Jacob Gerrit Fijnvandraat; Jacob Philippus Fijnvandraat
Schriften von Jacob Gerrit Fijnvandraat
1Kor 14,34 ; 1Kor 11 ; 1Tim 2 - Müssen Frauen in der Gemeinde schweigen?
B. Prüfung der ArgumenteB. Prüfung der Argumente
1. Timotheus 2,8-12
1Tim 2,8-12: Ich will nun, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben, ohne Zorn und zweifelnde Überlegungen. Ebenso auch, dass die Frauen sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern – was Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen – durch gute Werke. Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein …
(1a) Das Stillsein, worüber 1. Timotheus 2,11.12 spricht, bezieht sich auf „nicht lehren“ und auf „nicht über den Mann herrschen“. Es hat nichts zu tun mit Beten oder dem Vorschlagen von Liedern. Im Gegenteil, Vers 9 beinhaltet, dass Frauen in dezenter Aufmachung beten sollen. Das Wort „ebenso“ bezieht sich auf das Beten der Schwestern.
Kommentar
Der Gedanke, der schon mal geäußert wird, dass Paulus in diesem Kapitel für Männer und Frauen gesonderte Gebetsvorschriften gibt (die Männer sollen öffentlich beten, indem sie heilige Hände aufheben, die Frauen in passender Kleidung), ist sprachlich unhaltbar. Von dem Hauptverb „ich will“ in Vers 8 sind zwei parallele Konstruktionen abhängig, die in der Telos Übersetzung zu Recht als „dass-Sätze“ wiedergegeben werden. Der Abschnitt über die Kleidung der Frauen hat somit auch nichts mit Beten zu tun.
Da steht also nicht: „Ebenso (will ich), dass die Frauen beten in würdiger Kleidung“, sondern: „Ebenso (will ich), dass die Frauen sich schmücken in würdiger Kleidung.“ Aus diesem Abschnitt können wir also nicht folgern, dass Frauen in der Zusammenkunft der Gemeinde laut beten dürfen.
Aus der Tatsache, dass hier nicht über das Beten der Schwestern gesprochen wird, darf ebenso wenig das Umgekehrte abgeleitet werden, nämlich dass eine Schwester nirgendwo im Gebet vorangehen darf. Wir müssen vorsichtig mit dem Ziehen von Schlussfolgerungen sein allein aus der Tatsache heraus, dass über etwas nichts gesagt wird. [Wir müssen uns vor zwei Extremen in Acht nehmen. Das eine ist die Überlegung: Was nicht geboten ist, ist verboten, und demgegenüber die Auflassung: Was nicht ausdrücklich verboten ist, darf sein.] Aus Epheser 5,23 schließen wir doch auch nicht, dass Frauen ihren Mann nicht lieb zu haben brauchen, weil in diesem Vers nicht von der Liebe der Frau zu ihrem Mann gesprochen wird.
Von den Versen 11 und 12 an verbietet der Apostel einer Frau zu lehren (1Tim 2,11.12); sie soll sich „still“, wörtlich „in Ruhe“ [d.h. „nicht in Unordnung“, „nicht aktiv“, griech. en hésuchiai] belehren lassen. Hier wird ein anderer, weniger weitgehender Ausdruck benutzt als der für das absolute Schweigen in 1. Korinther 14, wo Frauen selbst keine Fragen stellen dürfen. In 1. Timotheus 2,11 - 3,16 scheint der Apostel eine kleinere, mehr unformelle Gesellschaft zu meinen, wo die Frau zwar nicht lehren darf, aber wo das Fragen nicht unbedingt verboten war.
Dass eine Frau in der Zusammenkunft der Gemeinde nicht laut beten soll, kann man aus der Tatsache ableiten, dass in 1. Korinther 11,4.5Beten und Weissagen auf eine Ebene gestellt werden, während in 1. Korinther 14,34 das Reden in Sprachen und das Weissagen in der Gemeinde verboten werden.
(1b) Alle Schwestern sind (genauso gut wie die Brüder) Glieder am Leib Christi und haben somit auch eine Gabe. Es gibt also auch Frauen, die die Gabe des Lehrers, Propheten usw. haben. Diese Gabe müssen sie selbstverständlich ausüben können.
Kommentar
Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass auch Frauen Gaben besitzen, weil sie Glieder am Leib Christi sind (siehe unsere Einleitung). Ob aber alle Gaben auch den Schwestern zugeteilt werden, ist jedoch die Frage. Wir denken zum Beispiel an die Gabe der Apostelschaft. Es darf doch bemerkt werden, dass Jesus Christus nur Männer in den Kreis der zwölf Apostel berufen hat. Aber das nur nebenbei; die Kernfrage ist, ob Schwestern ihre Gabe auch in der Zusammenkunft der Gemeinde ausüben dürfen oder ob 1. Korinther 14,34 das tatsächlich verbietet (s. weiter oben).
