Behandelter Abschnitt Jes 30
Jesaja 30
Hier beginnt ein neues Thema. Der Heilige Geist blendet zurück, um den geistlichen Zustand des Volkes während der Ereignisse, mit denen wir uns bis jetzt beschäftigt haben, zu schildern. Wenn wir diese Zeilen lesen, verstehen wir besser, weshalb Israel durch eine lange und schmerzhafte, aber gerechte Züchtigung wird hindurchgehen müssen. „Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen“, sagen die Seraphim in Kapitel 6 und bedecken dabei ihr Angesicht. Israel hatte auch dieses Wort vonseiten Gottes gehört: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (3Mo 11,45). Unglücklicherweise entsprach das Volk fast nie diesem Zustand, und der Prophet zeigt nun dessen ganze Torheit auf.
Die erste Sache, gegen die er prophezeit, sind die Bündnisse, die das Volk, um sich vor den auf sie lauernden Gefahren in Sicherheit zu bringen, unabhängig von Gott eingegangen ist. Eines dieser Bündnisse haben wir schon betrachtet (Jes 28,15). Es wurde ein „Bund mit dem Tod …, ein Vertrag mit dem Scheol“ genannt. Hier handelt es sich um ein anderes Bündnis. Das Volk sucht Hilfe in Ägypten, um sich unter den Schutz des Pharao zu stellen. Die Fürsten Israels ziehen in dieses Land der Bedrängnis hinab, wo die Macht Satans frei schaltet und waltet, und bringen ihre Schätze mit. Natürlich finden sie dort nichts als Beschämung; es kann gar nicht anders sein. Trotz all ihrer Entfaltung von Weisheit, Größe und Macht, ist die Welt nichts als Eitelkeit, die dem Glaubenden nichts gibt. Sie kann ihm im Gegenteil nur seine Schätze rauben und hinterlässt ihm nur Beschämung und Enttäuschung.
Leider sind die Söhne Israels nicht die Einzigen, die nach Ägypten hinabziehen, um dort Hilfe zu suchen. Wenn wir uns selbst prüfen, werden wir zu unserer Beschämung erkennen, dass wir für unsere Bedürfnisse und Nöte, anstatt allein auf Gott zu schauen, unsere Blicke oft auf die Welt und ihre Hilfsquellen richten. Häufig gebrauchen wir, anstatt ruhig und vertrauensvoll zu bleiben, für uns selbst solche Mittel, wie sie jene anwenden, die weder Gott noch seine Macht kennen und die es nicht mit der Weisheit und der Liebe eines zärtlichen und guten Vaters zu tun haben.
Der Prophet zeigt noch etwas anderes auf: die Auflehnung des Volkes, das nicht auf das Gesetz des Herrn hören will und sich weigert, den Heiligen Israels vor Augen zu haben. Es ist klar, dass die Söhne Israels dies nicht offen ausdrückten, aber sie sagten es sich in ihrem Innern; es war der tief in ihrem Herzen verborgene Gedanke.
Diese Haltung findet sich auch in der Christenheit, und zwar in den letzten Tagen, die wir nun erreicht haben: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und zu den Fabeln sich hinwenden“ (2Tim 4,3.4).
In welcher Zeit und an welchem Ort das Herz des Menschen sich auch befindet, es ändert sich nicht. Wenn es in die gleichen Umstände kommt, bringt es dieselben Früchte hervor. Der Glaube und der Gehorsam dem Wort gegenüber sind der einzige Schutz vor den Gefahren einer solchen Verirrung. Wenn wir dieses Wort verwerfen, führt dies unabwendbar dazu, dass wir uns auf die Welt, wo nur Bedrückung und Armut herrschen, und auf ihre Hilfsquellen verlassen. Das Ergebnis davon wird über kurz oder lang der Zusammenbruch und eine gänzliche Zerstörung sein.
Die Gnade Gottes leuchtet auf allen Seiten der Schrift hervor. Es scheint, dass ihr Glanz umso heller strahlt, je dunkler und beängstigender die Umstände sind, in denen sie in Erscheinung tritt. Gott scheint zu seinem Volk zu sagen: Weshalb sich beunruhigen und bei Menschen Hilfe suchen, was doch nichts bringt, wenn ihr durch Umkehr und durch Stillsein und durch Ruhe gerettet werden könntet? „In Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein.“ Aber Israel hat dies nicht gewollt. Die Pferde Ägyptens scheinen ihnen ein besseres Mittel zu sein, ihren Gegnern zu entkommen, als die mächtige Hand des Herrn. Deshalb werden sie fliehen müssen, und wie! Vor dem Drohen eines Einzigen werden Tausend in die Flucht gejagt! Sie bleiben übrig wie eine Pinie auf einem Berg, wie ein Baum ohne Leben und ohne Äste auf einem erhöhten Ort, den alle Augen betrachten können, ein gut ersichtliches Panier, Zeugen der Folgen des Unglaubens.
In diesem Kapitel, wie fast in der ganzen Schrift, können wir drei wichtige Punkte erwägen, an die wir uns immer wieder erinnern sollten. Da sind zuerst die Eitelkeit und Bosheit der Welt; dann die Torheit des Volkes Gottes und schließlich die unwandelbare Treue Gottes gegen die Seinen. Der Herr übt Gnade aus gegen die, die auf Ihn vertrauen. Es kann sein, dass Er wartet, bevor Er zu ihren Gunsten eintritt, aber seine Handlungsweise wird umso wunderbarer sein. Wie glücklich sind jene, die sich auf Ihn verlassen!
Das Volk wird wiederhergestellt werden, und die Götzen werden weggeworfen sein. Das Glück, der Segen und die Herrlichkeit werden sein Teil sein. Die Frucht des Erdbodens, das Licht, die Wasser, alles wird ihnen vermehrt werden. Alle ihre Feinde werden dem Zorn und dem Unwillen des Herrn begegnen. In den letzten Versen wird uns eine kurze, aber erschreckende Beschreibung ihres Gerichts gegeben. Im Gegensatz dazu werden die Treuen „Gesang haben wie in der Nacht, da das Fest geweiht wird, und Freude des Herzens gleich denen, die unter Flötenspiel hinziehen, um zu kommen auf den Berg des Herrn, zum Felsen Israels“.
Auf der einen Seite finden wir Tamburin- und Lautenspiel, auf der anderen Seite tobende Kämpfe und einen Krieg, der die Feinde vernichtet. Alle Völker werden mit dem Gericht des Herrn zu tun haben. Zum Schluss finden wir Den, der König genannt wird. Es ist der unrechtmäßige Thronbesitzer, der falsche Messias Israels, der vom Teufel angestiftet wird. Er wird in seinem eigenen Namen kommen, und er wird tausend Jahre vor dem Verführer (Satan) in den See von Feuer und Schwefel geworfen werden, ein Thema, das in Offenbarung 19 und 20 behandelt wird. Welch elendes Ende des Menschen der Sünde! Diese Person wird bald auf dem Schauplatz dieser Welt erscheinen. Arme Welt, die von ihm regiert werden wird!