Behandelter Abschnitt 2Kor 1,8-14
Denn wir wollen nicht, dass euch unbekannt sei, Brüder, was unsere Bedrängnis betrifft, die [uns] in Asien widerfahren ist, dass wir übermäßig beschwert wurden, über Vermögen, so dass wir sogar am Leben verzweifelten. Wir selbst aber hatten das Urteil des Todes in uns selbst, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf den Gott, der die Toten auferweckt, der uns von so großem Tod errettet hat und errettet, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben, dass er uns auch ferner erretten wird; indem auch ihr durch das Flehen für uns mitwirkt, damit für die von vielen Personen uns zuteil gewordene Gnadengabe durch viele für uns Danksagung dargebracht werde. Denn dies ist unser Rühmen: das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir in Einfalt und Lauterkeit Gottes und nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes gewandelt sind in der Welt, am meisten aber bei euch. Denn wir schreiben euch nichts anderes als das, was ihr kennt oder auch anerkennt; ich hoffe aber, dass ihr es bis ans Ende anerkennen werdet, wie ihr auch uns zum Teil anerkannt habt, dass wir euer Ruhm sind, so wie auch ihr der unsere seid an dem Tag des Herrn Jesus (1,8‒14).
So erweist sich Gott als reich an Barmherzigkeit, und zwar nicht dadurch, dass Er nur in Christus wirkliche Gunst gewährt, sondern dadurch, dass Er seine Bewährten über alle Not erhaben macht, nicht dadurch, dass Er die, die Er liebt, von Leid und Kummer befreit, sondern dadurch, dass Er den Glauben schenkt, der alles aus seinen Händen mit Vertrauen auf seine Liebe annimmt. Hier sehen wir nicht den Heiligen Gottes, der gelitten hat, als Er bis zum Äußersten versucht wurde, ohne Sünde, und der am Kreuz nicht wusste, was Sünde war, sondern was es für Gott war, Ihn zur Sünde zu machen. Hier sehen wir einen Menschen mit ähnlichen Gemütsbewegungen wie wir selbst, gestärkt mit Macht am inneren Menschen, und der äußere in jeder Weise zerbrochen, und doch kommt aus dem Fresser Fraß hervor und aus dem Starken Süßigkeit (Ri 14,14). Noch ist dies alles. Aber er hatte es, wie auch wir, mit jemandem zu tun, der die Bedrängnis so zu ordnen weiß, dass ihre Frucht, der göttliche Trost, gerade zur rechten Zeit für die Gläubigen, die den Beistand und den Trost brauchten, hervorkommen sollte. Der Mund des Apostels ist gegenüber den Korinthern geöffnet; sein Herz, das durch ihre Bosheit und Härte aufbegehrt hatte, hat sich erweitert. Er kann nun ungehindert von der Befreiung sprechen, damit auch sie, wenn auch nicht demütig, so doch hörend und froh, mit ihm den Gott und Vater des Herrn Jesus preisen und gemeinsam seinen Namen erheben können. Durch die Not, die in der Provinz Asien aufkam, war er über seine Kräfte hinaus bedrängt worden, so dass er, wie er sagt, sogar am Leben verzweifelte, aber die Gnade, wie es Gott immer entspricht, wirkte unfehlbar. Es geschah nicht durch ein Eingreifen in der Vorsehung, um den Apostel vor Leiden zu bewahren, noch weniger durch ein Wunder, das die Widersacher verwirren konnte, sondern weil er das Urteil des Todes dauerhaft in sich trug. Das hatte Hiob nicht, und daher sein langer Kampf, als er sich unter seinen Leiden von außen und innen winden musste, soweit es möglich war. Zuletzt wurde er dahin gebracht, bevor seine Befreiung und sein Segen kamen. Der Apostel beugte sich die ganze Zeit über und war damit über alles erhaben, was Satan tun konnte, denn er hat keine Macht über den Tod hinaus, und er war völlig vereitelt durch den Glauben, der ein solches Urteil annahm, und zwar, „damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt, der uns von einem so großen Tod errettet hat und der errettet, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben, dass er uns auch ferner erretten wird“ (V. 9.10). Es ist die Kraft der Auferstehung, die in die Gegenwart geholt wird, um das Urteil des Todes nicht zu scheuen, sondern in sich zu behalten. Wenn Abraham dies in seiner letzten Lektion des Glaubens an Isaak gelernt hat (Heb 11,17-19), so erklärt der Apostel, dass er es in sich selbst hatte. Das war für ihn die Kraft des Lebens in Christus, nicht asketisch, um sich selbst doch noch zu erhöhen, sondern indem er im Glauben Kraft fand und Gott, dem vollkommenen und unbegrenzten Befreier, die Ehre gab. Aber sein unbelastetes Herz bringt sie auch als zusammenwirkend durch Flehen in seinem Namen ein, damit für die Gnadengabe an ihn von vielen Menschen in seinem Namen gedankt werden kann. So würde er durch Gnade, koste es, was es wolle, die Herzen der Gläubigen zum Dank für ihn miteinander verbinden, die einst in der Gefahr standen, durch die Leichtfertigkeit, die sie der List des Satans aussetzte, mutwillig und völlig entfremdet zu werden. Wie weit ist die Unabhängigkeit von Christus entfernt, sei sie persönlich oder als Versammlung!
