Behandelter Abschnitt Röm 10
In Kapitel 10 führt der Apostel das Thema weiter aus. Dabei zeigt er in rührendster Weise seine Zuneigung für das Volk Israel. Gleichzeitig entfaltet er den wesensmäßigen Unterschied zwischen der Gerechtigkeit des Glaubens und der Gerechtigkeit des Gesetzes. Er nimmt wieder ihre eigenen Bücher und beweist aus einem von diesen (5. Mose), dass in dem Verderben Israels weder ein Gang in die Tiefe, noch hinauf in den Himmel irgend eine Hilfe liefert. Christus tat jedoch beides; und so gilt: „Das Wort ist dir nahe, in deinem Munde und in deinem Herzen“ (V. 8). Es geht nicht um das Tun, sondern um den Glauben. Entscheidend ist die Botschaft an sie und das, was sie annehmen und glauben. Danach sammelt Paulus Zeugnisse von mehr als nur einem Propheten. Er zitiert aus dem Buch Joel, dass jeder, der den Namen des Herrn anruft, errettet wird. Er zitiert auch Jesaja: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden“ (V. 11). Beachten wir die Kraft des Wortes „Jeder“! Der Glaubende, wer immer er sein mag, wird nicht zuschanden. War es möglich, diese Worte auf Israel zu beschränken? Doch mehr als das: „Jeder, der irgend den Namen des Herrn anrufen wird . . . “ (V. 13). Das ist eine zweifache Verheißung: Jeder, der glaubt, wird nicht zuschanden; jeder, der anruft, wird errettet. Wie wir feststellen, öffnen beide Sätze die Tür für die Nichtjuden.
Außerdem deutet Paulus an, dass die Natur des Evangeliums bei der Verkündigung der guten Botschaft unmittelbar betroffen ist. Es geht nicht mehr um einen irdischen Mittelpunkt für Gott und ein Volk, das hinaufzieht, um den Herrn in Jerusalem anzubeten. Stattdessen fließt Gottes reichste Segnung aus. Und wo? Wie weit? Bis an die Grenzen des heiligen Landes? Nein, weit darüber hinaus! Psalm 19 findet eine äußerst schöne Anwendung, um auf die ganze Welt als die Grenzen hinzuweisen. Wie die Sonne am Himmel nicht nur für ein Volk oder ein Land allein scheint, genauso ist es mit dem Evangelium. Es gibt keine Sprache, wo seine Stimme nicht gehört wird. „Ja freilich. Ihr Schall ist ausgegangen zu der ganzen Erde, und ihre Reden zu den Grenzen des Erdkreises“ (V. 18). Das Evangelium geht überallhin. Damit wird jede jüdische Anmaßung widerlegt. Das geschieht nicht durch neue und ausführlichere Offenbarungen, sondern mit dieser göttlich einsichtsvollen Anwendung ihrer alttestamentlichen Schriften.
Zuletzt kommt Paulus auf zwei weitere Zeugnisse zu sprechen. So wie auf die Psalmen bezieht er sich jetzt auf das Gesetz und die Propheten. Zuerst lesen wir von Mose selbst. Mose schreibt: „Ich will euch zur Eifersucht reizen über ein Nicht-Volk usw.“ (V. 19). Wie konnten die Juden diese Worte auf sich beziehen? Im Gegenteil, es waren die Juden, welche von den Nichtjuden gereizt wurden. „Ich will euch zur Eifersucht reizen über ein Nicht-Volk, über eine unverständige Nation will ich euch erbittern.“ Leugneten sie, eine unverständige Nation zu sein? Sei es so! Durch eine unverständige Nation sollten sie, wie Mose darlegt, erbittert werden. Das genügte Paulus (oder vielmehr dem Geist Gottes) noch nicht, denn er geht weiter und stellt heraus, dass Jesaja sich in ähnlicher Weise „erkühnt“ (V. 20).
Das heißt: Die Wahrheit in dieser Angelegenheit war keineswegs verborgen. Jesaja schreibt: „Ich bin gefunden worden von denen, die mich nicht suchten, ich bin offenbar geworden denen, die nicht nach mir fragten.“ Die Juden waren in der ganzen Welt die letzten, sich auf diesen Boden zu stellen. Zweifellos suchten die Heiden nicht den Herrn, noch fragten sie nach Ihm; und der Prophet teilt mit, dass Jahwe von denen gefunden wurde, die Ihn nicht suchten, und denen offenbart wurde, die nicht nach Ihm fragten. In diesen Versen liegt jedoch nicht nur ein offensichtlicher Ruf an die Nichtjuden, sondern auch mit nicht weniger Klarheit eine Verwerfung - jedenfalls für eine gewisse Zeit - des stolzen Israel. „Von Israel aber sagt er: Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volke“ (V. 21).
Damit ist der Beweis vollständig. Die Nichtjuden - die verachteten Heiden - sollten eingeführt werden. Die selbstzufriedenen Juden blieben fraglos und gerechterweise zurück. Wenn sie wirklich dem Gesetz und den Propheten glaubten, konnten sie dies nicht leugnen.