Behandelter Abschnitt Jes 52,13-15; 53
Jesaja 52,13-15; 53
Die drei letzten Verse von Kapitel 52 sind eng mit Kapitel 53 verbunden und bilden mit diesem zusammen ein Ganzes. Wir kommen nun zu der erhabensten Stelle dessen, was der Prophet sah. Es sind nicht mehr Ereignisse, die vor seinen Augen vorüberziehen; es handelt sich vielmehr um eine Person, die sein Glaube betrachtet und deren Schönheit er uns beschreibt.
Es war genau dieser Abschnitt, den der Verwalter über alle Schätze der Kandaze, der Königin der Äthiopier, las, als er aus Jerusalem zurückkehrte (Apg 8). Er besaß mit dieser Schriftrolle einen kostbareren Schatz als alle Reichtümer, die er am Hof dieser Fürstin verwaltete. Er las, aber ohne zu verstehen, denn er besaß den „Schlüssel“ zu diesem Buch noch nicht. Gott, der die Herzen kennt und die Bedürfnisse dieses Mannes sah, sandte ihm in der Person von Philippus, dem Evangelisten, einen Boten. „Von wem sagt der Prophet dieses, von sich selbst oder von einem anderen?“, fragte der Leser den Philippus. Dies ist die wesentliche Frage, sowohl für ihn als auch für alle Leser des Buches Jesaja. Philippus verkündete ihm nun, indem er mit dieser Schrift begann, das Evangelium von Jesus.
Es ist hier also wirklich von Ihm die Rede. Sein Name konnte zur Zeit, da der Prophet sein Buch schrieb, noch nicht genannt werden. Trotzdem erfüllt seine Person diese ganze Seite, und zwar durch das kleine Wörtchen „er“, das in diesem Kapitel so oft wiederholt wird. So wird alles klar, einfach, wunderbar. Wie der Schatzmeister der Königin Kandaze können wir unseren Weg freudig weiterziehen, wenn wir Ihn kennengelernt haben.
Jesus war der wahre Knecht Gottes und hat seine Herrlichkeit kundgemacht. Während seines Dienstes erniedrigte Er sich zutiefst und war ganz demütig. Sein Aussehen war entstellter als das irgendeines Mannes und seine Gestalt entstellter als die der Menschenkinder. Nun ist Er erhoben und hoch erhöht im Himmel, sitzend zur Rechten Gottes. Das Auge des Glaubens schaut Ihn dort. Wir können sagen: „Wir sehen aber Jesus … mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Wie groß wird das Erstaunen derer sein, die Ihn sehen werden, wenn Er in seiner Herrlichkeit kommen wird! Selbst Könige werden ihren Mund verschließen, wenn sie die Erhöhung Dessen sehen, der einst so tief erniedrigt war.
Aber wer hat dem geglaubt, was Gott von Ihm verkündigt hat? Überall traf sein Zeugnis auf vollständigen Unglauben. Es gab nur einen kleinen Überrest, der in den Augen der Menschen ohne Weisheit und ohne Verstand war, dem der Vater die Dinge, die diese herrliche Person betreffen, offenbart hat. Jesus besaß keine Pracht, wenn man Ihn sah. Er hatte kein Ansehen, dass wir Gefallen an Ihm gefunden hätten. Auch wurde Er verachtet, und wir haben Ihn für nichts geachtet. Im Gegensatz dazu ist Er für die, deren Herz von seiner Gnade berührt wurde, schöner als alle Menschensöhne, und seine ganze Person ist begehrenswert. Er ist es, der unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen hat. Es ist der Herr Jesus, der für unsere Übertretungen verwundet und für unsere Missetaten zerschlagen wurde und der die Strafe zu unserem Frieden tragen musste. Durch seine Striemen sind wir von einer unheilbaren und schrecklicheren Krankheit als dem Aussatz geheilt worden. Armselige Wesen, die wir waren! Von Satan in die Irre geführt, gingen wir alle unseren eigenen Weg und taten unseren eigenen Willen. „Und der Herr hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit.“
Dieser Jesus war das heilige Opfer, das sich alles rauben ließ, ohne den Mund zur Widerrede zu öffnen. Wenn Er gewollt hätte, hätte Er seine Feinde mit einem Wort vernichten und sogar die Welten ins Nichts zurückkehren lassen können, aus dem Er sie erschaffen hatte. Aber was wäre aus dem Menschen in Bezug auf die Ewigkeit geworden? Was für einen Abschnitt haben wir doch vor Augen! Welch ein großartiges Thema für unsere Herzen, um darüber nachzusinnen und anzubeten! Der Herr Jesus wurde aus dem Land der Lebendigen abgeschnitten. Dies geschah durch die Hand ungerechter Menschen. Weshalb wurde Er geschlagen? Wegen der Übertretung seines Volkes; doch die Ergebnisse seines Todes sehen wir ein wenig später. Wer wird sein Geschlecht aussprechen, und wer kennt die Zahl derer, die in seinem Tod das Leben, ewiges Leben, gefunden haben? Wegen uns allen ist der Herr Jesus gestorben. Bewahren wir dieses Wort tief in unseren Herzen: Er wurde abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen!
