Behandelter Abschnitt Heb 9,24-28
Heb 9,24-28: 24 Denn Christus ist nicht eingegangen in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des wahrhaftigen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen; 25 auch nicht, damit er sich selbst oftmals opferte, wie der Hohepriester alljährlich in das Heiligtum hineingeht mit fremdem Blut; 26 sonst hätte er oftmals leiden müssen von Grundlegung der Welt an. Jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer. 27 Und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, 28 so wird auch der Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung.
Der Schreiber fasst dann die vorangegangenen Punkte in drei verschiedenen Erscheinungen Christi zusammen: in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.
Erstens ist Christus „erschienen“ (sein erstes Kommen), um die ganze Frage der Sünde ein für alle Mal durch sein Opfer zu ordnen. Unser Schreiber sagt: „Jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbart worden [erschienen] zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer.“ Christus kam also in die Welt, um den vollständigen Ausbruch der Sünde in der Schöpfung zu beseitigen. Wie bereits erwähnt, hat sein Sühnungstod am Kreuz die Grundlage für die vollständige Abschaffung der Sünde gelegt (Joh 1,29). „Die Sünde wegnehmen“ ist eine umfassende Aussage. Sie schließt die Sünden der Gläubigen ein (1Joh 3,5), geht aber darüber hinaus und umfasst alle Auswirkungen und Folgen, die die Sünde in der Schöpfung angerichtet hat. J.N. Darby schreibt:
Was ist die Erklärung von Hebräer 9,26: „zur Abschaffung der Sünde durch sein [Christi] Opfer“? Ich glaube, dass es sich auf den neuen Himmel und die neue Erde erstreckt, in denen Gerechtigkeit wohnt. Wie auch: „das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“. Das Werk dazu ist bereits vollbracht, aber die Kraft ist noch nicht ausgeübt.10
W. Kelly schreibt:
Der Tag wird kommen, an dem der neue Himmel und die neue Erde die versöhnende Kraft des Opfers Christi offenbaren werden. Denn dann wird jede Spur von Sünde aus der Welt verschwunden sein. Und das ist die volle Kraft von Johannes 1,29, wie auch von unserem Vers Hebräer 9,26.
Die Sünde ist also bereits durch den Sühnungstod Christi vor Gott in einem richterlichen Sinn weggetan worden. Aber an einem zukünftigen Tag wird die Sünde aus dem Universum ausgelöscht werden, und dann werden die Himmel und die Erde „gereinigt“ werden (Heb 9,23). „Die Vollendung der Zeitalter“ bezieht sich auf den Abschluss der vierzig Jahrhunderte (die Zahl der göttlichen Erprobungen in der Heiligen Schrift), in denen der Mensch im Fleisch von Gott erprobt wurde. Diese Zeitspanne dauerte vom Sündenfall bis zum Kreuz Christi. Die Erprobung ist beendet, weil der Mensch im Fleisch in jeder Hinsicht völlig versagt hat. Infolgedessen hat Gott dem ganzen System der gefallenen Menschheit ein Ende gemacht und die „Sünde im Fleisch“ im Tod Christi „verurteilt“ (Röm 8,3). Er hat nun durch Christus in der Auferstehung mit einem neuen Menschengeschlecht begonnen. Damit wird Er seine Absicht erfüllen, Christus in der kommenden Welt zu verherrlichen.
Zweitens erscheint Christus jetzt im Himmel vor Gott für uns, wo Er seinen hohenpriesterlichen Dienst als Fürsprecher ausübt (Heb 9,24). Der Schreiber sagt: „Christus ist nicht eingegangen in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des wahrhaftigen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen.“ Der Schreiber wiederholt, was er bereits in Vers 11 gesagt hat: dass Christus nicht in das von Menschen gemachte Heiligtum auf der Erde eingegangen ist, das nur ein Abbild „des wahrhaftigen Heiligtums“ war, sondern in das himmlische Heiligtum selbst. So vertritt Er uns vor Gott. Da Er dort für immer als Mensch bleiben wird, kann sich unsere Stellung vor Gott niemals verändern! Er übt dort sein Werk der Fürbitte für die Gläubigen aus, um sie im praktischen Sinn vor geistlichen Gefahren auf dem Weg des Glaubens zu bewahren (Röm 8,34; Heb 7,25).
