Behandelter Abschnitt Mt 24,1-3
Einleitung
Ich möchte heute Nachmittag über die Endzeitreden (auf dem Ölberg) des Herrn in Matthäus 24 und 25 sprechen. Diese beiden Kapitel haben prophetischen Charakter. In letzter Zeit [Mitte der 2000er Jahre] ist viel über die Dinge gesprochen worden, die sich im Nahen Osten wieder abspielen. Da eine Reihe von Fragen zu prophetischen Themen gestellt werden, dachte ich, es wäre gut, dieses Thema aufzugreifen.
Vor nicht allzu langer Zeit fragte mich jemand: „Wo stehen wir denn jetzt in der Prophetie?“ Ich sagte: „Nun, wir sind eigentlich nicht in der Prophetie – die Kirche ist eigentlich kein Teil des Themas der Prophetie.“ Daraufhin sagte er: „O ja, natürlich, das weiß ich; es hat mit Israel zu tun, richtig?“ Dann sagte ich ihm: „Eigentlich ist Israel auch nicht das Thema der Prophethie!“ Er war etwas verblüfft und sagte: „Was ist denn dann das Thema der Prophetie?“ Ich sagte ihm: „Das große Thema der Prophetie ist Christus selbst!“ Auch wenn Christus nicht in jedem einzelnen Vers der prophetischen Schriften direkt erwähnt wird, so bezieht sich der Geist einer jeden Prophezeiung doch auf das, was letztlich zur Darstellung der Herrlichkeit und der Ehre des Herrn dienen wird. Das ist gemeint, wenn es heißt: „Der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu“ (Off 19,10).
Um es noch einmal zu sagen: Die Kirche ist ebenso wenig das Thema der Prophetie wie Israel und die Nationen; die Prophetie hat mit dem zu tun, was Christus und seine Herrlichkeit betrifft. Jede prophetische Einzelheit in Bezug auf Israel und die Nationen in der Heiligen Schrift ist lediglich dem großen Ziel untergeordnet, dass Gott Christus verherrlicht. Es ist seine Absicht, seinen Sohn in zwei Bereichen zu verherrlichen: im Himmel und auf der Erde (Eph 1,10). Die Prophetie gibt uns lediglich verschiedene Einzelheiten darüber, wie Gott dieses Ziel erreichen wird.
In diesen beiden Kapiteln geht es um das Kommen des Herrn in Bezug auf die drei verantwortlichen Bereiche des Menschengeschlechts: Israel, die Christenheit und die heidnischen Völker. Um Zeit zu sparen, werde ich nicht die ganzen zwei Kapitel auf einmal lesen, sondern nach und nach verschiedene Teile herausgreifen. Lesen wir zunächst die Verse 1 bis 3, um den Rahmen zu verstehen:
Mt 24,1-3: Und Jesus trat hinaus und ging von dem Tempel weg; und seine Jünger traten herzu, um ihm die Gebäude des Tempels zu zeigen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird. Als er aber auf dem Ölberg saß, traten die Jünger für sich allein zu ihm und sagten: Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zeichen deiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters?
Die Jünger stellten dem Herrn Jesus drei Fragen. Ihre erste Frage bezog sich darauf, wann kein Stein des Tempels auf dem anderen gelassen würde. Darüber wollten sie natürlich mehr wissen. Der Herr bezog sich auf die Zerstörung des Tempels durch die römische Armee im
Jahr 70 n.Chr., was etwa vierzig Jahre nach seinem Tod geschah.
An diesem Tag betrat der Herr zum letzten Mal den Tempel (Mt 23,38.39). Er wird den Tempel in Jerusalem erst wieder betreten, wenn Er bei seinem zweiten Kommen [auf die Erde] wiederkommt! Als die römischen Heere einrückten und die Stadt zerstörten, wurde der Befehl gegeben, den Tempel nicht zu zerstören. Aber ein Soldat, der den Befehl nicht kannte, warf eine Fackel hinein, und der Tempel brannte nieder. Das Gold, das die Wände bedeckte, schmolz und rann zwischen den großen Steinen herunter. Nach dem Brand retteten die Menschen das Gold, indem sie es zwischen den Steinen herauskratzten, und dabei entfernten sie jeden Stein, bis keiner mehr auf dem anderen lag. So erfüllte sich die Prophezeiung unseres Herrn.
