Behandelter Abschnitt Mt 5,21-26
Verschiedenes Töten. Mt 5,21-26.
Der König nennt nun Einzelheiten bezüglich des Gesetzes, indem Er dessen Übertretungen vor Gott weiter ausdehnt, als es die Gesetzesgelehrten taten. Sein: "Ich aber sage euch" zeigt, was in diesem Falle Gott als Totschlag ansieht (2. Mose 20,13; 21,12). Diese königliche Erklärung wird gar vielen die Augen geöffnet haben.
I. Verschiedenes Töten.
In Israel galt nur der als Mörder, der andere tötete, kam darum vor Gericht und wurde mit dem Tode bestraft. Der Herr aber nennt 3 Stufen von Mord.
1. Das grundlose Zürnen. Zürnen ist überhaupt nicht Sache des Jüngers, weil er allen Zorn ablegt, - dennoch meint er, manchmal Grund genug dazu zu haben. Meinte das nicht Kain auch? Nach dieser königlichen Auslegung gehört das Zürnen unter die Übertretung dieses Gebotes, denn Zorn ist die Wurzel des Totschlages. Ungerichteter Zorn macht uns zum Mörder.
2. Der Schimpfname Racha, d. h. Taugenichts, Tor. Verachtung ist schändlich vor Gott und wird von Ihm gerichtet. Es ist also ein Töten mit der Zunge. Geschieht dies leider nicht oft unter Gläubigen? Man schädigt den andern mit der Zunge, der Herr aber nennt es Totschlag.
3. Du Narr. Dieser Ausdruck bedeutet Verrückter, Gottloser. In diesem Wort liegt die völlige Verachtung des andern. Man tut ihm absichtlich weh. Jeder, der Haß wuchern läßt, ist vor Gott ein Mörder (1Joh 3,15). Verharre ich darin, dann bin ich des Gerichtes schuldig (Lk 12,47-48).
II. Dreierlei Gerichtsstätten.
Der Herr, der auf die bekannten Gerichte Bezug nahm, zeigte, vor welchem entsprechenden Gerichtshof der Übertreter erscheinen müsse, um gerichtet zu werden, entweder:
1. Vor der örtlichen, in allen Städten allgemein bekannten Gerichtsstätte. (Lokalgericht.)
2. Vor dem Synedrium, einer Art Obergericht, dessen Urteil rechtskräftig war, und durch Steinigung vollzogen wurde.
3. Vor dem Gehenna (Feuerhölle.). Das war der Ort, da Schutt und Abfälle, Tierleichen usw. verbrannt wurden, und an welchem ständig Feuer war. An dieser Stätte wurden auch besonders große Sünder verbrannt und also gerichtet.
III. Der Altar.
Die Wichtigkeit, Brudersünden in Ordnung zu bringen, zeigt der Altar. Der Einzelne will hier Gott anbeten und Gaben darbringen. Am Altar, in Gottes Gegenwart durchleuchtet uns das Wort, und deckt die Sünde auf. Was nun? Gott will keine Gabe von Unreinen, darum sagt Er: "Gehe zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder." Ach, wieviele haben keinen Altar, kennen keine Stille vor Gott! Sie geben Gott gar keine Gelegenheit, sie zu korrigieren. Ihr Verlust ist unsagbar groß. Im Heiligtum hören wir die Stimme Gottes (Ps 73) und werden zurecht gebracht. Gottes Forderung heißt also, versöhne dich; oder laß die Sonne nicht untergehen, ehe du das getan hast. Gehorsam ist besser als Opfer. Ach, wie viele gehen zum Mahl des Herrn, vergessen aber 1Kor 11,31. Solche Anbetung ist Gott ein Greuel. Also versöhne dich erst.
IV. Wiedergutmachung.
Das ist ein wichtiger Punkt und wird doch so oft übersehen. Gehe hin, versöhne dich. Also warte nicht, bis daß der Gegner kommt. Laß es ihn merken, daß es dir leid ist und laß ihn deine Liebe fühlen. Stelle das alte Verhältnis wieder her. Dieser Demütigungsweg ist heilsam und bewahrt vor weiterem Fehlen. Die Möglichkeit wieder gutzumachen könnte durch den Tod verhindert werden. Wir müssen hingehen, sobald uns der Altar überführt hat. Wahre Söhne des Reiches legen solche Dinge ab (Eph 4,26; 6,9).
Die Verse 25-26 müssen im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden gelesen werden. Da ist vom Verhältnis der Menschen untereinander und von ihrem Verhalten zueinander die Rede (Vers 22-24). Jede Mißachtung unserer Mitmenschen (Brüder), und jede Verfehlung ihnen gegenüber macht uns zu Schuldnern und sie zu Gläubigern. Beide, Schuldner und Gläubiger, befinden sich auf dem Wege zum Richter, denn es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und danach das Gericht (Heb 9,27). Auf diesem Wege, also bevor der Tod eintritt, soll der Schuldner sich mit seinem Widersacher abfinden; denn der Richter, der nach Recht und Gerechtigkeit richtet, kennt kein Erbarmen und läßt den Schuldner ins Gefängnis werfen. Wie lange muß er dort bleiben? Bis er alles bezahlt hat (Vers 26). Mit diesem Schriftwort wollen gewisse Ausleger des Wortes beweisen, daß alle wieder aus dem Kerker (dem Feuersee) herauskommen. Aber das ist ein großer Irrtum. Wenn der Schuldner zu zahlen imstande wäre, könnte und würde er das nicht noch vor dem Richter tun? Die Tatsache aber, daß er in den Kerker geworfen wird, beweist, daß er nicht bezahlen kann. Im Gefängnis aber ist ihm jede Möglichkeit, jemals in die Lage zu kommen, bezahlen zu können, abgeschnitten. So will denn der Herr sagen, daß ein Herauskommen aus dem Kerker ausgeschlossen ist, weil das "bis er den letzten Heller bezahlt hat" gar nicht eintreten kann. Das Abbüßen einer verhängten Strafe bedeutet aber keineswegs die Begleichung einer Geldsumme. Und erst recht nicht in diesem Falle, weil die Strafe dauert, bis daß die ganze Summe bezahlt ist. Wie tief ernst sind doch diese Worte aus dem Munde dessen, der sagt: "Ich bin die Wahrheit." Lassen wir alles Deuteln und Auswege suchen, ordnen wir das Leben gottgemäß, dann fürchten wir keinen Richter.