Aus 1. Timotheus 2,11.12 hat man andererseits abgeleitet, dass nirgendwo, wo ein Mann anwesend ist, eine Schwester etwas über geistliche Dinge sagen dürfe. Nach unserer Ansicht geht man auch damit weiter als die Schrift und kommt ebenfalls in Konflikt zum Beispiel mit Apostelgeschichte 18,24-26, wo berichtet wird, dass sich auch Priszilla an dem Gespräch mit Apollos beteiligte.
(1c) In 1. Timotheus 2,11.12 geht es nicht um das Verhältnis von Mann und Frau im Allgemeinen, sondern um das Eheverhältnis. Eine Frau darf nicht über den Mann herrschen. Das folgt nämlich aus der Tatsache, dass über Adam und Eva gesprochen wird, die eine eheliche Beziehung hatten.
Kommentar
In 1. Timotheus 2,8 und 9 wird über die Männer und über Frauen gesprochen. Von einer Ehe ist dort keine Rede. Es steht dort nicht, dass „ihre“ Frauen sich schmücken sollen usw.; selbst der Artikel für Frauen ist nicht vorhanden (siehe auch 1Tim 2,10). Es geht hier um „Männer“ und „Frauen“ als „Geschlechtsart“. In Vers 11 und 12 ist die Rede von „einer“ Frau und „einem“ Mann und nicht von „ihrem“ Mann (1Tim 2,11.12). Es besteht also ein deutlicher Unterschied zu Epheser 5,22-33. Dort wird das besitzanzeigende Fürwort [in Eph 5,22.24.33 als Wiedergabe des griechischen Artikels] gebraucht, und das noch verstärkt durch den Zusatz „eigenen“ [in Eph 5,22.28.33]. Dieser Zusatz ist für den Kontext eigentlich gar nicht erforderlich. Wenn 1. Timotheus 2 sich auf ein Eheverhältnis beziehen würde, dann wäre es zum richtigen Verständnis sehr wohl nötig, dass dort die Rede von „ihren“ Männern oder sogar „ihren eigenen“ Männern sein würde.
Mit dem zuvor Gesagten behaupten wir nicht, dass das, was für die Beziehung und das „Autoritätsverhältnis“ innerhalb der Ehe spezifisch ist, genauso für das allgemeine Verhalten eines Mannes zu einer Frau gilt. Aber das spezifische schließt das allgemeine, nicht so weit gehende Prinzip nicht aus: Sollte eine Frau über ihren eigenen Mann nicht, aber doch über einen anderen Mann herrschen dürfen?
Nach unserer Überzeugung geht es in 1. Timotheus 2 darum, dass eine Frau nicht als „Lehrmeisterin“ auftreten soll, wobei sie mit Autorität spricht und die anwesenden Männer „auf die Schülerbank verweist“. Die Verbindung zwischen „lehren“ und „herrschen“ dürfen wir bei der Auslegung dieser Vorschrift nicht aus dem Auge verlieren.
1. Korinther 11,2-16
1Kor 11,2-16: Ich lobe euch aber, dass ihr in allem meiner gedenkt und die Überlieferungen, wie ich sie euch überliefert habe, festhaltet. Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt der Frau aber der Mann, das Haupt des Christus aber Gott. Jeder Mann, der betet oder weissagt, indem er etwas auf dem Haupt hat, entehrt sein Haupt. Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre. Denn wenn eine Frau nicht bedeckt ist, so lasse sie sich auch das Haar abschneiden; wenn es aber für ein Frau schändlich ist, dass ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren werde, so lass sie sich bedecken. Denn der Mann freilich soll nicht das Haupt bedecken, da er Gottes Bild und Herrlichkeit ist; die Frau aber ist des Mannes Herrlichkeit. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann; denn der Mann wurde auch nicht um der Frau willen geschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen. Darum soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen. Dennoch ist weder die Frau ohne den Mann noch der Mann ohne die Frau im Herrn. Denn so wie die Frau vom Mann ist, so ist auch der Mann durch die Frau; alles aber von Gott. Urteilt bei euch selbst: Ist es anständig, dass eine Frau unbedeckt zu Gott betet? Lehrt euch nicht auch die Natur selbst, dass, wenn ein Mann langes Haar hat, es eine Unehre für ihn ist, wenn aber eine Frau langes Haar hat, es eine Ehre für sie ist, weil das Haar ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist? Wenn es aber jemand für gut hält, streitsüchtig zu sein, so haben wir solch eine Gewohnheit nicht noch die Versammlungen Gottes.
