Behandelter Abschnitt Jes 40
Fünfter Abschnitt: Jesaja 40-48
Jesaja 40
Mit Kapitel 40 beginnt ein neues Thema. Bis jetzt haben wir, wie wir es nennen könnten, den geschichtlichen Teil der Prophezeiungen Jesajas betrachtet. Es sind Ereignisse, die schon eingetreten sind oder die sich am Ende der Zeiten ereignen werden. Nun werden wir mehr die moralische und innere Seite der Prophetie betrachten.
Es geht nicht mehr um die regierungsmäßigen Wege Gottes mit dem Volk, sondern um sein Werk in den Herzen.
Jedem Menschen, der die prophetischen Schriften mit einiger Aufmerksamkeit liest, stellen sich zwei hauptsächliche Fragen: Warum alle diese Dinge, weshalb alle diese Ereignisse, diese Prüfungen und diese Züchtigungen? Was wird das Endergebnis davon sein?
Der zweite Teil des Buches wird uns die Antwort darauf geben.
Gott führt zwei große Auseinandersetzungen mit seinem Volk. Die erste hat das Verlassen des Herrn, um den Götzen zu dienen, zum Thema (was in den Kapiteln 40 bis 48 behandelt wird). In der zweiten geht es um die Verwerfung des Messias, den das Volk durch die Hand ruchloser Menschen getötet hat (Kapitel 49 bis 57). Diese zwei Abschnitte enden jeweils mit der ernsten Erklärung: „Kein Friede den Gesetzlosen.“ Schließlich haben wir in den Kapiteln 58 bis 66 die Endergebnisse aller Wege Gottes mit seinem Volk. Sie entsprechen seiner Würde.
Kapitel 40 beginnt daher, wie bereits erwähnt, mit der gerichtlichen Verhandlung des Herrn mit seinem Volk wegen der Übertretung des ersten Gebots seines Gesetzes: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2Mo 20,3). Das Land war voller Götzen. Wird Gott den Fluch, den Er durch das Gesetz ausgesprochen hat, gegen sein schuldiges Volk ausführen? Die Heiligkeit des Herrn erlaubt es Ihm nicht, leichtfertig über die Sünde hinwegzugehen. Er muss sein Volk das ganze Gewicht und den ganzen Schrecken seiner Heiligkeit fühlen lassen. Er wird dies durch das Mittel seiner Züchtigung erreichen. Aber welch wunderbare Gnade: Bevor irgendetwas geschieht, möchte dieser Gott, der so schwer beleidigt worden ist, zum Herzen seines Volkes reden. In den ersten Worten seiner Anklagerede sagt Er ihm, dass seine Ungerechtigkeit vergeben ist und dass Er es trösten will.
Der Beginn des Kapitels ist voller „Ausrufe“, denn es sind wichtige Dinge darin enthalten, die weithin gehört werden müssen, Dinge, aus denen alle Nutzen ziehen sollten. Zuerst ruft Er: „Tröstet, tröstet mein Volk.“ Dies wird gewiss am Ende der Fall sein. Kostbare Ermunterung für die Treuen, selbst wenn sie durch die Prüfung hindurchgehen müssen. Dann ruft eine Stimme in der Wüste: „Bahnt den Weg des Herrn, ebnet in der Steppe eine Straße für unseren Gott“, denn die Herrlichkeit des Herrn wird sich offenbaren. Wir wissen, dass dieses Wort durch den Dienst von Johannes dem Täufer buchstäblich erfüllt worden ist. Aber man hat nicht auf ihn gehört und ihn getötet. Später hat man Den, dessen Vorläufer er war und dessen Kommen er verkündet hatte, ebenso behandelt. Der Erlöser und sein Diener wurden verworfen.
Wiederum: „Stimme eines Sprechenden: Rufe! Und er spricht: Was soll ich rufen? Alles Fleisch ist Gras und alle seine Anmut wie die Blume des Feldes … Fürwahr, das Volk ist Gras.“ Alles ist verloren, auf welche Seite soll man sich wenden? „Aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit.“ Was sein Mund gesprochen hat, wird seine Hand gewiss ausführen. Sein Volk mag das Gesetz übertreten, den Messias verworfen haben, der Knecht des Herrn mag verzehrt worden sein wie ein verdorrtes Blatt (der Knecht ist hier Israel), aber nichts wird ein Hindernis für die Erfüllung der Verheißungen sein, die der treue Gott dem Abraham und dem David gemacht hat. „Erhebe mit Macht deine Stimme.“ Wieder müssen gute Nachrichten ausgerufen und verkündet werden: „Siehe da, euer Gott!“ Der da kommt, ist nicht nur der Sohn Davids, sondern Er ist der Gott seines Volkes. Wie ein Hirte wird Er seine Herde sammeln. Wer wird Ihn davon abhalten können, sein Volk zu trösten? Tatsächlich erstrahlt die Gnade Gottes gegen sein Volk aus den ersten elf Versen und seine Herrlichkeit aus den darauffolgenden.
Seine Größe, seine Weisheit und seine Macht werden in den Werken der Schöpfung gesehen. Die Himmel und die Erde sind eindrückliche Zeugen davon. Alle Nationen, die in Bewegung sind, werden vor Ihm wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waagschale geachtet. Er braucht sie nur anzuhauchen, um sie zum Verschwinden zu bringen. Wie könnten sie daher ein Hindernis für den Segen sein, den Gott über sein Volk ausgießen will? Sie werden für weniger als Nichtigkeit und Leere gehalten.
Törichtes Volk Gottes! Was hast du also mit den Götzen zu schaffen? Siehst du deine Torheit nicht? „Wem wollt ihr Gott vergleichen? Und was für ein Gleichnis wollt ihr ihm an die Seite stellen?“ Trotz dieser Inkonsequenz ermüdet und ermattet dieser unwandelbare Gott seinem Volk gegenüber nicht. Durch seine Allmacht lässt Er die himmlischen Heere, die ruhig ihre tägliche Bahn im Weltall ziehen, in großer Zahl hervorkommen. Durch seine Größe fehlt kein Gestirn. Dieselbe Macht entfaltet sich für die Seinen, und nicht ein Einziger unter ihnen wird von Ihm vergessen. Er kennt alles, was sie betrifft, in vollkommener Weise, und nichts geschieht ohne sein Wissen. Alle, die auf Ihn harren, gewinnen neue Kraft. Sie erheben sich über die sichtbaren Dinge wie Adler, die sich zum Himmel emporschwingen, sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht.