Schriften von unbekannten Autoren
Anbetung und Dienst werden durch das Geheimnis in ihr wahres Licht gerücktAnbetung und Dienst werden durch das Geheimnis in ihr wahres Licht gerückt
Im Hebräerbrief werden die Anbeter dazu aufgefordert, sich gereinigt von Sünden dem lebendigen Gott zu nahen, voller Zuversicht durch das Blut Jesu, des Einen, der Versöhnung für sie erwirkt hat und sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen, und als ihr Hohepriester für sie in der Gegenwart Gottes steht.
Was für ein wunderbarer Segen ist dies: Das Geschöpf wird dem lebendigen Gott, seinem Schöpfer, nahegebracht! Doch wir nahen uns in einer noch segensreicheren Natur und Beziehung, wie uns das „Geheimnis“ lehrt: Als Kinder haben wir Zugang zu Gott als unserem Vater. „Begnadigt in dem Geliebten“ (Eph 1,6), „in dem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn“ (Eph 3,12). „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen“ (1Joh 3,1). Während wir also im Geist der Sohnschaft mit kindlichem Vertrauen Gott nahen sollten und unsere Herzen sich der glücklichen Gefühle und Gedanken, die mit dieser Beziehung verbunden sind, bewusst sein sollten, sollten wir uns Ihm doch mit Ehrfurcht nahen und niemals vergessen, dass wir, obwohl wir seine Kinder sind, immer noch Geschöpfe sind in der Gegenwart des ewigen Gottes, der „herrlich in Heiligkeit, furchtbar an Ruhm, Wunder tuend“ ist (2Mo 15,11).
Der Heilige Geist ist die Kraft unserer Anbetung. „Durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater“ (Eph 2,18). „Zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geist“ (Eph 6,18). „Betend im heiligen Geist“ (Jud 20). Wir können nun im Licht des Geheimnisses erkennen, worauf der Herr in seiner Unterhaltung mit der Samariterin abzielte, als Er von der wahren Natur der Anbetung und der Gabe des Geistes sprach.
Aber die Grundlage aller Anbetung ist Versöhnung und Frieden mit Gott. Wie vollständig diese Grundlage durch das „Geheimnis“ eingerichtet wird! Wenn man eins ist mit Christus, lebendig gemacht und auferstanden mit Ihm, dann ist die Frage der Annahme für immer geklärt. Wenn der Glaube das nicht ergriffen hat und das vollendete Werk Christi nicht gesehen wird, dann wird das Fleisch immer arbeiten und etwas anderes suchen, in dem es ruhen kann.
Es scheint, dass die Kolosser eine Warnung vor allen, die sie mit verführerischen Reden betrügen könnten, nötig hatten, und Paulus zeigt, wie die Wahrheit von dem „Geheimnis“ deren ganze Argumentation zu Fall bringt. Er führte einen großen Kampf um sie, „damit ihre Herzen betröstet werden, vereinigt in Liebe und zu allem Reichtum der vollen Gewissheit des Verständnisses, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, in dem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und [der] Erkenntnis … Gebt acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung4 der Menschen, nach den Elementen5 der Welt und nicht nach Christus“ (Kol 2,2.3.8).
Wir können diese Warnung in vier verschiedene Abschnitte gliedern:
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Philosophie oder menschliche Weisheit und Vernunft
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Eitler Betrug – Aberglaube
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Tradition oder die Gebote von Menschen
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Grundlagen der Welt – Satzungen/Anordnungen
1. Philosophie
möchte das, was Gott ge- oder missfällt, durch menschliche Vernunft bestimmen, statt in demütigem Glauben das, was Gott offenbart hat, zu empfangen. Sie sucht die Kräfte des menschlichen Geistes zu erheben und möchte mit stolzem Gemüt die Verdorbenheit der menschlichen Natur und den elenden, zerstörten Zustand, in den die Sünde die Menschheit gebracht hat, vor sich verbergen.