Auch in 1. Korinther 11,2-16 wird nicht speziell auf das Verhalten in der Ehe hingewiesen. Für die Engel ist es nicht nur wichtig, dass die Schöpfungsordnung innerhalb der Ehe sichtbar wird, sondern auch im Allgemeinen auf dem Gebiet der Gemeinde.
(2) 1. Korinther 11,2-9 spricht über das Auftreten der Frau in der Gemeinde. Dieser Abschnitt befindet sich zwischen den Vorschriften von 1. Korinther 10,14-21 (über das Brotbrechen) und in 1. Korinther 11,17 (über das Abendmahl) und handelt somit von dem Zusammensein als Gemeinde.
Kommentar
Dieses Argument ist wegen folgender Überlegungen falsch: a. In 1. Korinther 10 ist das Hauptthema der Götzendienst; siehe 1. Korinther 10,7.14. In diesem Zusammenhang weist der Apostel auf die moralische Unmöglichkeit hin, die Gemeinschaft mit dem Herrn mit der Gemeinschaft der Dämonen zu verbinden. Die Gemeinschaft mit dem Herrn ist in Seinem Tod begründet, wodurch wir ein Leib geworden sind (1Kor 10,16.17), wobei wir von der Gesellschaft der Götzendiener völlig verschieden sind. Paulus spricht weiterhin über die moralische Unmöglichkeit, sowohl am Tisch des Herrn als auch am Tisch der Dämonen teilzunehmen (1Kor 10,20-22). Seine Unterweisung in diesem Abschnitt behandelt nicht das allgemeine Verhalten in der Zusammenkunft der Gemeinde, sondern richtet sich rein persönlich an jedem Gläubigen mit der Warnung, dass man das Teilnehmen am Tisch des Herrn nicht mit dem Teilnehmen an einer Opfermahlzeit verbinden kann. b. Danach fährt Paulus mit seinem Thema, dem Götzendienst, fort. Die Korinther konnten damit unbeabsichtigt konfrontiert werden und mussten vom Essen des Fleisches absehen, wenn ein anderer Gläubiger es als Opferfleisch betrachtete und dies auch andeutete. Niemandem sollte man nämlich zum Anstoß sein, dem Juden nicht, dem Griechen nicht und auch der Gemeinde Gottes nicht (1Kor 10,28-32). Hier wird über die Gemeinde gesprochen, ohne dass die Rede ist von Zusammenkünften. Ein Gläubiger ist immer ein Glied der Gemeinde, auch wenn er einkaufen geht oder irgendwo etwas isst. Der Schluss von 1. Korinther 10 spricht also wohl über die (örtliche und weltweite) Gemeinde, aber nicht über das Zusammenkommen der (örtlichen) Gemeinde. c. Die Wortwahl in 1. Korinther 11,2-16 weist wohl auf die Anwesenheit von anderen hin, wenn man so will auch auf die Öffentlichkeit (wenn auch nicht im kleinen Kreis) beim Beten und Weissagen der Frau, aber nicht auf das Zusammenkommen der Gemeinde. Wir müssen bedenken, dass der Brief an die Korinther zwar an die Gemeinde gerichtet ist, aber dass sich nicht alles, was in dem Brief steht, auf das Zusammenkommen der Gemeinde bezieht. So spricht 1. Korinther 7 über Situationen in der Ehe, und somit stehen dort mehr Dinge, die die Glieder der Gemeinde in ihrem persönlichen Leben zu berücksichtigen haben, in ihrem Umgang miteinander im Allgemeinen. Wenn einige Glieder von dieser Gemeinde aus bestimmten Gründen beieinander sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie als versammelte Gemeinde(n) angesprochen werden. Darum kann man dem 16. Vers kein Argument entnehmen, um die Verse 2-16 auf das Zusammenkommen der Gemeinde anzuwenden. Dieser Vers beinhaltet nur, dass die Gläubigen der Gemeinden nicht die Gewohnheit haben, die apostolische Unterweisung zur Debatte zu stellen. Den Zusatz „in der Gemeinde“ finden wir in diesem Abschnitt dann auch nicht, wohl aber in 1. Korinther 14,35. d. Erst ab 1. Korinther 11,17 ist die Rede von „zusammenkommen“.
(3) Außerdem ist der Unterschied zwischen dem Zusammenkommen als Gemeinde und einem anderen Zusammensein in der Gemeinde theoretisch. Nun, 1. Korinther 11,2-9 gibt Schwestern die Freiheit, in der Gemeinde zu beten und zu weissagen.
Kommentar
Wie bereits gesagt, weist die Wortwahl in 1. Korinther 11,2-16wohl auf die Anwesenheit anderer, wenn man so will, auch auf die Öffentlichkeit (wenn auch nicht im kleinen Kreis) beim Beten und Weissagen der Frau hin, aber nicht auf das Zusammenkommen der Gemeinde. Es wird in 1. Korinther 11 zwar über „zusammenkommen“ gesprochen und dann ausschließlich vom Zusammenkommen „als Gemeinde“, aber das kommt erst in Vers 17 und den darauffolgenden Versen vor und keineswegs vorher.
