Erich Sauer
Schriften von Erich Sauer
Das Morgenrot der Welterlösung
Die Namen GottesDie Namen Gottes
Alle Heilsgeschichte ist Selbstoffenbarung Gottes, Verklärung seiner selbst in Schöpfung und Erlösung. Das innere Wesen einer Person oder Sache spricht sich aber im Namen aus. „Der Name eines Dinges ist der Abdruck seines Wesens und der Ausdruck des Eindrucks, den es macht" (Delitzsch).
Darum muß auch die Heilsgeschichte, als die Selbstoffenbarung der Gottheit, die Kundgebung wesenhafter Gottesnamen sein, und die Selbstbezeichnungen Gottes werden zum Motto seines heilsgeschichtlichen Tuns. Da es sich aber hier vornehmlich um zweierlei, Schöpfung und Erlösung, handelt — denn das Dritte, die Verklärung, ergibt sich als Hauptziel aus diesen beiden durch ihre Vollendung von selbst —, so muß auch in diesem Ganzen eine Offenbarung von zwei hauptsächlichen Gottesnamen stattfinden, einem Namen seiner schöpferischen Hoheit, Herrschaft und Macht und einem Namen seines Bundes und seiner erlösenden Liebe.
Dies ist auch wirklich der Fall. Zwei göttliche Selbstbezeichnungen beherrschen das Ganze: „Elohim", der Name des Schöpfers und Weltregierers, und „Jahwe" (Jehova), der Name des Erlösers und Bundesgottes. 345 Elohim", von alah (arabisch aliha) „sich scheuen", ist der mit Ehrfurcht zu betrachtende, allmächtige Gott. 346 „Jahwe", 347 von hawa, „werden, sein", ist der „Seiende, Bleibende, Ewige", daher auch der „Beständige" und „Getreue", der, welcher ist und immer wieder ist" 348 oder, wie ihn der erhöhte HErr selbst erklärt, „der da ist und der da war und der da kommt" (Off 1,4; 8; 4,8).
1. Der Jahwe - Name. Auf die mannigfaltigste Weise erstrahlt in der Heilsgeschichte die Herrlichkeit des Jahwe-Namens.
Die Grundlage ist
Jahwe - Jireh, der HErr, der's versieht, der das Opfer ersieht, das die
Sühnung vollbringt (1. Mose 22,14).
Das Ziel ist
Jahwe - Schammah, der HErr daselbst, die Hütte Gottes bei den
Menschen (Hes 48,35). Und auch
Der Weg zum Ziel ist Jahwe allein (vgl. Joh 14,6): Er ist
Jahwe - Rohi, der HErr mein Hirt (Ps 23,1),
Jahwe - Rophecha, der HErr dein Arzt (2. Mose 15,26),
Jahwe - Zidkenu, der HErr unsere Gerechtigkeit (Jer 23.6; 33,16),
Jahwe - Schalom, der HErr der Friede (das Heil: Ri 6,24).
Und im Kampf gegen alle Mächte, die uns diese Segnungen rauben wollen, ist er
Jahwe - Nissi, der Herr mein Panier (2. Mose 17,15), ja,
Jahwe - Zebaoth, der HErr der Heerscharen.349
Als solcher aber ist er der Heerführer der Sterne und Sonnensysteme 350 ) der oberste Feldherr der Engelwelt 351 und der Anführer seiner Streiter hier unten auf Erden (1Sam 17,45; 4. Mose 10,36). Als „Jahwe-Zebaoth" entbietet er alle seine Heerscharen, uni sein Volk zum Triumph und sein Reich zur Vollendung zu führen. 352 Darum ist „HErr Zebaoth" sein gewaltigster Name, der umfassendste Ausdruck seiner weltweiten Macht und der erhabenste Königsname des Höchsten. „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe! Wer ist derselbe König der Ehren? Es ist der HErr Zebaoth! Er ist der König der Ehren!" (Ps 24,9; 10).
2. Der Doppelname „Jahwe-Elohin". Elohim ist der überweltliche, über die geschöpfliche Schranke erhabene Gott; Jahwe ist der
innerweltliche, in dieselbe eingehende und dort sich bezeugende Gott.Elohim ist der Schöpfer und damit der Urheber und das Ziel; Jahwe ist der Erlöser, der Gott der Geschichte.
Elohim ist vornehmlich der „Gott des Anfangs und des Endes"; Jahwe ist zunächst der „Gott der Mitte", die sich aber im Ende verklärt.
