Behandelter Abschnitt Joh 10,1-14
Ich bin der gute Hirte (Joh 10,1-14)
Von den verschiedenen Benennungen Christi ist keine so anziehend wie die: „der gute Hirte". Kunst und Poesie haben Ihn in den schönsten Farben und den lieblichsten Hymnen besungen. Das tat schon ein David (Ps 23). Viele müde und einsame Herzen wurden im Glauben ermuntert und getröstet, weil sie Jesus als ihren Hirten kannten, der um alles besorgt ist. Schon die Propheten sahen und rühmten den Herrn als Hirten (Jes 40,11; Hes 34; 37,24). Gott selbst nennt Ihn „Meinen Hirten" (Sach 13,7). Jesus selbst nahm diesen Titel an und besagt damit, wozu Er in die Welt gekommen ist (Lk 15,3-7; 19,10; Heb 13,20).
Die Bezeichnung „guter Hirte“ weist auf eine der Tätigkeiten Jesu hin. Er ist es noch in der Herrlichkeit (Off 7,17). Als der Erzhirte kommt Er wieder, um Seine Herde in die ewigen Hürden zu holen und um die treuen Hirten zu belohnen (1Pet 5,2-4).
Beachten wir die schöne Einleitung. „Wahrlich, wahrlich.“ Jesus denkt wohl an Kapitel 9 zurück, da jene Mietlinge den Blindgeborenen samt dem Hirten hinausstießen. Der gute Hirte aber nahm sich dieses hinausgestoßenen Schafes an und brachte es in Seine Hürde. Betrachten wir kurz einige Stichwörter.
Die Tür. So nennt sich der Herr in V. 1.7.9. Wer nicht durch sie eingeht, ist draußen. Der Blindgeborene ging ein und betete den Hirten an (9, 38). Die Schriftgelehrten blieben draußen. Jesus allein ist der Eingang (14, 6; Apg 4,12). Alle die droben eingehen wollen, müssen hier durch Jesus, die Tür, eingehen. Nichteingehende nennt Jesus Diebe und Mörder. Sie selbst gehen nicht hinein und hindern die, die hinein möchten (Mt 23,13; Hes 34,1-6). Für alle ist Er gekommen (Tit 2,11).
Der Schafstall die Hürde. Sie wird als nächstes genannt (V. 1). In Jesu Tagen war Israel die Hürde, und die Schriftgelehrten meinten die Hirten zu sein, aber sie waren nur Mietlinge. Jetzt ist die Gemeinde der Schafstall. In ihm sind alle, die der Hirte suchte, fand und heimgebracht hat. Sie scharen sich um den Hirten (Mt 18,20; Apg 2,42-47). Ferner nennt Jesus:
Diebe und Mörder (V. 1.10). Solche wie in
Der gute Hirte. Welch liebliche Benennung trägt hier unser Herr. Und wie glücklich sind alle diejenigen, die mit David von Herzen sagen dürfen: „Der Herr ist mein Hirte." In Ihm haben die Schafe Christi alles, was sie benötigen, Fürsorge, Leitung, Sicherheit, Freundschaft. Der Hirte übernimmt alle Verantwortung, und so sind sie ganz unbekümmert. Der beste Beweis Seiner Hirtentreue liegt für sie darin, daß der Hirte bereit ist, das Leben für die Schafe zu lassen.
Hirten sind uns von Anfang der Schrift an bekannt. Der treue Abel war ein Hirte. Die Erzväter waren es, und Jakob sagt am Ende seines Lebens: „Der Gott, der mich geweidet hat“ (1. Mose 48,15). Josephs Brüder sagten zu Pharao: „Deine Knechte sind Hirten“ (1. Mose 46,34). Mit Vorliebe aber denken wir an David, den Hirtenkönig, der bereit war, für die Schafe zu sterben (2Sam 24,17). Rahel wird eine Hirtin genannt (1. Mose 29,9). Im Laufe der Jahrzehnte lernte ich manche treue Hirtin kennen.
Der Hirte ist vom Vater gesandt. Jesus beruft sich oft darauf. Gott selbst nennt „Meinen Hirten“ (Sach 13,7). Die Schafe sind Ihm vom Vater gegeben (17, 2.4.6). Auf der ganzen Linie steht Er vor uns im krassen Gegensatz zu den Mietlingen.
Der gute Hirte sucht und ruft die Schafe. Von Natur gingen sie alle in der Irre (Jes 53,6; 1Pet 2,25), aber der gute Hirte suchte sie, bis Er sie fand (Lk 15,4-7; Hes 34,12; Lk 19,10). Das Johannesevangelium gibt einige Beispiele Seines Suchens und Findens. In Kap. 1 fand der Hirte die ersten fünf Jünger, Andreas, Johannes, Petrus, Philippus und Nathanael. In Kap. 3 ist es Nikodemus, In Kap. 4 die Samariterin. In Kap. 5 der Mann, der 38 Jahre am Teich Siloah gelegen hatte. In Kap. 6, 9 sucht Er die Jünger in Not und rettet sie. In Kap. 8, 10.11 begnadigt Er die Ehebrecherin, und in Kap. 9 heilt Er den Blinden.
Der Hirte führt die Schafe aus und ein (Jes 63,11). Er führte einen Abraham aus Ur heraus, das Volk Israel aus der Knechtschaft Ägyptens. Als letztes führte Er die Jünger hinaus, um sie zu segnen (Lk 24,50). Er führt heraus aus Welt und Sünde.
Der Hirte führt die Schafe morgens aus und abends ein. Das ist ein Bild der Gemeinschaft mit dem Hirten. Sie gehen ein durch das Blut des guten Hirten (Heb 10; 19; Eph 2,13).
