Behandelter Abschnitt 1Thes 5,15-22
Danach folgt fast bis zum Ende eine Reihe von kurzen, prägnanten Ermahnungen, die sich zunächst auf unsere persönliche Gesinnung oder den Zustand beziehen, dann auf unseren öffentlichen Wandel.
Seht zu, dass niemand Böses mit Bösem jemand vergelte, sondern strebt allezeit dem Guten nach, sowohl zueinander als auch zu allen. Freut euch allezeit; betet unablässig; danksagt in allem, denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch. Den Geist löscht nicht aus; Weissagungen verachtet nicht; prüft aber alles, das Gute haltet fest. Von jeder Art des Bösen haltet euch fern (5,15–22).
Die Gnade ist das Kennzeichen des Evangeliums; und wie sie die Quelle in Gott selbst ist und sich in Christus gezeigt hat, so möchte Er in seinen Kindern nicht menschliche Gerechtigkeit haben, für die Gerechten gegen die Ungerechten, sondern selbstlose Liebe, die den Bösen Gutes tut und Böses von ihnen erleidet. So möchte Er, dass wir uns nicht vom Bösen überwinden lassen, sondern das Böse mit dem Gutem überwinden. So steht das Christentum in der Praxis gleichermaßen über dem Heidentum und dem Judentum. So ist es untereinander und gegenüber allen, und so sagt Petrus nicht weniger als Paulus: „Aber wenn ihr ausharrt, indem ihr Gutes tut und leidet, das ist wohlgefällig [Gnade] bei Gott.“
Der Christ soll von seinem Gott und Vater und von dem Teil, das er schon jetzt an seiner Gnade hat, keinen schlechten Eindruck vermitteln, ebenso wenig wie von seinen Aussichten. Mit welcher Freude kehrten die Jünger sogar von der Himmelfahrt ihres Meisters zurück! Und der Heilige Geist kam zur rechten Zeit, damit die Freude ungetrübt nicht getrübt wurde (Joh 4,14). Was gab es seitdem, um die Quelle zu versiegen? „Freut euch allezeit.“
Aber wir sind noch im Leib und in der Welt, wie sie es waren. Darum heißt es: „Betet unablässig“, so wie wir die sehen, die mit großer Freude vom Ölberg zurückkehrten und alle einmütig im Gebet verharrten, mit Maria, der Mutter Jesu, noch nicht die Abscheulichkeit des Gebets zu ihr oder zu seinen Brüdern. Doch dieser gebührende Ausdruck zunehmender Abhängigkeit von Gott sollte nie ohne Danksagung sein, sondern wie wir in allem, was uns sonst ängstlich machen könnte, durch Gebet und Flehen unsere Bitten Gott kundtun sollen (Phil 4,6), so werden wir hier ermahnt, „danksagt in allem.“ Und da eine beständige Gesinnung der Danksagung das genaue Gegenteil der natürlichen Verdrossenheit ist, wegen mancherlei Leid und Pein und Enttäuschung, bekräftigt der Apostel diese Aufforderung mit der beigefügten Begründung: „denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ Sonst hätte man es im Niedergang der Christenheit bald für Leichtsinn und Anmaßung gehalten. Wie wahr sagt der Apostel in seinem zweiten Brief an die Thessalonicher: „der Glaube ist nicht aller Teil“ (3,3).
Als Nächstes haben wir eine knappe, aber inhaltsreiche Ermahnung, was unsere öffentlicheren Wege betrifft. Es ist hier nicht die persönliche Aufforderung von Epheser 4, „betrübt nicht“, sondern „den Geist löscht nicht aus“, gefolgt von „Weissagungen verachtet nicht“, was dazu dient, die wahre Bedeutung zu erkennen. Beide setzen das freie Wirken des Heiligen Geistes in der Versammlung voraus, wo Er in seinem allgemeinen Wirken nicht einmal durch das geringste Glied Christi behindert werden darf, ebenso wenig wie Er in der höchsten Form des Umgangs mit Menschen, dem „Weissagen“, verachtet werden darf. Andererseits dürfen sich die Gläubige nicht hohe oder exklusive Ansprüche auferlegen lassen, die von den wahrhaft Geistlichen niemals gebraucht werden und für sie abstoßend sein würden. Sie sollten alles prüfen, das Gute festhalten und sich von jeder Art des Bösen fernhalten. Auf diese kurze, aber inhaltsreiche Ermahnung folgt ein wunderschön passendes Gebet: