Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben (5,25).
Es ist in der Tat eine traurige Wahrheit, dass die Menschen mit allen Aktivitäten der Welt hier die Toten sind. Es geht auch nicht um eine strengere Moral oder um eine heiligere Religion. Sie mögen sich entweder das eine oder das andere oder beides aneignen, und doch fehlt ihnen das Leben. Das Dogma kann es ebenso wenig geben wie die Praxis. Es fließt aus dem Sohn Gottes, der Leben gibt, wem Er will; doch ist es durch den Glauben, und so durch das Wort, das der Geist lebendig anwendet.
Hier ist der Evangelikalismus schwach und der Sakramentalismus falsch. Wenn Letzterer abergläubisch einer Ordnung der Geschöpfe die Ehre gibt, die allein einer göttlichen Person zukommt, so ignoriert und setzt Ersterer die Wahrheit herab, indem er von einem bekehrten Charakter spricht und von der Hingabe dessen, was einst dem Ich und der Sünde überlassen war, an Gott; aber keiner von beiden hat eine passende Einschätzung des völligen Verderbens des Menschen, noch folglich der absoluten Notwendigkeit und der wirklichen Macht der göttlichen Gnade. Die Toten sind jetzt allgemein die Menschen, bis sie aus Gott geboren sind. Es ist kein Bild der zukünftigen Auferstehung, ob von Gerechten oder Ungerechten, die in den Versen 28 und 29 folgt, sondern der gegenwärtigen Stunde, wie der Herr selbst andeutet; denn es ist „jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden“. Seine Stimme ergeht im Evangelium an jedes Geschöpf; „und die sie gehört haben, werden leben“. Das sind die Mittel und die Voraussetzung für das Leben. Es ist aus Glauben, damit es aus Gnade sei. Die völlige Ohnmacht des Menschen ist ebenso offenkundig und gewiss wie die herrliche Kraft Gottes.
Diejenigen also, die gehört haben, werden leben. Die Masse der Menschen hat Ohren, aber sie hören leider nicht; auch für die Juden, als sie Ihn sahen, hatte Er kein Aussehen, dass sie Ihn begehrt hätten (Jes 53,2). Ob der Mensch nun abergläubisch oder skeptisch ist, er unterwirft sich nicht dem Urteil Gottes über seinen eigenen Zustand und empfindet folglich nicht die Notwendigkeit der souveränen Barmherzigkeit in Christus, der allein das Leben geben kann, das der Mensch für Gott jetzt oder in der Ewigkeit braucht. Aber wie groß auch immer die Barmherzigkeit Gottes sein mag, Er will, dass sein Sohn geehrt wird, und zwar jetzt durch das Hören seines Wortes und den Glauben an das Zeugnis dessen, der Ihn gesandt hat. Dies stellt den Menschen gründlich auf die Probe, was das Gesetz nur teilweise tat. Denn niemals vertraut der Sünder Gott bezüglich des ewigen Lebens, bis die Gnade ihn dazu bringt, seine Sünden zu erkennen und sich selbst völlig zu misstrauen. Wie froh ist er dann, wenn er erfährt, dass die Güte Gottes in Christus ewiges Leben gibt und Ihn gesandt hat, damit er es erfährt! Wie bereitwillig bekennt er sich zu den Toten, was kein Mensch wirklich tut, bis er durch das neue Leben lebt, das in Christus ist! Wie herzlich beugt er sich vor dem Sohn Gottes und preist den Gott, der Ihn in Liebe und Barmherzigkeit gesandt hat und nicht den Tod des Sünders will, sondern dass er das Leben durch seinen Namen habe!
Aber derselbe Unglaube, der früher bei den Juden das Gesetz missachtete und den Götzen nachlief, vertraut jetzt bei den Heiden einer Verordnung, was die erhöht, die sich ihre gültige und ausschließliche Verwaltung anmaßen, oder misstraut offen Gott und verleumdet seinen Sohn, indem er sich ohne Ihn auf sich selbst verlässt. Sie sind die religiösen oder profanen Ungläubigen. Sie sind die Toten und haben nie die Stimme des Sohnes Gottes gehört, sondern nur die ihrer Priester oder ihrer Philosophen. Wie sehr sie sich auch rühmen mögen, sie werden nicht leben, denn sie haben nicht Christus, sondern nur Ideen, eingebildete oder verstandesmäßige. Sie haben nicht die Wahrheit, die untrennbar mit Christus verbunden ist, empfangen, und zwar durch den Glauben zur Ehre Gottes und zur Zerstörung menschlicher Anmaßungen.
Es ist ganz wichtig zu sehen, dass sich alle Wahrheit in der Person Christi konzentriert, der, da Er Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, sich herabließ, Mensch zu werden, ohne die geringste Einbuße an göttlicher Herrlichkeit, und doch treu die dem Menschen eigene Stellung annahm. Das erklärt die Sprache des Herrn im Folgenden, deren Missverständnis nicht wenige angesehene Theologen an den Rand, wenn nicht gar in die Grube fundamentaler Heterodoxie geführt hat.