Behandelter Abschnitt Joh 5,1-9
Die Wege der Gnade in der Befreiung von dem Gesetz
Johannes 3 stellt uns die Beiseitesetzung des Fleisches durch das Werk des Heiligen Geistes in uns und die Verurteilung der Sünde durch das Werk Christi für uns vor (Joh 3,6.7.14).
Im vierten Kapitel, in der Geschichte der Frau am Brunnen, lernen wir den Weg der praktischen Befreiung von der Macht der Sünde durch ein neues Leben in der Kraft des Geistes kennen, mit dem Ergebnis, dass der Gläubige nicht länger der Sünde dienen soll. Wie der Apostel sagen kann: „Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm 8,2).
Johannes 5 stellt uns den Weg praktischer Befreiung von der Grundlage des Gesetzes und der Schwachheit des Fleisches vor. Der Mensch wird durch die Macht des Sohnes Gottes von der Schwachheit, die die Sünde über ihn gebracht hat, erhoben und von dem Gesetz befreit, das ihm nicht helfen kann. Das Kapitel besteht aus vier großen Teilen:
am Teich (Joh 5,1-9)
das Ruhen Gottes als Folge der Erlösung des Menschen (Joh 5,9-16)
die Herrlichkeit der Person, die die Erlösung des Menschen und die Ruhe Gottes sichert (Joh 5,7-29), und
schließlich die verschiedenen Zeugnisse von der Herrlichkeit Christi (Joh 5,30-47).
Die Begebenheit von dem Mann am Teich oder die Befreiung von dem Gesetz (Joh 5,1-9)
Joh 5,1-9: Nach diesem war ein Fest der Juden, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. Es ist aber in Jerusalem bei dem Schaftor ein Teich, der auf hebräisch Bethesda genannt ist, welcher fünf Säulenhallen hat. In diesem lag eine Menge Kranker, Blinder, Lahmer, Dürrer, [die auf die Bewegung des Wassers warteten. Denn zu gewissen Zeiten stieg ein Engel in den Teich herab und bewegte das Wasser. Wer nun nach der Bewegung des Wassers zuerst hineinstieg, ward gesund, mit welcher Krankheit irgend er behaftet war.] Es war aber ein gewisser Mensch daselbst, der achtunddreißig Jahre mit seiner Krankheit behaftet war. Als Jesus diesen daliegen sah und wusste, dass es schon lange Zeit also mit ihm war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden? Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, dass er mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den Teich werfe; indem ich aber komme, steigt ein anderer vor mir hinab. Jesus spricht zu ihm: Stehe auf, nimm dein Bett auf und wandle! Und alsbald ward der Mensch gesund und nahm sein Bett auf und wandelte. Es war aber an jenem Tage Sabbat.
Die Szene am Brunnen von Sichar wurde benutzt, uns Gottes Weg von der Befreiung von der
Macht der Sünde zu zeigen. Der Teich von Bethesda soll uns nun Gottes Weg der Befreiung von dem Gesetz zeigen. Samaria und sein verderbtes Volk zeigen das Bedürfnis nach Befreiung von Sünde fort. Jerusalem und seine religiösen Juden dienen als Beispiel für das Bedürfnis nach Freiheit vom Gesetz.
In den fünf Säulenhallen am Teich war eine große Menge kranker Menschen. Einige waren blind, manche lahm, andere hatten verkrüppelte Hände und Arme, alle aber brauchten Heilung. Diese kranken Menschen warteten rund um den Teich, in dem die Gesundheit, die sie so bitter nötig hatten, erlangt werden konnte. Zu einer bestimmten Zeit, nach der Vorsehung Gottes, bewegte ein Engel das Wasser, und die kranke Person, die nach der Bewegung des Wassers zuerst in den Teich stieg, wurde geheilt.
Hier werden zwei Dinge deutlich:
Der Segen der Heilung wurde durch den Teich erlangt.
Dieser Segen konnte nur durch die Anstrengung der kranken Person erhalten werden.
Damit ist der Teich ein eindrucksvolles Bild von dem Menschen unter Gesetz. Sowohl in dem gesetzlichen System der Juden als auch in der Vorsorge Gottes gab es Segen für den Menschen. Der Segen unter dem Gesetz oder nach Gottes Vorsorge kann jedoch nur durch eigene Anstrengung des Menschen sichergestellt werden. Für diese andauernden Bemühungen muss der Mensch Kraft haben. Daraus folgt, dass es unter dem Gesetz dem Menschen, der sich in den schlimmsten Nöten befindet und die Hilfe am meisten benötigt, am wenigsten möglich ist, das Heil zu erlangen. Die Krankheit, von der er geheilt werden muss, raubt ihm die Kraft, sich das Heilmittel zu verschaffen. Dies war der traurige Zustand des Menschen, der achtunddreißig Jahre lang krank war.
Die körperlichen Bedürfnisse dieses Mannes können wir mit unseren geistlichen Bedürfnissen vergleichen. Die Macht der Sünde, von der wir befreit werden mussten, beraubte uns der Kraft, Befreiung durch unsere eigenen Bemühungen zu erlangen. Der gelähmte, kraftlose Mann hatte lange Jahre mühevoll darum gekämpft, gesund zu werden, jedoch vergeblich. Schließlich wird er zu dem Punkt gebracht, an dem er bekennt, dass er einen Heiland braucht. Er hatte Befreiung von seinen gesetzlichen Anstrengungen nötig, um seine Gesundung zu erlangen und er brauchte eine Kraft, die stärker war als die Kraft, die ihn bis zu diesem Zeitpunkt getragen hatte. Auf die Frage des Herrn antwortet er: „Herr, ich habe keinen Menschen, dass er mich … in den Teich werfe.“ Er gesteht seine äußerste Kraftlosigkeit und die Nutzlosigkeit aller seiner Anstrengungen ein und gibt damit zu, dass er jemand anderes bedarf, wenn er aus seinem traurigen Zustand befreit werden soll. Sofort stellt er seine eigenen Bemühungen ein und hält nach einem Erretter Ausschau und findet diesen Erretter in unmittelbarer Nähe. Der Herr sagt zu ihm: „Stehe auf, nimm dein Bett auf und wandle!“ Der Mann ist von seinen eigenen Anstrengungen befreit, um das ersehnte Heil zu erlangen. Das Ergebnis ist, dass er gesund und fähig gemacht wird, das zu tragen, was ihn zuvor getragen hatte.
Der Gelähmte ist somit ein eindrucksvolles Bild des Menschen, wie er in Römer 7 beschrieben wird, bei dem der Wille, das Gute zu tun, vorhanden war, dem jedoch die Kraft dazu fehlte.
Sobald er jedoch herausfindet, dass alle gesetzlichen Anstrengungen, sich selbst von seinen Lüsten zu befreien, vergeblich sind, und die Seele ruft: „Ich elender Mensch! Wer wird mich retten?“, findet er einen Erlöser in unmittelbarer Nähe und kann sagen: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ So finden wir in Christus Einen, der uns von unseren eigenen gesetzlichen Bemühungen befreit und uns befähigt, genau das zu überwinden, was uns überwunden hatte.
Allerdings müssen wir bedenken, dass wir hiermit die Befreiung vom Gesetz meinen. Das Prinzip des Gesetzes ist, dass wir überwinden durch das, was wir tun. Der Mensch in Römer 7 hatte das Bestreben, nach seinem Grundsatz zu handeln; er strengte sich an, seine Lüste durch eigene Anstrengungen zu überwinden. Die Befreiung vom Gesetz bedeutet praktisch, dass wir von unseren eigenen Bemühungen befreit werden . Wir werden von dem mühsamen Kampf befreit, das Fleisch und die Macht der Sünde zu überwinden. Wir brauchen nicht nur die Erlösung von unseren Leidenschaften und Lüsten, sondern Befreiung von unseren eigenen Bemühungen, diese zu überwinden. Anstatt gegen unsere Leidenschaften und Lüste zu kämpfen und ständig Niederlagen zu erleiden, müssen wir auf den Herrn blicken und in Ihm den Erretter finden.
Das Prinzip des Teichs ist, dass „Gott denen hilft, die sich selbst helfen“. Aber Christus zeigt, dass Er einem Menschen hilft, der seine ganze Hilflosigkeit eingesteht. Die Kraft ist in Christus; Befreiung hängt von dem Befreier ab.