Behandelter Abschnitt 2Kor 1,15-20
Und in diesem Vertrauen wollte ich früher zu euch kommen, damit ihr eine zweite Gnade hättet, und bei euch hindurch nach Mazedonien reisen und wieder von Mazedonien zu euch kommen und von euch nach Judäa geleitet werden. Habe ich nun, indem ich mir dies vornahm, mich etwa der Leichtfertigkeit bedient? Oder was ich mir vornehme, nehme ich mir das nach dem Fleisch vor, damit bei mir das Ja-ja und das Nein-nein wäre? Gott aber ist treu, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein ist. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, wurde nicht Ja und Nein, sondern es ist Ja in ihm. Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja, darum auch durch ihn das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns (1,15‒20).
Der verletzende Eindruck, ja sogar die Anklage einiger in Korinth gegen den Apostel beruhte auf den geringsten Äußerlichkeiten, und diese waren losgelöst vom Wirken der Kraft und Liebe und der Besonnenheit in ihm. Wie entgegengesetzt zum Geist waren doch solche Gedanken in ihnen! Die Änderung seiner Pläne, indem er nicht früher kommen wollte, um sie zu besuchen, war ebenso deutlich dem Herrn unterworfen, wie sein eigentlicher Wunsch, sie zu sehen und ihnen zu helfen. Es war nicht aus Furcht vor irgendetwas dort, noch weniger war es aus Mangel an moralischer Absicht in ihm selbst. Sein Herz war ihnen zugewandt in der großen und heiligen Tätigkeit der göttlichen Liebe. Er war vor ihnen gesegnet und suchte, dass sie auf seinem Weg von und nach Mazedonien nach Judäa wieder vom Herrn begünstigt würden; und ihre liebevolle Fürsorge, ihn nach dem Osten zu geleiten, schätzte er und zählte auf sie, seine wahren Beweggründe ließ er sie danach wissen. Diejenigen, die solchen Mutmaßungen nachgaben, bewiesen sowohl ihren eigenen schlechten Zustand als auch ihre Unwissenheit über den Apostel; denn Charakter und Zustand richten sich nach dem Gegenstand, den der Mensch vor Augen hat. Wenn es Christus in der Liebe zu den Seinen und sogar zu den Menschen im Allgemeinen ist, folgt das Ergebnis in einem Wandel der Gott entspricht. Das heißt, Gott nachzuahmen und dem Herrn zu dienen. Wenn es auf der einen Seite keine Absicht gibt oder auf der anderen Seite eine fleischliche Planung, dann regiert in beiden Fällen das Ich, und es kann für andere keinen Grund für Vertrauen geben.
Der Mensch ist, wie er liebt, oder wie nicht liebt. Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm. Wer keinen Gegenstand hat, dem fehlt der Charakter, und er kann nur leichtsinnig und unbeständig sein; wer nach persönlichem Einfluss, Macht, Ehre, Geld und so weiter strebt, wird gedemütigt, je nachdem, worauf sein Herz gerichtet ist. Was vom Fleisch ist, ist wertlos, und sein Zweck ist unzuverlässig. In Gott allein ist Beständigkeit, und sein Geist allein wirkt sie im Herzen und auf den Wegen, wo Christus das Ich als Ziel verdrängt. Denn der Mensch ist sonst unfähig, Gott entsprechend zu wandeln oder zu dienen. Er ist entweder und offensichtlich wankelmütig, oder seine Planung, wie positiv sie auch immer ist, ist ohne Gottes Führung und Kraft.
Auf wunderschöne Weise wendet er sich in einem Geist der Gnade von ihren Unterstellungen gegen ihn selbst zu der Lehre, die er predigte. „Gott aber ist treu, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein ist“ (V. 18). Es gibt keinen Sinneswandel, keine Ungewissheit im Evangelium, was auch immer man von dem Mann denken mag. Gott selbst ist daran gebunden und daran beteiligt. Seine Herrlichkeit und seine Gnade sind nicht mehr damit verbunden als seine Wahrheit und Gerechtigkeit. In dem mächtigen Werk der Erlösung leuchtete alles, was Gott ist, wie nirgendwo sonst in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Dort rechtfertigte Er sein eigenes Wesen in ewigem Hass auf die Sünde; dort entfaltete Er seine Liebe, indem Er sich über das schlimmste Böse des Geschöpfes erhob. Hat Er sein Wort in Frage gestellt? Er erfüllte es, Buchstabe und Geist, in vollem Umfang. Hat Er seine Heiligkeit aufgegeben? Niemals wurde seine absolute Trennung vom Bösen so offenbart, noch sein gerechtes Urteil darüber so gesehen wie damals; und doch war es so, dass jedes Hindernis für das Ausströmen der alles überwindenden Gnade gegenüber den Sündern fiel, was immer und wo immer sie auch sein mochten, vor der Wirksamkeit des einen Opfers und der Opferung Christi. Und wie in dem Werk, das seine Grundlage ist, so gibt es auch in der Verkündigung keine Widersprüchlichkeit. Im Gegenteil, jede Tatsache und jeder Gedanke, die sonst unvereinbar sind, werden dort in Harmonie gebracht. Die einzige absolute Konsequenz liegt in Christus und seinem Kreuz.
