Einleitung
Sklavenhaltung
Dieser Brief behandelt indirekt das Problem der Sklavenhaltung, die gegen Gottes Willen ist, was im Alten Testament dadurch deutlich wird, dass ein Israelit einen hebräischen Sklaven im siebten Jahr freilassen musste (2Mo 21; 5Mo 15,12.18). In Epheser 6,9 und Kolosser 4,1 finden wir Anweisungen, wie Herren ihre Sklaven zu behandeln hatten und umgekehrt in 1. Timotheus 6,1-2, wie Sklaven sich gegenüber ihren Herren verhalten sollten. Im Römischen Reich machten die Sklaven einen größeren Teil der Bevölkerung aus als die Freien.
Was sagt die Schrift zur Sklavenhaltung?
Die Antwort finden wir in unserem Brief, aber sie wird gegeben in Grundsätzen, die nicht in Lehre und Vorschriften, sondern in Haltung und Auftreten in Liebe offenbar werden. Und dadurch wird der Bereich, für den diese Grundsätze gelten, weit über die Sklaverei ausgeweitet und ist auf alle Verhältnisse anzuwenden, in die ein Christ in dieser Welt kommen kann. So gewinnt der Brief auch großen Wert für uns (HLH).
Lehre und Praxis
Hier wird also die Wahrheit nicht in Form von Lehre, sondern in der Beschreibung lebendiger Wirklichkeit vorgestellt. Beides gehört zusammen. Wo Lehre fehlt, stellt sich Unbeständigkeit ein. Wo Praxis fehlt, Gefühlskälte. Manche Abschnitte des Wortes Gottes werden vernachlässigt, weil man denkt, sie würden keine Wahrheiten enthalten, obwohl sie in Wirklichkeit eine lebendige, kraftvolle Entfaltung dieser Wahrheiten sind.
Im Christentum offenbart Gott alle seine Ratschlüsse. Derselbe Gott ist es, der sich hier um einen kürzlich bekehrten Sklaven bemüht. Darin sehen wir, dass das Christentum göttlich ist. Gott ist allmächtig, allwissend und allgegenwärtig und offenbart sich uns auch praktisch, wenn wir Ihn in die einfachsten Umstände des Lebens hineinnehmen.
Christentum ist kein System irdischer Gerechtigkeit; es ist die Entfaltung der Gnade Christi und himmlischer Hoffnungen (WK).
Hier begegnen wir einer wichtigen Belehrung. Wenn jemandem ein offenbares Unrecht angetan worden ist, gibt es keinen wirkungsvolleren Beweis der Buße als Bekenntnis und Wiedergutmachung, soweit es in unserer Macht liegt. Es ist immer ein schmerzlicher Prozess, doch es ist praktische Gerechtigkeit, äußerst wirkungsvoll als ein Zeugnis und zur Verherrlichung Gottes (FBH).
Anlass für diesen Brief
Der Anlass für das Schreiben dieses Briefes war der Sklave Onesimus, der seinem Herrn Philemon offensichtlich nach einer Verschuldung entlaufen war. Er war nach Rom geflohen und hatte dort den Apostel Paulus kennengelernt und war durch ihn zur Bekehrung gekommen.
Der Brief ist in gewisser Weise ein Empfehlungsbrief – Paulus unterschreibt den Brief.
Einteilung
Absender, Adressat und Gruß (V. 1‒3)
Dank für die Gottesfurcht des Philemon (V. 4‒7)
Der entlaufene Sklave Onesimus (V. 8‒14)
Philemon soll Onesimus wie einen Bruder aufnehmen (V. 15‒20)
Ankündigung eines Besuches bei Philemon (V. 21.22)
Grüße und Wunsch um Gnade (V. 23‒25)
Vers 1
Paulus, ein Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, Philemon, dem Geliebten und unserem Mitarbeiter: Paulus hat diesen Brief vom Gefängnis aus geschrieben. Er ist etwa zur gleichen Zeit wie die Briefe an die Epheser, die Kolosser und die Philipper entstanden und abgesandt worden. Manche Ausleger sehen diesen Brief als einen Anhang zum Kolosserbrief.
Der Brief hat mehrere Absender und mehrere Empfänger. Die Nennung dieser verschiedenen Namen im Gruß zeigt die herzliche Verbundenheit dieser Personen untereinander.
Timotheus, der Bruder: Paulus fand seine Freude an der Gemeinschaft mit Brüdern. So nennt er hier Timotheus, später Philemon (V. 7) und schließlich Onesimus (V. 16). Die Gemeinschaft mit den Brüdern steht in enger Verbindung mit der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Er wünschte, diese Gemeinschaft zu vertiefen. Vergleiche die Worte des Herrn Jesus in Johannes 20,17.
Philemon: Der Liebreiche; o. einer der liebt.
Geliebten: Ein Bruder, den man liebt.
Unserem Mitarbeiter: Philemon wohnte wahrscheinlich in Kolossä. Es ist eine Frage, ob Philemon durch Paulus zur Bekehrung gekommen ist (V. 19), da ja die Versammlung dort durch Epaphras entstanden war. Er hatte mit am Evangelium gearbeitet. Die Versammlung war in seinem Haus, und er war sicher um sie besorgt. Sein Name bedeutet „Liebender“.