Behandelter Abschnitt Joh 19,1-7
Verse 1-7. Das Urteil über den Erlöser war in Wirklichkeit schon längst ausgesprochen worden. Er war den Grausamkeiten der römischen Soldaten ausgeliefert worden. Die Einzelheiten dieses Teils der Geschichte finden wir in Matthäus 27,24-31. Die Juden hatten, dem furchtsamen Widerstand von Pilatus zum Trotz, den Räuber Barabbas gewählt und den Sohn Gottes verworfen. Pilatus hatte, indem er ihrer dringenden Bitte nachgab, in beispielloser Manier seine Stellung als Richter aufgegeben, um eine rasende Volksmenge zufriedenzustellen.
Doch er fühlte sich nicht wohl dabei. Die Majestät, mit der Jesus auftrat, machte den Angeklagten dem Richter überlegen. Da war etwas Übermenschliches in Christus, das Pilatus ängstigte. Zudem wissen wir, dass er Warnungen empfangen hatte, die Gott ihm auf eine für einen Eieiden verständliche Weise übermittelt hatte (Mt 27,19). Doch die Beziehungen der Juden, nicht zu Christus - Matthäus schildert diese in deutlicherer und erschreckenderer Weise -, sondern zu den Heiden, und auch die Beziehungen der Heiden zu Gott, mussten offen zutage treten. Pilatus brachte Jesus zurück. Nun steht Er vor uns: von den Juden gehasst und verworfen, und von Pilatus allein durch die uns allen bekannten Worte: «Siehe, der Mensch», verurteilt. Gott stellt Ihn uns auf diese Weise vor. Da stand der Sohn Gottes, so wie Er in dieser Welt war. Die Welt kannte Ihn nicht, obwohl sie Ihn gesehen hatte, und die Seinen nahmen Ihn nicht an. Er war der von den Menschen Verachtete und Verworfene.
Pilatus fühlt sich unbehaglich. Er wird von einer Mischung aus Furcht und schlechtem Gewissen geplagt. Gleichzeitig ist er fieberhaft dafür besorgt, seine Autorität aufrechtzuerhalten und den Juden die Schuld für die Verurteilung von Jesus in die Schuhe zu schieben. So stellt er Jesus nochmals vor die Juden hin und erklärt ihnen, dass er keine Schuld an Ihm finde. Dies versetzt die Juden in helle Aufregung, und sie verlangen mit lauter Stimme seine Kreuzigung. Pilatus wünscht, dass sie dies selbst ausfuhren, da er keine Schuld an Ihm findet. Doch die Juden, denen die Römer ihre eigenen Gesetze gelassen hatten (ausser dem Recht, die Todesstrafe zu verhängen und auszuführen), bestehen darauf, dass Jesus den Tod verdient hat, weil Er sich selbst zum Sohn Gottes gemacht habe. Dies steigert das Unbehagen von Pilatus noch.