Behandelter Abschnitt Joh 8,1-11
Der historische Bericht, der uns über den Herrn im Johannes-Evangelium gegeben wird, wie Er sowohl die Juden als auch ihr Teil am Messias, das ihnen nach den Verheissungen zugestanden hätte, beiseite setzt, endet mit Kapitel 7. Im fünften Kapitel ist Er der lebendig machende Sohn Gottes, im sechsten Kapitel der Sohn des Menschen in seiner Menschwerdung und in seinem Tod, während Er seine Rückkehr in den Himmel im Auge hat. Im siebten Kapitel sehen wir, dass es Ihm nicht möglich ist, sich der Welt zu zeigen, dass Er jedoch als Verherrlichter den Gläubigen den Heiligen Geist gibt. - Dies konnte jedoch erst stattfinden, nachdem Er verherrlicht war. Er ist zwar verworfen, doch wie wir gesehen haben, ist seine Zeit noch nicht gekommen.
In den zwei Kapiteln, mit denen wir uns jetzt beschäftigen, finden wir in Kapitel 8, dass sein Wort verworfen wird, und in Kapitel 9, dass seine Werke verworfen werden. Dies sind die beiden grossen persönlichen Zeugnisse, die seine Herkunft bestätigten (vgl. Kap. 15,22-25). Im zehnten Kapitel erklärt Er, dass Er seine Schafe nichtsdestotrotz für sich haben wird, ungeachtet der Hartnäckigkeit der Führer des Volkes. Das elfte und zwölfte Kapitel zeigen uns auf sehr interessante Art und Weise das Zeugnis, das der Vater Ihm als Sohn Gottes, Sohn Davids, und Sohn des Menschen ausstellt, nachdem die Menschen Ihn verworfen haben. Dann, vom 13. Kapitel an, geht es um himmlische Dinge und die Gabe des Heiligen Geistes, des anderen Sachwalters, der Ihn hier auf der Erde vertreten wird.
Die Ehebrecherin vor dem Herrn Jesus
Verse 1-11. Zu Beginn von Kapitel 8 finden wir das Gesetz in den Händen von Menschen. Es wird gegen äussere Unmoral geltend gemacht, doch ohne Aufrichtigkeit, ohne Leben und ohne Gnade. Dieses Gesetz wird auf eindrückliche Weise in einen Gegensatz zum Wort Gottes gestellt, das die Herzen erforscht und das Schwert des Gesetzes gegen jeden wendet, indem es jedoch Raum für die Gnade lässt - nicht eine lebendig machende, vergebende Gnade, sondern eine Gnade, die zumindest dem Gesetz keine Kraft gibt, um zu verdammen. Dies war nicht der Auftrag des Erlösers.
Die ganze Welt stand unter dem Urteil des Gesetzes, wenn Gott es angewandt hätte. Der Sohn Gottes war nicht dafür gekommen, doch Er zeigte ihnen, dass sie alle ohne Ausnähme verdammt waren und dass auf der Grundlage des Gesetzes die ganze Menschheit dem Urteil des Gesetzes verfallen war oder zumindest all jene, die das Gesetz als ein Mittel zur Gerechtigkeit betrachten. Doch nun wird Platz gemacht, um das Licht des Lebens von Gott einzuführen.
Die Lage der Ehebrecherin war nur negativ. Es war eine völlig andere Situation als bei der Sünderin in Lukas 7, wo die erlösende Gnade in ihrer ganzen Fülle zum Zug kam. Alle waren schuldig, doch der Herr war gekommen, um das Gewissen von allen zu erreichen und nicht, um das Gesetz gegen den Schuldigen anzuwenden. Er verurteilte nicht - aber jeder Mund wurde zum Schweigen gebracht. Das Verhalten dieser Männer war erbärmlich. Sie waren genauso Sünder wie die Angeklagte. Doch gnadenlos und erbarmungslos wollten sie diese Frau zur Schau stellen, damit der Herr sie für schuldig erklärte. Wenn Er sie verurteilte, war dies keine Verbesserung gegenüber dem Gesetz, und Er war weder der Messias noch der Erlöser. Wenn Er sie jedoch nicht verurteilte, stellte Er sich in Widerspruch zum Gesetz Moses.
Die Schriftgelehrten und Pharisäer wussten nicht, mit wem sie es zu tun hatten. Die durchdringende Stimme Gottes musste nur ein Wort sagen, um das Gewissen zu erreichen: «Adam, wo bist du?» oder: «Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst einen Stein auf sie.» Diese Worte reichen, um das Gewissen blosszulegen, weil die Macht Gottes anwesend ist und sich der Mensch in der Gegenwart Dessen, der Licht ist, notwendigerweise durchschaut sieht. Doch der Wille ändert sich nicht, und der Mensch weicht dieser Gegenwart aus. Der eine versteckt sich unter die Bäume des Gartens, die anderen schleichen davon, jeder für sich, jeder ängstlich darauf bedacht, seinen Ruf zu wahren, eher mit Scham als mit einem aufrichtigen Gewissen, das zum Bekenntnis geführt hätte. Der Älteste geht zuerst, und jeder, bis zum Letzten, furchtet diese Gegenwart, die sie durchbohrt, und jeder schämt sich, sich in der Gegenwart der anderen zu finden. Dann, nachdem Er dem Gesetz seine volle Kraft über alle gegeben hat, erlaubt der Herr Jesus der armen Frau, ebenfalls wegzugehen, indem Er ihr gegenüber göttliche Barmherzigkeit übt.