Schriften von unbekannten Autoren
Das Geheimnis betrifft das Wesen und die hohe Stellung der GemeindeDas Geheimnis betrifft das Wesen und die hohe Stellung der Gemeinde
Diese Briefe verkünden ebenso wie andere Schriften die Erlösung, Versöhnung, Vergebung von Sünden durch das am Kreuz vergossene Blut sowie die himmlische Hoffnung der Gläubigen in Christus, aber auf einer besonderen und unterschiedlichen Grundlage – nicht nur dass Christus für uns starb, sondern dass wir mit Ihm gestorben und mit Ihm auferstanden sind.
Kol 2,12: Mit ihm begraben in der Taufe, in dem ihr auch mitauferweckt worden seid durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes.
Kol 3,1.3.4: Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid …, denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, offenbart werden wird …
Eph 2,5.6: Gott hat uns mit dem Christus lebendig gema cht … und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus. (Siehe auch Kol 2,13.20.)
Wir lernen aus diesen Schriftstellen, dass von der Gemeinde gesagt wird, dass sie mit Christus gestorben, mit Ihm auferstanden und in Ihm im Himmel mit eingesetzt ist – mit Ihm lebendig gemacht ist, ja, dass Er unser Leben ist.1 Dies ist das wesentlichste und herausragendste Merkmal des Geheimnisses. Leben in Christus – eins sein mit unserem auferstandenen Herrn.
Eph 5,30.32: Wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen. … Die zwei werden ein Fleisch sein. Dieses Geheimnis ist groß; ich sage es aber in Bezug auf Christus und auf die Versammlung.
1Kor 6,17: Wer aber dem Herrn anhängt, der ist ein Geist mit ihm.
Die Segnungen der Gemeinde sind geistlich, ihr Teil ist im Himmel in Christus (vgl. Eph 1,3).2
Die Gemeinde ist Zeuge der mannigfaltigen Weisheit Gottes für die Mächte und Gewalten in den himmlischen Örtern (vgl. Eph 3,10).
Ihre geistlichen Kämpfe sind mit bösen Geistern in der Himmelswelt (s. Eph 6,12).
All dies kennzeichnet ihr himmlisches Wesen; aber es gibt noch andere Vorrechte zu bemerken:
Die Gemeinde wurde in Christus erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war – bevor die Zeit ihren Lauf begonnen hatte (Eph 1,4; siehe auch 2Tim 1,9 u. Tit 1,2): Nicht nur eine auserwählte Schar, sondern ihre Erwählung lässt sich zu dem ewigen Vorsatz Gottes zurückverfolgen, den Er in Christus Jesus gefasst hat (Eph 3,11).
„Zuvorbestimmt zur Sohnschaft“ (Eph 1,5). Vor Gott in der ganzen Vollkommenheit und Liebe Christi.
„Vollendet in ihm“ (Kol 2,10).
„Begnadigt in dem Geliebten“ (Eph 1,6).
„Versiegelt mit dem Heiligen Geist der Verheißung … auf den Tag der Erlösung“ (Eph 1,13; 4,30).
„In ihm werdet auch ihr mitaufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22).
Dieses sind die wunderbaren Vorrechte der Gemeinde, die uns durch die Offenbarung des Geheimnisses eröffnet wurden. Christus wird uns im Hebräerbrief in all unseren Umständen der Schwachheiten und des Leides hier unten auf Erden vorgestellt; oder wie Er sich oben im Himmel um uns kümmert, während wir durch die Wüste gehen; aber durch die Offenbarung des Geheimnisses erfahren wir, dass wir eins sind mit Christus im Leben und im Segen und mit Ihm in den Himmel droben versetzt sind. Wenn auch eine Tatsache, ist dies unsdurch den Glauben bekannt.
Paulus war das auserwählte Werkzeug, um der Gemeinde dieses „Geheimnis“ kundzutun. Ihm war diese Verwaltung der Gnade Gottes anbefohlen, wie die folgenden Passagen verkünden:
Kol 1,25.26: Ich bin der Diener der Versammlung geworden nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden: das Geheimnis, das von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen offenbart worden ist.
Eph 3,2-5: Mir ist die Verwaltung der Gnade Gottes im Bezug auf euch gegeben, dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden ist …, das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt offenbart worden ist im Geist.
Eph 3,8.9: Mir … ist diese Gnade gegeben worden, … alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott.
