Der neue Mensch - in Christo
Wie schon erwähnt, hat der Römerbrief seine besondere Bedeutung im heiligen Buche des neuen Testamentes, indem er von dem Glauben und der freien Gnade Gottes zeugt, dieser neuen Welt, die in Christo Jesu herniedergebracht und durch den Geist Gottes den Jüngern zu eigen gegeben worden ist. Diese neue Welt ist nirgends klarer und ausführlicher gezeigt als im Römerbriefe. Es ist daher immer gut, auf den selben zurück zu kommen und Kapitel 8 steht ja im Mittelpunkt der ganzen Epistel.
Das siebente Kapitel ist so zu sagen ein Zwischensatz, eine Parenthese, eine eingehende Einführung über die Stellung des Menschen unter dem Gesetze und die Wirkung des Gesetzes, das an sich geistlich ist, es aber mit einem unter die Sünde verkauften Menschen zu tun hat, wo dann durch das Gesetz das Fleisch noch vom Widerstand gereizt wird, so dass durch das an sich geistliche Gesetz die Sünde in dem fleischgebundenen Menschen erst recht lebendig wird. Das Gesetz fordert, kann aber nichts Neues schaffen. Die Gnade nimmt es mit dem Gesetz auf, schafft aber auch, was das Gesetz vergeblich gefordert hatte. Die Gnade bringt uns in die neue Welt hinein. Das neue Leben verpflanzt uns in Christo und dann hört die Verdammnis auf.
In Vers 1 schreibt der Apostel: „So ist nun keine Verdammnis für die, die in Christo Jesu sind.“ Luther übersetzt: „Nichts Verdammliches.“ Mir scheint letzteres nicht ganz richtig. Allerdings, solange und soweit wir im Geiste wandeln, ist nichts Verdammliches da; aber wir können Christus angehören, im Grunde in Ihm sein und doch in einem gewissen Augenblick mit Gedanken, Sinnen, Worten und Werken etwas tun, was Gott missfällt und was Er verdammt, wofür wir erst wieder Vergebung haben müssen, um wieder in die richtige Stellung in Christo Jesu zu kommen und darin zu bleiben. Dazu braucht es aber Übung, Erfahrung und Treue.
Ehe der Apostel vom siebten auf das achte Kapitel übergeht, fasst er den Zustand des vom Geiste Gottes geweckten Menschen, der Gott gehorchen will, aber unter die Macht der Sünde gebunden ist, und des Menschen unter dem Gesetz mit den Worten zusammen: „So diene nun ich, ein und derselbe Mensch, mit dem Geiste dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleische dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Wie gesagt, es ist eine Zusammenfassung des Menschen unter dem Gesetz.
Leider hat man das auf das Kind Gottes angewandt und daraus den Schluss gezogen, dass wir als Kinder Gottes noch gebunden sind unter dem Fleische, so dass wir mit dem Gemüt Gott dienen, aber mit dem Fleische der Sünde. Dieses Zwitterleben diese Zwitterstellung kennt das Wort Gottes nicht. Das ist anders geworden durch den Opfertod Christi und das Kommen des heiligen Geistes, der in uns ausgestaltet, was das Opfer Christi uns erworben hat. Nun kann es heissen: „So ist nun keine Verdammnis mehr für die, die in Christo Jesu sind.“ - und die durch Ihn freigesprochen sind, die nun aber auch mit ihrem ganzen Tun und Lassen, ihrer Gedanken- und Phantasiewelt, mit Wort und Werk in Christo bleiben müssen.
Sie müssen in Christo sein, in Lebenszusammenhang mit Ihm stehen, in Gehorsam zum Heiligen Geist und unter Seiner Leitung wandeln. Reden und Schweigen, Denken und Dichten und Trachten, kurz alles muss weggeführt sein unter den Gehorsam des Kreuzes und damit unter die Machtwirkung, Zucht und Erziehung des heiligen Geistes.
