Behandelter Abschnitt Gal 4,1-5
„Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in nichts von einem Knecht, obwohl er Herr ist von allem; sondern er ist unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater festgesetzten Frist. So auch wir: Als wir Unmündige waren, waren wir geknechtet unter die Elemente der Welt; als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er die, die unter Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen“ ( Gal 4,1-5).
Nachdem Paulus diejenigen erwähnt hat, die „nach Verheißung Erben“ sind, stellt er diesen Zustand dem solcher gegenüber, die Erben unter Gesetz sind. Der Erbe unter Gesetz ist wie ein Kind unter Vormündern, bis es entweder nach im Land geltendem Gesetz oder entsprechend dem willkürlichen Dafürhalten seines Vaters ein Alter erreicht hat, in dem es mündig ist, selbst zu handeln. Während dieser ganzen Zeit unterscheidet es sich nicht von einem Knecht. Obwohl es dem Anspruch nach der Besitzer des ganzen Vermögens ist, kann es selbst mit seinem eigenen Besitz nicht ohne die Erlaubnis seiner Vormünder handeln. Dies, sagt der Apostel, stellt den Zustand der Erben unter Gesetz treffend dar.
Die Elemente der Welt, ihre viel zur Schau gestellten Rituale und Vorgaben erfüllten für sie die gleiche Funktion wie der Vormund gegenüber dem Minderjährigen. Die Vorgaben des Gesetzes hielten die Erben Gottes in einem Zustand der Unmündigkeit und Gefangenschaft, bis Gottes festgesetzte Zeit gekommen war, um seinen Sohn zu senden, den verheißenen Samen der Frau, auf den das Auge des Glaubens bereits von dem Augenblick des Sündenfalls an gerichtet worden war.
Doch Er wurde „geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er die, die unter Gesetz waren, loskaufte“. „Die Fülle der Zeit“ ist ein bemerkenswerter Ausdruck. Viele vorbereitende Schritte waren nötig, um dem Menschen zu zeigen, dass er nur in der Erlösung gesegnet werden konnte. Erlösung war der ursprüngliche Gedanke Gottes, doch dieser Gedanke wurde erst zu Pfingsten zur völligen Erfüllung gebracht. Der Mensch stand nicht in Unschuld; der Mensch stand nicht unter Gesetz.
Die, die unter dem Gesetz waren und durch den Geist erquickt worden waren, warteten auf die Erlösung. Schließlich kam der Zeitpunkt, zu dem Gott seinen Sohn sandte, unter Gesetz getan: Während Er das Gesetz durch seinen bedingungslosen Gehorsam verherrlichte, verherrlichte Er es noch mehr, als Er seinen Fluch auf sich nahm und so selbst die Erben von seiner Macht befreite. Dadurch konnten sie ihren rechtmäßigen Platz als Söhne einnehmen, was ihnen nicht möglich war, solange sie unter dem Gesetz waren. Denn das Gesetz hielt sie in der Stellung von Knechten, und sie konnten auch nur den Geist eines Knechtes haben.