Aber es gibt noch ein anderes Merkmal des Geheimnisses, das klarzumachen der Apostel sich besonders bemüht und das uns mit einem fehlerhaften Verständnis vom Wesen der Kirche und vom Umfang des Geheimnisses zurücklassen würde, sollte es übersehen werden. Es ist dies: Wer sind die Parteien, aus denen dieser Leib besteht, der mit dem Herrn Jesus Christus vereinigt wird? Um diese Frage zufriedenstellend zu beantworten, müssen wir Gottes vergangene und zukünftige Absichten in Bezug auf Israel betrachten; denn durch den starken Kontrast zwischen Israels Segensordnung und der der Gemeinde sticht das besondere Wesen der Gemeinde überragend vor dem geistigen Auge hervor.
Es war deutlich offenbart, dass Israel das Zentrum von Gottes Handeln und seinen Plänen mit der Erde sein sollte (5Mo 32,8). Wir haben gesehen, wie sie von Gott als sein besonderes Volk anerkannt wurden (2Mo 19,5.6); wir haben von der Herrschaft gelesen, die ihnen über die anderen Völker versprochen wurde, und von der irdischen Natur ihrer Segnungen (5Mo 28,1-13).
Und obwohl Israel nun Lo-Ammi ist [„Nicht-mein-Volk“: Hos 1,9] und in der ganzen Welt zerstreut, ist deutlich offenbart, dass es wiederhergestellt werden soll, dass ihm vergeben wird und jede Verheißung, die ihm gegeben wurde, erfüllt werden soll. „Und ein Erlöser wird kommen für Zion und für die, die in Jakob von der Übertretung umkehren“ (Jes 59,20.21). Israel soll dann als Volk in herausragender Herrlichkeit dastehen, Heiden sollen sich vor ihm verbeugen und ihm dienen, und jedes Volk, das ihm nicht dienen will, soll verderben (Jes 60,12).
Jerusalem soll darüber hinaus das Zentrum wahrer Anbetung sein. „Viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs! Und er wird uns belehren aus seinen Wegen, und wir wollen wandeln in seinen Pfaden. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem“ (Jes 2,3). „Meine Wohnung wird über ihnen sein; und ich werde ihr Gott, und sie werden mein Volk sein. Und die Nationen werden wissen, dassich der HERR bin, der Israel heiligt, wenn mein Heiligtum in ihrer Mitte sein wird in Ewigkeit“ (Hes 37,27.28).
Herausragend in nationaler Größe und Herrlichkeit, herausragend in religiösen Vorrechten, werden sie immer noch ein klar abgegrenztes Volk sein, während die Wahrheit und der Segen aus Jerusalem fließen, und „die Erde wird voll Erkenntnis des HERRN sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken. Und es wird geschehen an jenem Tag: Der Wurzelspross Isais, der dasteht als Banner der Völker, nach ihm werden die Nationen fragen; und seine Ruhestätte wird Herrlichkeit sein“ (Jes 11,9.10).
Ich brauche nicht noch mehr Stellen anzugeben, da dies eine weithin anerkannte Wahrheit ist. Christus ist die Quelle all dieses Segens sowohl für Israel als auch für die Heiden. „Er ist der Heiland Israels“, der Mittler des Neuen Bundes für sie; aber Er ist auch gegeben, um „ein Licht der Nationen“ zu sein und Gottes Heil für die Enden der Erde (Jes 49,6).
Die alten Propheten sprechen ausdrücklich von diesen zwei Punkten. Dies ist die Ordnung des zukünftigen Segens – wobei die Unterscheidung zwischen Juden und Heiden inmitten des allgemeinen Segens immer noch existiert und stets aufrechterhalten wird. Nun rückt das einzigartige Wesen „des Geheimnisses“ während der Verwaltung des Geheimnisses all dies beiseite. Israel wird für eine Weile seines hohen Vorrechtes enthoben, weil es Christus abgelehnt hat, und steht auf der gemeinsamen Ebene aller Sünder.
