Jesus in Judäa. Das Zeugnis des Johannes: Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.
Der mit Vers 22 beginnende Abschnitt stellt uns vor einen Konflikt — nicht zwischen Jesus und Johannes, sondern zwischen den Jüngern der beiden. In Bezug auf den Herrn Jesum kann ja von Konflikt nicht die Rede sein, aber es sollte auch unter Seinen Jüngern nichts Derartiges geben, und es könnte einem beim Lesen dieses Abschnittes wohl die Frage kommen: Warum ist Johannes nicht ein Jünger Jesu geworden? Sobald Jesus selbst taufte, war die Aufgabe Johannes des Täufers erfüllt, und er konnte sich entweder zurückziehen oder in die Schar der Jünger Jesu eintreten. Es ist sehr wichtig, daß man den richtigen Augenblick wahrnimmt, um sich zurückzuziehen, sonst kommt es leicht zu Konflikten. Der Herr Jesus taufte und Johannes taufte — dadurch wurde die Sache zur Streitfrage. Die Jünger des Johannes kommen mit der Klage zu ihrem Meister, daß die Taufbewerber einem andern zuströmten als ihm. Es tut ihnen weh, ihren bisherigen Lehrer in den Hintergrund gedrängt zu sehen, während ein anderer seinen Platz einnimmt. Soll Streit vermieden werden, so müssen nicht nur wir selbst bereit sein, in den Hintergrund zu treten, sondern wir müssen es auch mitansehen können, wenn den Unseren dieses Los zuteil wird. — „Der bei dir war jenseits des Jordans, von dem du zeugtest, siehe, der taufet, und jedermann kommt zu Ihm", sagen die Jünger des Johannes zu ihrem Meister. Ja, wollte Gott, daß heute auch alle zu Ihm kämen und so stehen blieben bei den Lehren Jesu und bei seiner Person, daß darüber alles andere in den Schatten träte! Wollte Gott, daß bald kein anderer Name mehr gälte, als der Name Jesu Christi; denn die Zeit ist nahe, wo der Herr wiederkommen wird in Seiner Herrlichkeit — wo alle Knie sich Ihm werden beugen müssen und alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters. Hüten wir uns darum wohl, aus Menschen etwas zu machen! Die Jünger des Täufers waren eifersüchtig, anstatt ihren Meister gerade in diesem Punkte zu verstehen, nachdem doch seine Aufgabe darin bestanden hatte, Jesum einzuführen und Ihm die Leute zuzuführen. Das einzig Richtige für sie wäre gewesen, selbst zu Jesu überzugehen, um fortan direkt von Ihm und durch Ihn zu lernen. Es ist ein großer Unterschied, ob wir durch Dritte von Jesu hören oder persönlich zu Ihm kommen und unseren Religionsunterricht direkt von Ihm empfangen. Aller Religionsunterricht durch Dritte darf nur Vorbereitung für den direkten Unterricht aus Jesu Munde sein; denn Er kann unterweisen wie kein anderer. Der Herr gibt jedem Seiner Jünger Privatunterricht, der — wenn auch gewissermaßen des gleichen Inhalts — der Eigentümlichkeit und Auffassungsgabe des einzelnen angepaßt ist. Er kennt uns alle mit Namen. Unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegen vor Ihm wie ein aufgeschlagenes Buch, und Er schreibt darein, was Er will und was wir gerade brauchen, vorausgesetzt, wir nehmen die Feder nicht selber in die Hand.