Behandelter Abschnitt Joh 10,17-18
Aber der Tod Christi hat für seinen Vater einen Aspekt der tiefsten Freude und des Wohlgefallens, abgesehen davon, dass er die Grundlage der Erlösung und des Christentums ist.
Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wiedernehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen (10,17.18).
Der Herr fügt hier nicht „für die Schafe“ hinzu, noch sollten wir seinen Tod auf uns selbst beschränken. Er lässt uns den Wert erkennen, den sein eigenes Lassen seines Lebens in sich selbst hatte. Es war ein neues Motiv für die Liebe des Vaters; und kein Wunder, wenn es nur die unergründliche Tiefe wäre, in die seine eigene Hingabe hinabsteigen konnte. Aber in der Tat, niemand außer dem Vater weiß, was Er darin an Liebe, Vertrauen zu Ihm, Selbstaufgabe und moralischer Vortrefflichkeit in jeder Hinsicht fand, gekrönt von der persönlichen Würde dessen, der, in unaussprechlich naher Beziehung zum Vater selbst stand, so zu sterben bereit war. Daher konnte es nicht anders sein, als dass der Sohn sein Leben wiedernahm, nicht mehr in Verbindung mit der Erde und den darauf lebenden Menschen, sondern auferstanden von den Toten, und damit war Er die Kraft und das Vorbild der Christenheit.
In dieser tiefen Erniedrigung, der sich der Herr in Gnaden unterwarf, liegt die größte Sorgfalt, sich vor dem geringsten Verdacht zu hüten, der seine Herrlichkeit als Sohn und Gott herabsetzen könnte. Er ist nicht, wie bei Matthäus (wo Er als der verworfene Messias gesehen wird, der Sohn des Menschen, nicht nur das bestimmte Haupt aller Nationen und Stämme und Sprachen, sondern im Befehl der heiligen Engel – seiner Engel): Er brauchte nur seinen Vater anzurufen, der Ihm mehr als zwölf Legionen Engel zur Verfügung stellen würde. Und was hätten alle Legionen Roms gegen diese himmlischen Wesen vermocht, die mächtig sind und sein Wort ausführen? Aber wie, fügt Er segensreich hinzu, sollte die Schrift erfüllt werden, dass es so geschehen musste?
Obwohl Er eine göttliche Person war, war Er gekommen, um zu sterben; das ewige Leben, das beim Vater war, bevor es einen Menschen oder eine Erde gab, hatte sich herabgelassen, Mensch zu werden, damit Er so sein Leben hingeben und es wiedernehmen konnte. Aber hier spricht Er nicht mehr in bescheidener Liebe, sondern als bewusster Gott: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen“ (V. 18). Auf der einen Seite ist da die ruhige Behauptung des Rechts sowie der Macht, sein Leben zu lassen und es wiederzunehmen. Wie niemand außer dem Schöpfer das Letztere tun konnte, so ist kein Geschöpf berechtigt, das Erstere zu tun. Niemand außer Gott hat die Macht und das Recht, beides zu tun; und das Wort, ohne natürlich aufzuhören, göttlich zu sein (was in der Tat nicht sein konnte), wurde Fleisch, damit Er so sterben und auferstehen konnte. Andererseits bleibt Er auch in dieser Handlung, die man mit Recht als die streng persönlichste aller Handlungen hätte bezeichnen können, der gehorsame Mensch, der nur den Willen seines Vaters tun wollte. Er war gekommen, um den Willen Gottes zu tun. Das ist die Vollkommenheit, die allein in Jesus zu finden ist. Wir dürfen Ihn zusammen mit dem Vater, der Ihn gegeben hat, anbeten. Er ist würdig.