2. Eitler Betrug
Der Aberglaube gibt vielleicht die Zerstörung zu, ersinnt jedoch einen eigenen Weg, um das Übel zu beheben. Philosophie tendiert zum Unglauben, doch sie kann im Aberglauben enden, wenn das Gewissen beunruhigt wird.
„Niemand bringe euch um den Kampfpreis, der seinen eigenen Willen tut in Demut und Anbetung der Engel, indem er auf Dinge eingeht, die er [nicht] gesehen hat, grundlos aufgebläht von dem Sinn seines Fleisches“ (Kol 2,18). Auf diese Weise funktioniert Aberglaube: große scheinbare Demut, Verehrung der Engel. Gott sagt, dass Er der einzige Anzubetende ist. Christus ist der einzige Mittler, und von Ihm heißt es: „Alle Engel Gotte sollen ihn anbeten“ (Heb 1,6). Doch der Aberglaube, eitel aufgeblasen durch seine fleischliche Gesinnung, sucht die Hilfe derer, die „dienstbare Geister“ heißen (Heb 1,14), und betet sie an; und weil er sie anbetet, redet er sich ein, er würde Demut an den Tag legen – aber Christus wird durch das alles geringschätzig behandelt.
Eine andere Form des Aberglaubens ist das Vernachlässigen oder Strafen des Körpers. Aber es ist bereits genug gesagt worden, um die Natur und Wirkungsweise dieses Aberglaubens zu beschreiben. Er dringt ganz und gar in unsichtbare Dinge ein, er hat einen Schein von Weisheit durch selbst erwählte Frömmigkeit, aber er entspringt einem verdorbenen Herzen und „befriedigt nur das Fleisch“ (Kol 2,18-23). Die Advokaten eines solchen Systems mögen voll tiefer Heiligkeit erscheinen, und die Strenge ihrer Disziplin und Selbstverleugnung und ihre feierlichen und imposanten Gottesdienste zielen darauf ab, einen Effekt zu produzieren und die Verehrung des natürlichen Geistes zu erregen; doch der geistliche Mensch erkennt ihre wahre Natur, das „Fleisch“, und weiß, dass all das den Platz Christi und seines Werkes einnimmt und einfacher Glaube an Ihn und sein kostbares Blut fehlt.
3. Tradition (oder die Gebote von Menschen)
erzwingt entweder den Gehorsam gegenüber den Geboten des Gesetzes, das Gott einst einsetzte, oder versucht sogar, etwas bindend zu machen, wofür es in der Schrift keine Autorität gibt. Der Herr zeigt das Wesen der Tradition und wozu sie führt in Markus 7 auf.
Sobald man irgendetwas Menschengemachtes zur Autorität und für das Gewissen bindend werden lässt (gleichgültig, wie einfach und harmlos es scheinen mag) – in dem Moment, wo es den Platz in der Seele einnimmt, der Gott und seinem Wort darin zusteht, wird es zur leeren Verehrung, schwächt die Autorität von Gottes Wort und bereitet den Geist dafür vor, es beiseitezulegen und Formalitäten zu befolgen (Mk 7,1-8). Aber achten wir auf das nächste Stadium, zu dem die Tradition führt. Nachdem sie Menschengebote auf eine Ebene mit Gottes Geboten gestellt hat, gibt sie Letztere bald preis und etabliert schließlich etwas, was im direkten Gegensatz zu Gottes Wort steht, wodurch es dieses wirkungslos macht. Sie hebt Gottes Gebote auf, damit Menschengebote befolgt werden können. Die beiden kollidieren. Gott gebietet zum Beispiel den Kindern, ihren Vater und ihre Mutter zu ehren, aber die Tradition sagt: „Nein, wir sind frei, ihnen zu helfen oder auch nicht“ (Mk 7,1-13).
4. Grundlagen der Welt, Satzungen
Es ist schon genug gesagt worden, um die starke Neigung des Herzens, an Satzungen festzuhalten, und auch den Grund dafür aufzuzeigen.
