verschiedene Autoren
Botschafter des Heils - Jahrgang 1853 - 1913
Botschafter des Heils - Jahrgang 1860
Jak 1-5 - Gedanken über den Jakobusbrief
Jak 5,1-6 - Gedanken über den JakobusbriefJak 5,1-6 - Gedanken über den Jakobusbrief
Wohlan nun, ihr Reichen, weint und heult über euer Elend, das über euch kommt! Euer Reichtum ist verfault, und eure Kleider sind von Motten zerfressen worden. Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird zum Zeugnis sein gegen euch und wird euer Fleisch fressen wie Feuer; ihr habt Schätze gesammelt in den letzten Tagen. Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der von euch vorenthalten worden ist, schreit, und das Geschrei der Schnitter ist zu den Ohren des Herrn Zebaoth gekommen. Ihr habt in Üppigkeit gelebt auf der Erde und geschwelgt; ihr habt eure Herzen gepflegt wie an einem Schlachttag. Ihr habt verurteilt, ihr habt getötet den Gerechten; er widersteht euch nicht ( Jak 5,1-6).
Während der Apostel in den ersten Versen dieses Kapitels den Reichen, welcher in seinem Wohlleben und in seinem Hochmut die Armen und Geringen unterdrückt und bedrängt, das bevorstehende schreckliche Gericht verkündigt, tröstet er in den folgenden Versen 7–11 die bedrängten und leidenden Gläubigen mit der nahen Ankunft des Herrn, als Richter, der sich, wenn Er kommt, ihrer Sache annehmen wird. Dies ist die Hoffnung des bedrängten und treuen Überrestes Israels in den letzten Tagen. Diese letzten Tage aber hatten schon zur Zeit der Apostel begonnen, denn schon der Apostel Johannes sagt: „Kinder, es ist die letzte Stunde“ (1Joh 2,18). Was charakterisiert nun den Reichen dieser Welt während dieser Zeit? Er hat in den letzten Tagen Schätze gesammelt, um den Begierden seines Fleisches zu frönen. Er hat den Lohn den Arbeitern seines Ackers vorenthalten, so dass „der Schrei der Schnitter in die Ohren des Herrn Zebaoth gedrungen“ ist. Er hat „auf Erden üppig gelebt und geschwelgt“, er hat „sein Herz gepflegt wie an einem Schlachttag“ und was wird sein Ende sein? Er hat für sein eigenes Fleisch gesät, und wird von dem Fleisch verderben ernten (vgl. Gal 6,8). Was für einen Wert haben nun die gesammelten Schätze am Tag des Gerichts? Sein Reichtum ist verfault, seine Kleider sind von Motten zerfressen worden (V. 2). Und nicht nur ist sein Gold und Silber verrostet (V. 3), nicht nur ist der Besitz desselben nichtig und vergänglich, sondern der Rost seines Goldes und Silbers wird gegen ihn zeugen. Ernste Worte. Der Rost legt Zeugnis ab von seinem Geiz (V. 3), von seiner Ungerechtigkeit (V. 4), von seiner Wollust und von seiner Gewalttätigkeit (V. 5). Das sind die Charakterzüge des Reichen dieser Welt, der den Gerechten verurteilt und getötet hat.
Eine traurige Wahrheit, die zwar im Allgemeinen ihre Anwendung findet, die aber in der Beurteilung und Kreuzigung des Herrn ihren wahren Ausdruck gefunden und ihre schreckliche Höhe erreicht hat (V. 6). Er, der Gerechte in unscheinbarer Knechtsgestalt umherwandelnd, fand Verachtung und Tod in der Mitte der Reichen dieser Welt. Und seine treuen Nachfolger finden eben so wenig Annahme und Anerkennung. Möchten aber auch wir, seinem Bild ähnlich, nicht widerstehen, sondern es stets als ein Vorrecht und als eine Gnade ansehen, Unrecht zu leiden.
Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn. Siehe, der Ackerbauer wartet auf die köstliche Frucht der Erde und hat Geduld ihretwegen, bis sie den Früh- und den Spätregen empfängt. Habt auch ihr Geduld, befestigt eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe gekommen. Seufzt nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür. Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben. Siehe, wir preisen die glückselig, die ausgeharrt haben. Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist ( Jak 5,7-11).
