Hamilton Smith
Schriften von Hamilton Smith
Off 21-22 - Die Gemeinde im Tausendjährigen Reich
EinleitungEinleitung
Die Offenbarung schließt mit der Vision von der heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem. In der Schrift wird diese Stadt als Symbol der Kirche während des Tausendjährigen Reiches „die heilige Stadt, Jerusalem“ genannt (Off 21,10), im ewigen Zustand aber „die heilige Stadt, das neue Jerusalem“ (Off 21,2).
Um ihre Bedeutung zu erkennen, müssen wir uns zunächst von einem Gedanken freimachen, der uns auch gefühlsmäßig naheliegt, nämlich, dass die heilige Stadt eine wörtliche Beschreibung der ewigen Heimat der Gläubigen sei. In einem Buch, in dem alle anderen Gesichte symbolischen Charakter haben, ist es unwahrscheinlich, dass in dieser Vision Symbole plötzlich wörtlichen Beschreibungen Platz machen sollten. Von der Stadt wird ausdrücklich gesagt, dass sie „die Braut, das Weib des Lammes“, ist. Damit wird deutlich, dass die Stadt die Kirche (Versammlung) in Herrlichkeit symbolisch darstellt. Doch dürfen wir aus vielen Einzelheiten entnehmen, dass es sich dabei nicht nur um ein Symbol der Heiligen selbst, sondern vielmehr um eine symbolische Beschreibung sowohl der verherrlichten Kirche als auch ihrer ewigen Heimat handelt.
Obwohl alles, was diese Stadt kennzeichnet, ganz gewiss in Ewigkeit bleiben wird, handelt es sich hier doch um eine Vision der Kirche in Bezug auf die Erde in der Zeit des Tausendjährigen Reiches. Die Erwähnung der Nationen, der Könige der Erde und der Notwendigkeit von Heilung steht als Beweis dafür, dass die Stadt ein Bild der Kirche als der himmlischen Regierungszentrale der künftigen Welt ist.
Wir tun gut daran, uns vor dem Versuch einer Interpretation dieses Gesichts daran zu erinnern, dass die Apostel Paulus und Johannes die Wahrheit über die Kirche unterschiedlich darstellen. Paulus führt uns in seiner Belehrung immer in den Himmel, während Johannes himmlische Dinge auf die Erde bringt. Daher sieht Paulus in seinem Dienst die Kirche vor Gott im Himmel, und wenn er von der Braut spricht, so geht er nur bis zu ihrer Darstellung vor Christus in Herrlichkeit. Johannes führt uns einen Schritt weiter und berichtet uns nicht nur von der Hochzeit des Lammes, wenn die Kirche Christus vorgestellt werden wird, zu seiner tiefsten Befriedigung und Freude, sondern von der Herrlichkeit der Braut, wenn sie vor der Welt dargestellt wird zur Verherrlichung Christi. Nachdem Christus bei der Hochzeit des Lammes mit seiner Kirche völlig zufriedengestellt worden ist, wird Er in der Kirche vor der Welt verherrlicht werden. Nur was Christus zufriedenstellt, kann Ihn auch verherrlichen.
Die himmlische Stadt stellt also die Kirche nicht in ihrer engsten Beziehung zu Christus als seine Braut dar, sondern in ihrer Herrlichkeit, in der sie vor der Weit erscheint, als der Mittelpunkt der Segnung und der Regierung zur Verherrlichung Christi. Ferner können wir hinzufügen, dass, obwohl Johannes die Kirche als vom Himmel herniederkommend zeigt, er sie nicht auf die Erde kommen sieht. Sie erscheint in Bezug auf die Erde als ein Zeugnis für Gott, zur Verherrlichung Christi und zum Segen für die Nationen, die in ihrem Licht wandeln werden, aber es wird nicht gesagt, dass die Kirche während des Tausendjährigen Reiches auf der Erde sein wird.
Ferner können wir beim Lesen dieser Beschreibung der Kirche in Herrlichkeit nicht umhin, den krassen Gegensatz zu der Kirche während ihres Durchgangs durch diese Welt wahrzunehmen, wie er uns in den Kapiteln 2 und 3 vorgestellt wird. In den Sendschreiben an die sieben Versammlungen am Anfang der Offenbarung sehen wir den Verfall der Kirche unter der Verantwortung des Menschen. In der heiligen Stadt am Ende der Offenbarung finden wir die Herrlichkeit der Kirche nach den Ratschlüssen Gottes.
Es ist bezeichnend, dass der Verfall der Kirche in ihrer Verantwortlichkeit in Ephesus begann, wo das Wirken des Apostels Paulus höchste Höhen erreichte, indem er dort die erhabensten Wahrheiten des Christentums entfaltete. Dabei hatte der Apostel zwei große Ziele vor Augen:
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die Herzen der Heiligen mit Christus in der Herrlichkeit zu verbinden, denn er kann sagen: „Ich habe euch einem Manne verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2Kor 11,2);
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dass die Heiligen auf der Erde ein treues Zeugnis für Christus sein möchten, „tadellos und lauter“, „unbescholtene Kinder Gottes, inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr scheinet wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens“ (Phil 2,15.16).
Der Apostel bemühte sich also darum, dass die Heiligen von „Liebe“ und „Licht“ geprägt sein möchten, von Liebe zu Christus und von Licht vor der Weit. Die Worte Liebe und Licht kennzeichnen in der Tat seinen Brief an die Epheser. Es war sein Wunsch, dass wir in Liebe gewurzelt und gegründet sein und die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus erkennen möchten. Dann sagt er, dass wir Licht in dem Herrn sind, und ermahnt uns, als Kinder des Lichts zu wandeln.
Im ersten Sendschreiben an die sieben Versammlungen in Offenbarung 2 erfahren wir, wie völlig die Versammlung in Ephesus darin versagte, an der Liebe zu Christus festzuhalten und ein Licht vor der Welt zu sein. Der Herr muss Ephesus sagen: „Du hast deine erste Liebe verlassen“, und lässt die Versammlung wissen, dass Er ihren Leuchter wegrücken wird, wenn sie nicht Buße tut. Wenn die erste Liebe zu Christus verlorengegangen ist, dann wird auch das Licht vor der Welt aufhören. Hier finden wir also den Beginn des Ruins, in den die Kirche gefallen ist: Die bräutliche Zuneigung zu Christus ging verloren, und daraus folgte der Verlust des Lichtes vor der Welt.
Wenn wir diesen Verfall zugeben, sehen wir sogleich die Gnade, die uns das Gesicht von der Stadt gegeben hat, so dass wir ermutigt werden, über den Verfall der Kirche hinauszublicken und sie vor Christus dargestellt zu sehen in der Fülle der Liebe bei der Hochzeit des Lammes, und noch etwas später: die Kirche als heilige Stadt zu sehen, strahlend in dem Licht des Lammes, und die Nationen wandelnd in ihrem Licht. Dann endlich werden „Liebe“ und „Licht“ in Vollkommenheit in der Kirche verwirklicht werden, entfaltet in Herrlichkeit nach den Ratschlüssen Gottes.
Darüber hinaus sollten wir uns erinnern, dass diese Gesichte nicht nur zu unserer Ermunterung vor uns enthüllt werden, auch nicht nur, um unsere Gedanken mit Dingen zu beschäftigen, die höchst gesegnet sind, sondern auch damit das Licht dessen, was in Zukunft sein wird, auf unseren gegenwärtigen Weg fällt. In der Stadt sehen wir das tatsächlich vollkommen dargestellt, was Gott moralisch in der Kirche dargestellt sehen wollte, während sie durch diese Weit geht.