Behandelter Abschnitt 2Kor 5,16-17
Daher kennen wir von nun an niemand dem Fleisch nach; und wenn wir Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so. Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden (5,16.17).
Der Mensch, wie er in seinem gegenwärtigen Leben ist, mit all seinen Zielen, Bestrebungen und Interessen, wird am Kreuz Christi moralisch gerichtet, wo allein Gott verherrlicht wird, was die Sünde betrifft. Wo sind irdischer Rang, Größe und Macht? Wo sind intellektuelle Aktivität und gelehrte Errungenschaften? Wo ist geistiger Scharfsinn oder weitreichendes, allumfassendes Denken? Wo ist die Weisheit der Weisen oder der Verstand der Verständigen? Wo sind selbst moralische Übung und Ehrfurcht in der Religion? Alle sind im Tod eingeschlossen, alle haben sich als wertlos erwiesen im Angesicht der vollkommenen Heiligkeit und der demütigsten Liebe. Es ist jetzt keine Frage von Donner und Blitzen, und des Herrn, der in Feuer herabkommt, und jedes Herz vor Furcht bebt. Derselbe Gott ließ sich herab in Gnade, doch alles, was im Menschen war, hat Ihn in der Person Jesu abgelehnt. Und so ist der Tod auf alle geprägt. Der Mensch richtete sich selbst, indem er Ihn richtete, und bewies seine eigene Wertlosigkeit, entweder mit dem Stolz eitler Erkenntnis, indem er Ihn, der die Welt gemacht hat, nicht kannte, oder indem er Ihn nicht annahm, den die lebendigen Aussprüche bezeugten und jedes Zeugnis, das ihn erreicht hätte, wenn der Mensch nicht taub, ja, tot gewesen wäre. Christi Tod unter der schuldigen Hand des Menschen bewies den sittlichen Tod aller; und wie alle ihren Teil dazu beitrugen, so wurden alle dadurch vor Gott verurteilt.
Aber Er ist auferstanden; und so wird durch göttliche Macht und Gnade eine Tür geöffnet, nicht nur der Hoffnung, sondern des Lebens und der Erlösung inmitten einer Wüste des Todes. Zweifellos geht die Masse der Menschen so achtlos weiter wie immer, die Heiden missbrauchen ihre Macht, die Juden streben danach, ihr gerichtliches Elend zu ertränken; aber wir, wenn auch sonst niemand, sind durch den Glauben, der den gestorbenen und auferstandenen Christus betrachtet, in dem Geheimnis Gottes, das jetzt so deutlich in seinem Wort offenbart ist; wir, vielleicht in erster Linie der Apostel und seine Mitstreiter, aber auch wir Christen im Gegensatz zu allen unter dem Tod. Ohne Frage ist Paulus in die volle Wahrheit all dessen eingedrungen, wie kein anderer; aber es ist doch kein apostolisches Vorrecht, niemand dem Fleisch nach zu kennen, nichts vor Gott zu schätzen, was nicht von dem Auferstandenen kommt.
Der Apostel geht sogar noch weiter: „wenn wir Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so“ (V. 16). Das ist so stark, dass es unmöglich ist, darüber hinauszugehen. Denn Christus war die gerechte Ursache für jede Erwartung des Segens hier auf der Erde. In Ihm zentrierten sich alle Verheißungen, nicht nur ein Reis aus dem Stumpf Isais, sondern ein Wurzelspross Isais, nach dem die Nationen fragen werden. Alle Hoffnungen für die Menschen, die auf der Erde leben, wurden im Grab Christi begraben: nicht wegen irgendeines Mangels an Macht oder Gnade in Ihm, sondern weil der Mensch im Blick auf Gott tot ist, und wie könnte Er auf Gottes Kosten regieren? Wie kann er Freude daran haben, eine Natur zu regieren, die mit Gott verfeindet ist? Nein, Er starb nicht nur als das volle Zeugnis für den Zustand des Menschen, sondern um eine gerechte Grundlage für die Befreiung der Welt Gottes zu legen.