Zur Vollständigkeit siehe diese Übersicht: „zusammenkommen“ (1Kor 11,17.33.34; siehe auch 1Kor 14,26); „als Gemeinde zusammenkommen“ (1Kor 11,18; „als Gemeinde“, d.h. „im gemeindlichen Zusammenhang“); [griech. en ekklesia, auch 1Kor 14,19.28.35] „an einem Ort zusammenkommen“ (1Kor 11,20; siehe auch 1Kor 14,23).
In 1. Korinther 11,17 könnten außerdem die Worte „Wenn ich aber dieses vorschreibe, so lobe ich nicht, dass …“ besser wiedergegeben werden mit: „Wenn ich aber dieses (nämlich das Folgende!) vorschreibe, so lobe ich nicht, (nämlich was betrifft) die Tatsache, dass ihr …“ Der Schluss von 1. Korinther 11,22 verweist jedoch auf Vers 17 und Vers 17 nicht auf das davor Gesagte. Vers 17 bezieht sich also auf das Folgende und nicht auf die Verse 1. Korinther 11,2-16.
1. Korinther 14,34
1Kor 14,34: Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zureden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.
(4) Das Wort „schweigen“ in 1. Korinther 14,34 ist nicht absolut gemeint. Dann dürften Schwestern auch nicht singen oder auf ein (Dank-)Gebet Amen sagen.
Kommentar
„Schweigen“ in 1. Korinther 14,34 bedeutet genau dasselbe wie „nicht reden“ in 1. Korinther 14,28 und 30, aber das sagt an sich noch nichts zu der Frage, „wo, in welcher Hinsicht oder für wie lange“ geschwiegen werden soll. Das muss nämlich aus der Zeitform des Verbs und dem Zusammenhang, in dem es vorkommt, festgestellt werden.
Wenn „schweigen“ die Bedeutung von „aufhören zu reden“ oder „verstummen“ hat, kann man das nicht der Bedeutung des griechischen Wortes [sigaoo] entnehmen, sondern ausschließlich der Interpretation der Zeitform [ein sogenannter Ingressiv interpretierter Aorist; siehe Lk 18,39; Apg 15,13]. Wenn man aus Fällen, in denen eine andere Zeitform [das Präsens] gebraucht wird, wie in 1. Korinther 14,28.30.34, folgert, dass der oder die „Schweigende“ zuerst geredet hat oder die freie Wahl dazu gehabt hat, geht dies aus dem Zusammenhang hervor. In 1. Korinther 14,28 und 30 weist der Zusammenhang deutlich darauf hin, aber in 1. Korinther 14,34 keineswegs. Da steht eine absolute Aussage, die ebenso absolut in Vers 35 wiederholt wird (1Kor 14,35).
In 1. Korinther 14,28 und 30 ist das Schweigen nicht absolut gemeint; derjenige, der in Sprachen redet (1Kor 14,28), hat nur zu schweigen, wenn kein Ausleger da ist. Auch der Prophet (1Kor 14,30) braucht nicht für immer zu schweigen, aber wohl in der konkreten, durch den Nebensatz beschriebenen Situation. Solch eine „Situation“ wird in 1. Korinther 14,34 und 35 eben nicht angegeben. Die Frauen sollen nicht schweigen, solange bestimmte Umstände andauern, sondern an einem bestimmten Ort, und zwar „in den Gemeinden“ (1Kor 14,34), „in der Gemeinde“ (1Kor 14,35). Sie haben nicht nur mit einer bestimmten Art des Redens aufzuhören, sondern haben ganz und gar nicht zu reden.
Der Einwand, dass, wenn das Schweigegebot für die Schwestern so absolut ist, sie auch nicht mitsingen oder auf ein Gebet Amen sagen dürfen, ist eigentlich gar keiner. Es geht hier nämlich nicht um das, was Männer und Frauen gemeinsam tun, gemeinsam äußern, sondern um die Aktivität, die Äußerung einer einzelnen Person.
Das „Schweigen“ in 1. Korinther 14,28 und 30 des Sprachenredners und des Propheten folgt dem vorhergehenden Reden, und in beiden Fällen betrifft es rein individuelle und selbständige Äußerungen. [Man achte dabei auf die Worte „der Reihe nach“, „nacheinander“ in 1Kor 14,27. Es sei auch bemerkt, dass in 1Kor 14,35 nicht die Mehrzahl „Frauen“ gebraucht wird wie in 1Kor 14,34, sondern die Einzahl „Frau“. Das zeigt, dass es sich hierbei um eine individuelle Äußerung handelt und nicht um eine gemeinsame.] Das kann man von Mitsingen und Amen-Sagen nicht behaupten: Beide Dinge finden gemeinsam und nicht auf eigene Initiative statt.
