Vers 3. Doch der Herr hinderte Nikodemus abrupt daran, weiterzureden. Die Auferstehung und das Reich waren noch nicht gekommen, und um das, was davon offenbart worden war, aufnehmen zu können, musste durch göttliches Wirken eine neue Natur vorhanden sein. Man musste ein vollständig neues Leben besitzen. Das Reich kam nicht auf eine Art und Weise, die Aufmerksamkeit erregte. Doch der König war in der ganzen Vollkommenheit seiner Person gegenwärtig. Daher repräsentierte seine Person das Reich. Aber dieses Reich, das sich nicht in Macht offenbarte, und die Verwerfung des Königs auf Grund der Vollkommenheit seiner Person und des Werks, das Er als Verworfener vollbrachte, führte ein himmlisches Erbe ein. Darüber hinaus brachten sein Werk und seine Verwerfung all jene, die sich mit einem verworfenen Christus einsmachen würden, in eine himmlische Sphäre, wo Gott seine Herrlichkeit zeigte. Dies ist weit mehr als die Herrlichkeit des Messias, wenn sie sich damals hätte entfalten können. Hier zeigt sich schon die Morgenröte der Entfaltung der Ratschlüsse Gottes, die noch nicht offenbart waren.
Das Reich, die Neugeburt
- der Himmel, das ewige Leben
In der ersten Hälfte unseres Kapitels werden uns zwei Wahrheiten vorgestellt: Erstens das Reich und was nötig ist, um daran teilzuhaben: die Neugeburt. Dazu gehören in einem gewissen Mass auch die irdischen Dinge und was nötig ist, um sie mit Gott zu gemessen, aber auch das Reich, wie es sich zu jener Zeit präsentierte.
Zweitens der Himmel und das ewige Leben, das absolut erforderlich ist für unsere wahrhaftige, innige Beziehung mit Gott. Der Besitz des ewigen Lebens steht hier im Kontrast zum Gedanken des Verlorengehens. Hier geht es nicht um das Reich, sondern um das ewige Leben, wie es uns der Herr Jesus, der vom Himmel gekommen war, offenbart hat. Doch dieses setzt das Kreuz voraus. Es geht nicht um den Messias, sondern um den Sohn des Menschen und um die Liebe, die Gott für die Welt hatte. Es geht nicht um seine Absichten in Bezug auf das Reich und die damit verbundenen Verheissungen, sondern um Ratschlüsse, die weit gewaltiger und höher sind, deren Charakter himmlisch ist und in denen Gott offenbart, was Er ist. Jesus Christus, der als Messias verworfen wurde, stirbt und geht als Sohn des Menschen, der gelitten hat, in die Herrlichkeit ein.
Zweifellos ist die Neugeburt in jedem Fall nötig: persönlich, damit wir überhaupt das Reich sehen und geniessen können, dann aber auch, damit wir uns der himmlischen Dinge in der Gegenwart Gottes erfreuen können. Obwohl unser Abschnitt von der Neugeburt spricht, beschäftigt er sich doch nicht mit der himmlischen Herrlichkeit. Dazu muss zuerst das Kreuz eingeführt werden.
Trotzdem ist es gut zu beachten, dass dieser ganze Abschnitt in seinen beiden Teilen von der neuen Ordnung der Dinge, wo die Gnade handelt, ausgeht und sich nicht auf die Juden beschränkt. Es war etwas ganz Neues, das eingeführt werden sollte. Das Reich war nicht in Herrlichkeit aufgerichtet, sondern auf die Person des Königs gegründet, und es konnte nur durch die Annahme dieser Person empfangen werden. Eine neue Natur war erforderlich, um es zu sehen. Doch dieser Weg stand jedem offen, den die Gnade erreichen konnte. Das war etwas ganz Neues. Im ersten Teil werden also weder himmlische Dinge noch das ewige Leben erwähnt; während im zweiten Teil das Reich nicht mehr erwähnt wird.
Nikodemus war ein Kind des Reiches nach dem Fleisch. Als ein solcher wünschte er, unterwiesen zu werden. Doch der Herr antwortete ihm kurz und klar. Als Erstes sagte Er ihm, dass es nicht um Unterweisung ging, sondern dass er von neuem geboren werden musste. Wir werden uns noch mit den Einzelheiten befassen. Doch es ist wichtig, dass wir zuerst einmal verstehen, dass der Herr von zwei verschiedenen Arten des Segens spricht, d.h. einerseits von der himmlischen Herrlichkeit und anderseits vom Reich entsprechend der Verheissung - von beiden jedoch gemäss den Kennzeichen, die sie zu jener Zeit aufwiesen.
Man kann sagen, dass Er sie in Beziehung zu seiner Person in ihrem geistlichen Charakter vorstellt: auf der einen Seite der verachtete König und die himmlischen Dinge, die in seiner Person mit dem Kreuz zusammentrafen; auf der anderen Seite die Neugeburt und die lebensspendende Kraft, der Sohn des Menschen, die Liebe Gottes, und folglich das, was die ganze Welt und alle Menschen betraf und nicht nur bestimmte Zeitperioden und die Juden. Denn, obwohl Gott seinen Verheissungen treu bleibt, kann Er sich, wenn Er sich offenbart, nicht auf die Juden beschränken.
Zuerst also offenbarte sich das Reich auf eine Weise, die keine Aufmerksamkeit erregte; weder durch Macht, die über die Welt herrschte, noch durch seine äusserliche Herrlichkeit. Es war eine neue Natur nötig, um es wahrzunehmen. Der König war hier, und Er bewies, dass Er von Gott gesandt und der war, der kommen sollte, aber in Niedrigkeit. Für das natürliche Auge war Er der Sohn des Zimmermanns. Nikodemus argumentierte vernünftig, wenn er inVers 2 sagt: «Wir wissen, dass... niemand diese Zeichen tun kann, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.» Doch die Antwort Gottes war: «Wenn jemand nicht von neuem geboren wird» - und zwar ganz von neuem. Dieses Leben ist ein Neubeginn des Lebens, einer neuen Quelle, einer neuen Natur - ein Leben, das von Gott kommt.
Doch Nikodemus blieb noch in den Grenzen und Begrenzungen des Fleisches, des natürlichen Menschen. Es sind die Grenzen dessen, was der Mensch ist, die Grenzen seines Verstandes. Der Mensch kann nicht mehr sein als er ist; er kann nicht über seine Natur hinausgehen. Ungläubige, die sich damit brüsten, diese gewaltige Entdeckung gemacht zu haben, zeigen einerseits die Grenze der menschlichen Erkenntnis, indem sie nichts, was über den Menschen hinausgeht, wahrnehmen können. Anderseits beweisen sie, dass sie keine vernünftigen Schlüsse ziehen können, denn ihre Entdeckungen liefern keinen Beweis, dass ein machtvolleres Wesen nicht etwas völlig Neues einführen kann.