die Schwachheiten (Gebrechen) und Krankheiten in der Weise getragen, dass Er nicht wie ein „Wunderheiler“ von oben herab die Menschen geheilt hat, sondern indem Er die Not der Menschen „auf sich nahm“, ja, zu seiner eigenen machte. Wie oft ist die verborgene seelische Not bei einer Krankheit noch größer als die Krankheit selbst. Wie sagte der Herr: „Sei guten Mutes“.
Würde man die Auslegung, dass der Herr auf dem Kreuz unsere Schwachheiten und Krankheiten getragen hätte, konsequent zu Ende führen, würde das tatsächlich bedeuten, dass ein Gläubiger nicht mehr krank sein dürfte oder zumindest mangelnder Glaube eine Heilung verhinderte. Diese Lehre wäre unbedingt falsch. Paulus hatte wahrscheinlich ein Augenleiden (vgl. 2Kor 12,7 und Gal 4,13-15). Sein engster Mitarbeiter hatte möglicherweise Magenprobleme, jedenfalls häufige Schwächen (1Tim 5,23). Einen andern Mitarbeiter, Trophimus, ließ Paulus krank in Milet zurück (2Tim 4,20). Wie viele Kinder Gottes, die vielen Menschen zum Segen geworden sind, waren und sind krank. Siehe hierzu das vor kurzem erschienene Buch Mit Freuden ernten – Erfahrungen in Lebenskrisen von Beate und Winrich Scheffbuch, Hänssler-Verlag. Außerdem dienen alle Dinge – darin sind Krankheiten eingeschlossen – denen, die Gott lieben, zum Guten (Röm 8,28).
Abschließend zitiere ich aus der sehr guten Betrachtung über das Matthäusevangelium aus der Reihe Grundzüge des Neuen Testaments, Band 1, von F.B. Hole (CSV Hückeswagen: „In den Versen 16 und 17 werden zunächst die Werke Seiner Macht und Seines Erbarmens, die Er noch am Abend tat, zusammengefasst; zweitens wird Jesaja 53 angeführt, um uns zu zeigen, wie und in welchem Geist Er diese Heilungen vollbrachte. Die zitierten Worte sind von einigen irrigerweise benutzt worden, als bedeuteten sie, der Herr habe auf dem Kreuz unsere Krankheiten getragen, so dass ein Gläubiger nie krank sein sollte. Doch die rechte Anwendung ist hier vor uns. Indem Er den Menschen half, fühlte Er alle ihre Nöte und Krankheiten zutiefst mit. Er trug die Last dieser Übel in Seinem Geist, während Er sie durch Seine Macht wegtat.“
Kennst Du diese gute Auslegung in 6 Bänden über das gesamte Neue Testament? Wenn nicht, kann ich sie Dir sehr empfehlen.
Werner Mücher
Erstellt: 19.08.2024 14:13, bearbeitet: 04.11.2024 21:51