Und doch gibt es nichts Gutes, Liebevolles oder Heiliges ohne Gott, auf den sich das Gewissen wie auch das durch den Glauben gereinigte und freie Herz immer bezieht. Deshalb wendet sich der Apostel danach der Grundlage und dem Beweis der geistlichen Unversehrtheit zu, obwohl er eher um ihrer als um seiner selbst willen schreibt. „Denn dies ist unser Rühmen: das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir in Einfalt und Lauterkeit Gottes und nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes gewandelt sind in der Welt, am meisten aber bei euch“ (V. 12). Er konnte um so freimütiger um ihre Gebete bitten und mit ihnen rechnen, als er überzeugt war, dass er ein gutes Gewissen hatte, was sein allgemeines Verhalten in der Welt, vor Gott und besonders ihnen gegenüber betraf (siehe Heb 13). Er suchte nicht, die Menschen mit sich selbst und für sich selbst zu versöhnen, aber da er darauf aus war, Gott zu gefallen, zweifelte er nicht daran, dass ein reines Gewissen in ihnen ein Gewissen ohne Anstoß in ihm selbst anerkennen würde. Selbstsucht macht den Menschen blind und erzeugt bittere Gedanken, besonders bei dem, dessen Verhalten andere sittlich verurteilt; ist dagegen das Auge einfältig, so ist der ganze Leib voll Licht und kann die Liebe frei fließen. „Denn wir schreiben euch nichts anderes als das, was ihr kennt oder auch anerkennt; ich hoffe aber, dass ihr es bis ans Ende anerkennen werdet, wie ihr auch uns zum Teil anerkannt habt, dass wir euer Ruhm sind, so wie auch ihr der unsere seid an dem Tag des Herrn Jesus“ (V. 13.14).
Nun, da das Selbstgericht in den Gläubigen in Korinth zu wirken begonnen hatte, würden sie nicht versäumen, die Torheit zu sehen, ihn der Unbeständigkeit zu bezichtigen, dessen Leben als Gläubiger und Diener Gottes eines von unbeweglicher Festigkeit und unbeugsamer Wahrheit gewesen war. Es gibt viele unterschiedliche Sichten zu der Bedeutung von ἀναγινώσκετε an dieser Stelle. Anderswo im Neuen Testament ist die Bedeutung unumstritten „lesen“, woran sehr viele festhalten, wie die Autorisierte Version; andere, wie Calvin, plädieren für „wissen“, was selten, wenn überhaupt, nur bei Dichtern zu finden ist. Es ist eine Frage zwischen dem, was sie aus seiner Anwesenheit in ihrer Mitte oder aus seinem Brief entnehmen könnten. Aber er schreibt mit der ruhigen Zuversicht eines Gläubigen vor Gott, der es nicht versäumt, auf das Gewissen der Gläubigen einzugehen, wo immer sie sich frei fühlen, abgesehen von der Hitze und Voreingenommenheit der Partei; und wie er Grund hatte, darauf zu vertrauen, dass sie ihn so wenigstens teilweise anerkannt hatten, so hoffte er auch, dass sie bis zum Ende festhalten würden, dass er ihr Rühmen war, so wie sie sein Rühmen waren am Tag unseres Herrn Jesus. Es war für alle gut, auf diesen Tag vorauszusehen.
Der Apostel erklärt nun Umstände, die einige in Korinth ebenso schnell missverstanden wie sie bereit waren, sie zu seinem Vorteil zu wenden. Er ist frei, jetzt zu erklären, wie die Dinge sind, aber er ist mehr darauf bedacht, alles auf in Bezug auf Christus und die Wahrheit zu sehen, und das ist im wahrsten Interesse der Gläubigen.