Aber da ist noch etwas: die Frage ist nämlich, ob „mitsingen“ und „Amen sagen“ unter den Begriff „sprechen“ fallen. Es ist ja deutlich, dass der Apostel mit „schweigen“ auf „nicht reden“ hindeutet (1Kor 14,34.35). Er bezieht es nicht auf „keine einzige Äußerung machen“. Das Schweigen und das Nicht-Reden bezieht sich unmissverständlich auf die Aktivitäten, die in den Versen 26-31 genannt werden. Ein Mann darf auf diese Weise sehr wohl in der Gemeinde etwas sagen, aber einer Frau ist das nicht gestattet.
Es bleibt natürlich die Frage offen, ob Lieder vorschlagen, Gebete sprechen oder einen Schriftabschnitt vorlesen auch als „sprechen“ aufgefasst werden muss. Aber das wird in Argument 4 (noch) nicht behandelt.
Manche weisen darauf hin, dass in der frühen Christenheit das Schweigegebot so absolut aufgefasst wurde, dass Schwestern tatsächlich nicht mitsingen durften und dass man erst später (eigentlich erst in der Reformationszeit) davon abgewichen ist. Das mag zwar so sein, aber welche Kraft hat solch ein Argument? In den ersten Jahrhunderten der Christenheit wurden allerlei verkehrte Auffassungen und Praktiken eingeführt, man denke nur an das Bischofsamt. Die Tatsache, dass die Bedeutung eines Textes in der Vergangenheit viel zu sehr eingeschränkt wurde, beinhaltet doch nicht automatisch, dass wir den Text auch heute noch genau so einschränken müssen?! Viel reeller ist die Gefahr, dass man durch einen Text, der in der Vergangenheit eingeschränkt wurde und worüber einem die Augen aufgegangen sind, in der anderen Richtung überzieht.
(5) Wenn Schwestern „mitsingen“ dürfen, dürfen sie auch weissagen, denn laut 1. Chronika 25,3 ist Singen auch eine Form von Weissagen. Dabei müssen wir bedenken, dass Weissagen kein Lehren ist.
Kommentar
Wenn Schwestern in der Zusammenkunft der Gemeinde ein Lied mit einer prophetischen Tendenz mitsingen, beinhaltet das noch lange nicht, dass sie selbständig als Prophetinnen auftreten. In 2. Mose 15,20 wird Mirjam ausdrücklich eine Prophetin genannt, aber das kann nicht von allen Frauen, die mitsangen, gesagt werden. Das von Mose und den Israeliten gesungene Lied, das übrigens einen großen Teil Prophetie enthält, wurde jedoch nicht von Mirjam angestimmt, sondern von Mose! Danach singen und tanzen die Frauen unter der musikalischen Leitung Mirjams. Aber das ist sicher kein „Vorangehen“, es ist auch keine Prophetie, es ist allein die Wiederholung des Lobpreises, den Mose und das Volk schon gesungen haben. Es ist also nicht die Rede von Vorangehen, sondern von Zustimmen, und zwar von derartiger Wichtigkeit, dass Gott es der Mühe wert geachtet hat, dies besonders zu erwähnen. Gott wird dadurch verherrlicht, sowohl durch den Lobgesang selber, als auch durch die Tatsache, dass dieser ihm in der rechten Art und Weise dargebracht wird.
Übrigens kann „Weissagen“ durchaus Lehren beinhalten, obwohl es dann eine Unterweisung ist, die sich an die Bedürfnisse der Anwesenden richtet; siehe 1. Korinther 14,3.4: „Wer aber weissagt, redet zu den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung. … Wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde.“ Auch der Dienst eines Lehrers richtet sich auf die Erbauung der Gemeinde (Eph 4,11.12), dann allerdings mehr von der Schrift ausgehend als von den Bedürfnissen der Hörer (oder Leser).
Was 1. Chronika 25,3 betrifft, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass den Herrn loben und preisen mit weissagen identisch ist. Beide Tätigkeiten verliefen zusammen, müssen aber unterschieden werden.
(6) Wenn wir das Wort „schweigen“ so absolut auffassen, müssen wir das auch mit dem Wort „alle“ in Vers 31 tun. Wenn wir dort eine Abstufung vornehmen, warum dann nicht auch bei dem Wort „schweigen“?
