Damit es keine Missverständnisse darüber gibt, was diese Liebe ist, schreibt Johannes:
1Joh 4,17: Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tag des Gerichts, dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt.
Ich gebe zu, dass es in meinem christlichen Leben eine Zeit gab, in der ich verwirrt war und nicht wusste, was diese Worte wirklich bedeuten. Heute jedoch kenne ich keine Stelle in der Heiligen Schrift, die mir größere Freude bereitet oder klarer erscheint als dieser Vers. Als junger Gläubiger versuchte ich, ihn zu verstehen, und gab frustriert auf. Ich wurde von der King-James-Übersetzung in die Irre geführt und bemerkte nicht, wie schön er in anderen Übersetzungen korrigiert ist. Ich studierte die Worte: „Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts“ (SCHL 2000), und ich sagte mir: Wenn die Freimütigkeit am Tag des Gerichts davon abhängt, dass meine Liebe vollkommen ist, wie kann ich dann jemals sicher sein, dass an diesem Tag alles mit mir in Ordnung sein wird? Ich suchte in meinem eigenen Herzen nach vollkommener Liebe, und als ich mein armes Herz durchsuchte, fand ich dort immer etwas, das der vollkommenen Liebe zuwiderlief. Wie sollte ich jemals am Tag des Gerichts bestehen können?
Es war wie eine zweite Bekehrung, als Gott mir zeigte, dass die vollkommene Liebe in einem ganz anderen Menschen steckt. Sechseinhalb Jahre lang hatte ich sie in mir selbst gesucht, bis Gott mich eines Tages von mir selbst abwandte und sagte: „Schau auf!“ Im Glauben sah ich einen anderen Menschen – Jesus Christus – in der Herrlichkeit zur Rechten des Vaters sitzen. Gott sagte gleichsam zu mir: „Es gibt eine vollkommene Liebe. Sie ist in Christus offenbart.“ – „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten. Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden“ (Joh 4,9.10). „Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt“ (1Joh 4,14). Endlich hatte ich es verstanden. Vollkommene Liebe veranlasste Christus, aus der vollsten Herrlichkeit der Gottheit in die Tiefe des Elends auf Golgatha zu kommen. Vollkommene Liebe veranlasste Jesus, auf eine verlorene, verdorbene, schuldige Welt zu schauen, all unsere Sünden auf sich zu nehmen und an unserer Stelle am Kreuz eines Verbrechers zu sterben.
Eine Zeile in einem unserer Lieder lautet: I lay my sins on Jesus („Ich lege meine Sünden auf Jesus“).8 Aber wir tun nichts dergleichen. Die Schrift sagt uns, dass der HERR, als Jesus am Kreuz von Golgatha hing, alle Schuld auf Ihn warf (Jes 53,6; SCHL 2000). Horatius Bonar hat geschrieben:
Leg ich meine Sünd’ auf Jesus, Gottes vielgeliebten Sohn?
O nein, die teure Wahrheit ist:
Sogar das hat Gott getan.9
Gott legte unsere Sünden auf Jesus, als Er auf Golgatha starb. Er leistete volle Sühnung, und dort wurde die vollkommene Liebe in ihrer ganzen Fülle gezeigt. Jetzt sitzt Er zur Rechten des
Vaters im Himmel. Was ist mit meinen Sünden? Als Er am Kreuz hing, waren meine Sünden auf Ihm. Sind sie jetzt auf Ihm, während Er dort sitzt? Das ist unmöglich. Er kann nicht in den Himmel gekommen sein, während noch eine einzige Sünde auf Ihm lag. Vollkommene Liebe hat die Frage der Sünde geklärt. Vollkommene Liebe hat meine Sünden für immer weggetan, und jetzt können wir „Freimütigkeit haben an dem Tag des Gericht“. Ich habe jetzt keine Angst vor dem Tag des Gerichts. Warum nicht? Weil meine Strafe bezahlt worden ist – mein Fall ist erledigt.
Ich hätte keine Angst, in ein Gerichtsgebäude zu gehen, um mir einen wichtigen Fall anzusehen, denn ich bin nur ein Zuschauer. Ich bin nicht beschuldigt. Und so kann ich am Tag des Gerichts mutig sein, denn ich bin dort mit meinem Herrn. Ich bin nicht dort, um verurteilt zu werden. Ich bin ein Zuschauer, aber nicht irgendein Zuschauer, sondern ein Teilhaber des Richters.
