Behandelter Abschnitt Joh 3,1-2
Verse 1.2. Nikodemus kam mit dem gleichen Glauben zu Jesus wie jene, denen Er sich nicht anvertraute. Die Zeichen, die Jesus tat, waren für ihn ein Beweis, dass Er ein von Gott gesandter Lehrer war. Vielleicht gingen jene anderen noch weiter als Nikodemus; denn es wird von ihnen gesagt, dass sie an seinen Namen glaubten (Kap. 2,23-25). Nikodemus war überzeugt, dass das, was Christus lehrte, Gott zur Quelle haben musste. Deshalb war er bereit zu hören. Der Glaube jener anderen brachte keinerlei Bedürfnis in ihrer Seele hervor. Ja, eine Überzeugung kann sehr weit gehen, ohne irgendeine Wirkung in der Seele hervorzubringen - es kostet nichts. Dies ist weit verbreitet.
Doch bei Nikodemus war mehr vorhanden, und dies war ein Beweis des Wirkens Gottes. In ihm war ein Verlangen. Der Heilige Geist Gottes wirkt immer auf diese Weise, auch in einem Christen. Er erzeugt ein Empfinden, dass einem etwas fehlt, und das bringt eine Tätigkeit in der Seele hervor. So war es bei Nikodemus. Mehr noch, wenn der Geist Gottes in einer Seele wirkt, macht das Wort Gottes seine Autorität über die Seele geltend und weckt in ihr den Wunsch, jenes Wort zu hören. Es gibt so viel ungestilltes Verlangen in der Seele, so dass, wenn sie aufgeweckt wird, das Bedürfnis in ihr wach wird, auf Gott zu hören. Die Seele erkennt, dass sie es mit Ihm zu tun hat, und sie möchte wissen, was Er gesagt hat. Dieses Verlangen ist die Quelle und das Kennzeichen ihrer Tätigkeit. Es geht nicht um das Aufnehmen eines Lehrsystems oder gewisser Dogmen über eine göttliche Person. Es geht um das Herz, das nach dem hungert und dürstet, was Gott gesagt hat. Es kennt nichts anderes als das Verlangen nach Gottes Wort. Es ist gut für die Seele, wenn sie dem Wort Gottes, der Quelle der Wahrheit, vertraut (dies ist bereits Glaube), obwohl ihr die Wahrheit noch gar nicht wirklich mitgeteilt wurde. So hört sie vertrauensvoll zu.
ln diesem Zustand befanden sich sowohl Nikodemus als auch die samaritische Frau, wobei es in ihrem Fall mehr um ihr Gewissen ging. So war es auch bei den Zwölfen. Als einige andere Jünger den Herrn Jesus verliessen, wollten sie Ihn nicht verlassen, denn Er hatte Worte ewigen Lebens. Wenn Gott handelt, ist die Verbindung zwischen Gott, dem Gewissen und der Seele nicht unterbrochen. Ich spreche hier nicht von Gemeinschaft, sondern von einem sittlichen Werk im Herzen.
Beachten wir jedoch, dass Nikodemus, sobald dieses Bedürfnis in seinem Herzen entstanden war, instinktiv fühlte, dass die Welt und die religiöse Führerschaft - der schlimmste Teil der Welt - ihm entgegen sein würden. Er fürchtete sich. So kam er bei Nacht. Arme Menschheit! Wenn eine Seele sich mit Gott in Verbindung setzt, indem sie sein Wort anerkennt, wird die Welt dies nicht akzeptieren. Wir wissen dies. Doch der Glaube von Nikodemus ging nicht weiter, als dass er die Autorität des Wortes des Heilands als von Gott kommend anerkannte. Die Gnade hatte in seinem Herzen das Verlangen nach diesen Mitteilungen Gottes hervorgebracht.
Es ist etwas Grosses, wenn jemand ein wirkliches, wenn auch schwaches Verlangen hat. Hier, bei Nikodemus war kaum Gewissensnot und auch keine Selbsterkenntnis vorhanden. Er hielt an religiösen Hoffnungen, Lehrmeinungen und einer von Gott gegebenen Offenbarung fest. Er suchte bei Jesus Unterweisung, doch er teilte die allgemeine Überzeugung, die durch die Zeichen, die Jesus vollbrachte, entstanden war - eine Überzeugung, die durch Aufrichtigkeit und persönliche Bedürfnisse verstärkt wurde. Jesus war ein von Gott gesandter Lehrer.