Die Predigt von Jesus Christus gemäß der Offenbarung des Geheimnisses wendet sich an alle, Juden und Heiden, als verlorene Sünder und sammelt aus beiden Parteien eine Schar von Gläubigen, die dieselben Vorrechte erhalten, am selben Leben und an denselben Verheißungen teilhaben in Christus, zum selben Leib gehören und alle gleichermaßen Miterben sind. Die, die weit entfernt waren (Heiden), und die, die nahe waren (Juden), haben nun durch Christus gleichen Zugang durch einen Geist zu dem Vater: „Er …, der aus beiden eines gemacht und abgebrochen hat die Zwischenwand der Umzäunung, … damit er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe und die beiden in einem Leib mit Gott versöhnte durch das Kreuz, nachdem er durch dieses die Feindschaft getötet hatte. Und er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen … Also seid ihr [Heiden] nun nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2,14-19).
Nicht an jüdischen Vorrechten teilhabend, sondern mit ihnen zusammen Mitbürger in den eben beschriebenen neuen Segnungen: All dies war in den Ohren der jüdischen Gläubigen absonderlich, ja zuerst sogar auch den Aposteln; es war so entgegengesetzt zu der Segensordnung, nach der sie suchten.
Sie waren sehr träge darin, den Heiden überhaupt das Evangelium zu bringen. Petrus wurde durch die Vision mit dem leinenen Tuch und durch sein Gespräch mit Kornelius dazu geführt, es zu tun, und wurde danach von der Gemeinde zu Jerusalem dazu aufgefordert, Rechenschaft darüber abzulegen, wenngleich sie anschließend darüber frohlockten, dass „Gott auch den Nationen die Buße gegeben hat zum Leben“ (Apg 11,18).
Dies macht es zusätzlich deutlich, dass der frühen Pfingstkirche3 das Geheimnis nicht bekannt war. Das Evangelium mit seiner Verkündigung des Todes und der Auferstehung Jesu und seiner Erhöhung zum Herrn und Christus, der Erlösung durch seinen Namen, Vergebung der Sünden und der Verheißung des Heiligen Geistes an alle Gläubigen wurde gepredigt; aber es blieb Paulus vorbehalten, nachdem Jerusalem das ihm vorgelegte Zeugnis abgelehnt hatte, die hohen und besonderen Vorrechte zu enthüllen, die den Gläubigen nun eröffnet wurden.
Die hervorstechenden Merkmale des „Geheimnisses“, die das wirkliche Wesen der Gemeinde ausmachen, sind dann:
- Teilhaber am Auferstehungsleben Christi
- auferstanden mit Ihm
- mit Ihm im Himmel eingesetzt
- mit jedem geistlichen Segen im Himmel in Ihm gesegnet
- Zeuge für die Mächte und Gewalten in der Himmelswelt
- Kampf mit bösen Geistern in der Himmelswelt
- die Hoffnung himmlischer Herrlichkeit
- keine Unterscheidung mehr zwischen Juden und Heiden
- beide Glieder eines Leibes und dieser Leib der Wohnort des Heiligen Geistes
Dies sind Punkte, die nicht vernachlässigt werden können, ohne die Vollständigkeit des „Geheimnisses“ zu beschädigen.
Äußerst segensreich ist die Wahrheit, die uns der Hebräerbrief lehrt; in vielerlei Hinsicht nötiger für unsere tägliche Erfahrung als jeder andere Teil der Schrift, und doch werden die vollen Vorrechte und das einzigartige Wesen der Gemeinde dort nicht gelehrt: Während er zum Beispiel so ausführlich die „himmlische Berufung“ behandelt, würde nicht ein Prinzip oder eine Wahrheit im Zusammenhang mit ihr beeinträchtigt oder geschwächt werden, wenn kein Heide in ihre Segnungen hineingenommen worden wäre. Doch die Heiden bilden einen der Bestandteile des „Geheimnisses“, und der Platz, den sie darin einnehmen, muss deutlich gemacht werden, um in das Wesen des Geheimnisses einbezogen zu werden.
1 Anm. der Red.: Eigentlich wird nicht von der Gemeinde gesagt, dass sie gestorben ist, sondern von den Christen als Einzelpersonen, die allerdings dann zusammen die Gemeinde ausmachen; dennoch geht es unseres Erachtens zu weit, zu sagen, dass die Gemeinde gestorben ist.↩︎
2 Anm. der Red.: Auch hier geht es nicht um die korporativen Segnungen der Gemeinde, sondern um die individuellen Segnungen.↩︎
3 Anm. d. Red.: Mit „Pfingstkirche“ ist hier die Gemeinde in der Zeit nach dem Herabkommen des Heiligen Geistes am Pfingsttag und vor dem Dienst des Paulus betreffs der Verkündigung des Geheimnisses gemeint.↩︎