Behandelter Abschnitt Dan 1,3-5
Dan 1,3 - Ein königlicher Befehl
Nachdem wir einen gang kurzen Überblick über den letzten Teil der Geschichte des Reiches Juda und über Nebukadnezar gegeben haben, wollen wir nun etwas bei den ersten Vorgängen, die Daniel und seine drei Freunde betreffen, verweilen. Wir lesen in Vers 3:
Der König befahl. Nebukadnezar gab Befehl, daß man von den Kindern Israels, sowohl aus dem königlichen Samen, als auch aus den Vornehmen, einige Jünglinge für den Staatsdienst erziehe. Dieselbe Verordnung dürfte auch allen unterjochten Völkern und Rassen gegolten haben. So wurden einige gefangene Juden gleich nach ihrer Ankunft abgesondert und geschult. Sie hatten sich dem Totalitätsanspruch des Staates zu unterwerfen. Aus ihnen sollte eine Elite herangebildet werden, die später dem ganzen jüdischen Volke den Geist Babels einzuimpfen hatte. Zugleich wurde dadurch des Königs Ehrgeiz befriedigt, weil alle seine große Macht über die Völker seines Reiches zu fühlen bekamen. Diese Elite von Jünglingen war gleichsam eine Kriegstrophäe des Königs. Selbstverständlich mußten es die Intelligentesten sein, dazu schön von Gestalt (3. Mose 21,18; 1Sam 9,2; 2Sam 14,25). Nebukadnezar hätte keinen Mephiboseth; der lahm war an beiden Füßen, an seinem Tisch geduldet, wie das ein David tat. Hier wurden nur menschliche Größe und menschliches Wissen geehrt. Alle Wissenschaften, Leidenschaften und Künste waren an Nebukadnezars Hof vertreten. Und, um Ordnung und Vertrauen unter seinen Unterjochten zu schaffen, erwählte Nebukadnezar in kluger Weise aus beten Mitte etliche für die Hof- und Staatsdienste, während andere zu Priestern, Wahrsagern und Sterndeutern für die Religion des Reiches herangebildet wurden. Zugleich gewann Nebukadnezar durch sie Kenntnis über Sitten und Gebräuche all seiner Völker. Diese Auserwählten mußten noch jung und biegsam sein, um sie nach Belieben erziehen und später verwenden zu können. Daniel war allerdings nicht weich wie Wachs, sondern hart wie Stahl, der eher bricht als biegt.
Drei Jahre Hochschule. Das ausgedehnte babylonische Reich umfaßte gewaltige Gebiete mit ihren mannigfaltigen Sprachen. Es galt also diese zu erlernen und vor allem die Sprache der Chaldäer mit ihrer so schwierigen Keilschrift zu meistern. Die Jünglinge mußten als Schüler schnell im Denken und sehr aufnahmefähig sein. Der König wußte sehr wohl, weshalb er gerade Jünglinge aus vornehmen Häusern wählte. Sie waren schon von haus aus für höhere und höchste Schulung gut vorbereitet. In Nebukadnezars Reich fehlte es ja nicht an Mitteln, noch an den tüchtigsten Lehrkräften, und so sollte, nachdem das Reich nach außen hin stark geworden war, ihm auch ein ebenso fester Innenausbau durch tüchtige und fähige Männer gesichert werden. Für alle Zweige des Riesenreiches wurde das Beste herangebildet. Nebukadnezar wollte als das „goldene Haupt“ einen Musterstaat schaffen.
Die Güte des Königs. Um die zu erziehenden Jünglinge dem König noch mehr geneigt zu machen, wurden sie von der Tafelkost des Königs genährt. Das war gewiß ein Zeichen besonderer Anerkennung und Gunst. Aber durch diese und ähnliche Liebenswürdigkeiten sollten sie sich um so mehr für den König begeistern und ihre Herzen ganz gewonnen werden. Hier setzte nun für strebsame junge Männer eine sehr große moralische Gefahr ein. Zu alledem kam noch hinzu, daß sie in die königliche Akademie gerufen wurden. Hier trat an Jünglinge, wie
Daniel und seine Freunde, eine Versuchung nach der andern heran, aber „der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1Joh 5,4).