Behandelter Abschnitt Joh 12,1-11
Das war das Zeugnis, das Gott dem Herrn Jesus als dem Sohn in der Auferstehungskraft gab, mit dem eindeutigen Ergebnis eines tödlichen Hasses bei denen, die sich nicht im Glauben beugten. Hier, bevor ein neues Zeugnis gegeben wird, ist es uns erlaubt, Ihn im Haus derer, die Er liebte, in Bethanien zu sehen, wo der Geist uns einen neuen Beweis der Gnade in der Anerkennung seiner Herrlichkeit gibt, und das im Hinblick auf seinen Tod. Dort lag der soeben von den Toten auferweckte Mann mit dem zu Tisch, der Ihn auferweckte!
Jesus nun kam sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien, wo Lazarus [,der Gestorbene,] war, den Jesus aus den Toten auferweckt hatte. Sie machten ihm nun dort ein Abendessen, und Martha diente; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch lagen. Da nahm Maria ein Pfund Salböl von echter, sehr kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete seine Füße mit ihren Haaren. Das Haus aber wurde von dem Geruch des Salböls erfüllt. Es sagt aber Judas, [Simons Sohn,] der Iskariot, einer von seinen Jüngern, der im Begriff stand, ihn zu überliefern: Warum ist dieses Salböl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben worden? Er sagte dies aber, nicht weil er für die Armen besorgt war, sondern weil er ein Dieb war und die Kasse hatte und trug, was eingelegt wurde. Da sprach Jesus: Erlaube ihr, es auf den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben; denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit (12,1–8).
In der Gegenwart des Herrn kommt jeder mit seinem wahren Gesicht zum Vorschein. Jesus persönlich, wie überall, ist der Gegenstand Gottes, das Licht, das alles offenbar macht. Aber Er tut noch mehr. Da Er das Leben auf den Schauplatz des Todes gebracht hatte, sind die Zeugen seiner Macht und Gnade dort an ihrem Platz, nach ihrem Maß, wobei nur einer diese besondere Unterscheidung hat, die die Liebe, die von Gott ist, vermittelt, obwohl die Gnade sie nach ihrer eigenen Macht interpretieren mag. Sie machten dort ein Abendmahl für Ihn, Martha diente, Lazarus lag mit Ihm zu Tisch, Maria salbte seine Füße mit dem kostbaren Salböl; und das Haus war erfüllt von dem Geruch des Salböls. Der Herr empfand und erklärte ihre Bedeutung, gemäß seiner eigenen Weisheit und Liebe.
Wenn aber eine aus der gesegneten Familie durch eine Weisheit, die über die eigene hinausging, in einfältiger Ergebenheit zu einer Handlung geführt wurde, die zu jener Zeit höchst angebracht und bedeutsam war, so fehlte es nicht an einem seiner Jünger für das Werk des Feindes, für den Jesus nichts bedeutet. Alles Gute oder Böse verwandelt sich im Grunde in eine wahre oder falsche Einschätzung seiner Person. Wir mögen langsam sein und sind es auch, diese Lektion zu lernen, obwohl sie von größerer Bedeutung ist als jede andere. Doch es ist das Ziel des Geistes in der ganzen Schrift, uns das zu lehren, und nirgends ist das so auffällig oder so tiefgründig wie in diesem Evangelium.
So sagt Judas Iskariot, einer seiner Jünger, der Ihn verraten wollte: „Warum ist dieses Salböl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben worden? (V. 5). Er dachte nicht an Jesus! Und doch hätte die Tat Marias natürlich Zuneigung wecken können. Was war Er doch für sie! Judas berechnet kühl den niedrigsten Verkaufspreis der Narde; er stellt arme Leute vor, für die er keine wirkliche Sorge hatte; er hätte diese Summe gern zu seinem unrechtmäßigen Gewinn hinzugefügt. Nichts kann durch und durch vernichtend sein, ruhiger und wahrer, als der Kommentar des Heiligen Geistes in Vers 6. Aber was sagte Jesus? „Erlaube ihr, es auf den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben; denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit“ (V. 7.8).
Hier ist die Wahrheit in göttlicher Liebe gesagt. Nicht, dass Maria irgendeine prophetische Andeutung erhalten hätte. Es war das geistliche Empfinden eines Herzens, das in Jesus den Sohn Gottes gefunden hatte, eines Herzens, das die Gefahr spürte, die über Ihm als Menschen hing. Andere mögen an seine Wunder denken und hoffen, dass mörderische Absichten in Jerusalem wie in Nazareth vergehen würden. Maria war nicht so leicht zufriedenzustellen, obwohl sie seine Auferstehungskraft mit so tiefen Empfindungen bezeugt hatte wie kein anderer auf der Erde. Und sie wurde von Gott dahingeführt, das zu tun, was in den Augen des Herrn bei weitem eine wichtigere Bedeutung hatte als in ihren eigenen Augen. Die Liebe, die sie dazu veranlasst hatte, war von Gott, und das ist über jeden Preis erhaben. „Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten“ (Hld 8,7). Das sagte Er, der die Eitelkeit menschlicher Liebe besser kannte als alle anderen Menschen, mit den größten Mitteln, die dem Haupt jedes Hauses je zur Verfügung standen. Aber was war Marias Salböl oder die Liebe, die es hervorbrachte (so wie es aufbewahrt worden war, und jetzt wusste sie, warum in diesem kritischen Moment), verglichen mit dem, der sie rechtfertigte und im Begriff stand, für alle zu sterben, sogar für Judas?