Wir haben bereits den bewundernswerten Gegensatz betrachtet, den der Heilige Geist im letzten Teil des vorigen Kapitels zwischen den Verheißungen und dem Gesetz gegeben hat und der ihre völlige Verschiedenheit zeigt, nicht nur hinsichtlich der Zeit und der Umstände, sondern auch in Prinzip, Charakter und Zweck. Darin stimmen sie natürlich überein, dass beide von Gott stammen. Aber der Zweck, für den Gott sie gab, war so unterschiedlich wie nur möglich. Seine Verheißungen waren die Frucht seiner eigenen Liebe – seine Absicht zu segnen, seine Freude am Segen, und das nicht nur für Juden, sondern auch für Heiden. Und wir haben gesehen, dass besonderer Nachdruck auf die Verheißungen gelegt wurde, die zuerst Abraham und dann Isaak gegeben wurden, in denen die Nationen ausdrücklich von Gott gesegnet werden sollten. Der Heilige Geist greift die bemerkenswerte Tatsache auf, dass dort, wo es eine uneingeschränkte Verheißung des Segens für die Nationen gibt, kein Hinweis auf die zahlreiche Nachkommenschaft Abrahams zu finden ist, der in der Schrift so oft erwähnt wird; wo aber von einer Nachkommenschaft gesprochen wird, die so zahlreich wie die Sterne oder der Sand ist, sind die Juden gemeint. Und wenn wir noch genauer untersuchen, werden wir feststellen, dass der Zeitpunkt, an dem uns die „eine Nachkomme“ begegnet, der war, nachdem das Vorbild des Todes und der Auferstehung in der Person Isaaks stattgefunden hatte (1Mo 22): Das ist das Sinnbild für Christus, der als Auferstandener die Nationen in den vollen Segen Gottes eintreten lässt, unabhängig vom Gesetz. Und ich bin überzeugt, dass dies so wenig verstanden wird, dass es nicht vergeblich sein wird, nur diese kleine Anmerkung jetzt zu geben, zusätzlich zu dem, was bereits vor uns gekommen ist. Es gibt keinen Teil der Grundwahrheit, in dem die Christen im Allgemeinen schwächer sind als in ihrer Auffassung von dem Platz, in den die Auferstehung Christi den Gläubigen bringt. Es ist der Tod Christi, der alle unsere Fragen beendet. Wäre es unser eigener Tod, so wäre er als Gericht verderblich; doch der Tod Christi hat genau so viel, ja, unendlich viel größere Wirksamkeit auf dem Weg der Gnade. Und indem Christus in einen neuen Zustand zum Himmel auffuhr, in dem eine Verurteilung unmöglich ist, geht der Gläubige vor Gott in dieselbe Sphäre ein. Die Kraft Gottes im Tod Christi vertreibt das Böse; die Kraft seiner Auferstehung bringt uns in das Gute, dessen Mittelpunkt und Haupt Er ist.
In diesem Kapitel 4 greift der Apostel ein anderes Thema auf. Wenn das Gesetz und die Verheißungen in ihrer Natur entgegengesetzt waren – nicht widersprüchlich, aber völlig unterschiedlich in Umfang und Ziel –, was war dann der Zustand des Gläubigen im Alten Testament? Diese Frage wird am Anfang von Kapitel 4 beantwortet, und zwar insbesondere im Hinblick auf den Zustand, in dem sich die jüdischen Gläubigen befanden, und wie ihre gegenwärtige Beziehung zu Gott aufgrund der Erlösung ist.
Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in nichts von einem Knecht, obwohl er Herr ist von allem (4,1).