Die Schafe haben Freiheit ein- und auszugehen. Die zur Gemeinschaft zu Ihm eingehen, Seine Liebe genießen, gehen aus, um die Tugenden des Hirten zu verkündigen (l. Petr. 2, 9; Apg 1,8). Wie der Hirte gehen sie aus, um Verlorene zu suchen. Das ist des Hirten Befehl.
Der gute Hirte (Joh 10,1-14)
Laßt uns fortfahren in dem schönen Bild des guten Hirten. Er ist
nicht ein Hirte, sondern der eine gute Hirte, ja weit
mehr. Er ist der große Hirte und der Erzhirte (Heb 13,20;
Sie finden Weide (V. 9; 1Chr 4,39.40;
Sie sind geborgen im Hirten. Er kennt jedes einzelne
Seiner Safe mit Namen. Er kennt alle ihre Bedürfnisse (Phil 4,19; z.
Tim. 2, 19). Er weiß wo das einzelne wohnt (Apg 9,11; 10,5.6). Er
kennt auch ihre Umstände (Off 2,13). Schafe werden oft
gekennzeichnet, und wir tragen das Siegel Seines Geistes (Eph 1,13).
Ihre Namen sind sogar im Himmel angeschrieben (Lk 10,20). Groß wird
die Überraschung sein, wenn sie ihren neuen Namen erfahren werden (Off 2,17). Er ruft die Seinen mit Namen (Jes 43,1). Er weiß auch, wo
Schafe einsam sind wie Jakob, und besucht sie (1. Mose 28). Er sieht die
in Gefängnissen und rettet sie (Apg 12). Auch weiß Er, ob etwa eins
unter die Mörder gefallen ist (Lk 10,32-35). Hier sagen wir staunend
mit David: „Solche Kenntnis ist mir zu wunderbar“ (Ps 139,6). Sie
wissen, daß der Hirte für sie gekommen ist (1Joh 5,20;
Das Wissen der Schafe. Sie kennen ihren Hirten (V. 16). Sie lassen sich nicht durch die Hirtentracht irreführen, weil sie des Hirten Stimme kennen. Einem Fremden folgen sie nicht. Dieser Stimme Liebesruf galt erst Israel (Mt 15,24), aber Israel stieß Ihn hinaus (Lk 4,28.29; 19,14). So wandte sich der Hirte an einzelne irrende Schafe, wie z. B. zu dem Blindgeborenen, der Ihn als den guten Hirten erkannte und Ihm folgte. Seine Schafe sind vertraut mit Ihm, mit Seiner Stimme, wie eine Maria Magdalena oder die Jünger am See (20, 16; 21, 7). Sie haben nur einen Wunsch, Ihn besser kennenzulernen (Phil 3,10; Joh 17,3).
Das große Opfer des Hirten. Der Hirte läßt Sein Leben für die Schafe. Mehr konnte Er ihnen nicht geben (11.12.15.17.18; 1Joh 3,16). Dadurch unterscheidet Er sich von allen andern. Niemand hat größere Liebe, als daß er sein Leben läßt für seine Freunde (15, 13). Aber Er hat uns geliebt, da wir noch Feinde waren (Röm 5,10). Dazu hat Er sich schon vor Grundlegung der Welt bereit erklärt (Off 13,8). Jesus bekennt, daß der Vater Ihn allezeit liebe, aber besonders darum, weil Er des Vaters Wunsch erfüllte, Sein Leben für die Schafe zu geben. Nichts erfreute den Vater mehr als das stellvertretende Opfer Christi für die verlorenen Schafe. Er hat sie sich teuer erworben (Apg 20,28). Das bezeugte der Vater sowohl bei Christi Taufe als auch bei Seiner Verklärung. Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich all mein Wohlgefallen gefunden habe (Mt 3,17; 17,5). Jesus starb für das Heil aller (1, 29; 1Joh 2,2).
Der vorbildliche Hirte. Er geht den Schafen voran
(Ps 78,52). In unsern Ländern gehen die Hirten hinter den Schafen her,
treiben sie. Anders ist es im Orient, dort geht der Hirte vor den
Schafen her. Unser Hirte ist den Schafen ein Vorbild. Sie alle blicken
auf Ihn. Das erwartet auch der gute Hirte von allen, die angeben, die
Herde Christi zu weiden, sie sollen ihnen ein Vorbild sein (
Der gute Hirte führt die Schafe auf rechter Straße. Er umgibt sie mit Hirtensorgfalt, Güte und Treue. Das tut Er in ganzer Hingabe bis auf Sein Leben, Sein Blut. Alle, die Christi Herde weiden, sollten oft 1Pet 5,2-4 lesen.
Der Hirte bewahrt die Schafe. Er geht nicht nur vor ihnen her und weidet sie, sondern hält sie in Seinen starken, liebevollen, durchgrabenen Händen. Alle Heiligen sind in Seinen Händen (5. Mose 33,3). In Seinen Händen will sagen, umgeben von Seiner Allmacht, unter Seinem Schirm und Schutz. Kein Feind vermag sie aus Seinen Händen zu reißen. Der Vater hat sie in die Hände des guten Hirten gelegt. Die Schafe haben noch mehr, das Leben des guten Hirten, das ihnen für immer. sicher ist. Die Schafe sind aber nicht nur in der Hand des guten Hirten, sondern Er trägt sie auf seinem Busen (Jes 40,11). Sie sind, wie der Dichter es so schön sagt „Sicher in Jesu Armen, sicher an Seiner Brust, ruhend in Seiner Liebe, da find ich Himmelslust.“
Ihre Sicherheit erhöht sich, indem sie sich in des Vaters Hand befinden. Niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen (29).
Die Schafe haben die große Verheißung, daß sie nimmermehr umkommen (V. 28). Schließlich führt sie der Hirte in die oberen Hürden (V. 16).