DIE LEHRE VON DER BEFREIUNG VON DER MACHT DER SÜNDE (Röm 5,12 - 7,6)
Die Lehre von der Befreiung beinhaltet: das Verstehen bestimmter Dinge, die im Tod Christi vollbracht wurden; im Glauben mit diesen Dingen rechnen und die Hingabe an Gott in der Sphäre des Lebens, in dem Christus für Gott lebt. Dadurch werden wir befähigt, ein geheiligtes Leben in der Kraft des Heiligen Geistes zu führen.
Der Ursprung der Sündennatur
Paulus beginnt seine Abhandlung über die Befreiung von der Sünde, indem er ganz an den Anfang zurückgeht. Er erklärt, wie der Mensch überhaupt von der gefallenen Sündennatur (dem Fleisch) befallen wurde. Er sagt:
Röm 5,12: Darum, so wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben …
Paulus führt also den Ursprung der Sündennatur im Menschen auf Adams Übertretung im Garten Eden zurück. Er und seine Frau (Eva) wurden ohne Sünde, aber mit einem freien Willen geschaffen. Leider gebrauchten sie ihren Willen und entschieden sich, Gott nicht zu gehorchen. Und so wurden sie zu Sündern, die eine gefallene Sündennatur besaßen. So ist zu jener Zeit „die Sünde (die Sündennatur) in die Welt gekommen“.
Warum hat Gott zugelassen, dass die Sünde in die Welt kam?
Menschen fragen oft: „Wenn Gott allmächtig und allliebend ist, warum hat Er dann zugelassen, dass die Sünde in die Welt gekommen ist?“ Es stimmt, Er hätte eingreifen und Adam und Eva von der Sünde abhalten können. Aber Gott wusste, dass Er mehr Ehre und die Gläubigen mehr Segen (durch den Tod und die Auferstehung Christi) erhalten würden, als wenn die Sünde nie in die Welt gekommen wäre. Wir (die Gläubigen) befinden uns durch Christus in einer weitaus gesegneteren Position, als wir es als „nicht gefallenes“ Geschlecht unter Adam jemals hätten sein können. Außerdem gibt es bestimmte Aspekte und Eigenschaften Gottes, die wir nicht kennen würden, wenn die Sünde nicht hineingekommen wäre. Zum Beispiel würden wir Gott nicht als „den Gott aller Gnade“ kennen (1Pet 5,10). Wäre die Sünde nicht hineingekommen, so wäre die Gnade nicht überreichlicher geworden als die Sünde (Röm 5,20). Wir würden Gott auch nicht als Gott der „Güte“ kennen, denn in einem sündlosen Zustand würden wir nie etwas tun, was seine Güte erfordern würde (Ps 59,11.18). Wir würden Ihn auch nicht als „Gott allen Trostes“ kennen, weil wir nie Krankheit, Kummer oder Leid erleben würden, Situationen, in denen wir seinen liebevollen Trost bräuchten (2Kor 1,3.4).
Eine endgültige Antwort auf die Frage, warum Gott zugelassen hat, dass die Sünde in die Welt gekommen ist, werden wir wahrscheinlich erst im Himmel erhalten. Während wir auf diesen Tag warten, erkennt der Glaube, dass „Gottes Wege unergründlich sind“ (Röm 11,33), und akzeptiert, dass „sein Weg vollkommen ist“ (Ps 18,31). Das gibt uns Zuversicht, so dass wir diese schwierigen Fragen in seine Hand legen können. Denn wir wissen, dass „der Richter der ganzen Erde“ nie etwas anderes tun würde als „Recht üben“ (1Mo 18,25).
Wer sündigte zuerst?