Der Herr beantwortete ihre erste Frage nicht direkt, sondern konzentrierte sich auf ihre beiden anderen Fragen, die sich auf „das Zeichen seiner Ankunft“ und „die Vollendung des Zeitalters“ bezogen. Wie wir wissen, hat das Kommen des Herrn zwei Phasen: sein Kommen für die Gläubigen und sein Kommen mit den Gläubigen. Das Kommen des Herrn für uns wird gemeinhin als Entrückung bezeichnet. Das wird sein, wenn der Herr mit einem Ruf herniederkommt und uns in den Himmel ruft – die Toten in Christus werden auferstehen und die lebenden Gläubigen werden zusammen mit ihnen entrückt werden (1Thes 4,15-18). Das ist es, worauf wir warten, und was für ein Moment wird das sein!
Dann wird eine siebenjährige Trübsalszeit über die Erde kommen. Das wird die Erfüllung der siebzigsten Woche von Daniel sein (vgl. Dan 9,24-27). Nach der großen Drangsal wird der Herr [auf die Erde] wiederkommen, aber dieses Mal wird Er mit seinen Heiligen zum Gericht kommen, wobei Er sein Reich in Gerechtigkeit gemäß den Verheißungen der alttestamentlichen Propheten errichten wird. Diese Phase seines Kommens wird die Erscheinung Christi genannt. Die beiden Teile des Kommens Christi sind also die Entrückung und die Erscheinung – dazwischen liegt die siebenjährige Trübsal. Der Schwerpunkt dieser Prophezeiung liegt auf der zweiten Phase.1
Das „Zeichen“, nach dem die Jünger fragten, hat mit dem Erscheinen des Herrn und der „Vollendung des Zeitalters“ zu tun; es hat nichts mit der Kirche zu tun. Es gibt keine Zeichen für das Kommen des Herrn für die Kirche, die Entrückung.
The night is far spent, and the day is at hand: No sign to be looked for; the Star’s in the sky;
Rejoice then, ye saints, ’tis your Lord’s own command; Rejoice, for the coming of Jesus draws nigh.2
Die Nacht ist weit, der Tag ist nah.
Kein Zeichen fehlt, der Morgenstern strahlt. Freut euch, ihr Heiligen, so sagt es der Herr, Freut euch, das Kommen des Herrn ist nah.
John Brereton (1930–1979) erklärte anhand einer Illustration, dass die Kirche keine Zeichen zu suchen hat, während sie auf das Kommen des Herrn wartet. Er sagte, dass man auf dem
Weg zu Gordon Hayhoes Hütte, die etwa 7 Meilen vor Parry Sound lag, ausrechnen konnte, wie nah man an Gordons Haus war, indem man 7 Meilen von der Entfernung abzog, die auf den Straßenschildern bis Parry Sound angegeben war. Wenn man zum Beispiel an einem Schild vorbeifuhr, auf dem stand, dass es noch 40 Meilen bis Parry Sound waren, wusste man, dass man noch 33 Meilen von Gordons Hütte entfernt war. Die Schilder wiesen auf einen Ort hin, zu dem man nicht unterwegs war, aber anhand der Schilder konnte man herausfinden, wie nahe man seinem Ziel war.
In ähnlicher Weise haben die Zeichen, von denen die Prophezeiung spricht, nichts mit der Kirche zu tun, sondern mit Israel und den Nationen. Wir werden sieben Jahre vor der Erfüllung dieser Zeichen (die mit der Erscheinung des Herrn und der Aufrichtung seines Reiches zu tun haben) in den Himmel entrückt. Die Zeichen beziehen sich zwar nicht direkt auf die Kirche, aber wenn wir solche Dinge am Horizont sehen, dann wissen wir, wie nahe sein Kommen für uns sein muss!
Drei Teile des Diskurses
Zunächst möchte ich einen Überblick über diesen Diskurs als Ganzes geben. Der Herr geht auf sein Kommen in Beziehung zu jeder verantwortlichen Gruppe von Menschen auf der Erde ein, und um die Jünger nicht zu verwirren, spricht Er von jeder Gruppe in getrennten Abschnitten. Die Rede besteht also aus drei Teilen:
sein Kommen in Bezug auf Israel (Mt 24,4-44)
sein Kommen in Bezug auf die christliche Welt – das Christentum (Mt 24,45 - 25,30)
sein Kommen in Bezug auf die heidnischen Völker (Mt 25,31-46)