Behandelter Abschnitt Joh 10,11-13
Als Nächstes stellt sich der Herr in dem schönen Charakter des guten Hirten vor; ein höchst ergreifender und ausdrucksvoller Beweis seiner demütigen Liebe, wenn wir bedenken, wer Er ist und was wir sind.
Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling [aber] und der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht; und der Wolf raubt sie und zerstreut [die Schafe. Der Mietling aber flieht], weil er ein Mietling ist und sich nicht um die Schafe kümmert (10,11–13).
Dies ist wahrlich die Liebe: Nicht, dass wir ihn geliebt haben, sondern dass Er uns geliebt hat und als Sühnung für unsere Sünden gestorben ist. Das Lassen des Lebens jedenfalls für andere wäre die vollste Offenbarung der Liebe gewesen: Wie viel mehr bei Ihm, dem die Schafe gehörten, der von früher her verheißen war, in der Kraft des Herrn zu stehen und zu weiden, in der Majestät des Namens des Herrn, seines Gottes! Die Größe bis an die Enden der Erde ist eine Kleinigkeit im Vergleich dazu, dass der gute Hirte sein Leben für die Schafe hingegeben hat. Es ist derselbe Messias; aber wie unermesslich größer ist das Zeugnis seiner Liebe, wenn Er so stirbt, als wenn Er so herrlich regiert, wie es Ihm selbst und der Herrlichkeit Gottes angemessen und gebührend ist und den Menschen zum Segen gereicht, wenn das Königreich kommt!
Als Nächstes erscheint eine andere Phase menschlicher Anmaßung in göttlichen Dingen, nicht Diebe und Räuber wie zuvor, sondern der „Mietling“, der Mann, der sich an den Schafen vergreift, ohne ein höheres Motiv als seinen eigenen Reichtum oder seine Gier. „Die hungrigen Schafe sehen auf und werden nicht gefüttert“, wie einer unserer eigenen Dichter gesungen hat, und das nicht zu Unrecht. Hier beschreibt der Herr also zunächst nicht ihre Prüfungen, sondern seinen Charakter, der das, was nicht ihm, sondern Christus gehört, für sich beansprucht und sie so in der Stunde der Gefahr einfach verlässt. Er „sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht“ (V. 12b). Es ist der Widersacher, mit welchen Mitteln und Instrumenten er auch immer wirken mag.
Dann folgt die Gefahr, in die sie geraten, und der eigentliche Schaden, der ihnen zugefügt wird. „Und der Wolf raubt sie und zerstreut [die Schafe. Der Mietling aber flieht]“ (V. 12c). Wie die göttliche Liebe in Gottes Absicht und Willen gewirkt hat, so auch im Tod Christi; es gibt nichts Gutes oder Annehmbares, wo die Liebe nicht der Beweggrund ist. Sie ist die wahre und einzig richtige Quelle des Dienstes; so wie der Herr dem Knecht, der jetzt wiederhergestellt und wieder eingesetzt ist, nach seiner Selbstverleugnung zu verstehen gab: „Weide meine Lämmer – meine Schafe.“ Nicht, dass Er nicht die herrlichsten Belohnungen vorstellt, um den Diener zu ermutigen, der sich bereits auf dem Weg Christi befindet und dazu neigt, durch Schwierigkeiten niedergeschlagen zu werden; aber die Liebe allein wird als das anerkannt, was ihn zum Dienen veranlasst. Christus war die Vollkommenheit der selbstaufopfernden Liebe; und es ist Satan, der als Wolf das, was Ihm so kostbar ist, an sich reißt und zerstreut, durch die Selbstsucht derer, die die Schafe in ihrer größten Gefahr im Stich lässt, wobei der Mietling sich nicht um die Schafe kümmert. Der Charakter des Menschen und Satans ist so eindeutig wie der von Christus, der in den nächsten Versen als letzter für andere Charakterzüge hervorkommt. Bei Ihm war die Selbstsucht völlig abwesend; nur die Liebe war da.