Vor Jahren hatten wir in San Francisco einen sehr merkwürdigen Richter. Touristen, die die Stadt besuchten, wurden oft zum Gericht von Richter Campbell geführt. Eines Tages ging eine Gruppe von uns durch das Gerichtsgebäude, und in unserer Gruppe befanden sich vier vornehm aussehende Damen. Als der Richter sie sah, lud er sie ein, sich zu ihm auf den Richterstuhl zu setzen. Sie gingen hinauf und setzten sich zu ihm auf die Richterbank. Er hörte sich die Beweise für den ersten Fall an und wandte sich dann an eine der Damen und sagte: „Ich werde Sie das Urteil verkünden lassen. Für dieses Vergehen gibt es zwischen zehn und dreißig Tagen“, teilte ihr der Richter mit. „Oh“, antwortete sie, „geben Sie ihm nicht mehr als zehn Tage.“ – „Die Dame sagt, Sie sollen zehn Tage bekommen“, verkündete der Richter. Ein Fall nach dem anderen dieser Art kam zur Sprache, während die Damen dort saßen, aber sie hatten „Freimütigkeit haben an dem Tag des Gerichts“. Warum? Weil sie nicht verurteilt wurden. Sie waren mit dem Richter verbunden. Wenn du an Christus glaubst, wirst du, wenn der große weiße Thron aufgerichtet wird, dort mit dem Richter zusammen sein. Durch euch wird die Welt gerichtet werden (1Kor 6,2). Und ich sage dir noch etwas: Du wirst den Teufel, der dir im Laufe der Jahre so viel Ärger bereitet hat, zu deinen Füßen in Ketten gefesselt sehen, damit er erfährt, was mit ihm getan werden soll. Die Bibel sagt, dass „wir Engel richten werden“ (1Kor 6,3). Die verlorenen Engel werden ihr Urteil vom Volk Gottes empfangen. Kein Wunder, dass der Apostel Paulus sagt: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“ (Röm 16,20). Ja, wir haben Freimütigkeit an dem Tag des Gerichts, denn die vollkommene Liebe hat die Sündenfrage geklärt.
Jesus sagte in Johannes 5,24: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.“ […] Ist das nicht eine wunderbare Botschaft? Sie genügt, um die Sündenfrage für jeden, der glaubt, für immer zu klären. Wer Christus kennt, hat das ewige Leben hier und jetzt. Er hofft nicht, es irgendwann zu haben, sondern er hat es jetzt, und er wird niemals ins Gericht kommen, sondern ist bereits aus dem Tod in das Leben übergegangen.
Schauen wir uns den Rest von 1. Johannes 4,17 an: „Denn gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (SCHL 2000). Einige der größten Wahrheiten im Wort Gottes sind in den kürzesten und einfachsten Sätzen enthalten. Manchmal, wenn Prediger ihre Zuhörer beeindrucken wollen, verwenden sie theologische Worte, die die Dinge tiefgründig erscheinen lassen. Einmal sprach ein Prediger in einer Weise, dass niemand den eigentlichen Sinn verstehen konnte, und ein Mann meldete sich zu Wort und sagte: „Bruder, stell die Kekse auf das untere Regal, damit die Kinder sie erreichen können.“ Spurgeon pflegte zu sagen: „Der Herr hat gesagt: ‚Weide meine Schafe‘, aber einige Prediger haben die Vorstellung, dass er gesagt hat: ‚Weide meine Giraffen.‘ Sie stellen die Dinge so hoch, dass nur wenige sie erreichen können.“
[…] „Denn gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (SCHL 2000). Ich dachte immer, dieser Vers bedeute: „Wie er ist, so sollen auch wir in dieser Welt sein.“ Ich dachte, wir sollten nach Vollkommenheit streben – wie Christus sein –, und selbst wenn wir das nicht erreichen, ist es besser, als nach etwas Niedrigerem zu streben. Aber das ist nicht das, was dieser Vers bedeutet. Dann dachte ich, es müsste heißen: „Wie er ist, so sollen auch wir sein, wenn wir diese Welt verlassen und sicher in den Himmel kommen.“ Aber auch das ist nicht das, was der Vers sagt. Stattdessen bedeutet er genau das, was er sagt, wie es die Heilige Schrift immer tut: „Denn gleichwie Er [wie Christus] ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (SCHL 2000). Wie sind wir wie Christus? Wir sind wie Er in Bezug auf das Gericht. Als Christus auf Golgatha für meine Sünde starb, war das der Tag des Gerichts. Christus hat an diesem Tag alles für mich geregelt. Jetzt hat Gott ihn von den Toten auferweckt und Ihn zu seiner Rechten genommen, und dort sitzt Er erhaben. Christus wird nie wieder unter das Gericht kommen. Genauso haben wir hier und jetzt das Zeugnis des Wortes Gottes, dass wir genauso sicher vor dem Gericht sind wie Er, weil wir in Ihm angenommen sind.
Ich bin so nah, ganz nah bei Gott, ich könnt nicht näher sein.
In seinem vielgeliebten Sohn bin ich so nah wie Er.
Ich bin geliebt, geliebt von Gott, mehr lieben kann Er nicht.
So wie der Sohn von Gott geliebt, so bin auch ich geliebt.10
Welch ein Ansporn, für Ihn zu leben! Welch ein Ansporn, unser Leben als lebendiges Opfer darzubringen, da Er in seiner Gnade die ganze Frage unserer Rechtfertigung, unserer Annahme durch Gott und unserer Sicherheit vor dem Gericht geregelt hat!