Mal 2,17: Ihr habt den HERRN mit euren Worten ermüdet; und ihr sprecht: „Womit haben wir ihn ermüdet?“ Damit, dass ihr sagt: „Jeder Übeltäter ist gut in den Augen des HERRN, und an ihnen hat er Gefallen“; oder: „Wo ist der Gott des Gerichts?“
Der HERR war ihrer leeren Religiosität überdrüssig – es waren nur bloße Worte von ihren Lippen und keine echten Herzensäußerungen, die in seinen Augen annehmbar gewesen wären. Aber wieder antworten sie Ihm mit einer höhnischen Frage und sagen: „Womit haben wir ihn ermüdet? Er antwortet: Damit, dass ihr sagt: ,Jeder Übeltäter ist gut in den Augen des HERRN, und an ihnen hat er Gefallen‘; oder: ‚Wo ist der Gott des Gerichts?‘“ Damit setzten sie sich über sein offenbartes Wort hinweg und beglückwünschten sich, Abrahams Nachkommenschaft zu sein und damit in der Linie der Verheißung zu stehen. Die Verdienste der Väter wurden dazu missbraucht, alle möglichen Verfehlungen in ihrem eigenen Leben zu bedecken. Es konnte nicht sein, dachten sie, dass Gott diejenigen im Gericht heimsuchen würde, in deren Adern das Blut von Abraham, Isaak und Jakob floss. So lebten sie fahrlässig in einem Narrenparadies, nachdem sie die Lektion der babylonischen Gefangenschaft bereits vergessen hatten.
Auch mit der Kirche ist es nicht anders gewesen. Ruin und Verderben traten schon früh ein, weil man sich vom lebendigen Gott entfernt hatte. Jahrhundertelang hatte das geistliche Babylon die Herrschaft über die Gewissen der Kinder Gottes und hielt sie in Knechtschaft und Unwissenheit.1 Schließlich kam es durch die Wiedererlangung des Wortes Gottes zur Befreiung und zum Segen, worauf – noch zu Lebzeiten der Reformatoren – eine leblose Orthodoxie folgte, gepaart mit einer Lockerung der Sitten und Gleichgültigkeit gegenüber dem ihnen so gnädig anvertrauten Wort Gottes.
Seitdem gab es verschiedene Erweckungszeiten, in denen das besondere Wirken des Geistes darin bestand, praktische Frömmigkeit und Hingabe an Christus zu betonen. Jede dieser Bewegungen begann mit mehr oder weniger Treue zu Gott und seinem Wort. Aber bald folgten Verfall und Niedergang. Schließlich wurde die Wahrheit des Geheimnisses des Christus und der Kirche ans Licht gebracht, und der Name Jesu wurde zum Sammelpunkt für viele seines Volkes, die den versagenden Systemen der Menschen überdrüssig geworden waren. Aber wieder richteten Stolz und Eigenwille traurige Verwüstung an. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit es ein Gericht über das geben wird, was auf diese Weise das liebliche Zeugnis verdorben hat, das für die Vortrefflichkeit des unvergleichlichen Namens des Herrn aufleuchtete.
Die Stunde ist weit vorgerückt. Der Richter steht vor der Tür. Die Ankunft des Herrn naht. Demut und Selbstgericht stehen uns allen an. Möge uns die Gnade gegeben werden, die
Zeichen der Zeit zu erkennen und unsere Herzen vor seinem Wort zu beugen.