Drittens wird Christus bei der Entrückung aus dem Himmel „erscheinen“, um die Gläubigen aus dem Chaos zu befreien, das die Sünde auf der Erde angerichtet hat (Gewalt, Krankheit, Leid, Kummer, Tod usw.), indem Er sie von der Erde wegnimmt und in das Haus des Vaters im Himmel holt (Heb 9,28). Gegenwärtig sind diejenigen, die an den Herrn Jesus Christus glauben, noch in einer von der Sünde verdorbenen Schöpfung, die noch nicht „gereinigt“ ist. Ihre Zuflucht ist der Herr mit seiner hohenpriesterlichen Hilfe (Heb 9,23). Ihre Hoffnung ist, von diesem verdorbenen Schauplatz vollständig weggenommen zu werden, wenn Christus wiederkommt (Jud 21), bevor Er die Erde durch Gericht reinigt. Wir suchen also nicht nach besseren und rosigeren Zuständen in der Gemeinde Gottes, noch suchen wir nach besseren und rosigeren Umständen in der Welt – wir „erwarten sein Kommen“. Das ist die typisch christliche Hoffnung. Daher wird das Kommen des Herrn „zum zweiten Mal“ als „Errettung“ angesehen. Darauf warten die Gläubigen sehnlichst, wenn ihre Seelen in einem guten Zustand sind (Röm 5,9; 8,23-25; 13,11; Phil 3,20).12
(Bis zu diesem Zeitpunkt hat Gott dafür gesorgt, dass wir „dem Verderben, das in der Welt ist durch die Begierde“, entfliehen können, indem wir im praktischen Sinn „Teilhaber der göttlichen Natur“ werden (2Pet 1,4). Das heißt, wir haben als Wiedergeborene die Fähigkeit, göttliche Dinge zu genießen – Dinge, die Gott selbst genießt. Wenn wir damit beschäftigt sind, haben wir Teil an dem, was seine Natur genießt, und wir haben Gemeinschaft mit ihm. Wenn wir mit diesen himmlischen Dingen erfüllt sind, verlieren die Verlockungen und Versuchungen der Sünde, die uns von allen Seiten umgeben, ihre Macht über uns, und so entkommen wir diesem Verderben).
Hebräer 9,26 bezieht sich auf die Seite der Genugtuung in dem Sühnungswerk Christi (Röm 3,25; Heb 2,17; 1Joh 2,2; 4,10). Sie hat zu tun mit der Rechtfertigung des heiligen Wesens Gottes, indem das Werk Christi den Ansprüchen der göttlichen Gerechtigkeit in Bezug auf die Sünde volle Genugtuung verschafft. Vers 28 bezieht sich auf die andere Seite des Sühnungswerkes Christi – die Stellvertretung. Diese Seite des Werkes Christi hat damit zu tun, dass Christus den Platz des Gläubigen im Gericht eingenommen und „unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz“ getragen hat (1Pet 2,24). J.N. Darby schreibt:
In Hebräer 9,26.28 haben wir zwei Dinge: „die Sünde abschaffen“ und „die Sünden tragen“, so wie wir das Sündopfer und den Bock des Sündopfers am großen Versöhnungstag haben.13
Hebräer 9,27 ist eine ernste Erinnerung daran, dass der Mensch aufgrund der Sünde zum Tod bestimmt ist (Röm 5,12). Und nach dem Tod wird es für seine persönlichen Sünden Vergeltung im göttlichen Gericht geben. Der Schreiber sagt dies deutlich: „Es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“ In Vers 28 beeilt er sich hinzuzufügen, dass diese Gefahr des Gerichts für alle, die glauben, abgewendet ist. Es ist jedoch zu beachten, dass Christus nicht die Sünden aller Menschen getragen hat, sondern nur die der „vielen“, die glauben. Diejenigen, die nicht glauben wollen, werden das Gericht über ihre Sünden einmal tragen. Daher wurde „Christus einmal geopfert, um die Sünden vieler zu tragen“. Und deshalb werden die Gläubigen „nicht ins Gericht kommen“ (Joh 5,24; Röm 8,1).
Hebräer 9,28 zeigt die Beziehung zwischen dem großen Versöhnungstag und dem großen Sühnungswerk Christi. Wenn in Israel am großen Versöhnungstag der Hohepriester mit Blut in das Allerheiligste ging, stand das Volk draußen, um auf sein Wiedererscheinen zu warten. Es mag eine gewisse Beklommenheit bei dem Volk vorhanden gewesen sein, denn der Hohepriester könnte auf eine falsche Weise in das Allerheiligste hineingegangen sein, was seinen sofortigen Tod zur Folge gehabt hätte. Wenn er jedoch wieder in den Vorhof trat, konnten die Menschen aufatmen, weil sie wussten, dass alles in Ordnung war. In ähnlicher Weise ist Christus aufgrund seines eigenen Blutes in das himmlische Heiligtum eingegangen. Und die Gläubigen („die auf ihn warten“) warten nun darauf, dass Er „zum zweiten Mal ohne Sünde“ zu ihrer „Errettung“ wieder erscheint. Der Unterschied besteht darin, dass wir auf den Herrn warten ohne Bangen oder Furcht vor dem, was Ihm widerfahren sein könnte. Das Zeugnis der Schrift gibt uns die Gewissheit, dass Er in der Gegenwart Gottes „immerdar lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Heb 7,25). Und „wie er“ in der Gegenwart Gottes angenommen ist, „so sind wir in dieser Welt“ (1Joh 4,17).
Wenn der Herr das zweite Mal (zur Entrückung) kommt, kommt Er „ohne Sünde“. Das heißt, Er wird nicht kommen, um die Frage der Sünde zu ordnen, denn dies geschah bereits bei seinem ersten Kommen zur Verherrlichung Gottes. Sein zweites Kommen ist zur endgültigen Errettung der Gläubigen – das heißt zur Heimholung in den Himmel in einen verherrlichten Zustand (Phil 3,21). Beachten wir: Die Gläubigen warten nicht auf den Tod – das gewöhnliche
Teil der Menschen –, sondern sie warten auf sein Kommen, sie „erwarten ihn“. Es gibt also einige, die die allgemeine Bestimmung des Menschen zu sterben, nicht erreichen werden.