Das Reich der Macht soll zum Reich der Herrlichkeit werden; dazwischen liegt das Reich der Gnade, dessen wesentlicher Inhalt die Erlösung ist; und Jahwe ist der Gott, der den Anfang und das Ende im Verlauf dieser Geschichte vermittelt und die Elohim-Größe Gottes auf ewig mit Jahwe-Herrlichkeit erfüllt. So wird denn die Heilsgeschichte „ein Weg der Schöpfung ,Elohims`, voran des Menschen, unter der Leitung ,Jahwes`, zurück zu ,Jahwe-Elohim`, und der Doppelname ,,Jahwe-Elohim` wird zum Motto der gesamten Weltall-Geschichte, gleichwie Jesus Christus' das Motto ihres neutestamentlichen Äons ist". 353
345 Daß diese beiden Namen in der Tat die Hauptnamen sind, beweist ihr Vorkommen in der Heiligen Schrift. Während „Adonai" (Herr) 450mal, Zebaoth" und „El" (Starker Gott) je 230mal, „Eloah" und „El Schaddai" (der Allgewaltige) je ungefähr 50mal und „El Eljon" (Gott der Höchste) sogar nur 32mal vorkommen, erscheint „Elohim" 2570mal und „Jahwe" sogar fast 6000mal! (Ed. König, Theologie des Alten Testaments, Stuttgart 1923, S. 134 ff. — N. Rudnitzky, Die Namen Gottes in der Heiligen Schrift, Berlin 1926, S. 24, 36, 54.) Zusammengenommen kommen also die Gottesnamen im Alten Testament ungefähr 10 000ma1 vor. Dies beweist ihre gewaltige, hocherhabene Bedeutung in der Heilsgeschichts-offenbarung der Bibel.↩︎
346 Verstärkt wird der Name noch durch die Mehrzahlendung „im" (vgl. Cherubim, Seraphim), die Mehrzahl der göttlichen Fülle, wobei jedoch das Zeitwort stets in der Einzahl steht, so daß deutlich die göttliche Einheit und Mehrheit zum Ausdruck kommt. Gott redet aus der Fülle seiner göttlichen Kräfte und Wesenheiten in der Mehrzahl von sich. Das Geheimnis der Dreiheit in der Einheit wird aber erst im Neuen Testament geoffenbart.↩︎
347 Die richtige Aussprache des hebräischen „Vierbuchstabennamens" JHWH ist wahrscheinlich Jahwe. Die Aussprache Jehovah ist erst vor 400 Jahren von christlichen Gelehrten aufgebracht worden; und zwar findet sie sich zum ersten nachweislichen Male bei dem italienischen Franziskanermönch Petrus Galatinus (einem getauften Israeliten) in seinem Buch über „Die Geheimnisse der katholischen Wahrheit" (De arcanis catholicae veritatis) 1518, also ein Jahr nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg. Dagegen hat uns der Kirchenvater Theodoret (390-457) überliefert, daß die Samaritaner Jabe sprachen. Dieselbe Aussprache bestätigt Epiphanius (gest. 403 n. Chr.), und A. Deißmann hat auf jüdisch-griechischen Papyri des 2. und 3. Jahrhunderts die Gottesnamen Iaoue und Jabe nachgewiesen. — Die richtige Aussprache ist verlorengegangen, weil die Juden, unter Berufung auf 3. Mose 24,16, den Namen Gottes überhaupt auszusprechen sich scheuten und daher statt JHWH stets „Herr" (Adonai) sagten und weil die ursprünglichen, hebräischen Handschriften nur die Konsonanten schrieben. Später aber, als die Massoreten (Textüberlieferer) den ganzen Text mit Vokalen ver- sahen, setzte man die Selbstlaute von Adonai unter JHWH, das man ja doch „Adonai" vorlas. So entstand die falsche Aussprache „Jehovah" (Ed. König, a. a. O. S. 137-139).↩︎
348 Keil.↩︎
349 „Zebaoth" ist die weibliche Mehrzahl zu „zaba" (Heerschar, Armee), z. B. 2. Mose 6,26; 12,17; 51; 1Sam 17,45.↩︎
350 Jes 40,26; 45,12 (Ri 5.20; Hiob 38,7).↩︎
351 1Kön 22,19; 2Kön 6,17; Jos 5,13-15; Neh 9,6; Ps 103,21; Ps 148,2.↩︎
352 Dies ist auch der Grund, warum gerade in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft der Name „HErr Zebaoth" zum göttlichen Hauptnamen wird (bei Jeremia 80mal, bei Haggai 14mal, bei Sacharja 50mal und bei Maleachi 24mal). Das Bekenntnis zu Gott als „Jahwe-Zebaoth" war für den kleinen und schwachen Überrest der Zurückgekehrten die in tiefer Not geborene, Trost spendende Zuversicht, daß der HErr, der unsichtbare Heerführer der himmlischen Mächte, seine Sache zum Sieg und seine Gemeinde zum Ziel führen werde. Darum kommt auch die griechische Übersetzung dieses Gottesnamens „Pantokrator" (Allherrscher) im Neuen Testament gerade in der Offenbarung 9mal vor (1, 8; 4, 8;11, 17; 15, 3; 16, 7; 14; 19, 6; 15; 21, 22), also in dem Buche, in dem vom Volke Gottes die größte Not im Kampf mit der Weltmacht berichtet wird, dann aber auch der entscheidende Schlag gegen das antichristliche Heer und der strahlende Sieg der erlösten Gemeinde.↩︎
353 Vgl. Franz Delitzsch, Genesis 1860, S. 137.↩︎