Kommentar
Nebenbei sei bemerkt, dass sich das Wort „alle“, wie aus dem
Zusammenhang hervorgeht, auf die Propheten bezieht und dass, um auf
sie hinzuweisen, hier ein männliches Wort benutzt wird, wie
auch, wenn es in der Einzahl vorkommt. [Siehe für „Prophet“
Obwohl das an sich noch kein hundertprozentig stichhaltiger Beweis ist [siehe 1Kor 14,24 für ein männliches Wort im allgemeinen Fall], dass Frauen davon ausgeschlossen sind, ist es doch bemerkenswert, dass in diesem Abschnitt keine einzige weibliche Personenbezeichnung gebraucht wird. Hier folgen einige unverkennbar männliche Worte, die gerade durch ihre Häufigkeit ein starker Hinweis darauf sind, dass sich in der Zusammenkunft der Gemeinde von 1. Korinther 14 nur männliche Personen laut beteiligten.
Um einer Diskussion über gemischte Gruppen zuvorzukommen, beschränken wir uns auf die Einzahl: „jeder“ (griech. hekastos, 1Kor 14,26), „einer“ (griech. heis, 1Kor 14,27), „Ausleger“ (griech. diermeneutes, 1Kor 14,28), „für sich“ (griech. heautooi, 1Kor 14,28), „einem anderen, der dasitzt“ (griech. allooi … kathemenooi, 1Kor 14,30), „der erste“ (griech. ho prootos, 1Kor 14,30).
Was das eigentliche Argument betrifft, muss bemerkt werden, dass die Worte „alle“ und „alles“ in der Schrift bestimmt nicht immer absolut verstanden werden müssen. Das bekannteste Beispiel ist wohl: „Alles ist mir erlaubt“ (1Kor 6,12; 10,23). Bei anderen Worten ist das nicht so ausdrücklich der Fall. Es ist dann auch nicht richtig, aufgrund von verschiedenen Reichweiten eines Wortes, das eine Menge bezeichnet („alle“) und dazu noch eine unbeschränkte Menge, verschiedene Bedeutungen eines Wortes zu befürworten, das eine Aktivität oder eine Handlung andeutet („schweigen“).
1. Korinther 14,30
1Kor 14,30: Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der erste.
(7) In 1. Korinther 14,30 ist das Wort „schweigen“ nicht absolut gemeint; es bezieht sich auf einen bestimmten Umstand, in dem die Frauen schweigen sollten.
Kommentar
Das ist absolut nicht der Fall, wie wir bei Argument 4 schon ausgeführt haben.
(8) In 1. Korinther 14,26 steht das Wort „Brüder“, nicht das Wort „Männer“ (gegenüber 1Kor 14,34 „Frauen“). Nun, das Wort „Brüder“ umfasst in der Regel auch das Wort „Frauen“.
Kommentar
Wenn im Neuen Testament die Mehrzahl „Brüder“ (griech. adelfoi) vorkommt, sind damit durchgängig sowohl die Brüder als auch die Schwestern gemeint. Allein in der Einzahl wird das Geschlecht unterschieden; so ist von „Schwester“ (griech. adeiß) die Rede in 1. Korinther 7,15; 9,5; Jakobus 2,15; 2. Johannes 13 und in 1. Korinther 7 und 11 von „Frau“ und „Mann“. Wenn diese Unterscheidung auch in der Mehrzahl von Bedeutung ist, dann wird, um Missverständnissen vorzubeugen, nicht „Brüder“ oder „Schwestern“, sondern „Männer“ bzw. „Frauen“ (1Kor 14,34; Eph 5,22.25; Kol 3,18.19) gebraucht. Offensichtlich hält der Apostel es in 1. Korinther 14,34 für nötig, den Geschlechtsunterschied, der auch in den vorangehenden Versen (schon ab Vers 26!; siehe auch bei Argument 6) betont wird, ausdrücklich zu unterstreichen.
1. Korinther 14,34.35
1Kor 14,34.35: Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen, denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden.
(9) Das in 1Kor 14,35 erwähnte „zu Hause fragen“ steht gegenüber dem Unterbrechen des Dienstes der Propheten durch Schwestern und dann im Besonderen dem Unterbrechen ihres eigenen Mannes. Es steht doch nicht umsonst da, dass sie ihren eigenen Mann fragen sollen. Paulus wusste doch sicher auch, dass es Schwestern gab, die keinen Mann hatten; warum sagt er dann nicht, was diese tun sollten?
Kommentar
Hinter diesem Argument verbirgt sich der Gedanke, dass es in 1. Korinther 14,29 darum geht, öffentlich zur Diskussion zu stellen, was die Propheten gesagt haben. Frauen sollten ihren eigenen Mann in diesem Punkt nicht unterbrechen dürfen.