Der heilige Geist hat somit Raum in uns, indem er uns hat den Sinn öffnen können für die Bedeutung des Kreuzes Christi, das uns löst und uns auf einen neuen Boden stellt. Nun sind wir aber, solange wir den Geist nicht betrüben in Christo Jesu und kommen auch durch Betrüben des Geistes nicht sogleich aus Christum heraus. Die Gemeinschaft mit Christo aber ist unterbrochen. Wäre die Verbindung mit Christo durch Betrüben des Geistes nicht nur unterbrochen, sondern abgebrochen, so gäbe es überhaupt keine Rückkehr mehr. Wenn das neue Leben in uns erstarkt, so werden wir nach jeder Versuchung stärker in Christo, unserem Heiland, so schlagen wir unsere Wurzeln nach jeder Versuchung tiefer in Ihn.
In Christo Jesu zu sein ist unsere Heimat. Das wollen wir nie vergessen, noch uns in andere Gebiete und Welten verleiten lassen und uns auf diese Weise verirren. Christus ist unsere Heimat, und mit Ihm ist unsere ganze Existenz, sowie unsere ganze Denk- und Lebensweise auf einen neuen Boden verpflanzt worden. Das auf zwei Tafeln geschriebene Gesetz hat uns gezeigt, was Gott will, gibt uns aber nicht Macht, diesen Willen Gottes zu erfüllen.
Im neuen Bunde ist uns ein Gesetz aufgerichtet durch den heiligen Geist, wodurch das alte Leben und das Fleisch überwunden werden. Es verpflanzt uns in Christo hinein und in Christo finden wir fortan Macht, Ihm nachzufolgen, uns von Ihm umgestalten zu lassen und Ihm immer näher zu kommen. Wir sind befreit vom Gesetz der Sünde und des Todes. Wir können noch sündigen und können noch sterben, aber wir müssen nicht mehr sündigen und nicht mehr sterben. Der Herr kann noch zu unseren Lebzeiten kommen. Wir warten auf Ihn und dann wird der Tod verschlungen in den Sieg. Das Gesetz fordert, die Gnade wirkt. Das Gesetz fordert von uns, die Gnade wirkt in uns.
Das Gesetz konnte den Widerstand unseres Fleisches nicht überwinden, es war kraftlos dem Fleische gegenüber. Nur dadurch, dass Christus in einen unserem Sündenleibe verwandelten Leib herunterstieg, konnte alle Bande der Sünde und des Todes von innen heraus gelöst werden. Was das Gesetz nimmermehr zustande gebracht, weil seine Anstrengungen sich an der Ohnmacht des Fleisches brachen, was das Gesetz mit seinen unerbittlichen Forderungen nicht zustande gebracht hat, das hat der Herr Jesus zustande gebracht, und das bringt der Sein Geist zustande in allen, die sich im Glauben mit Ihm verbinden, und die gelöst von den Banden der Sünde und des Fleisches, unter der Herrschaft des Geistes ihren Weg gehen.
Gott hat der Sünde im Fleische Christi den Prozess gemacht, die Sünde im Fleische abgeurteilt. Soweit wir uns im Glauben mit Christo verbinden - das sind aber Realitäten - soweit verliert die Sünde alle Macht in und über uns, sie kann nicht mehr gegen den Herrn und Seinen Geist aufkommen. Es werden nun die Rechtsforderungen und Rechtsansprüche des Gesetzes, die sich bisher am Widerstand des Fleisches gebrochen hatten, bei und in allen denen erfüllen, die nicht mehr nach dem Fleische wandeln, sondern die das Recht geltend machen, dass sie dem Fleische nichts mehr schuldig sind, sondern dass sie in der neuen Verbindung, in der sie stehen, der Schuld und Macht der Sünde entrückt sind. Wir müssen wissen in welchen Boden wir durch die auf Golgatha vollbrachte Erlösung eingewurzelt sind, sonst stehen wir in entscheidenden Stunden machtlos da.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“)
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