Zweifellos erwarteten die Juden von Ihm eine Herrschaft nach irdischer Art, um das auserwählte Volk zu erhöhen, dessen Haupt Er ist. Aber wir kennen Ihn nur als einen gestorbenen und auferstandenen Christus; und wenn wir Ihn auch, wie der Apostel hinzufügt, dem Fleisch nach gekannt haben, das heißt diesseits des Grabes, so kennen wir Ihn doch jetzt nicht mehr so. Unsere Verbindung ist mit Ihm in jener neuen und himmlischen Herrlichkeit, wo der Tod, durch den Er hindurchgegangen ist, unser Böses getroffen hat, und nun ist Er auferstanden und in die Höhe hinaufgestiegen, und unser Leben ist mit Ihm in Gott verborgen. Der Apostel sagt nicht, dass er den Herrn jemals nicht so kannte, sondern dass, wenn es auch so wäre, wir Ihn jetzt nur als den auferstandenen und himmlischen Christus kennen. Der Glanz eines irdischen Messias wurde ganz verborgen von der überragenden Herrlichkeit seines jetzigen Platzes und Zustandes. Und dies ist es, was dem Christentum seinen himmlischen Charakter gibt: „Wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen“ (1Kor 15,48). Wären wir Israeliten gewesen, aus dem Stamm Juda, aus dem Geschlecht Davids, so kennen wir Christus jetzt in einer Helligkeit, die die Sonne am Mittag übertrifft und die das Licht der Verheißung, dem wir uns früher mit ganzer Seele zugewandt hatten, völlig verdunkelt.
Und das ist noch nicht alles; denn es gibt eine Macht in Ihm, ebenso wie ein Ziel, das wir kennen. Es geht nicht darum, Christus nicht mehr als Messias zu erfassen, und auch nicht darum, Ihn nur noch droben zu kennen. Das Leben, das in Ihm ist, hat bereits den Sieg für uns errungen und berechtigt uns, uns entsprechend seinem neuen Zustand zu betrachten und von uns zu sprechen. „Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (V. 17). Wir warten nicht auf das Reich, noch weniger auf den ewigen Zustand, bevor wir wissen und sagen können, ob jemand in Christus ist, wie es jeder Christ ist. Von einem solchen kann gesagt werden, dass er eine neue Schöpfung ist, wobei Christus in auferstandener und himmlischer Herrlichkeit das Haupt ist. Was von Ihm gilt, kann auch von den Seinen gesagt werden, da sie in Ihm sind: „das Alte ist vergangen; siehe, Neues ist geworden“. Der Glaube sieht das Ende von Anfang an und schaut auf alle Folgen entsprechend dem auferstandenen Christus. Es geht nicht darum, wie so viele es machen, uns innerlich zu prüfen und zu sehen, wie vollständig wir in Grundsätzen und dem Weg sowie in Geist und Ende verändert sind, seit wir an Christus geglaubt haben, obwohl es eine wesentliche Veränderung gibt und wir Selbstgericht üben müssen. Es ist das, was der Glaube weiß und sagen kann, weil er „in Christus“ ist und Ihn nur als Auferstandenen kennt, nicht verbunden mit dem Menschen auf der Erde, denn dieser ist in seinem Tod für immer beseitigt. Es gilt für jeden, der „in Christus ist“. Was auch immer er gewesen sein mag, Heide oder Jude, spielt keine Rolle. Wenn er in Christus ist, ist da eine neue Schöpfung, und vom Anfang an ist das Ende so sicher wie der Anfang die große, alles einschließende Tatsache in der Person Christi ist.
Die Lesart in der Fußnote, „sie sollen“ eine neue Schöpfung sein, geht wahrscheinlich auf Calvin zurück, dessen Vorstellung jedenfalls damit übereinstimmt; Doch sie zerstört die ganze Kraft und Schönheit der Stelle, indem sie sie lediglich zu einer Ermahnung macht. Andererseits handelt es sich nicht nur um Erfahrung, was die Sprache elendig verkürzen würde. Es ist der Glaube, der Christus gemäß urteilt und spricht, in dem der Gläubige ist. So hat die neue Schöpfung ihren ganzen Umfang. Aber es kommt darauf an, die Erfahrung immer am Glauben zu messen und zu bilden, und nicht den Glauben durch die Erfahrung zu mindern.
Es geht auch nicht um die neue Schöpfung allein, so groß die Kraft ist, die dazu nötig ist, und so kostbar ihre Ausübung in Gegenwart von Tod und Verderben ist. Der Mensch kann nichts ausrichten. Es ist also eine Frage Gottes; und Liebe und Gerechtigkeit würden die verlorenen und schuldigen Feinde mit Gott versöhnen, ohne die seine Herrlichkeit beeinträchtigt werden muss. Daher steht geschrieben, nachdem „Neues geworden ist“: