Behandelter Abschnitt 1Phil 2,1-4
Der Apostel Paulus hatte in Philipper 1,27 den Wunsch seines Herzens ausgedrückt, dass die Philipper in Einmütigkeit miteinander wandelten. Diesen Gedanken greift er nun noch einmal auf, und zwar in rührender Weise:
Phil 2,1-4: 1 Wenn es nun irgendeine Ermunterung gibt in Christus, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgend innerliche Gefühle und Erbarmungen, 2 so erfüllt meine Freude, dass ihr gleich gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes, 3 nichts aus Streitsucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; 4 ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.
Das alles genoss sein Herz zutiefst, und ihre Gaben und liebevollen Botschaften, die ihn im Gefängnis erreicht hatten, waren die unmittelbare Ursache dafür. Dass jemand solcherart an ihn dachte, als so viele ihn vergaßen und sich seiner Ketten schämten, bedeutete wirklich Ermunterung. Ihre Liebe hatte sein Herz getröstet und war eine echte Darstellung von Gemeinschaft im Geist und innerlichen Gefühlen und Erbarmungen, das heißt dem Erbarmen Christi, gewesen. Würden sie seinen Freudenkelch voll machen? Dazu genügte ihm eines: zu hören, sie wären „einmütig, eines Sinnes“. Er begehrte, dass sie einander dieselbe Liebe erwiesen, die sie ihm so wohltuend bezeugt hatten. Sein Herz konnte sich nicht damit begnügen, sie nach außen eins zu wissen – nur äußerlich nicht entzweit –, sondern er wünschte, dass ihre Herzen „vereinigt wären in Liebe“ [vgl. Kol 2,2]. Ihr Zustand war weit besser als der der Gläubigen in Korinth, wo sich in der Versammlung auf ganz fleischliche Weise Parteien bildeten. Dennoch war das Herz des Apostels noch nicht ganz befriedigt. Sein Wunsch war immer, dass die Gläubigen das waren, was sie für Christus sein sollten. Sie sollten der Absicht Gottes nicht weniger als völlig entsprechen.
Es ist ein Fallstrick, wenn wir mit unserem geistlichen Zustand zufrieden sind, auch wenn er verhältnismäßig gut ist. Paulus konnte die Thessalonicher loben für ihre Liebe zueinander und zu allen Brüdern in ganz Mazedonien, wollte aber nicht, dass sie dabei stehenblieben; deshalb fügt er hinzu: „Wir ermahnen euch aber, Brüder, reichlicher zuzunehmen“ (1Thes 4,10). Um solcherart miteinander in Eintracht zu wandeln, braucht man Demut und liebevolle Rücksichtnahme. Daher warnt der Apostel vor Streitsucht und eitlem Ruhm (vgl. Phil 1,15; Gal 5,26), und ein anderer Diener des Herrn sagt, dass, „wo Neid und Streitsucht ist, Zerrüttung ist und jede schlechte Tat“ (Jak 3,16). Doch ein ganz anderer Geist sollte bei uns herrschen: jeder in Demut den anderen höher einschätzen als sich selbst. Dazu kann uns nur die Gnade befähigen; doch wo sie herrscht und der Geist ungehindert wirkt, ist es eine Freude, wenn ich
Christus in meinem Bruder sehe, während ich Versagen und Unzulänglichkeit bei mir selbst wahrnehme. Weiter wird uns ein liebevolles Interesse am anderen aufs Herz gelegt; die Gläubigen sollen nicht ausschließlich mit ihren eigenen Interessen beschäftigt sein, sondern, wie Paulus es anderweitig ausdrückt: „Durch die Liebe dient einander“ (Gal 5,6.13).