Behandelter Abschnitt Off 14,14-16
Die Ernte der Erde
„Und ich sah: Und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer gleich dem Sohn des Menschen, der auf seinem Haupt eine goldene Krone und in seiner Hand eine scharfe Sichel hatte. Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel hervor und rief dem, der auf der Wolke saß, mit lauter Stimme zu: Schicke deine Sichel und ernte; denn die Stunde des Erntens ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist überreif geworden. Und der, der auf der Wolke saß, legte seine Sichel an die Erde, und die Erde wurde abgeerntet“ (14,14–16).
Dieses Gesicht von der Ernte der Erde, wie das nachfolgende von der Weinlese, sind Visionen der nun sofort erfolgenden Gerichte über die schuldige Menschheit, und zwar von Gottes Seite aus gesehen. Die Ausführung wird eine vielfältige sein, wie dies in den nachfolgenden Kapiteln gezeigt werden wird. Gottes Langmut und Gnade, so groß diese waren und so lange sie auch währten, nehmen doch schließlich ein Ende, und zwar ein radikales, ein plötzliches und ein unerbittliches. Der so lange zurückgehaltene Grimm Gottes wird nun über das Meer des Bösen in seiner ganzen heiligen und gerechten Macht und Kraft losbrechen und durch nichts aufgehalten werden können.
In der Ernte der Erde sieht Johannes zuerst Christus als König und Richter auf der Wolke der Herrlichkeit sitzend, so wie die Menschen Ihn später zum Gericht auf die Erde herabkommen sehen werden. Er ist der königliche Richter, so wie Er sich damals, als Er in Niedrigkeit vor dem Synedrium stand, seinen Richtern angekündigt hat (Mt 26,64). Er trägt hier den Titel „Sohn des Menschen“, in dem Er sich den Juden vorgestellt hatte, aber verworfen wurde. Dennoch wird Er als König und Richter wiederkommen und in diesem Doppelcharakter von seinem Volk erkannt und anerkannt werden. Er hat eine scharfe Sichel in seiner Hand, um das nun fällige Gericht vorzunehmen.
Der Zuruf des Engels dürfte einfach die in diesem Buch angemessene Form der vom Herrn hienieden so oft betonten Unterordnung unter den Willen Gottes des Vaters andeuten, indem Er sich in allem Werk und auch in allen Zeitpunkten allein von diesem bestimmen ließ (vgl. Mk 13,32; Joh 5,19-20).
So legt also der Sohn des Menschen die Sichel zur Ernte an die Erde, an die Welt, denn nach dem zweiten Gleichnis in Matthäus 13 ist der Acker die Welt, also die Nationen. Es handelt sich hier also um die Säuberung der Erde von allem Bösen, das „überreif “ genannt wird. Es ist höchste Zeit, das Unkraut zu vertilgen, denn der Weizen ist bereits eingesammelt (vgl. Mt 13,24-43).
Nach dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen in Matthäus 13 ist hier noch Raum zu einer gewissen Ausscheidung von solchen, die dem „ewigen Evangelium“ geglaubt haben. Beiläufig erwähnt, finden die im Gleichnis genannten Unkrautbündel eine interessante Illustration in den heutigen Großbildungen von Parteien, Interessengemeinschaften, Verbänden, Trusts usw. in denen heute schon ein Großteil der Menschen zusammengefasst und gefesselt sind.