Der Gedanke, dass Paulus hier den Frauen nur verbieten würde, an der öffentlichen Beurteilung der Propheten teilzunehmen, ist von der Hand zu weisen. Unsere Argumente sind die folgenden: a. Aus nichts geht hervor, dass das „Beurteilen“ in Vers 29 die Bedeutung von „öffentlich Besprechen“, „Diskutieren über“ hat. Das Wort weist darauf hin, dass bei den anderen eine „kritische Zuhörhaltung“ vorhanden sein soll. Sie sollten, um es volkstümlich zu sagen, nicht alles „ungekaut hinunterschlucken“, sondern das, was gesagt wurde, beurteilen (vgl. 1Thes 5,20.21). Auf jeden Fall wird nichts über den Ort und die Art und Weise gesagt, wie eine eventuelle Korrektur an den Sprecher herangetragen werden sollte (vgl. auch 1Kor 11,13). b. Nach Vers 29 spricht Paulus weiter über den Dienst der Propheten und nicht über die Beurteilung ihres Dienstes. Ihr Dienst wird angedeutet als „Weissagen“ (1Kor 14,31), und das ist die letzte „Rede-Aktivität“, die genannt wird, bevor er auf das Schweigen der Frauen in 1. Korinther 34,35 zu sprechen kommt.
Lasst uns einmal davon ausgehen, dass sich 1. Korinther 14,29 auf das öffentliche Beurteilen eines Prophetenwortes bezieht, was an sich selber schon völlig unbewiesen ist; dass sich 1. Korinther 14,34 und 35 auf dieses Beurteilen beziehen soll, was eigentlich eine inakzeptable These ist, denn diese Verse stehen viel zu weit von Vers 29 entfernt, um sich auf eine unzweideutige Weise darauf zurückzubeziehen; dass Paulus mit diesen Versen meinte, dass Frauen sich an der öffentlichen Beurteilung eines Prophetenwortes nicht beteiligen sollten; dass die Sprache ein Medium ist, um sinnvolle, verständliche Mitteilungen zu machen (etwas, das tatsächlich keine Unterstellung genannt werden kann); – dann würde Paulus seine Mitteilung in einer außergewöhnlich verdrehten und undeutlichen Weise gemacht haben, die Missverständnisse hervorruft. c. Hinzu kommt noch, dass es sich bei dem Ausdruck „etwas lernen wollen“ höchstens um eine Frage nach etwas, das ihnen nicht klar ist, handeln kann. Der Ausdruck „etwas lernen wollen“ (oder „erfahren“) weist auf informatives und nicht auf unterbrechendes oder beurteilendes Fragen hin. Nun, sogar das Fragen, um etwas zu lernen, wird der Frau in der Zusammenkunft nicht gestattet. d. Dieses Gebot betrifft nicht ausschließlich verheiratete Frauen. Da die meisten Frauen wohl verheiratet waren, geht der Apostel wie anderswo von dieser Situation aus. Und was das Nichterwähnen der unverheirateten Frauen betrifft: Man nehme einmal an, dass der Apostel Kindern das Reden in den Zusammenkünften verboten habe, sollten wir dann wirklich die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass Waisenkinder nicht unter dieses Gebot fallen würden? e. Um es noch einmal zu sagen: Es steht in 1. Korinther 14,34 nicht: „Eure Frauen sollen schweigen.“ Das würde dem oben genannten Gedanken noch einigermaßen Raum geben. Nein, da steht sehr allgemein „die“ Frauen. Wir sollten der Schrift nicht mehr entnehmen, als was sie sagt, aber auch nicht weniger. Es weist nichts in der Vorschrift von Vers 34 darauf hin, dass es sich um eine eheliche Beziehung handelt. Dasselbe gilt für Vers 35 („eine Frau“).
Sich mit allem Nachdruck auf das Wort „eigenen“ auf Stellen wie Epheser 5,22.24; Kolosser 3,18; Titus 2,4.5 und 1. Petrus 3,1.5 zu berufen, wendet sich gegen den, der dieses Argument bringt. Denn warum sollte gerade dort die starke Betonung auf das Verhältnis in der Ehe gelegt werden, was doch aus dem Kontext schon mehr oder weniger hervorgeht, und hier nicht, wo ein derartiges Verhältnis überhaupt nicht deutlich ist? Es wird im allgemeinen Sinn gesagt, dass es für eine Frau schändlich ist, in der Gemeinde zu reden. f. Häufig wird in Kommentaren zu diesem Abschnitt angeführt, dass bestimmte griechische Frauen gern mit den Männern öffentlich diskutieren wollten und dass Paulus einem derartigen Auftreten von Frauen in der Gemeinde zuvorkommen wollte. Man beruft sich dabei auf eine außerbiblische Gegebenheit, um eine Auslegung zu machen.