Der Apostel scheint eine Aussage vor Augen gehabt zu haben, die in jenen Tagen sehr weit verbreitet war: „Wenn ihr nicht beschnitten werdet nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht errettet werden“ (Apg 15,1). Merken wir auf, wie die Wahrheit des Geheimnisses die Seele sofort von solchen Lehren befreit. Warum? „In dem [Christus] ihr auch beschnitten worden seid … in der Beschneidung des Christus, mit ihm begraben in der Taufe, in dem ihr auch mitauferweckt worden seid …, mitlebendig gemacht mit ihm, indem er uns alle Vergehungen vergeben hat; als er ausgetilgt hat die uns entgegenstehende Handschrift in Satzungen6, die gegen uns war, hat er sie auch aus der Mitte weggenommen, indem er sie an das Kreuz nagelte“ (Kol 2,11-14). Was für eine triumphale Antwort an solche Lehrer! Fleisch, Getränk, Feiertage, Neumonde, Sabbate – alle durch dieselbe Wahrheit aus dem Weg geschafft; „die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind, der Körper aber ist des Christus“ (Kol 2,17). „Ihr seid in ihm zur Fülle gebracht.“ Er ist das große Sakrament7. „Wenn ihr mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerft ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt?“ (Kol 2,20).
Wenn wir nun das Licht betrachten, das das Geheimnis auf den Dienst wirft, gibt es zwei Dinge, die wir in Erinnerung behalten müssen:
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Die Fülle Christi, des Hauptes des Leibes, der die Gemeinde ist.
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Die Gemeinde ist der Wohnort Gottes durch den Geist.
1. Christus ist nicht nur das Haupt der Gemeinde, sondern „als Haupt über alles der Versammlung gegeben“ (Eph 1,21.22)
Nachdem Er über alle Mächte triumphiert hat, ist Er das Haupt aller Mächte und Gewalten, und „in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kol 2,9.10). Als Er auffuhr zur Höhe, führte Er das Gefängnis gefangen und gab den Menschen Gaben. Er fuhr auf über alle Himmel, damit Er alles erfülle , und setzte ein „Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, zur Vollendung der Heiligen“, für ihre Bewahrung vor Verführern und für ihr Wachstum in allen Stücken zu Ihm hin, der das Haupt ist, „aus dem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maß jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“ (Eph 4,8-16). Ebenso auch in Kolosser 2,19, wo wir sehen, dass alles, was zur Nahrung, zur Einheit und zum Wachstum des Leibes dient, von Christus, dem Haupt, ausgeht. Wenn dies unbekannt ist oder sobald der Glaube schwach wird, werden menschliche Kraft, Weisheit und Qualifikationen erhöht; und statt an die Fülle des Hauptes zu glauben, stützt man sich auf sie.
2. Es gibt einen Leib und einen Geist
Der Heilige Geist wohnt im Leib, und aus seiner Kraft und seinem Wirken, indem Er jedem austeilt, ganz wie Er will – aus seiner unmittelbaren und direkten Tätigkeit fließt jeder Dienst.
Das Wirken des Geistes wird vollständiger in 1. Korinther 12 gelehrt, während wir in den Briefen an die Epheser und Kolosser dazu geführt werden, mehr von der Fülle des Hauptes zu sehen. Die Grundlage jedes Dienstes ist also: die Fülle des Hauptes und die Entfaltung des Wirkens des Heiligen Geistes, der im Leib wohnt. Die Verbindung zwischen der wahren Natur der Gemeinde und dem Dienst ist so eng, dass fehlerhafte Ansichten über erstere sehr wahrscheinlich zu mangelhaften Ansichten über letzteren führen würden.
4 So Elberfelder; King James: Tradition; Luther: Lehre.↩︎
5 So Elberfelder; King James: Grundlagen; Luther: Mächte.↩︎
6 So Elberfelder und King James; Luther: Schuldbrief.↩︎
7 Wortspiel: ordinance = „Sakrament“, aber auch „Satzung/Verordnung“.↩︎