Behandelter Abschnitt Joh 3,1-3
Die Souveränität Gottes (Joh 3,1-16)
Die überaus wichtigen Wahrheiten in Verbindung mit Gottes souveränem Werk in dem Menschen treten in der Geschichte von Nikodemus zutage, einem Menschen in seiner besten Form. Nikodemus war tiefreligiös, ausnehmend rechtschaffen und sehr klug. Er war ein Mann der Pharisäer, ein Anführer der Juden und ein Lehrer in Israel. Dennoch lernen wir, dass all diese menschlichen Vortrefflichkeiten dem Menschen nicht den Eintritt in das Königreich Gottes ermöglichen. Fleisch ist Fleisch. Auch wenn es sehr kultiviert und gebildet ist, wie es bei Nikodemus der Fall war, oder so tief gesunken war wie bei der Frau im vierten Kapitel: In beiden Fällen gibt es keine Wertschätzung des in Gnade offenbar gewordenen Gottes. Ohne die souveräne Gnade Gottes, die in uns wirkt, würde keiner zu Christus kommen.
Joh 3,1-3: Es war aber ein Mensch aus den Pharisäern, sein Name Nikodemus, ein Oberster der Juden. Dieser kam zu ihm bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem {o. von oben her} geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Nikodemus war, wie diejenigen, die am Ende des letzten Kapitels erwähnt werden, aufgrund der äußerlich sichtbaren Wunder zu einer richtigen Schlussfolgerung in Bezug auf Christus gekommen. Er sagt zu dem Herrn: „Wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“ Dies war so weit eine richtige Schlussfolgerung, die der menschliche Verstand ziehen kann; wenn es aber über dieses Ergebnis des menschlichen Verstandes hinaus nichts gibt, bleibt die Seele von Gott entfernt und empfindet nicht, dass sie Christus braucht.
Im Gegensatz zu denen, die nur aufgrund dessen, was sie sahen, glaubten, war jedoch bei Nikodemus ein Verlangen vorhanden. Dieser Gegensatz wird durch den einleitenden Vers von Johannes 3 deutlich: „Es war aber ein Mensch … sein Name war Nikodemus.“ Andere diskutierten und blieben fern. Auch Nikodemus hatte Argumente vorzubringen, aber er ging zu Jesus und bewies damit, dass hinter seinen Argumenten und ihm selbst verborgen, Gott in seinem Herzen wirkte, weshalb er ein Verlangen verspürte und zu Jesus hingezogen wurde.
In dem Moment, da die Seele ein Verlangen verspürt, wird einem bewusst, dass die fleischliche Religion, die Führungsposition und das Ansehen als Lehrer nicht genug sind. Wenn der Geist dieses Verlangen verspüren lässt, tritt gleichzeitig das Bewusstsein auf, dass nur Christus dieses Verlangen stillen kann, und so wird die Seele zu Christus gezogen.
Dann kam Nikodemus bei Nacht. Sobald ein Verlangen nach Christus auftritt, kommt das Bewusstsein, dass die Welt – und insbesondere die religiöse Welt – dagegen sein wird. Deshalb geschieht das erste Hingezogenwerden zu Christus oft im Verborgenen.
Nikodemus nennt den Herrn „Rabbi“ (Meister). Er berichtet dem Herrn, was er weiß, und gibt ihm den Platz des Lehrers, während er den Platz des Schülers einnimmt. Ohne sich selbst wirklich zu kennen, glaubt er, recht lernfähig zu sein, wenn er nur jemanden hätte, der ihn lehrte. Bei der Antwort des Herrn: „Es sei den, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“, verschwindet bei Nikodemus sogleich die bewundernde Anerkennung für den Herrn als Rabbi, sein durch menschlichen Verstand erworbenes Wissen und sein natürliches Lernvermögen. Dies entspringt alles der alten Natur und ist wertlos, wenn es darum geht, in den Dingen Gottes belehrt zu werden. Der menschliche Verstand und natürliche Fähigkeiten machen es zwar möglich, eine Menge Dinge in der Natur zu sehen, solange ein Mensch jedoch nicht „von neuem geboren“ wurde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Hier verbindet der Herr die Wiedergeburt mit dem Reich. Später wird Er von himmlischen Dingen, seinem Werk und dem ewigen Leben sprechen. Das Reich wurde zu dieser Zeit nicht in seiner materiellen und äußerlichen Form dargestellt, die die Natur erkennen könnte, sondern wurde in seinen moralischen Eigenschaften in Christus dargestellt. Der König war da, wurde aber abgelehnt. Die moralischen Eigenschaften des Reiches wurden in Ihm gesehen: „Gerechtigkeit, Friede und Freude“. Diese sind die Segnungen, die sein Königreich in der Zeit seiner Herrschaft tatsächlich charakterisieren werden und die jetzt diejenigen in der Kraft des Geistes kennen, die an Christus am Tage seiner Ablehnung geglaubt haben. Das Königtum in dieser moralischen Art in dem König zu sehen, war der Natur unmöglich. Aus diesem Grund muss es ein Wirken Gottes im Herzen geben, hier als die Neugeburt bezeichnet.