Manchmal bezieht sich Paulus in der Tat auf außerbiblische Gegebenheiten, um seine Unterweisung deutlich zu machen oder zu illustrieren. Er benutzt das Bild eines Soldaten, eines Sportlers, Ackerbauern usw. In solch einem Fall kann es bei der Auslegung eines Abschnitts, in dem diese Bilder benutzt werden, hilfreich sein, wenn man etwas mehr über diese außerbiblischen Gegebenheiten weiß. Bei einer Erklärung der einzelnen Teile der christlichen Waffenrüstung ist es zum Beispiel wichtig, zu ergründen, aus welchen Teilen die Rüstung bestand und welche Funktionen sie hatten. Aber in 1. Korinther 14 findet man keinen einzigen Verweis auf griechische Angewohnheiten. Es ist also reine Spekulation, bestimmte Gewohnheiten des griechischen Lebens hier die Auslegung bestimmen zu lassen.
(10) Wenn man das Schweigen so absolut nimmt, muss man aus 1Kor 14,35 auch ableiten, dass die Schwestern in der Gemeinde keine Unterweisung bekommen durften, sondern allein zu Hause.
Kommentar
Diese Schlussfolgerung ist nicht zwingend. 1. Korinther 14,35 geht von einem sehr bescheidenen Motiv einer Schwester aus, ihre Stimme in der Zusammenkunft zu erheben, nämlich dem Wunsch, etwas zu lernen. Darf sie in diesem Fall ihre Frage stellen? Nein, sagt der Apostel, das hat in der Privatatmosphäre zu geschehen. Aber wenn ein Prophet oder Lehrer in der Zusammenkunft eine Unterweisung gibt, genießen Schwestern davon genau so viel wie Brüder!
Es geht also nicht darum, dass die Frauen in der Gemeinde nichts lernen sollten, denn dann würden sie besser dem Zusammenkommen fernbleiben. Es geht darum, dass sie anlässlich des Gesagten nicht öffentlich Fragen stellen sollten, um verstehen zu lernen, was ihnen nicht deutlich ist.
(11) Wie kann man über das Vorschlagen von Liedern etwas Vernünftiges sagen? Man hatte doch noch kein Liederbuch?
Kommentar
Es gibt sicher etwas Vernünftiges darüber zu sagen. Wir wissen zwar nicht, ob aus einem Liederbuch gesungen wurde, aber wir wissen wohl, dass man über einen „Liedschatz“ verfügte, wie aus Epheser 5,19 und Kolosser 3,16 hervorgeht. Das Vorhandensein oder Nicht Vorhandensein eines Liederbuches hat jedoch für unsere Schlussfolgerung keine Bedeutung. Wenn es dort, wie man annimmt, so zuging wie in einer Synagoge, ändert das auch nichts daran, denn nur ein Mann begann dort spontan zu singen, aber niemals eine Frau. Und außerdem halten wir das Vorschlagen eines Liedes, ebenso wie Weissagen und Beten (s. 1Kor 14,17), für eine lenkende, auferbauende und leitende Aktivität, die sich mit dem Verbot, in der Gemeinde auch nur Fragen zu stellen, schlecht vereinbaren lässt.
(12) Die ganze Diskussion ist vollkommen sinnlos. Es wird nämlich behauptet, dass 1. Korinther 14,34.35 ein Abschnitt ist, der möglicherweise gar nicht im Urtext vorkommt und demnach nicht in der Bibel vorhanden ist. Warum reden wir dann noch darüber?
Kommentar
Hier kommen wir in den Bereich der Textkritik. Textkritik ist eine wissenschaftliche Disziplin, die auf die Frage, was der ursprüngliche Autor genau geschrieben hat, Antwort geben will. Die Resultate dieses Gebietes sind gerade für den Bibelleser außergewöhnlich wichtig, weil wir von keinem einzigen Schreiber die originale, von ihm selbst geschriebene Handschrift besitzen. Der ursprüngliche Text des nicht mehr bestehenden Originals muss daher durch sorgfältigen Vergleich aller verfügbaren Handschriften rekonstruiert werden. Manche Handschriften können direkte Kopien des Originals sein, aber die meisten sind Kopien von Kopien von … usw. Wie dem auch sei, alle Handschriften, die 1. Korinther 14 enthalten, enthalten auch die Verse 34 und 35! Nur bei einigen Handschriften stehen diese Verse an einer anderen Stelle, nämlich am Ende des Kapitels.Es gibt jedoch keine einzige Handschrift von 1. Korinther 14, in der die Verse 34 und 35 fehlen! Das ist ein höchst schwerwiegender Hinweis, dass diese Verse Teil des von Paulus geschriebenen Textes sind. Allerhöchstens kann man aus der gelegentlichen Verlagerung (nicht: Auslassung!) schließen, dass man sich in früheren Zeiten gefragt hat, ob sie in dem Kapitel vielleicht woanders besser hin passen würden. Die These, dass sie möglicherweise nicht Teil des inspirierten Wortes seien, lässt sich mit den meisten fundamentalen Regeln der Textkritik nicht vereinbaren und kann nicht ernst genommen werden.