Wir haben also gesehen, was der Charakter des Reichen dieser Welt und was sein trauriges Ende ist. Wie aber sollen sich die von ihnen unterdrückten Gläubigen, diese Verachteten der Erde, verhalten? Der Apostel hat ein Wort des Trostes für sie. Er ermuntert sie in Vers 7 und 8 zum geduldigen Ausharren und lenkt ihre Blicke auf die nahe Ankunft des Herrn. Bis dahin sind schwere Versuchungen ihr Los. Wenn aber der Herr erscheint, dann sind sie von jeder Gewalttat und jeder Verfolgung von Seiten der Ungerechten für immer errettet und werden dann ohne Aufhören ernten.
Das Bild von dem auf die Ernte geduldig harrenden Ackermannes bezeichnet deutlich die Stellung der leidenden Gläubigen auf dieser Erde. In Israel empfing die Frucht zur Zeit der Aussaat den Frühregen und zur Zeit der Reife den Spätregen. Dieser Früh- und Spätregen hat als Bild jedenfalls seine besondere Bedeutung in den Wegen Israels.
Der Pfingsttag war für dieses Volk der Frühregen und die Ankunft des Herrn zum Gericht wird der Spätregen sein. Sie sind alsdann sowohl mit dem heiligen Geist, als auch mit Feuer getauft. Aber auch wir, als zur Versammlung, dem Leib Christi, gehörend, finden in diesen Worten eine ernste und liebliche Ermahnung zum vollkommenen Ausharren bis zur Ankunft des Herrn. Denn seine Ankunft wird auch für uns das Ende aller Versuchungen sein, indem sie uns in Seine glorreiche Herrlichkeit einführen wird. Für uns kommt Er als Bräutigam, um uns zu sich in den Himmel aufzunehmen, und für jene als Richter, um sie auf der Erde von ihren Unterdrückern zu befreien.
„Seufzt nicht gegen einander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet!“ (V. 9). Dieses Seufzen gegen einander war, wenn auch ein stilles, so doch ein gegenseitiges Verklagen und Richten. Ein solches Verhalten aber war gegen die Liebe und zog das Gericht nach sich. Es sollte der Gedanke, dass der Herr nahe ist, und „der Richter vor der Tür steht“, sie stets leiten, sowohl alles zu vermeiden, was sie unter sein Gericht bringen konnte, als auch im Unrechtleiden auszuhalten. Der Apostel weist sie deshalb auf das treue Ausharren anderer Gläubigen hin, die in ähnlichen Leiden waren. Zuerst stellt er „das Beispiel der Geduld und des Leidens der Propheten“ vor ihre Seele (V. 10). Die Ausharrenden werden seliggepriesen (V. 11), weil sie die Verheißung davontragen. Dies sehen wir in dem folgenden Vers, wo der Apostel an das Ausharren Hiobs und an das Ende des Herrn dabei erinnert (V. 11). Dies Ende des Herrn in seinen Wegen gegen den ausharrenden Hiob offenbart Ihn als einen Gott voll Erbarmen und Mitleiden. Er segnete den Hiob nachher mit größerem Segen, als er vorher hatte. Und also wird Er sich am Ende gegen alle offenbaren, die in der Versuchung hienieden völlig ausgeharrt haben (vgl. 2Tim 4,7.8).
Vor allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde, noch mit irgendeinem anderen Eid; es sei aber euer Ja ja, und euer Nein nein, damit ihr nicht unter Gericht fallt ( Jak 5,12).
In diesem Vers tritt der Apostel der Unsitte des Schwörens entgegen, die besonders bei den Juden zur Gewohnheit geworden war (vgl. Mt 5,35). Diese traurige Sitte findet da am meisten Eingang, wo am wenigsten die Wahrheit geredet wird. Es sind etliche der Meinung, dass der Apostel hier auch von dem Eid, den etwa die Obrigkeit zur Bezeugung irgendeiner Sache von uns fordert, rede, und wollen somit jeden Eidschwur verbieten. Dass dies aber nicht der Fall sein kann, geht schon daraus hervor, dass er hier verschiedene Formeln des Eides, die unter den Juden üblich waren, nennt, und dann haben ja die Männer Gottes zu aller Zeit Eid getan, ohne dass Gott jemals sein Missfallen darüber bezeugt hätte (vgl. 1Mo 14,22–24; 1Kön 17,12; Ps 132,2; 2Kor 1,23). Er selbst hat oft auf diese feierliche Art seine Zusage bekräftigt, und auch der Herr Jesus beantwortete den Eid des Hohenpriesters, als dieser Ihn bei dem lebendigen Gott beschwur (vgl. Mt 26,63.64). Der Apostel tadelt hier also nur die Unsitte des Schwörens untereinander, indem sie ihre gegenseitigen Aussprüche durch allerlei Eide, welchen sie sogar eine unterschiedene Wichtigkeit beilegten, leichtfertig beteuerten. Sie sollten vielmehr in allem wahr und aufrichtig sein, denn anders würden sie unter das Urteil des Gerichts kommen.