Hier wird man bemerken, dass der Apostel andere mit sich selbst verbindet. Denn die Gnade und Wahrheit, die durch Jesus Christus geworden ist, vergrößert immer das Herz und gibt dauerhafte Gemeinschaft; und das zeigt sich noch deutlicher in dem, was folgt. „Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, wurde nicht Ja und Nein, sondern es ist Ja in ihm“ (V. 19). Die Herrlichkeit der verkündigten Person entspricht der garantierten Gewissheit. Zweifel, Schwierigkeit, Zögern oder Widersprüchlichkeit können keinen Platz im Sohn Gottes haben, der jetzt der verherrlichte Mensch ist, der am Kreuz für die Vergebung der Sünde gelitten hat; und der Apostel und seine Begleiter kennen und predigten keine andere Lehre. Wie die Wahrheit eine ist, und sie glaubten, so ist auch die Lehre dieselbe, die sie predigten. Andere mögen nach etwas Neuem suchen; und das ist natürlich etwas für den aktiven, unruhigen Geist des Menschen. Sie konnten nicht so mit einer solchen Person, einem solchen Werk oder einer solchen Botschaft umgehen. Jene göttliche Person in ihrer unendlichen Gnade beherrschte ihren Verstand und erfüllte ihre Herzen; und aus der Fülle ihrer Herzen predigten sie das Wort der Wahrheit, das Evangelium ihrer Erlösung, und dies so konsequent jeder für sich allein, wie alle miteinander.
So erklärt er ganz eindeutig, dass seine Predigt und die seiner Mitarbeiter nichts von der Unbeständigkeit oder dem Konflikt hatte, die in den Schulen der menschlichen Meinung üblich sind, und dies, weil alle Wahrheit in der Person Christi bestätigt ist. Sie ist in Ihm Ja geworden. Sie bleibt in Ihm. Die Vollkommenheit ist in Ihm gekommen und steht auch für andere zur Verfügung. Das ist weit mehr als die Übereinstimmung der Zeugen mit sich selbst und untereinander, die in den Schatten gestellt wird durch Christus, der persönlich die Wahrheit ist, und in dem alles bestätigt wird. Nichts ist weiter entfernt von dem gedämpften, zögernden Stil des griechischen Denkens und Redens, wo selbst das, was nicht angezweifelt wurde, als Meinung hingestellt wurde. Hier ist alles sicher, und ungetrübt und unumstößlich. Das Evangelium, wie Paulus es gepredigt hat, lässt keine zweifelhafte Antwort zu, ebenso wenig wie eine doppelte Antwort; und dies, weil es sich im zweiten Menschen offenbart, der den ersten mit seiner Finsternis und seinem Zweifel, nicht weniger als mit seiner Schuld und Verderbnis, beiseitegesetzt hat.
Mehr als dies: „Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja, darum auch durch ihn das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns“ (V. 20). Es gibt also nicht nur die Bestätigung aller Verheißungen Gottes in Christus, und daher in der höchsten Weise, vor der Erfüllung in anderen, als die Wirkung, und die äußere Darstellung vor jedem Auge im Universum, sondern es gibt eine gegenwärtige Anwendung des sichersten Charakters, durch den Dienst der Apostel, zu Gottes Ehre. Gott wird im Sohn des Menschen verherrlicht, wie der Sohn des Menschen verherrlicht werden wird. Doch es gibt Ergebnisse der tiefsten Art, die Gott jetzt dem Glauben gewährt, in deren Verwaltung (nicht nur des Reiches, wie bei Petrus) unser Apostel den wichtigsten Platz hatte, und der Christ ist berechtigt, den Segen zu ernten, wenn er von Herzen und im Heiligen Geist der Wahrheit zustimmt. So sagte Bengel vor langer Zeit kurz und bündig: „Nae respectu Dei promittentis, Amen respectu credentium.“1 Aber um den Gläubigen in den Genuss dessen zu bringen, was Gott in Christus gewirkt hat, muss mehr gesagt werden, und das folgt unmittelbar. Hier ist das feste Fundament, nicht die Verheißungen Gottes wie früher, noch weniger das Gesetz, das bewies, dass der Mensch sie nicht halten konnte, doch alles in Christus vollbracht, aber auch ebenso sicher durch ihn befestigt, zur Herrlichkeit Gottes durch uns.
1 In Bezug auf das Versprechen Gottes Amen in Bezug auf die Gläubigen.↩︎