Wenn wir uns den Bericht über den Sündenfall in 1. Mose 3 ansehen, kommen wir zu dem Schluss, dass es die Frau war, die die Sünde in die Welt gebracht hat. Aber Paulus sagt hier, dass es durch den „Menschen“ [Mann] geschah (Röm 5,12). Daher kann er hier nicht von den chronologischen Ereignissen gesprochen haben. Es ist klar, dass Eva [zeitlich gesehen] vor Adam sündigte und dass Satan und seine Engel wiederum vor Eva sündigten (Letzteres zeigt sich daran, dass Satan im Garten war und Eva belogen und verführt hatte, bevor sie sündigte.). Es ist daher klar, dass Paulus von Adam als stellvertretendes Haupt des menschlichen Geschlechts spricht. Gott hatte ihn im Garten über die Schöpfung gestellt (1Mo 2,15-17), und so wurde er dafür verantwortlich gemacht, dass die Sünde in die Welt kam.7
Adams Natur wurde durch seinen Sündenfall verdorben und so an jede nachfolgende Generation seiner Nachkommen weitergegeben (Ps 51,7). Aber nicht nur das: Auch die Folge der Sündennatur wurde an seine Nachkommen weitergegeben: nämlich der Tod. Paulus sagt: „Durch die Sünde ist der Tod gekommen und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen.“ (Die Auswirkungen der Sünde und des Todes sind auch auf die untergeordneten Geschöpfe – die Tiere und Pflanzen usw. – übergegangen. Aber das ist hier nicht sein Thema. Siehe Römer 8,20-22.)
Hauptschaft über ein Menschengeschlecht
Paulus fügt hinzu: „weil sie alle gesündigt haben“. In der Fußnote der KJV steht übersetzt: i„n dem {Adam} alle gesündigt haben“. Wenn diese alternative Lesart verwendet werden kann, wird ein Aspekt deutlich: Paulus betont nicht so sehr die Tatsache, dass alle Menschen schuldig sind, weil sie persönlich gesündigt haben (was sicherlich wahr ist; Röm 3,23). Er sagt vielmehr, dass Adams Ungehorsam ein ganzes Geschlecht von Sündern geschaffen hat (Röm 5,19). Als Adam fiel, wurde er zum Haupt eines gefallenen Menschengeschlechts (1Mo 5,3). Der Satz „Alle haben gesündigt“ steht im Griechischen im Aorist. Das weist darauf hin, dass Adams Ungehorsam ein für alle Mal Auswirkungen auf das Geschlecht hatte, das sich unter ihm entwickeln sollte. Dies zeigt erneut, dass Paulus Adam als das Oberhaupt des menschlichen Geschlechts ansieht. Später haben die Menschen bewiesen, dass sie dieselbe Natur haben wie ihr „erster Vater“, weil sie wie er gesündigt haben (Jes 43,27). J.N. Darby sagt:
Durch den Ungehorsam einen Menschen geschah es, dass die vielen (alle Menschen) zu Sündern gemacht wurden, nicht durch ihre eigenen Sünden. Sünden hat ein jeder seine eigenen – hier geht es um einen allen gemeinsamen Zustand der Sünde.8
Sünde (die gefallene Natur) und Tod im Menschengeschlecht sind also nicht die Folge der persönlichen Sünden, sondern das Ergebnis des Handelns Adams, des Hauptes des Geschlechts.
Ein Oberhaupt ist jemand, der eine verantwortungsvolle Position an der Spitze innehat und für und im Namen derer handelt, die ihm untergeordnet sind. Dabei kann es sich um das Staatsoberhaupt, das Oberhaupt einer Familie, das Oberhaupt eines Unternehmens usw. handeln. Wenn beispielsweise der Präsident eines Landes ein Gesetz unterzeichnet, handelt er als Staatsoberhaupt für alle Bürger des Landes. Und wenn das Gesetz verabschiedet wird, ist es für alle im Land verbindlich. Der Hebräerbrief gibt ein Beispiel für ein föderales Oberhaupt in einer Familie. Der Schreiber spricht von Abraham, der diese Rolle innehatte. Er sagt, dass Levi mit dem Zehnten, den Abraham an Melchisedek gab, auch den Zehnten an Melchisedek zahlte. Und das, obwohl Levi zu dieser Zeit noch nicht geboren war; das geschah erst etwa zweihundert Jahre später (Heb 7,9.10). Dennoch heißt es, dass Levi „noch in den Lenden des Vaters“ war (Heb 7,10), als Melchisedek den Zehnten von Abraham erhielt. Somit handelte Abraham für und im Namen von Levi (und seiner Nachkommenschaft) als das Oberhaupt der Familie.