Schriften von Frederic Charles Jennings
Mt 26,36-46 , Mk 14,32-42 Lk 22,39-46 Joh 18,1-3 Ps 102 - Gethsemane
Gethsemane im MatthäusevangeliumGethsemane im Matthäusevangelium
Wenn es möglich ist
Mt 26,36-46: Dann kommt Jesus mit ihnen an einen Ort, genannt Gethsemane, und er spricht zu den Jüngern: Setzt euch hier, bis ich dorthin gegangen bin und gebetet habe. Und er nahm Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus mit und fing an, betrübt und beängstigt zu werden. Dann spricht er zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tod; bleibt hier und wacht mit mir. Und er ging ein wenig weiter und fiel auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, wenn es möglich ist so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. Und er kommt zu den Jüngern und findet sie schlafend; und er spricht zu Petrus: also nicht eine Stunde vermochte ihr mit mir zu wachen? Macht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt; der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach. Wiederum zum zweiten Mal, ging er hin und betete und sprach: Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille. Und als er kam, fand er sie wieder schlafend, denn ihre Augen waren beschwert. Und er ließ sie, ging wieder hin, betete zum dritten Mal und sprach wieder dasselbe Wort. Dann kommt er zu den Jüngern und spricht zu ihnen: So schlaft denn weiter und ruht euch aus; siehe, die Stunde ist nahe gekommen, und der Sohn des Menschen wird in die Hände von Sündern überliefert. Steht auf, lasst uns gehen; siehe, nahe ist gekommen, der mich überliefert.
Wir befinden uns immer noch im Garten mit Petrus, Jakobus und Johannes, während ein wenig entfernt von uns der auf seinem Angesicht liegt, den wir zu lieben und zu achten gelernt haben als unseren Herrn und Meister. So nahe ist Er, dass wir selbst seine Gebete und sein Flehen mit starkem Geschrei und Tränen hören können (Heb 5,7), und so ruft Er: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber, doch nicht was ich will, sondern was du willst“ (Mt 26,39). Unser Glaube soll nun dem Schrei folgen zu dem, an den er gerichtet ist, und mit heiliger Furcht die Wirkung beobachten, die es auf den hatte, in dessen Schoß Er allezeit gewesen war. Was bedeutet es doch, die Bande der Liebe zu betrachten, die den Vater und den Sohn in dem Geheimnis der Gottheit verbinden. Bevor irgendeine Schöpfung existierte, gab es nichts, was dieser gegenseitigen Freude fehlte. Es gab dort solch eine Vollkommenheit der Zufriedenheit, die keine Hinzufügung durch irgendein Geschöpf benötigte, um sie zu ergänzen.
Der Vater hatte genug an dem Sohn, der Sohn hatte genug an dem Vater. Deswegen lesen wir: „Der Herr besaß mich im Anfang seines Weges vor seinen Werken von jeher, ich war eingesetzt von Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde, da war ich Schoßkind bei ihm und war Tag für Tag seine Wonne“ (Spr 8,22.23). So ruft die personifizierte Weisheit, und wo kann diese Weisheit gefunden werden als nur in Christus, in dem alle ihre Schätze verborgen sind? Aber wenn jemand noch Zweifel hat bezüglich dieser Anwendung, so können viele klare Schriftstellen herangeführt werden, um diese Zweifel zu zerstreuen. „Der Vater liebt den Sohn und hat alle Dinge in seine Hand gegeben“, sagt der Vorläufer Johannes (Joh 3,35). Auch der Herr selbst sagte, dass sein Vater Ihn geliebt hatte vor Grundlegung der Welt (Joh 17,24), wie schon der Vers in Sprüche 8,29 auch anzeigt. Und viele andere Bibelstellen könnten hinzugefügt werden, wenn es nötig wäre.
So gab es nichts, was die Himmel öffnen konnte, bis Er auf diese Erde kam. Der Himmel blieb fest geschlossen, denn Er war im Himmel. Aber sobald Er hier auf der Erde war, da konnte kein Gegenstand selbst nicht im Himmel als Konkurrent in der Wertschätzung des Vaters dieser armen Erde gegenüber auftreten. Und ist es nicht so, dass wir selbst bis zu diesem heutigen Tag uns freuen, wenn wir daran denken, wie der Himmel aufreißt am Jordan und auf dem heiligen Berg unter dem Gewicht der Freude des Vaters an dem Sohn? Niemals können unsere schwachen Fähigkeiten die unbegrenzte Liebe Gottes des Vaters zu seinem Sohn völlig verstehen.
Und jetzt ist es so, dass gerade dieser Sohn seiner Liebe es ist, der ausruft: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Und die Antwort ist doch selbstverständlich: „Komm mein Sohn, komm mein Sohn zurück in den Schoß, der deine wahre Heimat ist, die du mit nichts eingebüßt hast.“ Nein! Sein Gebet war: „Wenn es möglich ist“ – und es ist nicht möglich! Aber warum sollte es denn nicht möglich sein? Ist irgendetwas unmöglich bei Gott? Was ist fähig, Ihn zu hindern? Selbst wenn sich alle Mächte des Universums vereinigen, um sich Ihm zu widersetzen, dann könnte diese vereinigte Macht nicht einmal einem Spinnwebfaden seines Willens Widerstand leisten. Und doch war es nicht möglich. Eine starke Notwendigkeit verhinderte es.