Die Menschen haben ihren Hass vollständig an Ihm ausgelassen, aber als sein Werk vollbracht war, konnten sie Ihm nichts weiteres mehr antun. Gott wachte über seine heilige Person. Man wollte Ihm sein Grab bei Gesetzlosen geben, aber als es Abend geworden war, kam Joseph von Arimathia, der reiche Mann, von dem der Prophet hier spricht, um sich um seinen Leib zu kümmern. Er umhüllte ihn mit feiner Leinwand, legte ihn in eine neue Gruft, die er in den Felsen hatte hauen lassen, und entfernte sich dann, nachdem er einen großen Stein davorgerollt hatte. „Bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tod.“ Gott hatte es so angeordnet und es mehr als siebenhundert Jahre im Voraus durch den Mund seines Propheten verkündigt. Ihr Ungläubigen, was werdet ihr tun, wenn ihr Ihn sehen werdet? Ihr Gläubigen, betet an! „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen.“ Hier müssen wir vor einem Geheimnis stillstehen. Der Herr Jesus litt nicht nur vonseiten der Menschen, sondern auch vonseiten Gottes. Wieso gefiel es Gott, Den leiden zu lassen, der immer die Ihm wohlgefälligen Dinge getan hatte und an dem Er sein ganzes Wohlgefallen, seine ganze Freude gefunden hatte? Diese Leiden offenbarten die unendlichen Vollkommenheiten seines Gehorsams. Sie waren wie das Feuer, das, vom Altar genommen, den Weihrauch verzehrte und ihn als eine Wolke von auserlesenem Wohlgeruch und angenehmem Duft vor Gott emporsteigen ließ. Nur Gott konnte dies wertschätzen. Wer sonst könnte es? Das Leben des Herrn Jesus war ein Gott wohlgefälliges Speisopfer. In seinem Tod war Er ein heiliges Brandopfer, ein Feueropfer, ein Wohlgeruch für Gott. Gott wurde in diesem allem vollkommen verherrlicht.
Aber bei diesem Opfer geht es auch um uns. „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird“ – das betrifft uns. Seine heilige Seele musste den ganzen Schrecken des Todes als Gericht Gottes und Lohn der Sünde erfahren. Nicht nur sein Leib musste die Leiden erdulden, sondern auch seine Seele litt, als sie vom Schwert Gottes durchbohrt wurde.
Mit diesem Werk, das am Kreuz in vollkommener Weise vollbracht wurde, verbindet sich das Wohlgefallen Gottes. Wie hätte Er uns ohne dieses Gnade erweisen und seine Liebe kundtun können? Dieses Wohlgefallen liegt in der Hand des Herrn Jesus.
Jetzt lebt Er von Ewigkeit zu Ewigkeit. Bald wird Er die Frucht der Mühsal seiner Seele sehen, wenn Er seine Erlösten um sich versammelt haben wird. Was wird zu unserem Glück noch fehlen, wenn wir sein Glück sehen, und was wird zu seinem Glück noch fehlen, da Er ja vollkommen zufriedengestellt sein wird, wenn Er uns in seiner eigenen Herrlichkeit sieht?
Das Ende von Vers 12 stellt Ihn uns unter den Charakterzügen vor, wie wir Ihn in den vier Evangelien finden:
1. Johannes: Er hat seine Seele in den Tod ausgeschüttet; niemand konnte Ihm das Leben nehmen.
2. Markus: Er ist den Übertretern beigezählt worden (Mk 15,28).
3. Matthäus: Er hat die Sünden getragen. In diesem Evangelium trägt sein Sterben am Kreuz den Charakter des Sündopfers.
4. Lukas: Er hat für die Übertreter Fürbitte getan, sogar für jene, die Ihn umbrachten (Lk 23,34).