Leidet jemand unter euch Trübsal? Er bete. Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen. Ist jemand krank unter euch? Er rufe die Ältesten der Versammlung zu sich, und sie mögen über ihm beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen, und der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt nun einander die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet; das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel. Elia war ein Mensch von gleichen Empfindungen wie wir; und er betete ernstlich, dass es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Und wieder betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor ( Jak 5,13-18).
Wir sehen hier (V. 13), dass jeder Zustand und jede Lage, worin wir uns befinden, so wie auch alle unsere Gefühle stets ihren Ausdruck vor dem Herrn haben sollen. Vor Ihm sollen wir allezeit unsere Herzen ausschütten und unsere Gefühle kund werden lassen, sei es durch Gebet oder Lobgesang, denn Gott allein ist unsere Hilfe, und Ihm haben wir alles zu verdanken.
Die in Vers 14 erwähnten Ältesten, die der Kranke zu sich rufen lassen sollte, hatten nicht in der Weise ein Amt, wie der Apostel Paulus solche hin und her in der Versammlung einsetzte, sondern waren die ältesten Personen, die, an Erfahrung reich, eine gewisse Aufsicht hatten. Dies war überhaupt bei den Juden Brauch, und wir haben schon einige Male bemerkt, dass dieser Brief an solche gerichtet war, die noch mit dem Judentum in Verbindung standen. Auch das Salben mit Öl war eine jüdische Verordnung. Beachtenswert ist, dass nicht das Öl, sondern das Gebet des Glaubens den Kranken rettet oder heilt und die Vergebung seiner Sünden bewirkt, wenn diese die Quelle seiner Krankheit sind (V. 15). Zu diesem Ende fordert auch der Apostel (V. 16) zu einem gegenseitigen Sündenbekenntnis und zur Fürbitte auf, mit der Versicherung, dass das Gebet des Gerechten viel vermag, wozu das Gebet des Elias (V. 17) den Beweis liefert. Köstliche Verheißung! Jedoch dürfen wir nicht vergessen, dass nur der in Wahrheit fähig ist, für andere zu beten, dessen Herz in Gemeinschaft mit Gott wandelt.
Meine Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt, und es führt ihn jemand zurück, so wisse er, dass der, der einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, eine Seele vom Tod erretten und eine Menge von Sünden bedecken wird ( Jak 5,19.20).
Schließlich zeigt der Apostel in diesen beiden Versen, wie gesegnet das Verhalten eines Christen hier auf der Erde sein kann. Ein Leben in Hass, Neid und Bitterkeit dient nur zum eigenen Unsegen und zum Unsegen anderer, und gibt zu vielen Sünden Anlass. Aber ein Wandel in Liebe und Erbarmen wird mit vielem Segen gekrönt. Die Liebe allein bessert. Durch sie sind wir durch die Gnade Gottes fähig, den Sünder von dem Irrtum seines Weges zu bekehren. Und welch ein großer Gewinn ist es, eine „Seele vom Tode zu erretten und dadurch eine Menge Sünden zuzudecken!“ Dies Zudecken aber geschieht durch die wirksame Kraft des Blutes Christi, zu dessen Besprengung das Herz im Glauben gelangt.
Es freuen sich aber auch die Engel Gottes über einen Sünder, der Buße tut. Denn unermesslich ist der Wert einer jeden erretteten Seele, wenn wir sie nach ihrem kostbaren Kaufpreis, nach dem heiligen und teuren Blut Jesu Christi schätzen. Dies Bewusstsein möge der Heilige Geist im Verkehr mit anderen stets in unseren Herzen lebendig erhalten!