Behandelter Abschnitt Joh 19,8-16
Gottes Ratschluss wird erfüllt - doch der Richter bleibt verantwortlich
Verse 8-16. Er geht erneut in den Gerichtshof und fragt Jesus, woher Er sei. Wo bleibt da der Richter? Jesus gibt ihm keine Antwort, denn Pilatus hat öffentlich anerkannt, dass der Angeklagte nicht schuldig ist. Es ging nicht darum, Pilatus zu belehren. Dieser suchte keine Unterweisung, im Gegenteil, angesichts des Schweigens von Jesus beruft er sich auf seine Autorität und seine Gewalt über Ihn. Jesus erklärt Pilatus, dass er keine Gewalt über Ihn hätte, wenn sie ihm nicht von oben gegeben wäre - denn die Kreuzigung des Erlösers war in den Ratschlüssen Gottes, und Jesus gab sich nun selbst hin, um diese zu erfüllen. Doch dies vergrösserte die Sünde von Judas noch, der ein Zeuge der göttlichen Macht von Christus gewesen war und Ihn trotzdem überliefert hatte, als ob da gar nichts gewesen wäre.
Von diesem Moment an versucht Pilatus, Ihn loszugeben. Aber um einen Aufruhr unter den Juden zu vermeiden, die ihm vorwerfen, dem Kaiser untreu zu sein, da Jesus sich selbst zum König ernannt habe, hält er seinen Widerstand nicht länger aufrecht. Gereizt verspottet er die von ihm verachteten Juden. Er interessiert sich weder für die Wahrheit noch für Jesus. «Euren König soll ich kreuzigen?», fragt er und verbirgt so sein Unbehagen, seinen Ärger, seine Schwachheit und seine Gewissenlosigkeit. Dies ist die Gelegenheit für den öffentlichen Abfall der Juden, die verkünden: «Wir haben keinen König, als nur den Kaiser.»
Die Ratschlüsse Gottes werden erfüllt. Die Hände von Pilatus sind mit dem Blut des Sohnes Gottes befleckt. Die Nationen, als Inhaber der richterlichen Gewalt, sind schuld an seinem Tod. Die Juden geben alle Vorrechte auf, die sie von Gott empfangen hatten. Nur Jesus, dessen Unschuld gerichtlich anerkannt ist, nimmt den Platz der Wahrheit und Treue ein und gibt sich selbst hin (Er hätte sehr wohl entweichen können, wie im Garten oder auch zu jedem anderen Zeitpunkt), um die Ratschlüsse der Gnade zu erfüllen. Die Heiden sind hoffnungslos blossgestellt, die Juden auf der Grundlage ihrer eigenen Verantwortlichkeit für immer verloren; und das nicht nur in Bezug auf das Gesetz. Sie haben auch jedes Recht auf den Genuss der Verheissungen aufgegeben.
Wenn Gott seine Verheissungen in der Zukunft zu seiner eigenen Verherrlichung erfüllen wird, werden sie gezwungen sein, den Genuss dieser Verheissungen wie arme, verlorene Sünder aus den Nationen anzunehmen. Jesus, der einzig und allein aufgrund des Zeugnisses, das Er für die Wahrheit abgelegt hat, verurteilt wurde - wie dies auch vor dem Hohenpriester der Fall war -, steht einzigartig in seiner Würde und seiner Rechtschaffenheit da. Er steht inmitten einer Welt, die sich selbst zugrunde richtete, indem sie sich Ihm und der durch Ihn von Gott gekommenen Gnade und Wahrheit entgegenstellte.
Hier anerkennt Jesus weder die Autorität der Juden - sie waren Feinde - noch jene des heidnischen Führers, ausser zur Erfüllung der Ratschlüsse Gottes. Zuvor hatte Er Pilatus seine Stellung erklärt, ihm aber gleichzeitig die Gewalt abgesprochen, ausser zur Erfüllung der Ratschlüsse Gottes.
Um die Verurteilung des Herrn Jesus durch die Juden zu betrachten, müssen wir zu den anderen Evangelisten gehen. In Matthäus 26,63-66 sehen wir z.B., dass Er für sein Zeugnis, der Sohn Gottes zu sein, verurteilt wurde. In Matthäus 27,25 finden wir, dass sie die schreckliche Verantwortung seines Blutes auf sich genommen haben.
Hier im Johannes-Evangelium finden wir nur, dass Jesus seine Feinde nicht anerkennt. Juden und Heiden verschwinden in der Dunkelheit des Hasses und einer Tat der Ungerechtigkeit, die einer Willensschwäche und Gewissenlosigkeit entspringt. Jesus, der von der Wahrheit gezeugt hat, steht allein da und akzeptiert die Folgen vonseiten Gottes, um das unaussprechliche Werk der göttlichen Liebe für die einen und die anderen zu erfüllen. Oh, dass wir doch besser wüssten, wie wir über diese Dinge nachsinnen und sie erkennen können!